[14 - Stammesoberhaupt]
Beim Erblicken von Haru senken alle Drachen ihre Häupter. Sie ändern ihre Gestalt und sinken auf die Knie. Für Madara ist es schwer zu glauben, dass so mächtige Wesen sich vor Haru verbeugen.
Die Drachen, diese gewaltigen, majestätischen Kreaturen, verneigen sich vor Haru, als ob sie eine Göttin wäre. Obwohl... wenn er sich recht erinnert, hatte sie anfangs mal erwähnt, göttlicher Abstammung zu sein, so gesehen ist das also vielleicht gar nicht mal ein so falscher Vergleich.
Haru steht ruhig und gelassen inmitten der knienden Drachen, ihr Blick fest und entschlossen. Für sie scheint es nur selbstverständlich zu sein, dass man sich vor ihr verbeugt. Für einen kurzen Moment hat er fast Angst, sie zwingt ihn als Nächstes auch noch in die Knie.
„Tatsu!", ruft Haru mit einer Autorität, die keine Widerrede duldet. Ihre Stimme hallt durch die Höhle, und die Drachen, die weiterhin in ihren menschlichen Gestalten sind, weichen etwas zur Seite, um Platz zu schaffen.
Ein tiefes, bedrohliches Grollen erfüllt die Höhle. Aus einem der Gänge tritt ein weiterer Drache hervor. Er ist deutlich größer als die anderen, die er bisher gesehen hat. Als er zu ihnen runterfliegt, kann Madara die majestätische Aura um ihn förmlich spüren. Seine Schuppen schimmern dunkelblau und seine Augen leuchten gelb.
„Haru", begrüßt der Drache Haru mit einer tiefen Stimme und verwandelt sich beim Kontakt mit dem Boden fast schon in einer fließenden Bewegung zum Menschen. Nur die Hörner und der Schwanz unterscheiden ihn noch von einem Menschen. Die langen, glatten, dunkelblauen Haare sind in einem Zopf zusammengebunden, und er tritt langsam näher.
„Du bist die Einzige, die es wagt, mich so unverschämt zu wecken."
Das ist also das Oberhaupt des Drachenstammes.
„Würdest du mich nicht jedes Mal warten lassen, wäre das nicht nötig."
„Du tauchst hier jedes Mal unangekündigt auf und erwartest von mir, alles stehen und liegen zu lassen!"
„Du schläfst jedes Mal, also brauchst du nichts stehen und liegen lassen."
„Darum geht es hier nicht!"
Madara beobachtet die Konversation irritiert. Worüber streiten die beiden denn jetzt? Gibt es keine anderen Probleme? Sowas wie – den Blutpakt.
„Stimmt, hier geht es um etwas anderes. Wir haben ein Problem."
Tatsu runzelt die Stirn und blickt finster zu Madara rüber.
„Du hast einen Menschen mitgebracht, das ist wirklich ein Problem", stellt er fest und starrt ihn an, als würde er ihn jeden Moment in der Luft zerreißen wollen.
„Was du nicht sagst. Wir haben noch knapp neun Jahre bis zu unserem Treffen, als ob ich nur aus Langeweile vorbeikommen würde."
Tatsu wendet sich von Madara ab und seufzt tief. „Folgt mir. Ich gehe davon aus, dass du unter vier Augen reden willst."
„Unter sechs. Der Mensch hört mit."
Madara macht es ein wenig wütend, nur als „der Mensch" betitelt zu werden. Als wäre er ein Objekt, das sie mit sich herumträgt.
Madara blickt zu Tatsu. „Madara Uchiha."
Das Oberhaupt der Drachen runzelt die Stirn. „Was?"
„Mein Name."
Der Drache grinst schwach. „Du denkst wirklich, ich schere mich darum, Höflichkeiten mit einem so ungebetenen Gast auszutauschen? Hat dir noch niemand erklärt, wo dein Platz in unserer Anwesenheit ist?"
Haru seufzt. „Wir waren vorher schon bei Usagi, also doch, er ist aufgeklärt. Madara ist allerdings ein wenig stur."
„Bei Usagi? Das erklärt natürlich einiges. Wenn man nur diese verweichlichten Häschen sieht, hat man selbstredend keinen Respekt."
Harus linker Zeigefinger formt sich zu einer Kralle, und sie hält diese an Tatsus Hals. „Ganz vorsichtig, was du sagst. Respektlosigkeiten gegenüber den anderen Tierkreiszeichen dulde ich nicht."
„Was? Schneidest du mir sonst die Kehle auf? Nur weil ich eine offensichtliche Sache festgestellt habe?", fragt Tatsu mit einem Grinsen auf den Lippen, das Madara das Bedürfnis gibt, diesem eine reinzuhauen.
Haru stößt ihre Kralle in seine Haut, sodass etwas Blut seinen Hals herunterläuft.
„Du bist austauschbar, vergiss das nicht."
„Natürlich, Herrin", meint Tatsu nun etwas ernster. Madara erkennt, dass dieser genau weiß, dass er mit den Späßen aufhören sollte, wenn ihm sein Leben lieb ist.
„Gut", meint Haru und nimmt die Hand weg, die sich wieder zurückformt.
„Kommt", weist sie Tatsu und Madara an, die beide sichtlich damit zu kämpfen haben, ihren Anweisungen einfach so zu folgen, es letztendlich aber dennoch tun.
Tatsu führt sie zu einem riesigen Raum, dessen Wände mit uralten Symbolen und Mustern bedeckt sind. Die Decke ist hoch, und von oben tropft hin und wieder geschmolzener Stein in kleine, brodelnde Pfützen. In der Mitte des Raumes befindet sich eine große, runde Plattform aus Stein. Irgendwie kommt Madara das bekannt vor, von dem Platz, an dem er Haru damals erstmals getroffen hat.
„Also, Izana", beginnt Tatsu, während er sich auf der Plattform niederlässt, „was führt Euch in unser Gebiet? Was erfordert die Anwesenheit eines Menschen an unserem abgelegenen Wohnort?"
Haru lehnt sich an die Wand und verschränkt die Arme vor der Brust. „Ich habe mit ihm einen Blutpakt geschlossen."
Tatsus Augen weiten sich für einen Moment. „Ihr meint, dieser Mensch hat euch beschworen?"
„Duz mich ruhig wieder, dieser Ton geht mir auf den Zeiger. Aber ich muss das wohl leider bejahen."
Madara fühlt sich mal wieder ein wenig unnötig. Eigentlich hat er einiges anzumerken, aber bei den beiden will er irgendwie nicht reingrätschen. Es fühlt sich so an, als hätte er in dieser Situation keine Kontrolle, und das stört ihn. In seinem bisherigen Leben hatte er immer genug Kraft und Macht, um seine Entscheidungen so zu treffen, wie er will, aber seit er mit diesen vertrauten Geistern verkehrt, schwindet das Gefühl zunehmend.
Er ist auf jemanden angewiesen, er hasst dieses Gefühl. Und deswegen schweigt er lieber gleich von Anfang an, als dass er an den Punkt kommt, wo er sich das eingestehen muss. Wenn man es gar nicht erst probiert, kann man nämlich auch nicht scheitern und sich einreden, dass man theoretisch in der Lage zu der Sache wäre, vor der man sich drückt.
„Du verlangst von mir also, dass ich dir dabei helfe, den Blutpakt zu lösen, verstehe ich das richtig?"
„Genau."
„Und ich gehe davon aus, da ihr vorher bei Usagi wart, hat sie dir eine Art Anleitung mitgegeben oder so?"
Haru nickt und zieht eine Schriftrolle aus dem Ärmel.
Madara fragt sich einfach schon gar nicht mehr, wie sie das Ding die ganze Zeit mitgeschleppt hat, ohne dass er mal das Rascheln des Papiers vernommen hat.
Sie überreicht das Schriftstück Tatsu, der es ausrollt und überfliegt.
„Bitte lass es heil, ich hab nämlich nach dir noch zehn andere vor mir, denen ich das auftischen muss."
Tatsu denkt für einen Moment nach.
„Wenn du willst, schicke ich welche, die die Nachricht schon mal den anderen Stämmen überbringen, dann brauchst du dich nicht jedes Mal erst zu erklären."
Haru runzelt die Stirn. „Und was erwartest du im Gegenzug?"
„Du kennst mich zu gut", lacht der andere auf. „Eine Nacht mit dir natürlich."
Madara hofft, dass er sich da gerade verhört hat. Das Oberhaupt des Drachenstammes bittet ihre hoch angesehene Herrin, mit ihr zu schlafen? Damit hat sogar er nicht gerechnet.
„Abgelehnt, du weißt genau, warum."
Tatsu zuckt nur mit den Schultern. „War ja einen Versuch wert. Selbstredend werde ich die Botschaft einfach so verschicken. Ich werde besser schlafen können, wenn ich weiß, dass du diesen Menschenabschaum nicht bei dir hast, also ist es auch in meinem Interesse, dass ihr diesen Blutpakt schnellstmöglich löst."
„Wie hast du mich gerade genannt?", fragt Madara mit düsterem Blick.
„Abschaum", entgegnet der andere ungerührt.
Madara lässt reflexartig sein Sharingan aufleuchten. Davon scheint sein Gegenüber aber nicht im Geringsten beeindruckt zu sein.
„Ihr beiden sollt keine Freunde werden, sondern euch nur gegenseitig am Leben lassen", spricht Haru ernst. „Du tust dir keinen Gefallen damit, denjenigen zu attackieren, der unser Band lösen soll. Das zieht unseren Aufenthalt hier nur unnötig in die Länge."
Madara ist sich dem zwar bewusst, aber er hasst es trotzdem, sich damit abfinden zu müssen.
„Dieses eine Mal", knurrt er schließlich.
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