Eine Traute kehrt heim
,,Dinora, aufstehen!“, mich weckte eine Gestalt, es war meine Schwester. Ihre kleinen Zöpfchen passten perfekt zu ihrer Haube und ihrem Nachthemd. Als ich mich wieder umdrehte, weil es nachts war, riss und zerrte sie an mir. ,,Was willst du Faina, es ist Nacht!“, ich hatte ebenfalls kleine Zöpfe, doch meine waren nicht so schön wie die meiner großen Schwester. Mit ihren 10 Jahren war Fania schon so groß, dass sie über mein Bett schauen konnte, ich war noch zu klein. Ich fand es blöd 8 zu sein. ,,Da ist jemand in unserem Zimmer, Dinora, ich habe Furcht.“, quiekte sie. Irgendwann war es dazugekommen, dass ich in Stresssituation die große Schwersternrolle übernommen hatte, zudem kam noch, dass sich Fania im Dunkeln fürchtete und immer sich Wesen einbildete, auch wenn keine vorhanden waren. ,,Unsinn Schwester, komm in mein Bett, ich beschütze dich.“, bot ich ihr liebevoll an und öffnete die Decke für sie. Sie ließ sich nicht bitten und kroch zu mir. Ich war eine Weile noch wach, da sah ich Jemanden auf meinem Balkon sitzen, es leuchtete. Ich bekam einen kleinen Schreck, als es mich sah, aber es stürmte nicht auf mich zu, es beobachtete mich. Wieso? Seine Augen schimmerten noch mehr, als sein Erscheinungsbild. Was war es? Faina schlief, ich konnte also getrost aufstehen, in der Dunkelheit hatte ich noch nie Angst, ich mochte sie sogar teilweise mehr als den Tag. Ich öffnete vorsichtig die Tür und trat auf den Balkon: ,,Hallo, ich bin Dinora und du?“ Ich fand es unhöflich mich nicht vorzustellen. Dieses Wesen antwortete mir nicht, sondern machte einen großen Satz auf die Brüstung des Balkons. Ich lief etwas nach draußen, meine blanken Füße wurden kalt: ,,Warte, ich wollte dich nicht verscheuchen, bleib stehen.“ Es verharrte tatsächlich und ich konnte zu ihm gehen. Seine Augen schimmerten wie Diamanten. Es war ein Junge. Er nahm meine Hand, sie war so kalt, als würde ich Mamor anfassen. Er führte sie zu meinem Gesicht. ,,Schön bist du wahrlich.“, verriet er mir und sprang dann im nächsten Augenblick in die Nacht.
Warum habe ich mich eigentlich daran erinnert? Naja vielleicht, weil die Nacht genauso war wie heute, nur das ich jetzt 19 Jahre und meine Schwester nicht da war. Ich lag in meinem Bett und konnte nicht schlafen, deswegen bin ich auf den Balkon gegangen. Jetzt weiß ich natürlich, dass es sich mit meiner Begegnung nur um einen Traum handeln musste. Ich war schließlich sehr müde, damals, als mich Faina geweckt hatte. Es war ein schöner Traum keine Frage, wer hörte denn nicht gerne, dass er schön sei. Ich ließ meine Haare im Nachtwind wehen und stellte mir vor, wie es wohl weiter gegangen wäre, hätte ich ihn wieder gesehen. Vielleicht hätte ich ihn gelie..., nein, Schluss, das ist alles nur wegen Vaters Bedrängnis. Ich lehnte mich mit dem Rücken an die Brüstung und genoss die kühle Brise, welche durch mein blondes Haar strich.
Ich erwachte wieder mittags, meine Zofen waren schon da gewesen und brachten mir den Frühstückstee, im Bademantel saß ich da und hörte mir sämtliches Getratsche an. Die neusten Gerüchte auf dem Hof, wer wem Avanchen gemacht und wer abgelehnt wurde. Im Grund war e immer das Selbe, nur mit anderen Namen. Meine Zofen versuchten mich immer auf dem neusten Stand zu bringen, denn ich als Prinzessin Dinora Lumière hatte ein Anrecht zu erfahren, was sich in meinem Land zutrug. In Wahrheit nutzten sie dies nur als Ausrede, beide waren immer sehr gesprächig. Obwohl ich eigentlich persönlich nichts davon hielt, war es mir trotz stehst ein Vergnügen ihnen zu zuhören. ,,Eure Mutter bietet um eine Audienz Prinzessin Dinora.“, berichtete mir Lucien. Ich nickte und fünf Minuten später ließ ich sie herein bitten. Mutter war in ihrer roten Garderobe, diese trug sie nur zu wichtigen Staatsempfängen oder besonderen Anlässen. Sie waren mit Goldfäden durchzogen und schimmerten intensiv bei Tageslicht. Heute trug sie auch eine kleine Halskrause, dies verwunderte mich, denn wir hatten keinen Besuch der ein vornehmes Kleid vorschrieb. Ich fragte sie nach dem Grund ihres Erscheinens. Sie setzte sich zu mir, nahm meine Hände in ihre und sagte: ,,Wir haben königlichen Besuch, der französische König und seine Familie sind heute angereist, da sie deinem Ball beiwohnen möchten.“ Ich machte große Augen, wenn die französische Familie extra aus ihrem eigenem Land kam, dann müssen sie große Interessen an meinem zukünftigen Ehemann haben. Weiters, wenn die Franzosen hier sind, dann sicher auch meine Schwester. ,,Gebe mir noch 10 Minuten Mutter, ich komme sofort!“, rief ich während ich aufsprang und mich hinter den Paravent auskleiden ließ. Ich wusste, dass meine Mutter lächelte, weil sie dachte ich würde mich über den Ball freuen, dabei hierbei ging es um Faina. Wenn sie jetzt hier ist, bedeutet dies auch, dass sie mein Telegramm nicht erreichen wird. Ich wurde in mein Korsett geschnürt, es war das spezielle mit den Fischbeinen, nicht das aus Stoff, welches ich normalerweise trug, aber heute waren mir die Schmerzen egal. Nach einer Zahl von Überröcken und der bekannten Krinoline, war ich endlich fertig gekleidet. Ich trug die Kette mit den Rubinen, meine schwarzen Spitzenhandschuhe und mein Kleid aus rotem Brokat. Meine Frisur würde, wie üblich, hochgesteckt zu einem einfachen Haarknoten. Ich schritt mit meiner Mutter Seite an Seite die Gänge entlang zu dem Thronsaal. ,,Di Liebes, ich weiß, dass ich dir nicht oft genug gesagt habe, ich sei stolz auf dich, aber ich bin es wirklich, ich hätte mich getraut meinem Vater die Stirn zu bieten, aber damals waren auch noch andere Zeiten.“, sie schmunzelte leicht. Es kam selten, aber dennoch vor, dass sich meine Mutter mir öffnete. Sie ist zu einer harten Zeit aufgewachsen, aber mehr weiß ich leider auch nicht. Sie trägt genauso wie ich blondes Haar, mein Vater und Fania sind beide braunhaarig. Ich habe zwar das Aussehen meiner Mutter geerbt, aber das Temperament meines Vaters. Fania genau umgekehrt. Obwohl wir uns nicht äußerlich ähneln, teilen wir doch das gleiche Blut. Die Lumières, sowie die Thanhs entsprangen beide dem gleichen Adelsgeschlecht, welches genau weiß ich nicht, aber sie teilten sich irgendwann und so entstanden zwei neue Geschlechter. Mittlerweile stehen wir gut mit den Thanhs, früher gab es Machtkämpfe und Kriege, doch seit König Melchior Regent ist, konnte sich alles wieder legen und wir sind noch enger befreundet, als zuvor. Wir bogen um die Ecke und standen vor dem Thronsaal. Die Türen wurden beidseitig geöffnet und mit Grazie und Anmut schritten wir hindurch zu unseren Familienmitgliedern. Ich erkannte viele Gesichter der französischen Gefolgschaft Thanh wieder. König Sini, seine Gemahlin und Königin Amazonita, dessen Kinder Nyla, Bleuciel mit meiner Schwester Faina und Livius... meine erste große Liebe.
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