BfHuH - Kapitel 3
Heute.
»Traurig, dass du es jetzt erst erkannt hast. Wie konntest du nur deinen Bruder vergessen?«
»Aber wie...?«, fragte Tom entgeistert.
»Wie ich überlebt habe?« Arlo lachte hysterisch auf. »Wie ich überlebt habe, nachdem ihr mich in der Pampa zurückgelassen hattet?« Er seufzte und blickte mit einem hämischen Grinsen zu Tom. »Connor hat mich das Gleiche gefragt.«
»Du hast mit Connor geredet? Er wusste es?« Tom fiel aus allen Wolken. Er verstand die Welt nicht mehr. Wie konnte ihm sein Bruder davon nicht erzählen?
»Bist du jetzt betrübt, dass Connor ein Geheimnis vor dir hatte?« Arlo ahmte die Bewegung eines weinenden Kindes nach. »Aber ja, er hat es sogar recht früh herausgefunden. Ihm hat nur mein Plan nicht gefallen.«
»Willst du damit sagen, dass der Autounfall gar kein Unfall war?«
Arlo bleckte seine Zähne. »Jetzt tu doch nicht so, auf eine gewisse Weise hatte er es verdient. Er hat schließlich nichts getan. Er hat einfach nur zugeschaut.«
Tom schluckte. Er wusste, wovon Arlo sprach. Jahrelang hatte er nachts davon Alpträume gehabt. Nassgeschwitzt war er in seinem Bett aufgewacht und sein Herz hatte wie verrückt in seiner Brust gehämmert. Immer wieder spielte sich die Szene in seinem Kopf ab. Er konnte nicht vergessen, was er seinem Bruder damals angetan hatte. Er war dumm und jung gewesen und hätte sich nie erträumen lassen können, dass es so ausarten würde. Doch es ließ sich nicht entschuldigen und er schämte sich dafür. Genau deshalb hatte er es tief in sich vergraben. Auch Connor wollte es vergessen und so sprachen die Brüder nie wieder darüber.
Vor drei Wochen.
Toms Anwalt gab leise klagende Geräusche von sich, als er sich durch die Akte las. Mit hochgekrempelten Armen saß er Tom gegenüber und machte dabei einen Gesichtsausdruck, als schaute er einem Tier beim Sterben zu.
»Das heißt?«, fragte Tom zögerlich.
Mr. Kennings antwortete nicht, blätterte lediglich eine weitere Seite um, bis er die Akte schloss und er seinen runden Kopf hob.
»Mr. Davis, wenn ich ehrlich bin, sehe ich keine Chance hier irgendetwas zu reißen. Wissen Sie, was die Polizei alles gegen sie in der Hand hat?«
Tom schüttelte den Kopf, dabei wusste er es ganz genau. Garcia hatte es diverse Male, während des Verhörs heruntergerattert wie ein Maschinengewehr. Er schüttelte nur deshalb den Kopf, da es alles so surreal war. Mr. Kennings seufzte und nahm seine Finger zu Hilfe, um bei der Aufzählung nichts zu vergessen.
»Es gibt eine Videoaufnahme, die zeigt, wie Sie den Jungen in den Park bringen. Mehrere Augenzeugen berichteten von Schreien im Pioneer Park. Einer von ihnen meinte sogar, er hätte nach der Tat mit Ihnen geredet und Sie hatten Blut an ihrer Kleidung. Apropos Blut. Es war Angels Blut. Auch fand man Ihre DNA auf dem nackten Jungen. Zum Glück hat man kein Sperma gefunden.«
»Ich habe das nicht getan!«, schrie Tom aufgebracht und er spürte, wie das Blut in seinen Ohren pochte. Er hatte das Gefühl, dass sein Anwalt ihm gar nicht helfen wollte. Denn auch er war von seiner Schuld überzeugt und die Beweise und Aussagen der Zeugen waren belastend genug. Mr. Kennings ignorierte Toms kleinen Wutausbruch und fuhr fort.
»Und nun die Verbindung zu ihrer damaligen Jugendliebe Brenda Perez. Es gibt Ihnen nun das perfekte Motiv. Sie waren wütend, dass Brenda es Ihnen verschwiegen hat und zudem wollten sie ihre Ehe mit Debby retten. Früher oder später hätte sie es erfahren, dass Sie einen Sohn haben.«
Tom sprang auf, sodass sein Stuhl auf den kalten Betonboden krachte. »Was soll das hier? Ich dachte, Sie sollen mir helfen?«
»Ich zähle lediglich die Fakten auf.« Sein Verteidiger blickte wehmütig zu ihm. »So wie ich es gelernt habe«, murmelte er und Tom stöhnte auf. Das konnte doch nicht wahr sein! Wie lange arbeitete Mr. Kennings überhaupt schon als Anwalt? Für Tom wirkte er wie ein Schuljunge, der gerade das Lesen gelernt hatte.
»Sie haben nur ein Alibi genannt, aber der Zeuge ist nicht glaubwürdig. Zudem waren Sie betrunken«, plapperte er weiter, als handle es sich tatsächlich um eine Klausur und nicht um Toms zukünftiges Leben. Ein Leben, welches er im Gefängnis verbringen durfte.
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