Er betritt den Raum.
Dieser ist kahl und im kühlen Weiß gehalten.
Der Mann setzt sich langsam auf einen der grauen Wartestühle.
Die Frau neben ihm beginnt zu weinen. Still und leise, ohne zu Schluchzen.
Er greift in seine Manteltasche und reicht ihr ein Taschentuch.
"Danke." Sie nimmt es entgegen und schnäuzt sich.
Die unbequemen Hartplastikstühle knatschen unter ihren Bewegungen.
Er schaut auf seine Uhr. Sie ist stehen geblieben.

"Schafft er es?", fragt die Frau zaghaft.
Er schweigt.
"Ich war immer für ihn da." Eine weitere Träne läuft ihre Wange herab. "Er hatte es nicht leicht nach unserer Trennung und hat gelitten und nun das." Sie fährt sich eine Haarsträne hinters Ohr, die aus ihrem Dutt gefallen ist.
"Aber mein Kleiner wird kämpfen", sagt die Frau, vielmehr zu sich selbst, als zu ihm. Ihre Stimme zittert. "Ich wusste, dass es ihm schlecht geht. Aber nicht, dass es so schlimm ist."
Der Mann schaut erneut auf seine Uhr. Die Zeiger bewegen sich nicht.

"Warum hat er den nichts gesagt? Ich hätte ihm doch helfen können. Ich meine nicht professionell, aber wenn er gewollt hätte, hätte ich ihm auch einen Psychologen bezahlt."
Sie sieht ihn direkt an. "Du musst doch irgendwas dazu zu sagen haben, er ist auch dein Sohn!"
Der Mann schaut erneut auf die Uhr. "Und kannst du es nicht endlich mal sein lassen, auf diese bescheuerte Uhr zu schauen", fährt die Frau ihn an.
"Wir haben beide Schuld an seinem Sprung, nicht wahr?" Sie klingt panisch.
"Ich bin eine grässliche Mutter!" Die Frau schlägt die Hände vor ihre Augen. Der Mann starrt stur geradeaus.
Auf seinem Gesicht sind keine Emotionen zu sehen.

Die Tür öffnet sich und ein Arzt betritt den Raum.
"Und?!?", ruft die Frau und springt von ihrem Stuhl auf.
"Ihr Sohn hatte ein unglaublich großes Glück, ein Sprung aus dem 11 Stock überleben nur die wenigsten. "
Die Frau keucht erleichtert.
"Er hat es geschafft ", flüstert sie vor sich hin.
"Bitte folgen sie mir", sagt der Arzt und geht Richtung Tür.
Die Frau folgt ihm.
Der Mann schaut auf seine Uhr.
Sie tickt wieder.