EINUNDZWANZIG
Irgendwas stimmte nicht. Aus irgendeinem Grund bekam ich nicht richtig Luft. So als würde ein Gewicht auf meiner Brust lasten. Und dieses Gewicht bewegte sich gerade.
„Was zum ...", verwirrt öffnete ich die Augen. Auf meiner Brust lastete tatsächlich ein Gewicht, ein ziemlich Flauschiges. Welches jetzt wohl auch wach wurde und mich mit strahlend blauen Augen interessiert musterte.
„Na wer bist du denn?", vorsichtig hob ich die Hand um dem Kätzchen über den Kopf zu streicheln. Zufrieden schnurrend lehnte sich das kleine Fellknäul gegen meine Handfläche , während mein Gehirn langsam anfing zu arbeiten.
Warum zum Geier saß eine Katze auf mir? Ich hatte doch keine Katze.
Seit wann war mein Bett eigentlich so hoch?
Hat mein Schrank nicht gestern noch anders ausgesehen?
All diese Fragen ließen nur eine Antwort zu: Ich befand mich nicht bei mir zu Hause. Aber wo war ich dann?
„Ach hier hast du dich versteckt. Du weißt doch, dass du das nicht sollst", hörte ich Elias Stimme von der Tür aus. Ich ließ meinen Blick zur Tür schweifen und entdeckte ihn dort, wie er lächelnd am Rahmen lehnte.
„Der kleine Racker weiß ganz genau, dass das Schlafzimmer für ihn tabu ist. Aber ihn scheint das nicht wirklich zu interessieren." Elias war zu mir ins Zimmer getreten und hatte sich das Kätzchen in seine Arme gehoben. „Na, gut geschlafen in meinem Bett? Ist schon etwas bequemer als unsere letzte gemeinsame Schlafunterlage."
„Ja, ich hab sehr gut geschlafen. Aber sag mal, wie genau bin ich hier her gekommen?", etwas verwirrt setze ich mich an die Bettkante. Das letzte an was ich mich erinnern konnte war, wie wir beide aus dem Saal gehumpelt waren und uns ins Auto gesetzt hatten.
„Kaum, dass wir im Auto saßen bist du eingepennt. Irgendwie hab ich dich mehr oder weniger wach bekommen, damit du in meine Wohnung kommen konntest", erklärte Elias und setzte sich dabei zu mir aufs Bett. Sofort befreite sich seine Katze aus seinen Armen und tapste zurück zu mir. „Da ich mir dachte, es sei etwas unbequem in dem Kleid zu schlafen, hab ich dich irgendwie dazu bekommen dir ein paar bequeme Sachen von mir an zu ziehen."
„Danke", sagte ich aufrichtig und ließ meine Finger durch das weiche Katzenfell gleiten.
„Du bist ein mieser kleiner Verräter. Hast du etwa vergessen, wer dir hier dein Futter gibt?", beschuldigte Elias das Kätzchen, welches sich nur weiter von mir streicheln ließ. „Wie geht es eigentlich deinem Fuß?"
Erstaunt blickte ich auf meinen Knöchel, der in einen weißen Verband gepackt war. Was dann wohl auch Elias gemacht hatte. Ich war gestern wohl wirklich sehr müde.
„Eigentlich ganz gut, tut kaum noch weh."
„Perfekt, dann schien die Kühlungssalbe wohl doch die richtige Wahl gewesen zu sein", freute Elias sich. „Frühstück?"
Wie auf Kommando hob das Fellknäul in meinen Armen seinen Kopf und auch mein Bauch gab lautstark Meldung.
„Das nehme ich dann mal als ja", lachte Elias und stand vom Bett auf, sofort sprang das Kätzchen hinterher. „War ja klar, das verstehst du natürlich, du kleiner Fresssack. Aber wenn ich dir Kunststückchen beibringen will stellst du dich dumm."
Lachend stand ich ebenfalls auf und folgte den beiden durch die Wohnung in die Küche. Dabei ließ ich meinen Blick etwas schweifen. Elias Wohnung war größer als meine und deutlich heller. Was wohl daran lag, dass es eine Loft-Wohnung war. Die riesigen Fensterwand bot einen herrlichen Blick über die Stadt. Die Küchenzeile lag offen, so konnte man problemlos ins Wohnzimmer blicken. Nur der Esstisch trennte die beiden Bereiche optisch etwas ab. Im Wohnzimmer nahm eine große L-Couch den überwiegenden Teil der Fläche ein, dazu ersteckte sich noch eine große Schrankwand auf der Querseite.
Außer der Schlafzimmertür führten noch zwei weitere Türen aus dem großen Raum. Hinter der einen vermutete ich ein Bad und hinter der anderen war dann wohl der Ausgang.
„Schicke Bude", meinte ich anerkennend als ich mich zu Elias in die Küche gesellte. Dieser war gerade dabei den Futternapf zu füllen, während seine Katze ihm schon die Hälfte aus der Packung fraß. „Wie heißt sie eigentlich?"
„Er heißt Percy und frisst mir wohl irgendwann die Haare vom Kopf", gab Elias schmunzelnd zurück. „Kaffee?"
„Oh ja, bitte", müde ließ ich mich auf einen der Stühle sinken. Mit zwei Tassen Kaffee gesellte sich Elias kurze Zeit später zu mir an den Tisch.
„Ach übrigens, du solltest mal nach deinem Handy schauen", meinte Elias, als wir gerade mit dem Frühstück fertig waren.
„Warum? Und wo liegt das überhaupt?"
„Im Bad. Deine Tasche liegt dort neben deinem Kleid. Als ich vorhin duschen war hast dein Handy ziemlich oft vibriert."
„Oh, dann sollte ich vielleicht wirklich mal danach schauen", etwas unschlüssig stand ich auf.
„Die Tür links", informierte Elias mich.
„Du hättest mir auch mal sagen können, dass ich aussehe wie ein Panda", rief ich aus dem Bad, als ich dort meinem Spiegelbild begegnete. „Ich finde, du bist ein niedlicher Panda."
„Und ich finde, du bist eine Flasche."
„Schau mal in dem rechten Schrank unter dem Waschbecken", entgegnete Elias, an seiner Stimme konnte ich hören, dass er sich über meine Aussage amüsierte. Als ich den besagten Schrank öffnete fand ich dort Abschmink-Utensilien und diverse andere Damenhygieneartikel.
„Na, wer verlangt schon am frühen Morgen nach dir?", wollte Elias wissen, als ich mich fertig abgeschminkt zu ihm ins Wohnzimmer gesellte.
„Ach nur Becci. Dave ist wohl ein Plappermaul und hat ihr gesteckt, dass du mich gestern quasi aus dem Saal getragen hast."
„Das stimmt doch gar nicht. Ich hätte dich zwar getragen, aber du wolltest das ja nicht."
„Becci übertreibt gern und so wie ich ihre Bandkollegen kennen gelernt hab sind sich in diesem Punkt alle vier recht ähnlich", erklärte ich, bis mir ein anderer Gedanke kam. „Aber jetzt mal was ganz anderes. Hast du eine Freundin?"
„Nicht das ich wüsste."
„Oder eine weibliche Mitbewohnerin?"
„Nein, Percy und ich leben allein in dieser beschaulichen Männer-WG. Warum fragst du?"
„Na wegen dem ganzen Frauen-Zeug in deinem Bad. Das hat ein Mann dich nicht ohne Grund bei sich rumstehen."
„Ach so. Du warst also schon in mehreren Männerbuden, wenn du das so gut beurteilen kannst."
„Lenk nicht vom Thema ab."
„Meine Mutter hat sich immer beschwert, dass wir Männer gar nicht wüssten wie unangenehm es für euch Frauen in manchen Situationen sein kann. Wenn ihr ganz dringend etwas benötigt, aber nichts vor Ort ist. Deshalb hab ich immer ein paar solcher Sachen im Bad."
„Das nenn ich mal gute Erziehung", gab ich anerkennend zurück. „Lob an deine Mutter."
„Danke, ich werde es ihr ausrichten, wenn ich sie das nächste Mal sehe", entgegnete Elias grinsend. „Aber es scheint ja auch nicht überflüssig zu sein. Immerhin siehst du nicht mehr aus wie ein Panda."
„Ich dachte ich war ein niedlicher Panda", gespielt zog ich die Unterlippe schmollend nach vorne.
„Das warst du definitiv", erwiderte Elias und grinste dabei immer noch. „Sag mal, wartest du auf die nächste Bahn?"
„Ähm ... ne, wieso?", gab ich etwas verwirrt von mir und legte den Kopf leicht schief.
„Na, weil du so verloren mitten in meiner Wohnung rumstehst", antwortete Elias und klopfte neben sich. „Du darfst dich auch gern zu mir setzen."
„Ich hab nur überlegt, ob ich mich umziehen soll", erklärte ich und ließ mich dann neben ihm auf die Couch fallen. „Aber da ich nur das Ballkleid hier habe werde ich wohl noch eine Weile in deinen Klamotten bleiben. Zumindest bis ich vor die Tür gehe."
„Ich finde, dass dir meine Klamotten sehr gut stehen", meint Elias und mustert mich dabei aufmerksam. „Und wer sagt, dass ich dich überhaupt wieder gehen lasse? Vielleicht bin ich ja doch ein Massenmörder oder Vergewaltiger und hab das alles all die Jahre genau so geplant."
„Natürlich hast du das, du Flasche", lachte ich auf und boxte ihm leicht gegen die Schulter.
„Ich finde das übrigens nicht gerecht."
„Was denn?"
„Na, dass du mir einen Kosenamen gegeben hast und ich dir noch keinen."
„Das kannst du ja ändern", schlug ich vor und musste dann wegen meiner eigenen Gedanken kichern. „Kannst mich ja Liebling oder so nennen."
„Ne, ich wäre eher für sowas wie Häschen oder Mausi", ging Elias auf meinen Vorschlag ein.
„Oh bitte nicht, dass ist ja noch schlimmer als Liebling", musste ich nun laut lachen.
„Sag nichts gegen meine außerordentliche Kreativität, Pandabärchen."
„Würde ich doch nie tun", entgegnete ich immer noch lachend.
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