Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

♞║ Die grünen Iriden

Geschrieben für den Wettbewerb von Blackshadow_753 , Runde 2.

Sidenote: Wow. Danke für den ersten Platz Leute. Das bedeutet mir sehr viel, ich habe echt nicht damit gerechnet. 

______________________________________________________

"𝐉𝐞𝐝𝐞𝐫 𝐌𝐞𝐧𝐬𝐜𝐡 𝐡𝐚𝐭 𝐬𝐞𝐢𝐧𝐞𝐧 𝐰𝐮𝐧𝐝𝐞𝐧 𝐏𝐮𝐧𝐤𝐭 𝐮𝐧𝐝 𝐝𝐚𝐬 𝐞𝐫𝐬𝐭 𝐦𝐚𝐜𝐡𝐭 𝐢𝐡𝐧 𝐦𝐞𝐧𝐬𝐜𝐡𝐥𝐢𝐜𝐡. " - Oscar Wild 

______________________________________________________

Wörter:  4200 (Liebste Jury, es tut mir sehr sehr leid.)


***

Die grünen Iriden

Es war einer dieser Orte, an denen nichts Gutes geschah. 

Der Raum war schmutzig und schlecht belichtet. Eine einfache Glühbirne baumelte von der Decke und tauchte die fahlen Wände in ein unheimliches Dämmerlicht. Es gab zwei Fenster hoch oben, doch sie waren so trübe und dreckig, dass sie nicht mehr als einen kleinen Schimmer einließen. Atmete man innerhalb dieser Wände, konnte man die Jahrzehnte von alten Staubschichten und das metallene Aroma von Blut in seinem Gaumen schmecken. 

Ein Mann trat unter die Lampe. Die Schatten auf seinem Gesicht wurden noch tiefer, als das gedämpfte Licht ihn umgab wie ein Heiligenschein. Die gespenstische Blässe und die leichenhafte Starre seiner Gesichtszüge verlieh ihm das Aussehen einer zum Leben erwachten Wachsfigur.

Er war nicht alleine im Raum. In einer Ecke presste sich ein wimmernder junger Mann gegen das Gemäuer, als könnte er die Steine dazu bringen ihn freizugeben. Doch sie blieb stumm und erbarmungslos, genauso wie der wächserne Goliath. 

Ein Schlag ins Gesicht seines Opfers und sein weißes Hemd wurde mit kirschroten Sprenkeln verziert. Der Jüngere hielt sich stöhnend die blutige Nase. Doch es war noch nicht vorbei. 

Der große Hüne packte ihn an den Haaren und zerrte ihn zu einem Eimer Wasser. Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken versenkte er das Gesicht des Jüngeren in der kalten Schmutzbrühe.  

Nach einer Weile holte er ihn wieder hoch.

„I-Ich weiss e-es nicht... wirklich... i-ich habe nichts d-damit zu tun...", hustete der junge Mann. Er röchelte und spuckte einen Schwall Wasser auf den Boden, bevor sein Peiniger ihn erneut am Kragen packte und ihn noch einmal kopfüber in den Eimer tauchte. Wieder ein paar Minuten von strampeln und blubbern und der Hüne zog ihn empor. Er zwang sein halbtotes, hustendes Opfer auf die Beine und hob ihn auf die Höhe seines Gesichts. Der Kleinere war zu benommen, um sich zu wehren.

„Du hast die Wahl.", knurrte der Riese tief und starrte ihm direkt in die halbgeschlossenen Augen, „Entweder du erzählst wo Koslow sich versteckt, oder ich reiße dir alle Gliedmaßen heraus. Ich werde dich zerhacke. Und zerfleischen. Und - "

„Na, na! Valentin, was tust du unserem Verbündeten denn da an?", unterbrach ihn eine jungenhafte Stimme. Durch die Tür des dunklen Bunkers kam ein schlaksiger Bursche.  Er schaute so unbekümmert drein als käme er auf einen Teeschwatz vorbei. 

In dem Moment in dem er eintrat wurde der Staub und Blutgeruch augenblicklich von etwas anderem verdrängt; beißendem Zigarettengestank. 

Valentins Miene verfinsterte sich.

„Lass den armen Kerl in Ruhe, du tust ihm ja weh!", befahl der Neuankömmling mit empörtem Tonfall und sein Partner ließ den halbtoten Mann dumpf fallen. Dieser schrie auf.

„Nicht so grobschlächtig!", tadelte der Neue und eilte zum stöhnenden Mann, der sich auf dem Boden krümmte. „Alles in Ordnung?", fragte er besorgt über ihn gebeugt.

Valentin funkelte sie beide so feindselig an, als wollte er sie am liebsten mit bloßen Händen erdrosseln.

Der Neue schien ganz und gar unbeeindruckt. „Auf auf, kusch dich!" Er wedelte mit der Hand als wolle er eine lästige Taube verscheuchen.

Valentins Augen verengten sich zu Schlitzen, doch einen Moment später fiel die schwere Tür hinter ihm ins Schloss.

„Soo... jetzt sind wir ungestört. Andrej der Name.", grinste der schlaksige Mann und hielt dem auf dem Boden Liegenden die Hand hin. Dieser ergriff sie zögerlich, „Seizew... Maximil Seizew."

Andrej lachte herzhaft. „Netter Versuch, Jakow. Aber es hat keinen Sinn. Wir wissen genau wer du bist."

Jakow versuchte erst gar nicht die Lüge aufrecht zu erhalten. Er erhob sich wackelig, doch war noch immer ganz benommen von den Schlägen des massigen Valentins. Schmutziges Wasser brannte in seinen Lungenflügeln.

„Und was willst du?", fragte er schwach.

Der Mann zuckte die Schultern. „Von dir gar nichts. Von Koslow andererseits..." Andrej's Grinsen wurde für einen Moment diabolisch. Doch dann entspannte es sich wieder zu einem freundlichen Lächeln.

Jakow lehnte sich kraftlos gegen die Wand und ein Husten ließ seinen Körper erbeben. „Ich weiss von nichts...", murmelte er und schaute weg.

„Ach Jakow, sei doch nicht dumm." Andrej schüttelte den Kopf und setzte sich neben ihn, „lass die Lügen. Wir wissen Bescheid."

Da begann Jakow zu schluchzen und das Gesicht in seinen zitternden Händen zu vergraben. „Er wird mich töten... Koslow wird mich t-töten, wenn ich irgendwas sage... und foltern wird er mich...", wimmerte er. Andrej legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.

„Hör zu", begann er sanft, „Du wirst nicht mögen was ich jetzt sage, aber Koslow ist deine geringste Sorge. Siehst du die Geräte da?"

Jakow blickte mit verweinten Augen auf die mit Zangen und Messern gespickte Wand, dann verwirrt zu Andrej. „Was glaubst du macht Valentin mit Koslow's treuen Gefolgsmännern, hm?", lächelte der.

Jakow sackte noch mehr in sich zusammen und begann abermals zu schluchzen. „Hey, hey... nicht doch...", beschwichtigte ihn Andrej und legte freundschaftlich einen Arm um ihn.

„Hey, Jakow. Siehst du die Fenster da oben? – Und siehst du die Leiter da? Wenn du mir sagst wo Koslow sich versteckt, dann lass ich dich laufen, alles klar? Valentin wird nichts davon erfahren. Mach dir keine Sorgen um Koslows Rache, die Lasarew-Mafia wird diesen Mistkerl beseitigen bevor er überhaupt merkt, dass jemand seinen Standort verraten hat. Aber dafür musst du kooperieren okay?"

Jakow nickte langsam und wischte sich die Tränen weg. 

„Na dann, auf geht's! Wir wollen ja beide nicht das Valentin noch ungeduldig wird." Andrej klatschte enthusiastisch in die Hände. Er nahm die Leiter und positionierte sie so, das man von ihr eines der trüben Fenster erreichen konnte.

Jakow kam schwerfällig auf die Füße und humpelte zu ihm. Er wollte die Leiter gerade erklimmen, da hielt Andrej ihn zurück.

„Ein Momentchen noch, Kumpel", er hob warnend den Zeigefinger, „erstmal musst du noch ein wenig singen!"

Koslow's Gefolgsmann zögerte nicht lange. „Er ist mit einer Gruppe Männern in einer abgelegen Militärstation im Michail Wald. Wenn man dem Hauptweg vom Südeingang folgt und den ersten Trampelpfad links nehmt, kommt man irgendwann auf ein eingezäuntes Gebiet. Dort lebt er."

„Besten Dank!", lobte Andrej, salutierte zackig und ließ ihn gewähren.

Jakow war erleichtert. Als dieses Monster von Mann ihn misshandelt hatte, fürchtete er schon sein Leben sei vorbei. Doch der Herr im Himmel hatte ihm eine zweite Chance geschenkt.

 Wackelig kletterte er die Leiter empor und öffnete das Fenster. Frische Luft und Sonnenschein umhüllten ihn. Ein paar Schwalben zwitscherten eine Melodie, nur für ihn. Erfüllt schloss er die Augen und atmete tief ein. Der verführerische Geschmack von Freiheit explodierte in seinem Gaumen. 

Da krachte es laut und Jakow landete mit einem hässlichen Knacken auf den Boden. Aufgeschreckt flatterten die Vögelchen davon. Er war tot. 

'Andrej' blies den Rauch von seiner Pistole. Oh, es roch wunderbar. Fast so gut wie Zigaretten. Sein vorher so liebenswürdiges Lächeln verzog sich zu einem selbstgefälligen Grinsen, der natürlichen Form seines Gesichts. „Ich bin fertig, Valentin!", rief er laut.

Ach, Zigaretten. Des Menschen größte Schöpfung. Sein Triumph verdiente eine angemessene Belohnung. Er kramte in seiner Tasche, entzündete eines der kleinen Wunder und hob es zu seinen Lippen. Zufrieden nahm er einen langen Zug. 

Er hatte Jakow angelogen. Natürlich hatte er das. Es war keine persönliche Sache, er folgte nur der Natur seines Geschäftes. Ein Verbrecher mit Ehrgefühl war wie ein Kapitalist mit Empathie; er existierte schlichthin nicht.

Alles war frei erfunden. Nun, fast alles. Sein Name war tatsächlich Andrej. Doch in dem Gesellschaftskreis, in dem er sich herumtrieb, sprach man ihn anders an - mit einem Namen der sehr viel eher zu ihm passte. 

Das massige Ungetüm namens Valentin öffnete die Tür.

„Klasse gemacht Kippe, du bist so ein Genie!", rief er freudig und bewundernd. Nun, zumindest war es das, was Kippe sich gern vorstellte. Die lange Zeit, die er nun schon mit diesem finsteren Gesellen zusammenarbeitete, hatte ihm gelehrt, dass Anerkennung von Valentin rarer war als jeder Diamant. Deshalb musste man sich eben mit den billigen Fälschungen zufriedengeben.

In der ernüchternden Realität ließ er bloß unbeeindruckt den kühlen Blick über den Toten streifen und sagte gar nichts.

„Die berühmte guter Bulle, böser Bulle Routine! Mit Recht ein Klassiker!", lachte Kippe und hob triumphierend die Hand, um Valentin ein High Five zu geben.

„Zu langsam. Zu viel Arbeit. Zwei Knochenbrüche und der Mann hätte geredet."

Kippe klatschte sich selbst die Hand ab und zog eine Grimasse. „Bla, bla, bla. Immer geht es bei dir um Gewalt, Gewalt, Gewalt. Du bist langweilig", schmollte er, „Du hast einfach keinen Geschmack für die schönen Künste."

Valentin ging gar nicht auf ihn ein. „Hat er gesungen?", fragte er nur.

„In den höchsten Tönen!", antwortete der Andere grinsend, „Koslow verkriecht sich im Wald wie ein Fuchs in seinem Bau wenn der Winter kommt."

„Gut. Dann lass uns Lasarew einen Besuch abstatten."

Die beiden Männer verließen den Raum. Valentin schleifte die Leiche des gegnerischen Gangmitglieds mit sich und lud ihn in den Kofferraum. Auf dem Weg fuhren sie einen kleinen Schlenker, um ihre Fracht im Feld zu vergraben.

„Was wenn er dich angelogen hat?", fragte Valentin misstrauisch.

Kippe lachte und blies Rauch aus dem heruntergekurbelten Fenster. „Oh, das hat er ganz sicher nicht. Und wenn, dann ziehe ich den Hut vor seinem Mut. Ich hatte ein verdammt überzeugendes Argument."

Valentin hob eine Braue. „Und das wäre?"

Sein Kumpane grinste verschmitzt. „Dich."

Die Konversation verwehte im Fahrtwind, doch das war Kippe gewohnt. Sein Partner im Verbrechen war nicht nur gebaut wie eine Backsteinmauer, sondern auch in etwa so gesprächig. Kippe seufzte frustriert. So viel Masse harten Muskels, doch kein einziges Gramm taugte für ein gutes Gespräch. Es war zu Schade.

***

Die beiden Männer traten in den Waschsalon ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen. Der Raum war gefüllt mit Leuten, Mafiosi wie nichtsahnenden Bürgern, die alle mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt waren. Niemand achtete auf die beiden Männer als sie durch eine Hintertür zum Obergeschoss hinauf stiegen. 

So ein Salon machte eine tolle Verkleidung. Wer würde schon ahnen, ein Napoleon des organisierten Verbrechens verstecke sich hier, zwischen schmutziger Bettwäsche und Großmutters muffigen Strickjacken?

Kippe und Valentin mussten sich allerdings gedulden, denn ihr großer Führer schien gerade überaus beschäftigt. Als sie vor seinem Büro standen, war die Tür bis auf einen kleinen Spalt geschlossen und ein heftiger Streit schien dahinter zu toben. 

Valentins grimmiger Blick warnte ihn. "Untersteh dich." Kippe grinste zur Antwort entschuldigend und schlich sich so nah es ging an den Spalt heran um seine Ohrmuschel daran zu pressen. Valentin verdrehte die Augen. 

„... Dieser Narr hat sich schon viel zu viel erlaubt. Erst das ständige Eindringen in unser Gebiet und jetzt das!? Schick alle Männer zum Treffpunkt und mach ihm endlich den Gar aus!!", keifte eine aufgebrachte helle Stimme. Wer war denn das? Kippe konnte den Mann nicht identifizieren. 

"Als hätte ich nicht auch schon daran gedacht... es ist zu riskant, Alexander ... Nicht mehr als 4 Männer dürfen erscheinen, sonst exekutiert er sie augenblicklich, das waren seine Worte." Wer war das nun wieder? Doch halt.  Er erkannte die Stimme. Die schiere Verzweiflung und Machtlosigkeit war ungewohnt zu hören, doch es war Lasarew. 

"Dann gib ihm die 6 Millionen!", knurrte Alexander aufgebracht. 6 Millionen?! Kippe schnappte hörbar nach Luft.

Einen Moment war es still. Dann ertönten energische Schritte. Ihm stockte der Atem. Kamen sie etwa auf ihn zu?

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und er stand direkt vor einem zornigen Jungen. Kippe lächelte unschuldig. "Guten Tag der Herr!", grüßte er und machte eine kleine Verbeugung. 

"Verschwindet hier! Alle beide!", brüllte Alexander wutentbrannt. 

Valentin drehte sich achselzuckend um, doch  Lasarew hielt ihn zurück. "Nein wartet!" Seine Stimme klang hoffnungsvoll. "Ihr beide habt doch einen seiner Männer gefangen. Habt ihr Koslows Standort ausfindig machen können?"

Valentin zögerte. „Nun, Koslow betreffend haben wir gute Nachrichten...- " 

„Wir hassen ihn genauso sehr wie Sie und würden nur zu gern helfen, sollten sie Probleme mit ihm haben!", sprang Kippe ein und schenkte den beiden Mafiosi sein lieblichstes Lächeln.

Lasarew's Gesichtszüge wurden wieder verzweifelt und er seufzte. 

Für einen Moment vergrub er das Gesicht in den Händen, doch dann schien ihm eine Erleuchtung gekommen zu sein. Er schaute seine beiden Männer mit neu gewonnener Hoffnung an. "... ihr beide! Warum eigentlich nicht? Wenn ich gehe wird er mich mit Sicherheit töten und... " ...und wenn Koslow euch tötet ist es kein allzu großer Verlust. Die Worte standen unausgesprochen im Raum, doch jeder anwesende hörte sie klar und deutlich. 

„Das ist Wahnsinn. Du willst diesen beiden dreckigen Mistkerlen 6 Millionen anvertrauen?", Alexander lachte ungläubig. „Lass sie 10 Minuten damit allein und sie sind über alle Berge." Als Lasarew gerade nicht hinsah schnitt Kippe dem Jungen eine Grimasse. Hasserfüllt funkelte der ihn an. 

„Es geht nicht anders, Alexander. Von allen Mitgliedern sind sie die Vertrauenswürdigsten", Lasarew bedachte die beiden mit einem langen Blick, "denn sie wissen am besten, was passiert wenn man in Ungnaden unserer Organisation fällt." Die Drohung war unüberhörbar. 

"Worum geht es hier überhaupt?", schaltete Valentin sich ein. 

Lasarew seufzte tief. "Koslow hat die kleine Sophia entführt, meine Tochter."

***

Wie sich herausstellte war Alexander Lasarews Sohn. Kippe hatte auf dem Schreibtisch seines Arbeitgebers ein Foto erspäht, auf dem er, der Junge und ein etwa 12 jähriges schmächtiges Mädchen mit blondem Haar und klaren blauen Augen in die Kamera lachten. Das musste Sophia sein. 

Koslow wollte sie morgen Abend am Petrov See übergeben. Valentin und Kippe hatten den Koffer mit den 6 Millionen bekommen und sollten sofort losfahren. Wenn sie Dummheiten anstellten, dann folgten auf diese ein sehr langer und qualvoller Tod. Alexander hatte sehr darauf geachtet, dass die beiden sich dem bewusst waren. 

"Warum hast du ihm nicht gesagt, dass wir wissen wo Koslow sich versteckt?", fragte Valentin. 

Kippe verdrehte die Augen, "Denk doch mal nach, Muskelkopf! Er hätte irgendetwas dummes, törichtes gemacht, wenn er es wüsste... Koslow in einen Hinterhalt gelockt... und uns unsere 6 Millionen verwährt..."

Bei dem Wort "unsere" verengten sich Valentins Augen zu Schlitzen. „Nein.", sagte er schlicht. 

„Was heißt hier nein?", knurrte sein Partner verärgert.  "Es sind 6 Millionen. Wenn wir es geschickt anstellen, dann können wir eine Fähre nehmen und Russland einfach verlassen! Wir können überall hingehen wo wir wollen! Wir werden reiche Männer, Valentin!" Er fuchtelte aufgeregt mit den Armen um seiner Idee mehr Ausdruck zu verleihen. 

Doch Valentin blieb gänzlich unbeeindruckt. Er beglückte sich nicht mit Fantastereien. „ Nein im Sinne von wir lassen das Kind nicht sterben."

Kippe sog scharf die Luft ein und fasste sich schockiert mit den Händen an beide Seiten seines Kopfs. „Valentin... höre ich da etwa... Gefühle?!", fragte er mit theatralischem Entsetzen.

„Lass den Quatsch.", fuhr Valentin ihn an. Es war, als hätte man einem Kater versehentlich auf den Schweif getreten. Kippe musste schmunzeln.

„So So... du bist also doch aus Fleisch und Blut.", stichelte er schadenfroh und sein Grinsen nahm nun fast sein gesamtes Gesicht ein, „Lass mich raten: tote Schwester? Totes Kind? Einfach nur ein überaus eifriger Beschützer des zarteren Geschlechts?"

Valentin schaute aus dem Fenster. „Tote Frau. Lebende Tochter.", gab er schließlich widerwillig zu. „Kein Vater soll sein Kind tot sehen. Es ist einfach nicht richtig."

Kippe kringelte sich vor unterdrücktem Lachen. Valentin, der grausige Valentin, ein sentimentaler Vater. Wer hätte das gedacht?

„Schon gut, schon gut...", grinste er, „Neuer Plan okay? Wir überfallen Koslow auf seinem Standpunkt bevor er überhaupt losfährt. Wir töten seine Männer, befreien das Kind, nehmen die 6 Millionen und machen uns vom Acker! Du kriegst dein reines Gewissen, ich mein Geld, der alte Lasarew sein Töchterlein. Alle sind glücklich, alle gewinnen, Juche! Na, wie klingt das?"

Valentin nickte zögerlich. 

***

Sie fuhren auf direktem Wege zum Michail Wald. Sie wollten Koslow noch abpassen bevor er zum See aufbrach. 

Die Station zu finden war nicht schwer. Von Außen wirkte sie einsam und verlassen. Alles war heruntergekommen und verwuchert. Im Trüben Licht der Abendstunde machte der Anblick Kippe ganz melancholisch, so trist und verkümmert schien alles. 

Er entschloss den Geldkoffer mitzunehmen. Es war nicht ideal, doch er wollte diesen Schlüssel zu seiner Traumwelt auf keinen Fall dem Risiko aussetzen, von einem wachehaltenden Koslow-Mann gefunden zu werden. Valentin verdrehte die Augen bei der Paranoia seines Partners, doch sagte nichts. 

Es dauerte nicht lange, bis sie ihre Ziele gefunden hatten. 

"Psst", zische Valentin und machte seinen Freund auf ein zersprungenes Fenster aufmerksam. 

Als sie hindurch sahen, bot sich ihnen ein merkwürdiger Anblick. Koslows Mafiosi lagen schlafend auf dem Boden verstreut, um sie herum ein Meer aus leeren Glasflaschen. Dies war der Nachklang eines Saufgelages. Was sie wohl gefeiert hatten? 

Die Chance die sich den beiden Killern bot, war zu perfekt um sie nicht zu ergreifen. Sie nickten einander zu und stiegen durchs Fenster. 

Ein erster Schuss zeriss die abendliche Stille und schon folgte ein donnernder Kugelhagel. 

Das Massaker war kurz und blutig. Die überrumpelten Mafiosi hatten kaum Zeit aufzuwachen und nach ihren Waffen zu greifen bis sie durchlöchert waren wie Käse. Irgendwo brüllte jemand: "Wir werden angegriffen!", doch für die meisten kam jede Warnung bereits zu spät. Einige wachten gar nicht erst auf, anderen gelang noch ein schlaftrunkener Schuss, doch Valentins blutlüsterne Flinte machte sie alle samt mit dem Teufel vertraut. 

Auch Kippe schoss eifrig und ein beflügelndes Hochgefühl ließ ihn mit tollwütiger Energie über seine Gegner herziehen. Er lachte und berauschte sich am Adrenalin. 

Schon nach wenigen Momenten war alles wieder still. Abermals lagen die Männer verstreut auf dem Boden, doch dieses Mal in dunklen Lachen ihres eigenen Blutes. Kippe war fast enttäuscht, dass es so schnell gegangen war. 

Jetzt fehlte nur noch das Gör. 

"Tja...", begann er an Valentin gewandt zu einer Siegesrede anzustimmen, da schrie er plötzlich auf. Eine Kugel hatte ihn an der Schulter gestreift. Verwirrt und von Schmerzen geblendet sah er sich um. Wer hatte das getan?

Ein Mann rannte eilig die Treppe hinauf und verschwand im Obergeschoss. Er hatte sich unter den Leichen versteckt und tot gespielt. Diesem Mistkerl würde Kippe es ordentlich zeigen. Er und Valentin nahmen die Verfolgung auf. Oben angekommen wurden sie vom hohen Schrei eines kleinen Mädchens begrüßt. 

"Verdammt...", knirschte Kippe, und Valentin zuckte zusammen. Als sie dem Geräusch folgend in ein schlecht belichtete Zimmer eilten, wurden ihre schlimmsten Befürchtungen zur Realität. 

„Einen Schritt näher und sie stirbt!", brüllte Koslow und hielt Sophia einen Dolch an den Hals.

Die beiden froren auf der Stelle ein, doch nur für einen kurzen Schockmoment. Kippe faste sich schnell. Dieser Narr bluffte eindeutig, es wäre hirnrissig eine so wertvolle Geisel zu töten. Mutig bewegte er sich ein kleines Stückchen vorwärts.

„keinen Schritt weiter habe ich gesagt du rückratsloses Abschaum!", brüllte Koslow und ein schrilles Kreischen zerriss die Luft. Blut rann an Sophias Kehle hinab. Wahnsinn funkelte in seinen Augen und Kippe erstarrte zu Eis. Er hatte es mit einem Verrückten zu tun. 

„Hört zu Jungs,...", begann Koslow nun ein wenig ruhiger, „Wir sind alle aufrechte Männer des Geschäftes hier... ich tausche das Leben dieses Mädchens für das meinige und einen kleinen Bonus von 6 Millionen. Wie klingt das?"

„Einverstanden.", sagte Valentin.

Einverstanden? Kippe konnte es nicht fassen. Er war ganz und gar nicht einverstanden. Eindeutig standen hier zwei Verrückte im Raum. Valentin kam entschlossen auf ihn zu.

Kippe presste den Geldkoffer an sich als handle es sich um sein eigenes Kind. Hätte er ihn doch im Auto gelassen. „Bist du wahnsinnig? Ich geb meine Träume nicht auf, niemals.", zischte er den Hünen an und wich zurück.

„Du wirst kein Kind sterben lassen." Valentin machte unberührt noch einen Schritt vor.

Kippes Stimme war so schrill, dass sie brach und er richtete zitternd die Pistole auf seinen Partner. „Ich warne dich, Valentin... ich töte dich, wenn du es wagst!"

Unbeeindruckt riss Valentin ihm den Koffer aus den Händen, ohne auch nur ein Wort zu erwidern. 

Koslow hatte Sophia indessen mit sich in die Nähe des Ausgangs gerissen. Er befürchtete wohl die beiden Mörder würden auf ihn schießen, sobald sie hatten was sie wollten.

„Gib mir das Mädchen.", befahl Valentin bedrohlich. "Nur zu gern!", antwortete Koslow mit einem schmierigen Lächeln. 

Es war ein schneller Tausch. Koslow grinste breit als er den Koffer in Händen hielt. Er lachte kurz laut und voller Triumph auf und schon war er verschwunden.

Er sputete mit dem Geld unter Arm aus dem Raum. Seine Schritte klangen immer leiser, bis sie schließlich unhörbar wurde.

Das war's.

Kippe raufte sich verzweifelt die Haare. Er versuchte sich zu beruhigen, doch seine Nerven spielten verrückt. Das konnte nicht wahr sein! Seine 6 Millionen waren fort, auf und davon. Sie flohen von der alten Militärstation in den Armen eines Taugenichts. 

Oh, dummer dummer Valentin. Wäre sein Herz doch nur so vermodert und tot wie er gedacht hatte. Wäre es doch nur so tot wie... sein eigenes. Kippe schämte sich. 

Und oh, dummes dummes Gör. Er hatte gewusst das mit dieser Mission etwas schiefgehen würde sobald er ihr Foto gesehen hatte. Ihr langes blondes Haar, ihre sanften Züge. Ihre blauen Augen.

Ihre blauen Augen.

Ein unbeschreibliches Grauen machte sich in seinem Inneren breit. Seine Augen weiteten sich und die Arterien seines Körpers füllten sich mit stechenden Eisklumpen.

Langsam, ganz langsam, drehte er sich zu dem Mädchen um, das weinend auf dem Boden saß. Valentin hatte sich neben sie gekniet und tröstete sie. Mit väterlicher Hingabe sprach er ihr gut zu.

„Valentin...", flüsterte Kippe mit bebender Stimme.

Valentin drehte ihm verwirrt den Kopf zu. Er verstand nicht was sein Freund ihm sagen wollte. Doch das Mädchen neben ihm verstand nur zu gut. Sie fixierte ihn mit ihren Augen.

Grünen Augen.

Plötzlich zückte sie eine Pistole. Innerhalb eines Wimpernschlags war es vorbei. Er schoss, sie schoss. Er traf. Sie sackte in sich zusammen wie eine Marionette ohne Puppenspieler. In ihrer Stirn klaffte ein Loch.

Erleichterung machte sich in Kippe breit als er die Waffe senkte. Er hatte sie getötet, er hatte gesiegt. Zu einer Erklärung ansetzend drehte er sich zu Valentin.

In diesem Moment erstarb sein Triumphgefühl. An seine Stelle trat ein entsetzlicher Horror.

Valentin folgte ungläubig dem Blick seines Partners und betrachtete den wachsenden roten Fleck auf seinem Hemd. Dann kippte auch er um. Die falsche Sophia hatte nicht verfehlt. Sie hatte ihr Ziel mit tödlicher Treffsicherheit getroffen.

„Valentin... ?" , flüsterte Kippe erneut, diesmal mit schierem Entsetzen. Er verstand das nicht. Wie hatte alles nur so schieflaufen können. 

Es war doch so ein schöner Plan gewesen. Ihm wurden die Knie weich und stolpernd ging er neben seinem Partner zu Boden. 

„Du wirst dich doch nicht von einem Kind töten lassen?! ... Komm schon, du bist besser als das... denk an deine Tochter! Valentin!", schrie Kippe verzweifelt und rüttelte seinem Freund an den Schultern. Zur Antwort ertönte tosende Stille, so laut, dass Kippe fast die Ohren zerbarsten. Valentin schaute ihn nicht an. Er schaute nirgendwo mehr hin. Seine Augen waren leer.

Die Kugel hatte seine Brust an der linken Seite durchstoßen.

„Das kann nicht sein", Kippe schüttelte hilflos den Kopf. Valentin hat kein Herz. 

...Oder?

Kippe schlug die Hände über dem Kopf zusammen und schluchzte. 

***

Für eine Weile taumelte er in einem Zustand der Verwirrung ziellos auf der Station herum. Ihm war heiß und kalt. Eine fiebrige Verzweiflung verschleierte ihm die Sinne. Nach einer unbestimmbaren Zeit fand er sich auf Waldboden wieder. Er blinzelte irritiert. Hinter ihm klaffte das zersprungene Fenster. 

Was war nochmal geschehen?

 Ach ja, Valentin war tot. Müde ließ Kippe den Blick über den Boden wandern. Er suchte nach einem geeigneten Platz, um seinen Freund zu begraben. Doch was war das? Verwirrt entdeckte er eine aufgewühlte Stelle im Boden, so als hätte schon jemand eine Beerdigung abgehalten.

Mit bloßen Händen begann er zu graben. Die Erde war locker und aufgewühlt. Es war keine schwere Arbeit. Schon Bald stieß er auf eine leblose Hand, dann auf einen kleinen Rumpf und schließlich auf den blonden Kopf eines Mädchens. Eine Schmutzschicht benetzte ihre fahle Haut, ihre Lippen waren krustig. Die blauen Augen starrten leer ins nichts. 

Sophia. Die richtige Sophia. 

Vor Kippes inneren Auge begann Koslows Plan plötzlich Gestalt anzunehmen. 

Dieser Dämon hatte niemals vorgehabt Sophia auszuliefern. Hätte alles funktioniert, wären ihm die 6 Millionen zugekommen und der Doppelgänger zum überglücklichen Vater zurückgekehrt.

Es war kein perfekter Duplikat gewesen, wie ihm nun auffiel. Sophias Haar war ein bisschen blonder, ihre Nase ein wenig größer und ihre Augen nicht grün. Außerdem war sie jünger. Doch die Ähnlichkeit war nicht zu leugnen. Und bis Lasarew auffiel, dass das Mädchen vor ihm nicht die zarte Sophia war, hätte die Doppelgängerin genug Zeit die Waffe zu zücken. Genial. 

Das hätte von ihm selbst stammen können, dachte Kippe bitter.

Doch noch etwas wurde ihm bewusst. Er hatte versagt. Das Geld war fort, Sophia tot. Und er würde es auch sein, wenn ihr Vater davon erfuhr.

Schwerfällig humpelte er zurück ins Haus. Die Lösung war simple: Kippe musste sterben. Nur so konnte er der Tortur entkommen, die er sich heute eingeheimst hatte. 

Unter den Toten fand er Einen, der seiner Statur recht nah kam. Nicht ganz gleich, doch ausreichend. Kippe tauschte mit ihm die Kleidung und machte sich daran seinen Kopf mit vielen Pistolenschüssen unidentifizierbar zu machen. Es war eine Drecksarbeit, doch es erfüllte seinen Zweck. 

Sollte irgendjemand von Lasarew's Männern je diesen Ort entdecken, würde er bloß seine Überreste finden. Seine, und Valentins. 

Ohne noch einmal zurückzuschauen verließ Kippe die alte Militärstation und verschwand im dichten Wald. Das Auto ließ er zurück. 

Mit bebenden Händen zündete er sich eine Zigarette an, doch alles was er schmeckte waren Tod und Verderben. Seine Kehle schnürte sich zu. Wie sehr er sich auch abzulenken versuchte, die schrecklichen Bilder hatten sich fest und für immer in seinen Kopf gebrannt. Immer wieder sah er seinen Freund vor sich, immer wieder das klaffende Loch in seinem Herzen. Dann sah er ein kleines Mädchen, dass irgendwo da draußen auf seinen Vater wartete. Und einen Vater, der um sein kleines Töchterchen bangte. 

Vergeblich.  


_____________________________________________________

Funfact: Nicht nur ist die Russenmafia nach dem Fall der Sowjetunion unglaublich aufgeflammt , der Schwarzmarkt wurde mit allen möglichen amerikanischen Produkten geflutet. Diese wurden als Symbol der neu erlangten Freiheit zelebriert. Ganz besonders hoch im Kurs: Jeans. 

Ich bin nicht wirklich auf den Mafia-Aspekt in dieser Geschichte eingegangen. (Generell ist diese Geschichte sehr realitätsfern in der Hinsicht. Keine Mafia ist so einfach aufgebaut, aber was soll's) Der Grund dafür ist simpel, Wattpad hat die Mafia in meinem Kopf einfach nur zerstört, lul. 

Um ehrlich zu sein wollte ich die Geschichte eigentlich noch nicht veröffentlichen, weil ich ein bisschen unzufrieden damit bin, aber sie ist schon so lange hier am vermodern und schon so oft editiert worden, dass ich sie einfach langsam mal veröffentlichen musste. 

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro