Kapitel 45
Ihr sanfter Körper ließ sich mit ziehen, hinaus in den Regen, dort wo Lokora selbst über die Grausamkeit seiner gefallenen Kinder weinte. Der Zug war kein Problem, erst als dieser in die Stadt einfuhr, erkannte man den Aufruhr, denn die Straßen waren kaum begehbar, überall waren die Massen der Personen von Gardetruppen gesäumt. Wildes Gedränge, Geschubse und immer wieder Beschwerden bei denen, die am Bahnsteig standen um aufs Land zu fahren.
Akira zog seine Begleitung schützend an sich, dem Gedränge versuchend auszuweichen und Itzuna nicht in den Massen zu verlieren, doch immer wieder engten die Körper sie ein, vesperten den Weg.
Der Regen mischte sich mit den Elementen einiger Elementare, welche sich nicht unter Kontrolle hatten. Bis die Garde diese zurecht wies. "Gehen wir dort entlang", umklammerte Kuruse noch immer die zierliche warme Hand, als er auf eine Gasse am Rand deutete welche wesentlich freier als die Hauptstraße war.
Itzuna gehorchte ohne Gegenwehr, ließ sich führen, sicher dass Akira wusste was er tat, ohne Angst oder Zweifel.
Selbst diese, vom Unwetter in Dunkelheit getauchte Gasse, war nicht Leer. An einigen Ecken weinten Kinder, wussten nicht wie sie zu ihren Eltern zurück konnten oder saßen einfach nur frierend an den Hauswänden. Der Wassergeborene tat sich mit dem Anblick der Verzweiflung schwer, doch das Versprechen zu seiner Freundin ließ ihn den nassen Pflasterstein weiter folgen.
Nach einigen Abzweigungen erreichten die Beiden Lofas merkwürdiges Bauwerk, das im Dunkeln noch skurriler wirkte als bei Sonnenschein. In der Werkstatt brannte Licht, drang nach außen um sich dort über den kalten, nassen Stein zu ergießen.
Das Wasserrad drehte unnatürlich schnell bei den Mengen, welche sich an diesem Tag ergossen. Akira schob eilig die kleine Tür auf und brachte mit seinem eintreten feuchte Pfützen in den Eingang des Gebäudes. Die blauen Augen hoffnungsvoll auf den Älteren gelegt. "Lofa ich habe eine bitte an dich", fiel der junge Mann mit der Tür ins Haus, als die fragenden Augen des gerade speisenden auf seinen zwei Gästen lagen.
"Um Himmelswillen, was ist denn mit euch?" Riss er die Augen auf und sprang fast senkrecht auf die Beine. "Wartet Handtuch" sah man wie er in seine Hektik verfiel, sorge in den Zügen.
"Nein wir müssen eh gleich wieder los", trocknete Akira sich und Itzuna notdürftig in dem er das Wasser grob verdrängte. "Ich brauche eine deiner Wandermaschienen... vielleicht eine, die etwas schneller als die letzte ist, aber eine Dame vom Land bis hier her tragen kann", sprach Kuruse sofort sein Anliegen aus.
"Was?" Hielt der Wind geküsste in der Bewegung an, genauso wenig verstehend wie Itzuna. "Ihr wollt ein Gerät das eine Frau vom Land in die Hauptstadt trägt?" Verwirrt runzelte er die Stirn. "Genau so etwas suche ich... und wer könnte so etwas haben, wenn nicht du?", lächelte Akira entschuldigend für seine verrückte Idee.
"Geht es um das Zugverbot?" Er schien ruhiger, begann wohl schon zu überlegen.
Akira presste die Lippen aufeinander und seufzte leicht nickend. "Ich übernehme natürlich die gesamte Verantwortung", erklärte er ruhig.
Traurig trafen Itzunas leere Augen den Alten. Das Mädchen war ein Teil seiner Familie, hatte oft Botengänge erledigt, ihm Gesellschaft geleistet, immer freundlich nie etwas schlechtes zu ihm gesagt. "Itzuna, bist du sicher?" Sie nickte langsam ohne Worte zu finden die den Schmerz hätten Ausdruck verleihen können, welcher sie innerlich zu zerrissen drohte.
Als Akira ihre erneut glasigen Augen bemerkte, drückte er ihre Hand liebevoll. "Sie wird damit nichts zu tun haben...", erklärte er seinen Plan. Niemals würde die Lehrkraft zulassen das seiner Schülerin wegen ihm Schaden zukommen würde. "Auch werde ich im Fall der Fälle behaupten, die Maschine selbst erstellt zu haben", wurden die sonst so frechen Gesichtszüge ernst und nachdenklich.
Itzuna zitterte, Schuld und Schmerz schienen unerträglich und die Worte der Männer waren dumpf, als ihre Angst sie zu verschlingen drohte. Starr verharrte der leere Blick auf den Boden, sich konzentrierend nicht schon wieder den Tränen nachzugeben.
Lofa hatte inne gehalten, die Arme verschenkt unsicher was er tun sollte. "Ein Gerät das eine Frau hierher bringt?" Legte er die Finger ans Kinn. "Lasst uns mal im Lager nachsehen."
"Es wird alles gut Zuni", gab Kuruse der kleineren zu verstehen, bevor Akira ins Lager folgte. Seine Freundin noch immer an der Hand um bei ihr zu sein.
Plötzlich blieb Itzuna stehen, noch immer auf den Boden sehend, hatte das Salz nun doch die überhand gewonnen. "Ich will nicht das du gehst Akira, ich will keinen Ärger"
"Hey... Zunchen.. traust du mir etwa nicht zu so ein paar kleinen Garde Mitglieder nicht gerade vor die Füße zu tapsen?", hob er ihren Blick und lächelte, obwohl genau diese ihm am meisten Sorge bereiteten. "Wer weiß wie lange ich überhaupt noch die Chance habe sie her zu holen... die Wachen werden immer mehr und die Kontrollen verschärft...", nahm er sie tröstend in die Arme.
Erneut brachen die Tränen aus ihr hervor, wohl wissend dass er recht hatte, doch wen Akira wegen ihr ärger bekam, würde sie sich das nie verzeihen. "Bitte seid vorsichtig" wimmerte sie an seinen Hals, erkannte sie dass sie ihn nicht mehr aufhalten konnte.
"Ich bring dir deine Großmutter... ", flüstere seine Stimme beruhigend, obwohl er selbst innerlich alles andere als Ruhig war. "Immerhin muss ich ihr doch Feuerholz bringen", scherzte er zärtlich an ihr Ohr.
"Kommt ihr?", huschte Lofas Blick verschlagen umher um die Lage abzuschätzen.
"Ja", brachte Akira kraftvoll und überzeugt rüber. Das junge Mädchen noch immer im Arm.
Sie nickte, ließ sich von Akira mitziehen, den Regen bereits Wieder auf der Haut. Das Lager lag im Dunkeln, nur Lofas kleiner Kristall, fest in seinen Händen, erhellte einen schmalen Lichtkegel. "Ich habe keine Ahnung, ob wir was finden" gestand er und begann durch eine Art abstellkammer, oder Garage zu laufen.
"Nach was suchen wir den überhaupt?", konnte der Wasserelementar sich nicht einmal vorstellen wie die Maschine aussehen könnte.
"Eine gute Frage" hob der Windmagier immer wieder Stoffe empor, wirbelte den Staub auf, der sich seit Ewigkeiten darauf nieder gelassen hatte. "Vielleicht was einfallsloses?"
Akira konnte nicht ganz Folgen. "Einfallsloses?", verstand er nicht was in dem Kopf des Erfinders vorging, doch half wo er konnte beim Suchen.
"Ja ... eine Kutsche, oder den Windträger?" Wusste dieser wohl selbst nicht so recht Bescheid.
"Es sollte etwas kleiner sein... ich muss es schließlich auch an den Wachen vorbei bekommen", überlegte Akira schon weiter.
Lofa raufte sich in voller Verzweiflung die Haare als seine schweren Stiefel Abdrücke in den schon lange nicht mehr betretenen Bereich hinterließen.
"So viele Dinge und nichts nützliches dabei" schimpfte er, mit dem Fuß gegen eine Maschine tretend. Das Geräusch ließ ihn aufhorchen und Lofa zog den Stoff beiseite. Es offenbarte sich den beiden ein Brett mit Rollen und Segel. "Ein Windbrett" erläuterte er.
"Und wie soll ich damit eine Großmutter transportieren?", sah das Gefährt zwar spannend aus und durchaus brauchbar, wenn man die Künste von Luzin beherrschte. "Lofa, Wasserelementar! Ich kann kein Wind...", unterbrach Akira den Älteren, als dieser bereits die Steuerung mit dem Sturm zu erklären begann, wobei die blauen Finger an sich selbst herunter deuteten.
"Oh, ich dachte, ..." begann der Grüne und runzelte die Stirn mit belegter Stimme.
"Leider war ich die letzten Jahre immer zu Stolz mich anderen Künsten hinzugeben", gestand Akira eben so belegt, ihn immer noch hoffnungsvoll ansehend. "Hast du nicht etwas anderes?"
"Ich fürchte dann..." er ließ sich resigniert zu Boden sinken. "Nichts was mehr nützt als behindert" gestand Lofa.
Der junge Wasserelementar sah den bedrückten Bastler an und ging vor ihm in die Hocke. "Ich bin dir trotzdem sehr dankbar", legte Akira ihm eine Hand auf die Schulter. Er würde nicht zulassen dass die Frostblume Ohanna früher gefrieren ließ, als nötig, nur weil sie keinerlei Möglichkeiten hatte sich zu Wärmen. "Würdest du auf Itzuna achten bis ich wieder da bin?", sah er in die grünen Augen. Die Sorge sie könnte auf dumme Gedanken kommen, machte der Lehrkraft bereits genug zu schaffen.
Lofa blickte auf, sah die Entschlossenheit in Akiras Zügen, dann schenkte er Itzuna einen Blick, welche immer noch besorgt zu Boden sah und den Ellbogen fest umfasste. "Vielleicht sollten wir noch einen Tag abwarten." Gab der Alte zu bedenken.
"Jeder Tag könnte ihr Herz gefrieren lassen", erklärte der junge Mann seine Sorge und der Grund der Dringlichkeit. Seine Stimme war leise, beinahe ein flüstern, doch die Angst um die Ältere klang in ihrer Ehrlichkeit mit an Lofas Gehör. Er nickte, verstand worum es sich handelte. "Dann lass uns mal rüber gehen" nahm er die Schülerin an der Schulter und sah fragend zu Akira.
"Ich finde schon eine Lösung", ließ er zu Itzuna die eigene Sorge nicht durchdringen, als er der Schülerin ein viel versprechendes Lächeln schenkte. "Lofa wird für dich da sein, bis ich es wieder sein kann", fuhren seine Finger erneut über den lila Glanz, doch die Sorge ließ sich nicht vertreiben und ihr Körper zitterte als würde sie frieren. Ohne auf Itzuna zu hoffen, schob Lofa sie selber sanft voran, begann liebevoll auf sie einzureden.
Ein letztes Mal zu den beiden sehend, verließ Akira ohne weitere Worte, den Laden um erneut in den unaufhaltsamen Regen zu treten.
Die Stiefel vertrieben mit ihren eiligen Schritten das Wasser auf den Straßen, welchen das Archipel bereits nicht mehr aufnahm. Während die Straßenkristalle schon am Nachmittag, durch die fehlende Sonne an diesem Tag, nicht mehr ihre volle Leuchtkraft besaßen.
Noch immer war der Bahnsteig voll und die rote Rüstung der Garde hatte alle Mühe sich nicht abdrängen zu lassen, auch wenn die Unruhe selbst nachgelassen hatte. Viele Elementare wollten zurück, hatten ihre Stände am Morgen hier aufgeschlagen und saßen nun fest. Alleine das in den Zug gelangen stellte sich als schwierig heraus, welcher vielen immer wieder die Hoffnung zu nehmen schien an diesem Tag noch zu ihren Lieben zu gelangen. Einzig die großen Städte waren noch Haltestellen des Zuges. Dass das Institut noch angefahren wurde, war einzig und allein durch die Förderung und enge zusammen Arbeit mit der Regierung zu erklären.
Das Innere des Transportmittels war leer, obwohl es Wochenende war und die Feierlichkeiten langsam zunehmen hätten sollen, jedoch würde in den anderen Städten nicht weniger Chaos herrschen. Ein Gardemitglied sah den Wasser gesegneten Müde an, unter seiner roten Kopfbedeckung erkannte man die Züge eines jungen Mannes, bestimmt noch ein gutes Stück jünger als Akira, vielleicht hatte er gerade erst seine Prüfung beenden. Die Situation schien auch an ihm zu zerren und gemeinsam mit dem endlosen Regen langsam zu zermürben.
Einen kurzen Moment schien die Lehrkraft das müde Gardemitglied ansprechen zu wollen welches auf der anderen Seite des Zuges saß, doch die Haltestelle zwang ihn auszusteigen. Der durch die dunkle Wolkendecke ergraute Anblick der Schule lag leer vor dem durchnässten Lehrer. Als dieser ohne nachzudenken seinen Weg in die Bibliothek suchte.
Der Eingangsbereich war still und nur Afina sortierte wie üblich ihre Werke.
"Ist Lex noch im Abteil?", dicke Tropfen liefen von dem dunklen Haar, als er die kleinere Wasserelementarin ansprach.
Es dauerte einen Herzschlag bis Afina reagierte, ohne ihn auf sein nasses Äußeres anzusprechen. "Ja ich denke?"
"Könntest du ihn bitten zu mir zu holen? Es ist dringend", erklärte er sein Anliegen ruhig, aber mit einem Unterton welcher keine Nachfragen zuließ.
Mit einem Nicken wand sie sich um und verschwand in dem Bogen. Es dauerte eine Weile, in der Akira oft fragenden Blicken ausgeliefert war. Immer wieder schlich eine Lehrkraft herein, oder heraus, nicht ohne ihn zumindest mal gemustert zu haben. Schnelle Schritte klangen an sein Ohr, als Afina wieder um die Ecke bog, zwei Herzschläge später folgte ihr Lex, der schon beim heraustreten die Augenbrauen hochgezogen hatte.
Dankend nickte der völlig durchnässte Afina zu, als er Lex etwas zur Seite zog. "Ich habe eine Bitte an dich...", begann der etwas Kleinere, seinen Freund gequält in die Augen zu sehen. "Es ist allerdings viel verlangt und ich verstehe wenn du ablehnen würdest"
Der Zweigleiter sah den jungen Mann fragend an, Akira war nass, das Lächeln des Vormittags ernster Sorge gewichen und die Augen feste auf ihm.
"Die Stadt ist abgeriegelt...", begann Kuruse seine Sorge zu schildern. "Die Garde lässt keinen mehr hinaus und der Zug fährt nicht mehr in die ländlichen Bahnhöfe ein", die Kälte umfing die Brust des Wasserelementars, als er weitersprach. "Ich hab dir doch von Itzunas Großmutter erzählt. Sie lebt vier Haltestellen Östlich von hier ganz alleine. Ich möchte sie in die Stadt holen, damit ihr nichts zustößt, wenn sich keiner um sie kümmern kann"
Der Zweigleiter schien sich an die Gespräche zu erinnern, welche aus dem endlosen Redeschwall hervor gegangen waren in den Akira in seiner Nähe immer fiel, aus denen Lex die Informationen heraus filterte. "Ohanna?", fragte er traurig, in seiner Stimme kein Ton von Lächerlichkeit, vielmehr ein sanfter klang von Verständnis.
"Ich hab Angst das sie erfriert wenn ihr keiner Hilft", bestätigte ein sanftes nicken seine Sorge um die Frau, welche er kaum kannte. "Ich wüsste nicht wen ich sonst bitten könnte, so etwas verrücktes mit mir zu machen...", verstand Akira die Unmöglichkeit seiner Bitte und wäre ihm bei einer Ablehnung in keinem Fall böse. Dennoch hoffte er, Lex würde ihn begleiten, allein, weil Akira selbst Ohanna niemals ausreichend wärmen könnte, sollte er eine Möglichkeit finden sie mitzubringen.
Das farblose Element schloss einen Moment die Augen, griff sich mit den Finger über die Brille und rieb diese. "Und dann? Was wenn sie hier ist"
"Das überlege ich mir dann", gab Akira preis, dass sein Plan noch nicht ganz ausgefeilt war.
"Halbe Pläne gibt es nicht" setzte sich Lex in Bewegung, die Brille abziehend.
"Das heißt?", lief Akira dem Älteren nach sich immer noch fragend ob er jetzt mit kommen würde oder nicht.
"Das heißt wir sollten erst eine Unterkunft festmachen, was bringt dir das wenn die arme Frau auf dem Schulflur nächtigt?" Lex Schritte trugen ihn den Wasseraufgang hinauf.
"Ich wusste dass man sich auf dich verlassen kann", kehrte mit Lexs Bestätigung das Gefühl von Sicherheit wieder, als könnte ihm mit Lex in der Nähe nichts passieren. "Ich hab an das Schülergelände gedacht bis ich eine bessere Bleibe organisiert bekommen habe"
"Glaubst du nicht, Itzuna hat schon genug Probleme, sie sollte nicht noch auf ihre Oma achten müssen." Er zog die Zimmertür auf. Unsanft landete die Brille auf dem Tisch und Lex trat zu seinem Schrank.
"Ich würde mich um sie kümmern", antworte Akira verlegen, auch darüber hatte er bis jetzt noch nicht Nachgedacht. "Lex...", trat er in das Zimmer und schloss hinter sich die Tür. "... ich danke dir wirklich sehr für deine Hilfe"
„Itzuna ist eine Freundin, und auch Ohanna", begann er ungerührt und zog einen dickeren schwarzen Mantel aus dem Schrank, welcher Akira von irgendwo bekannt vorkam.
"Du kennst Ohanna?", war es nun Akira der verwirrt wirkte, doch sich dann einfach darüber freute nicht alleine gehen zu müssen. "Ich habe Itzuna zu Lofa gebracht, er wird auf sie achten solange wir weg sind"
Der schwere Stoff glitt über Lexs Schultern, in der Manteltasche weiße Handschuhe und einen Mundschutz. "Glaubst du wirklich ich rede nie mit jemanden?" Griff er nach dem Obst auf den Tisch bevor er Akira prüfend ansah. "Willst du so gehen?"
Der Dunkelhaarige errötete einen Augenblick, weil er wirklich davon ausging dass Lex nichts mit anderen zu tun hatte. "Ich dachte...", hatte Akira nicht vorgehabt sich anders zu Kleiden. "Also ich hab einen Mantel... ", störte es den Wasser geborenen allerdings auch nicht Nass geregnet zu sein, nur das kleben der Kleidung, nervte beim Bewegen. "Ich ziehe mich kurz um", antwortete er dem Älteren dennoch.
Dieser Nickte und raffte noch ein paar Dinge zusammen.
In seinem Zimmer, fielen die nassen Sachen einfach zu Boden, bevor der schlank gebaute Mann eilig in trockene Kleidung glitt, den langen dunklen Mantel anlegte und in seine Kniehohen Stiefel schlüpfte. Dass er noch etwas aus seinem Zimmer gebrauchen könnte fiel ihm nicht ein, bevor er wieder zu Lex herüber ging.
Dieser war bereits fertig. Das Schwarz, des geölten Mantels Schimmerte im Kristalllicht, erst jetzt war zu erkennen worum es sich Handelte. An der rechten Seite, Schulterhoch hing eine daumengroße Feuerplatte des brennenden Vögels, das Siegel des Königs als Abzeichen darunter, es war ein Mantel des Militärs . "Sie sollte in der Stadt Zuflucht finden, hast du keine Verwandten?" Fragte der Zweigleiter ernst.
"Nicht hier.. aber wir könnten Lofa bitten, er steht Itzuna ebenfalls sehr nah...", war der Anblick des Zweigleiters mehr als ungewohnt und dennoch stand er ihm.
Zustimmend nickte Lex und gemeinsam verließen sie das Gebäude, hinaus in den strömenden Regen.
"Kennst du einen schnelleren Weg als an den Gleisen entlang?", wäre dies der Weg gewesen welchen Akira genommen hätte.
"Wir werden nach Napita fahren, von dort ist das Dorf näher als von der Hauptstadt." Regen perlte an dem Stoff herab, als die beiden auf den Zug warteten.
Neben Lex fühlte der Wasserelementar unerfahren und nutzlos, während der Weißhaarige auf alles eine Antwort zu wissen schien. "Bist du schon lange beim Militär?", erkundigte sich Akira bei seinem Freund über den er noch immer nichts zu wissen schien.
"Ich diene nur Notgedrungen, wenn es das ist was du wissen willst" gab er kühl wieder. Die Welt um die beiden Wog im Schwarz, das Tageslicht bereits mehr als nur gedämpft.
"Möchtest du eigentlich auch mal etwas über mich wissen?", wollte Akira ihm nicht das Gefühl geben ihn nur auszufragen.
Im wenigen Licht der einzigen Kristalllaterne wand Lex seine silbernen Augen ihm zu, ein Lächeln auf den Lippen. Jedes mal wenn er den Wasserlehrer sah, redete dieser ohne Punkt und Komma, erzählte von seinem Tag, seinen Problemen und sich, Lex wusste also schon weit mehr als er gebraucht hätte.
"Was Lachst du denn?", sah Akira ihn einen Herzschlag irritiert an, bevor ihm seine Gedanken bewusst wurden und er selbst Lachen musste. "Jaja... ich rede so schon zu viel... hab schon verstanden!", zog der Blaue eine Grimasse.
Der Zug fuhr ein und nahm die Beiden mit. Wind heulte, die Dunkelheit zog an ihnen vorbei. Immer wieder standen Elementare am Bahnsteig der Stationen, die nicht behalten wurden, einsam wartend auf ihre Liebsten.
"Es ist grausam...", stimmten Akira die Bilder erneut traurig, während seine Augen nach einem Punkt Frieden in der Dunkelheit suchten.
"So ist das wahre Gesicht der Regierung" erklärte Lex nur beiläufig.
"Lex...", setzte sich Kuruse neben den Zweigleiter. "Erzählst du mir etwas?", wollte der junge Mann einfach etwas anderes sehen, als die traurigen Gesichter um sich herum.
"Ich bin nicht gut im reden" erklärte dieser, Worte waren nicht seine Stärke. Lex hatte viel gesehen und einige Talente aber das war etwas, wo er passen musste.
"Darf ich mich dann an dich lehnen?", flüsterte Kuruse im nächsten Herzschlag leise. Es dauerte einen Atemzug bevor Lex nickte und den anderen gewähren ließ.
Ohne weitere Worte lehnte er sich an den glatten Stoff des regenabweisenden Mantels, die Augen geschlossen, genoss Kuruse die Nähe und Geborgenheit, welche der Weißhaarige ihm schenkte.
Akiras zarter Geruch, drang durch den Mantels, das Gewicht seines Körpers an dem Farblosen. Es dauerte bis die beiden an der Haltestelle vorbei rauschten, wohin Itzuna Akira geführt hatte. Die Laterne wog einsam im Regen, alles schien trostlos leer und verlassen.
Erst als der Zug ihr Ziel erreichte, löste sich Akira von Lex und wirkte wieder motiviert. "Wir wollten doch sowieso mal ein bisschen Sport machen", lächelte der Jüngere frecher. Auch hier standen die Leute am Bahnsteig, obwohl die Nacht bereits eingesetzt hatte, doch anders als im Zentrum, der Hauptstadt nahe des Königshauses, gab es nur eine Handvoll Gardemitglieder, welche immer wieder auf und ab schritten. Bei weiten gab es nicht so viele Gebäude wie in der Hauptstadt, auch der Bahnsteig lag eher verdeckt als zugänglich und man erkannte den Unterschied zum Dorf. Ihre Schritte mischten sich mit dem Rauschen zu einem angenehmen Rhythmus, Schatten huschten an den spärlich beleuchteten Wänden umher, tanzten wie fremde Kreaturen bevor sie sich in der Schwärze auflösten. Einige Zeit irrten sie durch die schmalen Gassen, bis der Weg in Sicht kam, welcher ins Landesinnere führte.
Der aufgeweichte Boden, klebte schwer an dem Leder der Stiefel, als die beiden in der Dunkelheit verschluckt wurden. Es dauerte eine Zeit in der selbst Akira schwieg, doch als er sich an das Tempo von Lex gewöhnt hatte vertrieb er sich wie immer durch Gespräche die Zeit. "Woher kennst du Ohanna?", begann er seinen Fragen platz zu machen.
"Ein Befehl" war die knappe, nichtssagende Antwort.
"Werd doch nicht immer gleich so ausufernd", konnte sich der wortgewandte Akira ein Kommentar nicht verkneifen. "Möchtest du mir auch erzählen was für ein Befehl?", stiefelte der Blauhaarige dicht neben Lex.
Man erkannte dass Lex die Antwort schwer fiel, trotz der Dunkelheit die ihre beiden Gesichter umgab. Seine Züge waren ernster als gewollt, obwohl er Akira antwortete. "Ein inoffizieller ... ähnlich diesem"
"Aber das hier ist kein Befehl... es ist eine Bitte", bohrte der Blaue allerdings nicht weiter nach sondern wechselte mit einem Lächeln das Thema.
Die Schwärze verdichtete sich vor ihnen mit jedem Schritt den sie weiter über den schlammigen Boden gingen, während sich aus den Rinnsalen bereits kleine Bäche gebildet hatten.
Nach einer Weile zog Lex den Kristall hervor, doch das ermattete Licht half kaum den Weg zu finden.
Selbst Akira wurde nach einiger Zeit stiller, da er sich durch die erschwerte Sicht auf die Schritte konzentrieren musste. Der dicke Schlamm machte jeden dieser zu einer Last für den untrainierten jungen Mann während es Lex nichts auszumachen schien, denn er hielt sein Tempo, in dem Akira kaum noch hinterher kam.
Schließlich verfehlte Akiras Fuß den schmalen Pfad, der Stiefel trat in die Leere der Böschung, unmöglich sich noch zu fangen.
Das knatschen des Schlammes folgte dem Abrutsch, doch bevor Akira sich auf den Aufschlag vorbereiten konnte, packte man ihn und zog den Wasserelementar zurück auf den Weg. Erst einen Herzschlag später wurde das Bild im Regen klarer und Akira erkannte die Arme und jenen angenehmen Geruch.
Das Herz vor schrecke am rasen, war er einige Sekunden regungslos. "Es... also...", stammelte der junge Elementar bei seinem Fehltritt noch immer in den Armen von Lex, welche sich in seinen Körper zu brennen schienen. Akira fühlte sich eher als eine Behinderung statt Hilfe für Lex, welcher ohne ihn sicher schneller voran kommen würde.
Akiras Kälte drang nicht durch den dicken Stoff, obwohl die Berührung doch so intensiv und Nahe war. Einige Sekunden war es Lex, als würde genau das Fehlen, als wenn er sich nach dieser eisigen Berührung sehnen würde. "Psst ..." hauchte der Ältere und sah in die Dunkelheit.
So nah an Lexs Brust, wünschte Akira sich nichts mehr als einfach sein Arme um den Größeren zulegen, doch er verblieb stumm lauschend nur einige Zentimeter von seinem Körper entfernt. Der angenehme vertraute Geruch drang selbst durch die feuchte Luft an Akira heran, welcher in der Ferne nichts als das Aufschlagen der Tropfen im Blätterdach hören konnte. Ein zartes Lächeln umspielte seine Lippen, als ihm klar wurde dass auch Lex seine Arme nicht von ihm nahm, obwohl er längst wieder selbst stand.
"Hmm", wurde sich der Zweigleiter erst jetzt wirklich über sein Handeln klar und gab den Blauen zögerlich frei. Mit einem tiefen Atemzug zwang er seine Gedanken an ihren Platz hinter den Mauern aus schweigen.
"Was war denn da?", hakte der Jüngere allerdings nach, da er nichts vernehmen konnte.
"Ich dachte ich hatte etwas Gehört, muss mich wohl getäuscht haben" gab Lex kühl wieder und zog sich die weißen Handschuhe über.
"Fängst du mich jetzt immer auf?", fragte Kuruse frech sich den Schlamm von den Sohlen klopfend, bevor er dem Farblosen wieder folgte. Motiviert von der Tatsache dass er ihn eben nicht einfach hatte fallen lassen und beflügelt von dem Gefühl der Nähe, welches ihn von innen wärmte.
Lex Antwort nicht sondern schnippte mit den Fingern, nachdem er diese Stelle des Stoffes an seinen Fingern getrocknet hatte. Eine Kugel aus Feuer entflammte binnen Sekunden und erhellte die Dunkelheit.
"Das hättest du auch machen können bevor ich den halben Abgrund runter rutsche", summte Akira wieder gut gelaunt und leichten Fußes, als er den ernsten Lex etwas auflockern wollte.
Doch dieser schien mit, vom Regen stark getrübten Blick, in der Dunkelheit nach etwas besonderen zu suchen.
"Nach was schaust du?", beobachtete der Wasserelementar seinen Freund irritiert.
"Wir sollten uns unterstellen", hatte der erfahrenere der Beiden beschlossen. "Es ist zu gefährlich in der Dunkelheit mit so aufgeweichten Untergrund"
Akira hatte ein schlechtes Gewissen, ihn in dieses Unwetter gebracht zu haben, weshalb er schwieg.
Endlich fiel das Hell auf einen verrotteten Baum, noch immer die toten Äste gen Himmel gestreckt, prangerte ein riesiges Loch in seinem hohlen Körper. "Da" deutete Lex in die Richtung.
Um den kleinen Abhang hinunter zu gelangen, vergrub Akira die schmalen Stiefel immer wieder tief in dem Morast des Waldes, in der Hoffnung dieser würde ihn wenigstens etwas halten. "Also wenn wir wieder in der Hauptstadt sind... gehen wir erst mal andere Schuhe kaufen!", beschwerte sich der blaue Elementar über seine unbrauchbare Kleidung.
Das Innere roch nach Moos und Holz, feucht und doch Trockner als draußen. Der Zweigleiter glitt als erstes herein, schwere Tropfen auf seinem Mantel als der Regen abrupt unter dem Dach abschnitt.
Nur einen Herzschlag später glitt auch Akira durch den Vorhang aus Regen. "Gemütlich wie bei Mama zuhause", scherzte Akira locker während er die Hauptfeuchtigkeit aus seiner Kleidung vertrieb. Auch der schweigsame wurde das Wasser los, indem er den Mantel abstriff und Wärme erzeugte.
Die warme Luft drang angenehm an Akira heran, welcher seinen Mantel als Unterlage auf das feuchte Moos legte. "Und was machen wir jetzt?", ließ er sich erschöpft sinken und bot Lex ebenfalls an sich zu setzen.
In einem kleinem Abstand ließ Lex sich daneben nieder, zog seine Handschuhe aus und lehnte am Holz. Der Schleier aus Regen funkelte wie Perlen im wenigen Licht das Kristalls. "Hat dein Fuß etwas abbekommen?" Zog er das Obst empor.
"Ich glaube nicht", bewegte Akira den Knöchel kreisförmig. "Du Lex... ich glaub ohne dich würde ich nie ankommen", überbrückte er den Spalt zwischen ihnen um ihm näher zu kommen.
"Gut, wir werden Morgen noch etwas Strecke haben" selbst biss er in die lila Frucht.
"Aber jetzt sag mal.. wer stiftet dich noch zu solchen selbstmörderischen Befehlen an wie ich?", begann Akira seine Muskeln zu entspannen und etwas zu lockern als ein Hauch Eifersucht ungewollt in seiner Frage mitschwang.
"Hm?", verstand Lex erst nicht was der andere meinte. "Niemand"
"Du hast doch eben gesagt das du schon mal zu Ohanna gegangen bist... ich würde gerne wissen wieso", wurde sein Gegenüber präziser.
"Hab ich doch gesagt" blieb Lexs Antwort die selbe.
"Also gibst du dir selbst Befehle?", lehnte sich der Dunkelhaarige grinsend nach vorne um ihn besser ansehen zu können und sich in die schönen hellen Augen zu verlieren.
Der Andere sah zu Boden, betrachtete die Pfützen, bevor er schwer die Luft ein sog und Akiras Blick erwiderte. "Du bist furchtbar anstrengend, geht dir denn nie die Energie zum Reden aus?"
"Hmm? nö...", lächelte der Angeklagte mit dem strahlenden Blau welches in dem schwachen Kristalllicht schimmerte. "aber ich wäre Still wenn ich dir zuhören könnte", flötete Akira frech ihn anstubsend.
Lex schüttelte schweigend den Kopf und lehnte sich zurück, die Augen schließend.
"Wie kommt es eigentlich dass du mich nicht ausgelacht hast, als ich dir im Forschungsabteil von den Märchen erzählt habe?", hatte diese Tatsache Akira wirklich verwundert.
"Warum sollte ich?" Fragte der andere jedoch teilnahmslos, der Tag hatte auch bei Lex Spuren hinterlassen.
"Weil es verrückt ist...", lächelte Kuruse sanft und irgendwie froh über seine Antwort. "Magst du schlafen?", sah man in Lexs Zügen die Müdigkeit.
"Hmmm" wollte dieser seine Schwäche nicht preisgeben, doch es vernebelt ihm bereits die Gedanken. Akiras Worte waren Warm und wie das vertraute rauschen der Bäume.
Lächelnd griff der Kleinere nach der Frucht welche Lex ihm eben gereicht hatte, bevor er sich wieder an ihn stütze. "Hörst du auch gerne Geschichten?", flüsterte er die Wärme die von Lexs Körper genießend, welche an Akiras Arm entlang glitt.
"Nein" wisperte der Helle angestrengt. "Die Wirklichkeit ist grausam genug" schienen die Wörter schlaftrunken und unüberlegt.
Die Worte stimmten den Geschichten Liebhaber traurig, als er sich löste um seine Stiefel auszuziehen. "In meinen Märchen gibt es aber immer ein schönes Ende", machte er es sich einigermaßen bequem neben dem Zweigleiter, bevor sich auf das Moosbett legte und Lex auffordernd ansah. "Willst du dich nicht hinlegen?"
"Schon gut" murmelte dieser kaum hörbar und rutschte bereits in eine unbequeme Haltung als die Müdigkeit ihn zu sich holte.
Die kühlen Finger des Jüngeren zogen ihn allerdings zurück an seine Brust und bettete den Älteren auf ihrem zuvor hergerichteten Moosnest.
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