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NANA



KANKURO


Hüllst du dich in ein Gewand aus Lügen, bekämpfst du damit aktiv nackte Tatsachen.

Hatte die Kälte zugenommen, oder bildete Kankuro sich das nur ein? Windböen, die den Geruch abgestandenen Wassers zu ihnen herübertransportierten. Das Dorf, das am Ufer eines mittelgroßen Sees gebaut wurde, war von dichtem Nebel umhüllt. Mehrere Stege führten auf das Wasser hinaus. Einige Fischerboote legten hier längsseits an. Die Boote waren schon seit längerer Zeit nicht mehr hinausgefahren und bei den Stegen fehlten sogar teilweise ganze Bretterreihen. Dem verbliebenen Holz machte die Witterung und damit einhergehende Fäulnis zu schaffen.

Kankuro hatte Asakas Schal enger um sich geschlungen. Gegen eine weitere Schicht hätte er nichts einzuwenden gehabt. Er kniff die Augen zusammen. Vor ihnen erstreckte sich ein breiter Schotterweg, der ins Dorf hineinführte. Das Licht der angelaufenen Eisenlaternen am Wegesrand konnte kaum zu ihnen durchdringen. Schemenhafte Umrisse von heruntergekommenen Außenfassaden. Hier eine brauchbare Behausung zu finden, würde schwerer werden als gedacht. Vor allem mit der Kunoichi an seiner Seite.

Unterwegs war der Schlamm bis zu ihren Knien hochgespritzt. Er wirkte deplatziert auf ihrer blassen Haut. Der helle Innenstoff ihres Kleides war mit dunklen Flecken besudelt und ihre Schuhe und Füße waren kaum als solche zu erkennen. Ihre Stimmung hatte sich – mit jedem Schritt – zusehends verschlechtert und auch seine Aufmunterungsversuche prallten allesamt an ihr ab. Doch der Suna-Nin wurde das Gefühl nicht los, dass sie neben der verdreckten Kleidung noch etwas anderes bedrückte. Gerade wenn er an das letzte Stück Weg zurückdachte. Als er das Thema mit ihrer Familie angesprochen hatte. Sie nahm ihm die Frage nicht übel, aber ... da war dieser merkwürdige Blick in ihren Augen, wenn er sich nur einmal kurz wegdrehen wollte.

»Asaka?« Er sprach mit sanfter Stimme.

»Ja?« Sie schaute zu Boden. Etwas, wovon er wusste, dass sie das nicht gern tat.

»Ich bin da, wenn was ist.« Sechs einfache Worte, die der jungen Frau ein zaghaftes Lächeln entlockten.

»Danke.« Sie fuhr sich durchs dunkelbraune Haar. Hob für eine Sekunde den Blick. »Ich glaub, es ist dieser Ort, der mir nicht guttut ... Das Klima ...« Sie zitterte nicht, und trotzdem war ihr kalt. »In Kirigakure bin ich vielleicht halbwegs sicher, aber ich weiß nicht, was mit den umliegenden Dörfern ist und dieses hier ist sehr ...«, sie suchte nach dem passenden Wort, »s-sehr ... abgeschieden.« Er nickte. Das ist es also. Etwas in die Richtung hatte er sich insgeheim gedacht.

»Meinst du, irgendwer würde einen Angriff auf dich starten, wenn ich bei dir bin?« Sie wird das Problem die ganze Zeit über ausgeblendet haben, weil sie mir helfen will. Ich kann nicht zulassen, dass ihr etwas passiert, da sie meinetwegen dieses Risiko eingegangen ist.

»Ich weiß es nicht u-und ich glaub ... genau DAS macht mir so viel Angst.« Beschämt faltete sie ihre Hände. »Angst. Etwas, was ein guter Shinobi nicht fühlen sollte, wenn er eine Mission antritt.«

»Ich versteh deine Angst. Empathie zeichnet in der Theorie aber genauso wenig einen guten Shinobi aus.« Kankuro hatte ihr gesagt, dass es okay war, wenn sie Gefühle zeigte, und er war keine Person, die ständig ihre Meinung änderte. Asaka war eine starke Frau und er würde konstant zu ihr halten. Er trug die Verantwortung für ihre Sicherheit, weil er sie rekrutiert hatte. Ein Angriff auf sie, war ein Angriff auf ihn und er war der Bruder des Kazekage.

Er schlüsselte das Problem auf, sodass die Kunoichi es mitbekam: »Für die Dorfbewohner bin ich nicht irgendwer. Die meisten von ihnen werden wissen, wer ich bin. Die Konsequenz daraus: Wir werden Aufsehen erregen, weil ich einfach so in feindliches Territorium eindringe. Bestenfalls wird man uns aber machen lassen, da du als Kiri-Nin dabei bist. Ein Kiri-Nin, der sich in den benachbarten Dörfern aufhält, ist nicht so ungewöhnlich wie ein Suna-Nin, der von weither kommt. Gefährlich wird es erst, wenn du dein Kekkei Genkai benutzt und herauskommt, dass du Teil des Yuki-Clans bist. Andererseits können wir bei Feindkontakt schlecht drauf verzichten.«

Der Marionettenspieler überlegte, welche Optionen sie hatten. Seine hohe Stellung reichte eventuell nicht aus. Es wäre dumm, sich einzig und allein darauf zu verlassen. Würde eine Verkleidung etwas bringen? Damit würden sie nicht das Kernproblem lösen. Allerhöchstens könnten sie das Risiko senken, dass sie jemand aus Kirigakure erkannte. Was ein Anfang war. Wichtig war, dass sie zu keinem Zeitpunkt falsche Angaben machten – sondern lieber gar keine –, weil sie das erst recht in Bedrängnis bringen würde. Gleiches galt für ein Henge no Jutsu. Wurde dieses durchschaut, säßen sie in der Klemme. Hinzu kam, dass Asaka ohnehin schon verunsichert war. Müsste sie eine komplett neue Identität annehmen, würde sie nach außen hin ausstrahlen, dass sie sich damit nicht wohlfühlte. Sprich: Sie würde sich so eher verdächtig machen.

»Wie viel wärst du bereit, an dir zu ... verändern? Für mich bleibst du Asaka Yuki, aber wir müssen taktisch vorgehen, wenn wir unangenehme Zwischenfälle vermeiden wollen. Eine Tarnung würde helfen. Um den Rest kümmer' ich mich.« Er hoffte, dass sie verstand, dass er sie nicht verbiegen wollte. Solang niemand sie erkannte oder nach ihrem Namen fragte, funktionierte die Maskerade.

»Ich verstehe. Naiv von mir zu glauben, dass es auch ohne geht. Aber so ist das halt ...« Der Schmerz saß tief, weil er auf Unverständnis beruhte. Man hatte sie bereits als Kind abgelehnt, wo sie nicht einmal auf zwei Beinen stehen konnte. Ein Kind, dem man schon die Eltern genommen hatte. Und dann noch die Perspektive auf ein friedvolles Leben und eine erfüllte Zukunft. »Doch du hast recht. Ich hab gesagt, dass ich dir helfe, und ich steh' hinter meiner Entscheidung. Irgendwie klappt das schon.« Sie zuckte mit den Schultern, machte ihren Rücken wieder gerade, hob ihren Kopf. »Ja, das wird schon klappen. Irgendwie.«

Für die Veränderung liefen sie ein Stück in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Die Kunoichi setzte sich auf einen großen Stein, schlug ein Bein über das andere und streckte dem Suna-Nin ihr Gesicht entgegen. »Wenigstens kommst du auf deine Kosten«, spottete sie.

»Wenn ich dein Gesicht als Leinwand herhalten darf, dann ja.« Wenig überraschend hatte sie erraten, was er mit ihr vorhatte.

»Darauf hast du doch insgeheim gewartet, oder?« Fragend zog sie eine Augenbraue nach oben.

»Nicht direkt.« Maximal ganz kurz. Die Gesichtsbemalung hatte für ihn einen persönlichen Hintergrund. Als Meister des Marionettenspiels achtete er die Tradition. Doch er war überzeugt davon, dass er diese nicht verletzte, wenn er die Farbe auftrug, auch wenn er bisher immer nur sich selbst geschminkt hatte. Seine Geschwister hätten sich da sowieso nicht drauf eingelassen. Bei Asaka war das anders. Das Make-up würde bei der Kunoichi seine volle Wirkung entfalten, da sie wandelbar war. Die perfekte Basis. »Du bist die erste Person, bei der ich das tue.«

»Soll ich mich jetzt etwa geehrt fühlen? Du bist auch der erste Typ, den ich überhaupt an mein Gesicht heranlasse.« Sie grinste und eine leichte Röte schlich sich auf ihre blassen Wangen. Es war schön, zu sehen, dass sich ihre Laune wenigstens etwas gebessert hatte.

»Immerhin bin ich der Erste und nicht irgendein dahergelaufener Idiot.« Er hielt viel von sich. Das war kein Geheimnis. Vor allem, wenn es um sein Jutsu und seine Show ging. Die Maske gehörte selbstverständlich mit dazu. Kankuro packte seine Farbe aus. Er trug sie flüssig auf, weil sie so besser mit der Haut verschmolz. Da er seinen täglichen Verbrauch kannte, hatte er auf jeden Fall genug von ihr mitgenommen, um eine Weile klarzukommen, selbst wenn er sich fortan den Pott mit seiner Teampartnerin teilen musste. Ein Set unbenutzter Pinsel hatte er ebenfalls mit dabei. Diese würde der Marionettenspieler für Asaka nutzen.

Während er alles vorbereitete, schminkte die junge Frau sich ab. Den Knoten ihres Stirnbandes hatte sie gelöst und es über ihren Oberschenkel gelegt, sodass das Symbol nach unten zeigte. Meist legte sie das Stirnband so hin, dass das Symbol nach unten zeigte. Weil sie dann für einen Moment so tun konnte, als wäre sie kein Kiri-Nin? »Ein seltener Anblick, hmm ...«, sinnierte sie und wischte das zartrosa von den Lippen. »Aber um meine Wimpern kümmerst du dich am Ende noch, oder? Und an den Haaren würd' ich ungern was ändern. Ich trag sie ja extra so, damit ihnen im Kampf nichts passiert.«

»Vertrau' mir einfach. Ich weiß, was ich tue.« Der Suna-Nin reichte ihr den Behälter mit der Farbe. »Wenn es gut werden soll, brauch' ich aber beide Hände.« Dann umfasste er ihr Kinn, um es in die richtige Position zu rücken. Die Haut unter seinen Fingern war ganz zart. Keine Dellen. Keine Risse. Für einen Shinobi eher untypisch. Sie war wirklich ... Er würde sich konzentrieren müssen. Auch wenn Asaka ... Die Frau vor ihm hatte ihre Augen geschlossen. Vorsichtig strichen seine Finger über ihre noch immer gerötete Wange, ohne ihr Kinn dabei loszulassen. Er seufzte. Worauf hab ich mich da eingelassen?

Kankuro tunkte den Pinsel in die kühle Farbe und setzte ihn am Augeninnenwinkel an. Es war der kleinere Pinsel, mit dem er das Muster vorskizzierte. Er hatte sich Gedanken darüber gemacht, was zu seiner Teampartnerin passen könnte – auf keinen Fall etwas, was zu filigran war. Diese hielt still, als wäre sie im Sitzen eingeschlafen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich in regelmäßigen Abständen. Vielleicht kam deshalb kein Einspruch, als er eine Haarsträhne zur Seite schob, damit diese keine Farbe abbekam. Er führte den Strich zu Ende, korrigierte vereinzelte Stellen und nahm den zweiten Pinsel zur Hand. Als er die Fläche ausgemalt hatte, legte er eine Pause ein und musterte ihr rechtes Auge mit dem kritischen Blick eines Künstlers. Vor ihm saß noch immer die Frau, die er für seine Mission rekrutiert hatte. Nur hatte er ihrer Schönheit eine ... agonale Note verpasst. Der Eindruck wurde verstärkt, als sie beide Augen öffnete und ihn unverwandt anschaute.

»Ist es schlimm? Du siehst so ... ernst aus.« Sein Daumen fuhr ihre Kinnpartie entlang.

»Nein. Ich bin mir sicher, dass du es lieben wirst.«

»Ziemlich eingebildet, huh?«

»Ich hab' dein Gesicht nicht entstellt. So viel verrat' ich dir.«

»Wie willst du auch mein Gesicht entstellen, wenn nichts mein Gesicht entstellen kann.«

»Das halt' ich für ein Gerücht.«

»Inwiefern?«

»Ich möchte, dass du dich wohlfühlst, Asaka. In meiner Nähe. Ein Mensch, der es nicht gut mit dir meint, wird niemals das richtige Muster für dich wählen. Dabei geht es bei dieser Kunstform vor allem um Ausdruck. Ich drücke aus, was du für mich bist. Eine Tarnung, die deshalb funktioniert, weil sie nur dann durchschaut werden kann, wenn jemand – so wie ich – hinter die Fassade blickt.«

Die Kunoichi war verstummt. Dann griff sie nach seiner Hand, die ihr Gesicht umfasste. Verschränkte ihre Finger mit seinen. »I-ich b-brauch das. Jetzt gerade. Irgendwie. Damit ich nicht das Make-up ruiniere und so ... Du weißt schon.« Pause. »Außerdem ist deine Hand schön warm und ich mag die Handschuhe.«

Der Suna-Nin grinste. »Hat so tatsächlich auch noch niemand gesagt.« Allerdings fehlte ihm jetzt eine Hand für ihr Gesicht. Es würde gehen, wenn sie stillhielt. Sollte für sie aber kein Problem sein. Er war immer noch erstaunt darüber, dass ihr Körper nicht einen Makel zu besitzen schien, während seine Hände dutzende Male neu zusammengeflickt werden mussten, weil ihm beim Marionettenbau ein Missgeschick passiert war, oder er im Kampf verwundet wurde. Dabei hatte er beim Training sogar feststellen müssen, dass sie einige Taijutsu-Techniken auf Lager hatte. Wie auch immer sie das anstellte ... ein Mysterium. »Kopf bisschen zur Seite. Wir müssen hier weitermachen, bevor uns irgendein Dorftrottel über den Weg läuft.«

»Ah ja!«

Das zweite Auge ging ihm leicht von der Hand und war symmetrisch aufs Erste abgestimmt worden. Ehe er es vergaß, trug er die Wimperntusche auf. Zum Abschluss kamen die Lippen dran. Seine Teampartnerin funkelte ihn erwartungsvoll an. Zeigte sich mal wieder von ihrer besten Seite. Erschwerte ihm die Arbeit. Reichte schon, dass er den Körperkontakt nicht ... komisch fand. Dass er Asaka irgendwie bei sich haben wollte. In seiner Nähe. In seinen Ar... Mit raschen präzisen Pinselstrichen umrandete Kankuro ihre Oberlippe. Die Untere direkt hinterher. Ein Highlight, das ihr spitzes Kinn betonte. Der Marionettenspieler vermalte sich kein einziges Mal, wechselte den Pinsel und vollendete sein Werk, und holte erst dann wieder richtig Luft.

Er hatte sich selbst übertroffen.

»Willst du es sehen?«, fragte der Suna-Nin, obwohl er die Antwort kannte. Da seine Teampartnerin ihr Jutsu nicht nutzen durfte, hielt er ihr einen Taschenspiegel hin, nachdem er den Pinsel beiseitegelegt hatte. Er würde sein Equipment säubern, sobald sie sich um eine Unterkunft gekümmert hatten. Sie klappte den Spiegel auf. Gespannt wartete er auf ihre Reaktion. Zuerst sagte die Kunoichi nichts und hielt ihr Pokerface aufrecht. Nach drei Sekunden – er hatte mitgezählt – setzte sie zum Sprechen an, doch es kam kein Ton heraus. Die Lippen leicht geöffnet, der Blick verklärt. Ehrfurchtsvoll.

»E-es ist w-wunderschön

»So wie ...«

»Ja, so wie ich ...« Auf einmal hatte sie die Stirn in Falten gelegt, wirkte nachdenklich. Sagte aber wieder eine Weile lang nichts. »Ich weiß nicht, wie du das gemacht hast, aber ich hab immer noch das Gefühl, dass ich das bin. Nur in schöner irgendwie, a-auch wenn ich nicht dachte, dass das überhaupt möglich wäre ... Danke. Ich hoff einfach nur, dass das reicht. Vom Herzen. Weil mir bedeutet es etwas, dass ich die Farbe tragen darf.«

»Wird es bestimmt. Denk' dran, wir sind nicht unbewaffnet. Du hast ein Kunai und ich ein ganzes Waffenarsenal. Wir sollten auf unnötige Gewalt verzichten, aber ich zögere auch nicht, wenn dir jemand etwas antun will.« Er meinte seine Worte halbernst. Natürlich würde er einschreiten, aber nur in letzter Sekunde und wenn es unvermeidbar wäre. Wenn es quasi Notwehr wäre.

»Du würdest ein Dorf für mich massakrieren? Und warum hackst du so viel auf meinem Kunai rum?«

»Wer nicht? Aber ich versteh' schon. Ein Kunai mehr würde das Outfit ruinieren.« Ein provokantes Grinsen. »Wir sollten uns jetzt aber auf den Weg machen, damit du dein Outfit schnell wieder sauber bekommst. Und noch etwas: Als Bruder des Kazekage wäre es am sinnvollsten, wenn du mir das Reden überlässt. Ich geh' nämlich davon aus, dass die meisten Leute eher konservativ eingestellt sein werden. Wir können uns keine einzige Lüge erlauben. Du schlüpfst in die Rolle meiner Partnerin, aber bist du das nicht eh schon? Nur muss keiner wissen, dass wir uns eigentlich auf Augenhöhe begegnen. Das ist der Trick. Die Strategie.«

»Alles klar. Dann werd' ich mich hauptsächlich auf die Körpersprache unseres Gegenübers fokussieren.« Die Kunoichi band sich ihr Stirnband wieder um.

»Du gibst das Signal zur Flucht.« Eigentlich konnten sie sich keine Konfrontation erlauben. Ihr Gegenspieler hatte sich garantiert auf ihre Ankunft vorbereitet. Wenn wir uns zur Wehr setzen müssen, geben wir etwas von uns preis. Wer weiß, wo der Typ seine restlichen Spione platziert hat ... Bei einem wird es wohl kaum bleiben.

Sie hatten all ihre Sachen wieder eingepackt. Kankuro trug seine Schriftrollen, Asaka das übrige Gepäck. Er war ausgerüstet und machte keinen Hehl daraus. Auch hatte er diesen Blick aufgesetzt, von dem er wusste, dass er das einfache Volk einschüchtern würde. Verängstigte Menschen würden eher einem Konflikt aus dem Weg gehen. Die Kunoichi war quasi seine Absicherung, dass er niemandem etwas tun würde, solang man ihn in Frieden ließ. Sie wateten durch den Nebel und passierten den Dorfeingang. Auf den ersten Blick war alles ziemlich sanierungsbedürftig. Wände, von denen der Putz abbröckelte, undichte Dächer – teilweise aus Wellblech. Zerbrochene Fensterscheiben. Davor gespanntes Klebeband, das wohl vor dem Wind schützen sollte, dieser Aufgabe aber nicht gerecht werden konnte. Häuser, die zu lieblosen Blöcken zusammengefasst waren. Keine Verzierungen. Müll, der vor der Tür abgeladen wurde, und da auch blieb. Für eine Weile ... Genug Zeit, damit sich die Nager durch die Säcke beißen konnten. Zu dem Geruch abgestandenem Wassers mischte sich der von Abfällen und Pisse. Es war noch übler als gedacht.

Das Hauptgeschehen spielte sich in den Hinterhöfen ab, wie der Suna-Nin schnell begriff. Auf der Hauptstraße war kaum ein Dorfbewohner zu sehen. Und wenn ihm einer in seiner löchrigen staubigen Kluft über den Weg lief und ihn irritiert aus seelenlosen eingefallenen Augen anglotzte, reagierte er mit seinem gestörtesten Blick, der ein rasches Kopf-zur-Seite-drehen zur Folge hatte. Der Marionettenspieler hatte ein anderes Bild von der Lokation im Kopf gehabt. Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Oder war das Dorf in mehrere Bereiche unterteilt worden? Hierher hätte sich doch sonst kein Tourist freiwillig hin verirrt ...

Asakas Gesichtsausdruck spiegelte das wider, was sie dachte: ekelhaft! Auch wenn ihre Sandalen schon voller Schmutz waren, tippelte sie trotzdem um jedes suspekte Objekt herum. Sie hatte überhaupt nichts dagegen, als er vorschlug, dass sie die Suche nach einer geeigneten Unterkunft beschleunigen könnten, indem sie sich an einen der Dorfbewohner wendeten. Sie bogen in eine Gasse ein und kamen bei einem kleinen schäbigen Hinterhof wieder raus. Eine Frau mit leicht angegrautem Haar hatte sich eine fleckige Schürze um den Körper gebunden und hängte die Wäsche für sich und ihre Kinder auf. Mehlreste vom Backen hafteten auf Haut und Kleidung. Doch im Verhältnis zu den Dorfleichen, die ihnen begegnet hatte, wirkte diese Frau vital und hilfsbereit. Und vor allem schien sie ortskundig zu sein. Glück gehabt! Sie hätten auch auf jemand anderes treffen können, aber das hier würde ein leichtes Spiel werden. Der Wind fegte eine Hose von der Leine. Die Frau bückte sich, sammelte das Teil wieder auf und als sie sich aufrichten wollte, hatten sich der Suna-Nin und seine Teampartnerin vor ihr aufgebaut.

Sie erschrak, beruhigte sich aber, als sie die eingravierten vier Wellen auf Asakas Stirnband sah: »Ah, aus Kirigakure! Wie schön, dann sind wir ja so was wie Nachbarn! Ich glaub', meine Tochter hat sogar so ein ähnliches Kleid wie du von dort. Ich muss sagen, seitdem die Manufaktur dichtgemacht hat, verirren sich kaum noch Leute hierher.« Kankuro fragte nicht direkt nach dem Grund für die Schließung und wann genau diese erfolgt war, auch wenn ihm die Frage auf der Zunge brannte. Er könnte es ausnutzen, dass die Frau von selbst reden wollte. Wahrscheinlich war sie dann aber auch anderen Person gegenüber offen. Asaka schien seine Gedanken gelesen zu haben. Sie nickte ihm zu.

»Darf ich es sehen? Also das Kleid. Ich kann bestimmt sagen, aus welcher Boutique es stammt.« Die Kunoichi lächelte. Das war ihr Fachgebiet.

Verlegen senkte die Frau den Blick: »Weißt du, wir kaufen schon lang nicht mehr in irgendwelchen Boutiquen unsere Kleider ein. Dafür reicht das Geld einfach nicht aus. Aber immerhin geht es dir gut. Das hab ich mir auch immer für meine Kinder gewünscht.« Asakas Lächeln erstarb auf ihren Zügen.

»Das tut mir leid«, sagte sie dann in monotoner Stimmlage.

»Ja, es ist wirklich traurig, wenn man bedenkt, wie wenig sich der Daimyō um unsere Lage schert, obwohl unser Dorf einst so viele Touristen beglückt hatte. Welche, die die teuren Papiere kaufen wollten, um Briefe an ihre Liebsten zu schreiben. Schöne Frauen und Männer, allesamt in herrlich bunte Stoffe gekleidet. Die Kleider hätten bestimmt auch ganz wunderbar an dir ausgesehen.«

»Alles gut. Ich hab genug Kleider.«

»Aber, man hat doch nie ...«

»Doch. Ich hab genug Kleider.« Asaka würgte die Dorfbewohnerin ab. Eine Falte hatte sich in ihre Stirn gegraben und sie knirschte mit den Zähnen. Kankuro umfasste daraufhin ihre Hand. Ein sanfter bestimmter Druck. Er würde jetzt übernehmen.

»Wir sind für ein paar Tage hier und ziehen dann weiter. Für die paar Tage brauchen wir eine Unterkunft. Bestenfalls etwas, wo wir ... ungestört sind.« Verschwörerisch zwinkerte er der Frau zu.

In ihre blauen Augen trat ein milchiger Glanz. »Oh, die junge Liebe! Als ich in eurem Alter war und meinen Mann kennengelernt habe, ach ... Ich erinner' mich noch heute an jedes Detail. Damals hatten wir uns noch regelmäßig gesehen und hatten auch genug Geld. Jetzt bin ich froh, wenn er wenigstens einmal die Woche Zeit für die Kinder hat. Deshalb häng' ich die Wäsche bei dem Wetter draußen auf. Wir können uns gerade so dieses Bisschen leisten und da ist drinnen kein Platz für die Wäsche von fünf Kindern. Übrigens ich heiße Megumi.«

Megumis Privatleben interessierte ihn nicht. Hörte sich langweilig und belanglos an. Da er gutes Entertainment schätzte und auch selbst dafür stand, waren farblose Persönlichkeiten nichts, womit er sich länger als nötig abgeben wollte. Er stellte deshalb eine präzise, hoffentlich unmissverständliche Frage: »An wen müssen wir uns wenden?«

Sie hängte die Hose wieder auf, welche sie bis eben noch in der Hand gehalten hatte. Dann hatten sich die Räder in ihrem Kopf scheinbar zu Ende gedreht: »W-warte du bist doch der Bruder des ... welcher Herrscher war das doch gleich ...« Megumi schlug beide Hände vor den Mund.

»Kazekage.«

»Kazekage sama ... er wird sich bestimmt für dich freuen, wenn du mit so einer schönen Dame an deiner Seite Urlaub machst.«

»Selbstverständlich.« Ganz konnte er den höhnischen Unterton aus seiner Stimme nicht verbannen.

»Habt ihr schon über eine Hoch...«

»An WEN müssen wir uns wenden?«

»Ähm, also ich weiß, dass die ganzen Touristen früher zwei Straßen weiter bei einem Mann namens Ukei angefragt hatten.«

»Danke. Das reicht. Vielleicht noch etwas über die Manufaktur. Wir haben erst vor Kurzem erfahren, dass der Betrieb eingestellt wurde. Hatte das Dorf keine finanziellen Rücklagen gehabt?«

»Schon. Aber davon musste unser Dorf mehr als die Hälfte an den Daimyō abtreten, weil es wohl Schulden gab, über die niemand zuvor gesprochen hatte. Der Rest wurde unter den Bewohnern aufgeteilt, war dann aber schnell aufgebraucht gewesen. Und es kamen kaum neue Einnahmen dazu. Wir alle haben von dem Tourismus gelebt. Deswegen konnten wir unseren Hafen nicht restaurieren und uns vielleicht über die Fischerei was aufbauen. Außerdem werden auf den Straßen ein paar Schauergeschichten über das erzählt, was sich unter der Wasseroberfläche befinden soll. Fischerboote sind einfach nie wieder in den Hafen eingekehrt und ... es gibt aber auch wirklich noch einigermaßen schöne Ecken hier, die wir etwas vorm Verfall bewahren konnten, also wenn ihr ...«

»Ich begreif' nicht ganz: Wieso wurde die Manufaktur dichtgemacht, wenn der Betrieb so viele Touristen ins Dorf gelockt haben soll und ihr alle quasi davon gelebt habt? Selbst nach dem Ableben der Gründerfamilie hätte sich garantiert ein Nachfolger gefunden. Das wär' wahrscheinlich sogar im Interesse des Daimyō gewesen.« Etwas passt nicht. Megumi wirkt aber nicht so, als würde sie lügen. Asaka bestätigt das, indem sie kein Signal an mich abgibt. Trotzdem.

»Oh, so einfach ist das nicht. Nein ... Der Betrieb wurde eingestellt, weil ... weil es die Manufaktur nicht mehr gibt. Das Gebäude wurde abgerissen. Schon vor 36 Jahren. Aber bevor der Krieg ausbrach. Das wollte die Familie Sugiyama so. Wenn sie sterben, dann sollte ihr Werk mit ihnen begraben werden. Und sie wurden alle auf einen Schlag getötet. Aber das hat sich irgendwie bei euch nicht herumgesprochen. Ich hoffe, ihr seid nicht enttäuscht deswegen.« WARTE, WAS?

»Kannst du sagen, wie sie ermordet wurden?« Wie kann es sein, dass Baki dazu nichts herausgefunden hat? Ich muss mehr über die Gründerfamilie wissen und was genau passiert ist. Vor allem würde mich die Todesursache interessieren. Ob die Opfer zuvor betäubt wurden. Das kann alles kein Zufall sein. Wurden wir in dieses Dorf gelockt, damit wir uns näher mit den Sugiyamas beschäftigen?

»Es sollen abtrünnige Ninja gewesen sein. Zumindest munkelt man das. Die Beweggründe sind allerdings nicht bekannt und die Ergebnisse der Leichenuntersuchung wurden nie veröffentlicht. Aber warum beschäftigt dich das so sehr? Du solltest dich viel lieber um deine Frau kümmern.«

»Meine Begleitung kann für sich selbst sorgen. Ich mag das an ihr.« Er drückte Asakas Hand fester. Auf Megumis Frage ging er nicht weiter ein. Was sie erzählte, war verwirrend. Eigentlich bräuchten sie eine zweite Quelle, die ihnen das Gehörte bestätigte. Wäre die Sache im Krieg oder direkt danach passiert, hätte sie weniger Aufsehen erregt.

Dann kam ihm eine Idee: »Ich hab erfahren, dass es von dem Papier Restbestände geben soll. Ich würd' gern welches kaufen. Wenn ich schon vor Ort bin.«

»Hmm, es gibt da noch einen Laden nördlich von hier. Die Preise dort sind aber ziemlich angestiegen und ...«

»Der Preis spielt für mich keine Rolle. Wo genau muss ich hin?« Er hatte nicht vor, etwas zu kaufen, aber ihn beschlich ein mulmiges Gefühl. Sie mussten sich den Laden einmal von innen ansehen. Danach würden sie den Platz aufsuchen, wo einst die Manufaktur gestanden hatte. Dass er sich den Laden anschauen wollte, lag vor allem daran, dass ihr Gegenspieler eines dieser Papiere scheinbar absichtlich für seine Drohung verwendet hatte. Und wenn an dem Blatt schon einmal Blut geklebt hatte ... Gab es da mit hoher Sicherheit eine Verbindung.

Nachdem Megumi ihm den Weg beschrieben hatte, lenkte er das Thema zurück auf die Todesfälle: »Da ich nicht denke, dass jemand aus der Gründerfamilie Shinobi war, müssten sie ein leichtes Ziel gewesen sein. Wer könnte so was tun und warum? Hatte die Familie Sugiyama irgendwelche Feinde gehabt? Ich frag das, weil die Nukenin eventuell wiederkommen könnten. Und als Bruder des Kazekage leb' ich mit einer Zielscheibe auf der Stirn.« Was ist, wenn es sich bei unserem Gegner in Wahrheit um eine Gruppe handelt? An die Option haben wir noch nicht gedacht. Die Tötung der Sugiyamas wirkt wie ein organisiertes Verbrechen. Als würde Kalkül dahinterstecken. Auch wenn man sich die finanziellen Folgen für das Dorf anschaute.

Megumi strich sich eine ergraute Strähne aus der Stirn. »Ich wüsste nichts von irgendwelchen Feinden. Die letzten Jahre war hier aber nichts losgewesen. Dir und deiner reizenden Dame sollte also keine Gefahr mehr drohen. Auch ist der Paperladen von allen Geschäften hier noch am besten erhalten. Kein Wunder, wo dort unser größter Schatz aufbewahrt wird.«

»Kanntest du zufällig ein Mitglied der Gründerfamilie?«

»Nein. Höchstens vom Sehen.«

»Verstehe. Wir werden uns in Anbetracht dessen eine schöne Zeit machen. Vielleicht läuft man sich noch mal über den Weg.« Ich halte mir den Kontakt warm, muss aber zuerst das Puzzle neu in meinem Kopf zusammensetzen. Wenn die komplette Familie auf einmal ermordet wurde, gibt es bestimmt eine Akte zu dem Fall. Sagt Megumi uns wirklich alles? Sie hat zumindest so viel gesagt, dass Asaka und ich etwas haben, womit wir arbeiten können: Zwei Adressen. »Nebenbei bemerkt: Es ist ziemlich kalt hier.«

»Wir können uns ja unterwegs aufwärmen«, kam es von Asaka. Sie konnte es kaum erwarten, aus dem Blickfeld der Frau zu treten. Verständlicherweise. Auf ihre unangenehmen Bemerkungen hatte er größtenteils nicht geachtet, weil er so viele Details wie möglich aufschnappen wollte.

»Genau. Deswegen müssen wir aber JETZT aufbrechen.«

»Dann wünsch' ich euch noch einen ganz wunderbaren Tag. Überleg' dir das doch noch mal mit der Hoch...«

Der Rest ihres Satzes ging unter, weil der Marionettenspieler und die Kunoichi Megumi bereits den Rücken zugekehrt hatten und sich auf dem Weg zu diesem Ukei befanden. Irgendetwas Seltsames ging in diesem Dorf vor sich. Wenn es quasi der letzte Wille der Sugiyamas gewesen sein soll, die Manufaktur abreißen zu lassen, dann musste das doch einen weiteren Grund gehabt haben, als der, den Megumi ihnen genannt hatte. Vor allem würde dieser Fall ja nur eintreten, wenn alle Familienmitglieder tot wären. Bestenfalls in einem möglichst kurzen Abstand zueinander, damit sich niemand in der Zwischenzeit vermehrten konnte. Genau dieser Fall war eingetroffen. Ein komischer Zufall? Einen großen Kampf schien es jedenfalls nicht gegeben zu haben, da sich das sonst herumgesprochen hätte. Mit einem Betäubungsjutsu würde das gehen, oder war das zu weit hergeholt? Am Liebsten würde der Suna-Nin sofort mit seiner Teampartnerin die Ergebnisse ihrer Befragung besprechen, aber das könnten sie erst tun, wenn sie komplett unter sich wären. Vor allem an einem Ort wie diesen.



Ichikawa Ukei war ein gedrungener Mann um die 70 Jahre alt. Schütteres Haar, Hakennase, herausstechende Knochen, eine Brille, bei der ein Glas herausgebrochen war, wodurch das eine Auge größer als das andere wirkte. Er besaß stechend grüne Augen und alles an ihm schrie danach, dass er einen eiskalt über den Tisch ziehen würde. Angefangen bei seinem Namen und den schwarz lackierten Nägeln. Der Nagellack war stümperhaft aufgetragen worden. Hinter einem Holztresen bewahrte er eine Vielzahl von Schlüsseln auf, welche an Haken hingen, die an die Wand angebracht worden waren. Der Tresen war auch das Highlight in dem Raum. Gerade einmal 4 Personen hatten hier Platz. Eine verstaubte Schaufensterscheibe gab den Blick nach außen frei, die Aussicht beschränkte sich aber auf eine Reihe Müllcontainer. Zwei Säcke waren umgekippt. Drinnen führte noch eine Tür in den hinteren Bereich, welcher scheinbar für besonders hochrangige Kunden vorgesehen war. Man könnte meinen, der Bruder des Kazekage wäre einer davon. Kankuro hatte sich mit seinen Unterarmen auf dem Tresen abgestützt, während er sich nach vorn gelehnt hatte. Die Kunoichi stand aufrecht daneben.

Ukeis dünne Lippen hatten sich zu einem wissenden Lächeln verzogen. »Der Bruder des Kazekage fordert also, dass ich eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichne ... Dann geht es hierbei wohl um ein ziemlich wichtiges Anliegen. Will ich damit etwas zutun haben? Die Zeiten, in denen ich Shinobi eine Unterkunft vermittelt habe, liegen ein ganzes Stück weit zurück. Selten hatte so eine Vermittlung keine Konsequenzen für mich. Und wieso tun sich ein Kiri- und ein Suna-Nin, der dem Kazekage-Clan entstammt, zusammen? Kankuro, Bruder von Sabaku no Gaara.«

»Keine Unterschrift, keine Antworten.« Der Marionettenspieler hasste es, mit alten Leuten diskutieren zu müssen, aber sie waren auf die Unterkunft angewiesen. Für den Fall, dass wir doch mit einigen Dorfbewohnern aneinandergeraten, könnte uns die Verschwiegenheitserklärung gegebenenfalls etwas nützen. Desto weniger Personen unseren genauen Aufenthaltsort kennen, desto besser. Ich trau' ihm nicht, dass er uns nicht weiterverraten würde, wenn jemand danach fragen würde. Zumal er wahrscheinlich mehr über mich weiß, als mir lieb ist.

»Warum sollte ich unterschreiben? Was hab' ich davon außer einer Menge Ärger?« Der alte Herr könnte selbst zur Zielscheibe werden und wiegte Profit und Risiko gegeneinander ab.

»Geld.« Die Antwort kam prompt. »Viel Geld.«

Ukei rückte seine Brille gerade. »Das mit dem Geld haben schon einige Shinobi versucht. Man kommt in dieses Dorf hinein und erblickt nichts als Armut. Natürlich ist Geld da ein gutes Druckmittel. Richtig? Wenn ich nicht zustimme, wäre der nächste Schritt dann Erpressung?«

»Vielleicht ...« Er weiß, dass wir seinen Laden nicht verlassen werden, bevor wir haben, was wir wollen. Ihm scheint aber etwas daran zu liegen, sich nicht in Shinobi-Angelegenheiten einzumischen. Dafür muss es einen Grund geben, und er kann sich dabei nicht auf die Ermordung der Sugiyamas beziehen, da an dieser Nukenin beteiligt waren. Wenn unser Gegenspieler hier gewesen war, könnte er ebenfalls Ukei aufgesucht haben. Jetzt stellt sich die Frage, ob er ein Shinobi ist. Dann könnte der Mann hier eine wichtige Quelle sein, was bedeutet, dass wir es uns nicht mit ihm verscherzen dürfen. Natürlich besteht die Chance, dass er eventuell sogar mit unserem Feind kooperiert, aber das halt' ich für unwahrscheinlich.

»Da hat jemand verstanden, wie man pokert.«

»Gewiss.« Der Marionettenspieler kam nicht drumherum, sein Selbstbewusstsein zu demonstrieren.

»Du musst aber aufpassen, mit wem du dieses Spiel spielst. Ich werd' erst unterschreiben, wenn du mir sagst, wer deine Begleitung ist.« Sein abgemagerter Zeigefinger deutete auf Asaka.

»D-das ist kompliziert. Sie steht unter meinem Schutz. Ich kann ihre Identität aus Sicherheitsgründen nicht preisgeben.«

Ukei lachte. Es war ein hämisches Lachen. »Bedauerlich!«

So leicht wollte sich der Suna-Nin nicht in die Ecke drängen lassen: »Du sagtest, dass du dich nicht in Shinobi-Angelegenheiten einmischen willst. Desto weniger du weißt, desto weniger Gefahr droht dir. Auch hast du gut erkannt, dass es hierbei nicht um irgendeine Kleinigkeit geht.«

»Ist das so?«

»Darüber hinaus könnte man meinen, dass ...« Der Suna-Nin setzte alles auf eine Karte. Er wusste nicht, was sich hinter der Tür befand, der er den Rücken zugekehrt hatte. Er vermutete nur, dass dahinter die wichtigen Kunden empfangen wurden. Trotzdem hatte er da so ein Gefühl. Ukei ging es zu gut, dafür, dass dieses Dorf allmählich vor die Hunde ging. Geld vom Bruder des Kazekage schlug man nur dann aus, wenn es einem eigentlich gar nicht so schlecht ging, wie es – rein optisch betrachtet – den Anschein erweckte. Ein ausgeprägter Moralkompass? Wohl kaum. Asaka und Kankuro waren keine Kriminelle. Im Gegenteil. Theoretisch standen sie sogar auf der Seite des Gesetzes. Vielleicht war aber auch genau das das Problem. »... du bei einer Prüfung immer nur einen Teil deiner Einnahmen offenlegen würdest. Dich interessiert die Identität meiner Partnerin?« Kankuro lehnte sich noch weiter nach vorn. »Mich interessiert, warum wir unser Gespräch nicht ins hintere Zimmer verlagern. Außer, es gibt dort etwas, von dem gerade der Bruder des Kazekage nichts wissen soll. Vielleicht irgendwelche illegalen Geschäfte ... Nun, eventuell schau' ich auch einfach selbst nach.«

»Ich unterscheibe.«

»Warte, keine Widerworte?« Der Marionettenspieler wollte sich gerade der Tür zuwenden, aber das ging schneller als gedacht. Also hatte er tatsächlich irgendwas Illegales am Laufen. Hätte Kankuro sich nicht auf sein Bauchgefühl verlassen, hätte er wahrscheinlich länger diskutieren müssen. Dazu kam, dass seine Autorität automatisch mit jeder verstreichenden Minute mehr infrage gestellt wurde. Die Frage war, ob er jemandem vertrauen wollte, der sich offenbar zum Teil gegen das Gesetz stellte. Andererseits gab es nicht wirklich Alternativen. Also ließ er Ukei das Dokument unterschreiben, ehe er es Asaka reichte, die es – fein säuberlich gefaltet – in ihrem Gepäck verstaute. »Danke.« Ein süffisantes Lächeln umspielte Kankuros Lippen. »Du wirst es garantiert nicht bereuen. Welches ist das Haus mit dem größten und luxuriösesten Badezimmer? Abgeschieden und intakt noch dazu.«

»Da müsste ich einmal nachsehen.«

»Ich bestehe drauf.« Es war das erste Mal, dass die Kunoichi sich in ihr Gespräch einmischte. »Und vor allem brauch' ich sauberes Wasser.« Vorwurfsvoll hatte sie das Kinn in die Höhe gestreckt.

»Hm. Wenn das deine Prioritäten im Leben sind, Mädchen, dann wirst du dich auf Dauer noch umsehen müssen. Insbesondere, wenn niemand deine Identität kennen soll. Es würde helfen, wenn du dich etwas bedeckter geben würdest. Mit deiner Attitüde bleibst du dummerweise im Gedächtnis.« Ukeis Stimme triefte vor Spott. Was fällt ihm ein?

»Statt irgendeinen Mist von dir zu geben, solltest du dich besser mit dem Nachsehen beeilen.« Der alte Mann provozierte mit Absicht.

»Mist? Ich hätte gedacht, dass sich der Bruder des Kazekage gewählter ausdrücken würde.« Dann nahm er einen Schlüsselbund in die Hand. »Ich schlag' vor, dass du einmal tief in die Tasche greifst. Außer natürlich, du hast geblufft.« Ukei zeigte seine gelben Zähne. Ein Schneidezahn war abgebrochen. »Zu den geografischen Details ...«

»Wir nehmen es.«

»Nicht so eilig.« An Asaka gewandt: »Das Wasser ist sauber, weil das Haus an die öffentliche Grundwasserversorgung angeschlossen ist. Der Rest könnte aber etwas ...«

Kankuro hatte ihm die Schlüssel aus der Hand gerissen. »Wie viel kostet das Teil?«



Sein Bruder würde ihn hassen ... Asaka und Kankuro spazierten einen kleinen Pfad entlang. Sie hatten sich vom Dorfgeschehen entfernt. So weit, dass er in der Theorie Asakas Namen in den Mund nehmen könnte, ohne dass es jemand mitbekommen dürfte. Was nicht hieß, dass er so blauäugig war.

»Das müsste es sein.« Der Suna-Nin deutete auf ein einstöckiges Anwesen mit hölzernem Vorbau. Es war freistehend auf einer Anhöhe erbaut worden. Lief man den Hang hinab, befand man sich direkt beim Wasser. Ein verhältnismäßig gut erhaltener Steg führte auf dieses hinaus. Das Haus selbst besaß eine Klinkerfassade, welche robust und witterungsbeständig war. Es war mit einem Walmdach ausgestattet worden. Darüber hinaus: keine Auffälligkeiten. Im Vergleich zu den anderen Gebäuden in der Gegend, war dieses Bauwerk ein Tempel. Kankuro probierte den Schlüssel aus und er passte. Als sie in den Bau eintraten, erwartete sie ein spärlich eingerichtetes Wohnzimmer. Neben einem großen Bücherregal – gegenüber von der Haustür –, in dem irgendwelche alten Schriften verstaut waren, gab es einen kleinen Massivholz-Schreibtisch – an das Regal angrenzend – mit dazu passendem Stuhl. Auf dem Tisch stand eine Leselampe. Ein ovaler rostfarbener Teppich ließ den rechteckig geschnittenen Raum weniger leer wirken. Ein schmaler Gang – am Ende des Raumes – ging von diesem ab und eine Tür, die in eines von drei Schlafzimmern führte. Die anderen Schlafzimmer und das Badezimmer konnte man vom Gang aus erreichen. Folgte man diesem bis zum Ende, gelangte man in eine kleine Einbauküche. Das war okay. Es hätte weitaus schlimmer kommen können. Wobei: Sie hatten noch nicht alles gesehen.

Asaka schlug die Tür hinter sich zu und war dabei eine Spur zu grob. Sie fiel mit einem Krachen ins Schloss, wirbelte etwas Staub auf. »Ist die Maskerade jetzt vorbei? Ich mein' ja nur ...« Sie zeigte auf ihre Sandalen: »Meine Schuhe sind endgültig ruiniert und wenn mir noch einmal jemand sagt, dass ich mich bedeckt geben soll ...« Sie trat einen Schuh in die Ecke. Die aufgestaute Wut musste raus. »Jetzt weißt du, was mich an Kirigakure und dem Drumherum so ankotzt.«

Ein frustrierter Seufzer.

»Keine Sorge, ich will unseren Aufenthalt hier auch so kurz wie möglich halten.« Der Marionettenspieler sammelte Asakas Sandale auf und musterte den Schuh von allen Seiten. »Falls es dich beruhigt: Ich krieg' die wieder sauber«, kommentierte er seine Beobachtungen. »Meine Puppen haben schon Grauenvolleres durchstehen müssen.«

»W-wirklich?« Für einen Moment schien es so, als würde Asaka ihm gleich um den Hals fallen wollen. Ein radikaler Stimmungsumschwung. Der Ärger war verflogen und so etwas wie Hoffnung hatte sich in ihrem herzförmigen Gesicht breitgemacht. Kankuro brachte dieser Anblick zum Lächeln. Sie war schon süß, wenn sie sich über so ... eigenartige Dinge freute. Er fand, dass sie es sich verdient hatten, einmal in Ruhe anzukommen. Das schloss ein wohltuendes Bad mit ein. So lang wie sie dafür vermutlich brauchen würde, hätte er schon dreimal ihre Schuhe vom Dreck befreit und das Gebäude nach feindlichen Trackern und dergleichen abgesucht.

Ein paar Minuten später hatten sie ihr Gepäck auf dem Teppich ausgebreitet. Asaka hatte sofort nach ihrem besonderen Haarpflegeöl Ausschau gehalten. Sie umklammerte es wie einen Schatz. Dazu noch dutzende weitere Pflegeprodukte und ein schwarzer Yukata mit zartrosa Verzierungen. Sie mochte die Farbe scheinbar. »Hilfst du mir?«

»Huh? Wobei?«

»Mit dem Zopf. Ich hab' so lang auf ein schönes Bad verzichten müssen.« Sie kniete sich mit dem Rücken zu ihm hin und etwas unbeholfen griff er nach ihrem Haar. Bei der Menge würde er wahnsinnig werden. Auch war das Gewicht nicht zu unterschätzen. Asaka könnte bestimmt einen Schlag gegen den Kopf besser wegstecken, als so manch anderer Shinobi.

»Was muss ich tun?« Er hatte absolut gar keine Ahnung davon und wenn sie schon ihre Schuhe in die Ecke trat, wollte er nicht wissen, was passieren würde, wenn ihm ein Fehler unterlief. Sie waren heute beide etwas ... aufgewühlt.

»Lös' erst mal den Zopf und dann ganz vorsichtig mit den Spitzen anfangen. Aber ganz vorsichtig und Strähne für Strähne. Nicht dran reißen. Und bitte nutz' nur den Kamm.«

»Hmm, okay ...« Immerhin war er geschickt mit den Fingern, was er seiner Expertise im Marionettenbau zu verdanken hatte. Er hatte den Zopf schnell aufgetrennt und wurde daraufhin mit einer solchen Menge an Haar konfrontiert, dass es ihm kurzweilig die Sprache verschlug. Die Wellen, die vom Flechten stammten, machten es ihm nicht leichter, Ordnung in das Chaos zu bringen. Es war erstaunlich, dass sie mit der Haarlänge überhaupt Shinobi werden konnte. Gerade in Kirigakure, wo die Leute grundsätzlich eher weniger tolerant eingestellt waren. Insgeheim war der Suna-Nin aber dankbar dafür, dass sie ihre langen Haare behalten durfte. Richtig begründen konnte er diese Dankbarkeit nicht. Es war einfach so. »Bin ich eigentlich auch der Erste, der deine Haare anfassen darf?« Er fragte aus reiner Neugier.

»Ja. Erwähn' das aber nicht zu oft, sonst war's das erste und letzte Mal gewesen. Mir geht es nur u-um d-den ... praktischen Nutzen.«

»Klar.« Sie würde sich nicht so viel beim Sprechen verhaspeln, wenn das die Wahrheit wäre. »Ich glaub' dir nicht.«

»Na gut ... ähm ... dann sind es die Handschuhe. GENAU!«

»Sehr spannend. Und wenn jemand anderes die Handschuhe tragen würde? Was dann?«

»Das wär' nicht das Gleiche.«

»Andere Frage: Dürfte ich dir auch die Haare kämmen, wenn ich keine Handschuhe tragen würde?«

»Willst du das etwa?« Geschickt wich sie seiner Frage aus, indem sie mit einer Gegenfrage reagierte.

»Warum nicht? Wenn es so schneller geht ...«

»Und sich schöner anfühlt ...«

»A-Asaka ...«

»Warum kann ich nicht einfach in Suna bleiben?« Die Frage kam aus ihrem Mund geschossen. Genauso abrupt änderte sich auch die Stimmung im Raum.

»...«

»H-Hab ich d-das gerade wirklich gesagt?«

Er schwieg.

Die Blase war geplatzt.

Schlagartig. So wie Blasen eben platzten. Sie kündigten diesen Vorgang maximal dadurch an, dass sie sich leicht ausdehnten. Das bemerkte man aber nur, wenn man ganz genau hinsah, und er hatte eine Sekunde lang nicht hingeschaut.

Seine Hände zitterten beim Kämmen und ein melancholischer Ausdruck hatte sich auf sein Gesicht geschlichen, während er an ihrem Kopf vorbei gegen die mit Holz verkleidete Wand starrte. Kankuro hatte Asaka heute einen Teil seiner Welt gezeigt und tatsächlich war sie das auch ... ein Teil seiner Welt. Nur hatte er sich in der kurzen Zeit an ihre Anwesenheit gewöhnt und dabei vergessen, dass die Uhr tickte. Ihre Aufenthaltserlaubnis lief nach der Mission ab. Der Weg nach Kirigakure beanspruchte jedes Mal mehrere Tage. Hinzu kam, dass er als Bruder des Kazekage nur selten sein Dorf verlassen konnte. Die Kunoichi war aufgrund ihres Kekkei Genkais für den Mizukage zu kostbar, um sie einfach so herzugeben. Auf die Distanz könnten sie sich niemals so intensiv kennenlernen, wie sie es im Moment taten. Worauf auch immer das dann hinauslaufen würde ... Es gab zwar einen Weg, doch ... Es IST kompliziert!

»Ich glaub', ich bin fertig«, sprach er mit belegter Stimme. Die letzte Strähne entglitt seinen Fingern. Ich kann nicht so tun, als wäre da nichts, aber ich weiß auch nicht, was das da ist ... zwischen uns. Das ist das Problem. Auf keinen Fall werd' ich ihr etwas vorspielen. Sie hat einen ehrlichen fürsorglichen Partner an ihrer Seite verdient und ... Er merkte, wie er bei dem Thema emotional wurde, also schnappte er sich rasch ihre Sandalen und verzog sich mit einem Ich-bekomm-die-wieder-sauber ins nächstbeste Zimmer. Dort verharrte er solang, bis die Tür zum Bad ins Schloss fiel. Asaka müsste bemerkt haben, dass etwas nicht stimmte und er wollte nicht, dass sie sich deswegen schlecht fühlte. Es war nur so, als hätte sie die Realität gerade eingeholt. Oder zurückgeholt aus ihrer gemeinsamen Traumwelt, in der sie ewig Zeit hätten, um dem, was da war, auf den Grund zu gehen.

Eine Illusion.

Vielleicht der letzte Rest Kind, der Sachen nicht konkretisieren wollte, weil er sich vor den Konsequenzen fürchtete. Oder aber, er dachte wieder zu viel nach ... Aber nicht über seinen Gegner. Sondern über eine Frau, bei der sich das Wort Freund, nur halb richtig anhörte.

Asakas schriller Schrei riss ihn aus seinen negativen Gedanken und erinnerte ihn wieder daran, dass er einen Job zu erledigen hatte. Verhinderte, dass er sich in einer Endlosschleife verlor. Sie kam in den Raum gestürmt, in den er sich zurückgezogen hatte – und dessen Einrichtung er bisher keine weitere Beachtung geschenkt hatte – mit geröteten Wangen und weit aufgerissenen Augen und nur noch zur Hälfte bekleidet – wenn man das so sagen konnte. »DA IST SCHIMMEL AN DER WAND!«

»Schimmel? Hmm.« Er hob eine Augenbraue.

»Dieser Ukei ist so was von fällig!«

»Der könnte uns aber gegebenenfalls noch was nützen.« Dass er immer noch so rational denken konnte, obwohl er gerade ... sie ist nicht NUR ein Freund. Aber was ist sie dann?

»Dann ist sein Kopf nach der Mission fällig.«

»Ähm, Asaka?«

»Ja?«

»Ich kann mir den Schimmel anschauen.«

»Aber um die Sandalen und die Zimmerüberprüfung kümmerst du dich doch auch schon ...« Verdutzt stand sie vor ihm. Hatte mit beiden Armen ihre Brust umschlungen, welche sie, für mehr Flexibilität im Kampf, bandagiert hatte.

»Ich weiß. Aber wenn du glücklich bist, geht es mir auch besser. Ich will nicht, dass du noch einmal an diesen schrecklichen Ort zurückmusst.«




Anmerkungen:

Spotlight – Auch möchte ich an der Stelle einmal das Scheinwerferlicht auf dieses Artwork von  werfen. Einfach Asaka-Fanart! Bin immer noch bisschen hin und weg und kann mich gar nicht oft genug bedanken. Es ist doch etwas anderes, wenn man die Figuren nicht selbst zeichnet und interpretiert, weil man so auch als Erschaffer neue Facetten entdeckt. Bin jedenfalls etwas verliebt.

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