Kapitel 5
Riley Cooper
Nach einem Abstecher bei Domino, der den sonnigen Tag auf der Koppel genoss und
sich seines Lebens erfreute, machte ich mich zwei Tage nach dem Knastbesuch bei
meinem Vater auf zur Arbeit. Die Tatsache, dass ich so viel arbeiten musste um
Geld für Domino heran zu schaffen, brachte leider auch mit sich, dass ich kaum
mehr Zeit für den Wallach hatte. Ihn schien das jedoch nicht sonderlich zu
stören. Er war glücklich, wenn er mit seiner Freundin, einer Haflinger-Stute,
die Betty hieß, auch der Koppel stehen konnte. Betty, die gerade einmal fünf
Jahre alt war, hielt meinen alten Herrn auf Trab, sodass ich mir wenigstens
wegen seiner Bewegung keine Sorgen zu machen brauchte.
"Hi Sandy!", ich rauschte zu meinem Spind und kramte mein Outfit hervor. Meine
Kollegin Sandy winkte mir kurz zu ehe sie hinaus ins Restaurant ging. Kurz
verzog ich das Gesicht, als ich die Schürze um meine Hüfte wickelte. Lila,
ausgerechnet. Ich hasste die Farbe lila. Doch "Georgias Diner" war total unter
Frauenhand und das sah man ganz deutlich an den Farben der Kellnerkluft. Die
Sitznischen waren dagegen mit diesem typischen, roten Kunstleder überzogen,
welches auch in den Schnellrestaurants in den USA gerne verwendet wurde. Der
Boden bestand aus schwarz-weißen Fliesen, der Tresen aus Holz, auf dessen
Oberfläche eine Metallplatte angebracht war. Georgia war Amerikanerin und genau
das strahlte das Diner auch aus. Auf der Speisekarte waren neben Milchshakes
auch Pancakes, Burger und Fritten in allen möglichen Variationen zu finden.
Chilli-Fritten, Käse-Fritten und so weiter. Es gab Nachos, riesige Salate - die
den Abnehmfaktor aber rapide minderten wenn man Dressing dazu nahm - und alles
mögliche an Fingerfood.
"Coop!", grüßte mich Mica, der Koch, als ich durch seine Küche jagte, um mich
endlich auf meinen Posten hinter dem Tresen zu stellen. Ich winkte ihm zu, er
winkte mit seinem Pfannenwender in der Hand zurück, und ich setzte meinen Weg
fort.
"Da bist du ja endlich! Die Hütte brennt vielleicht heute!", gab Sandy mit ihrer
leicht näselnden Stimme von sich.
"Ich geh schon!", antwortete ich und schnappte mir einen Block und einen Stift.
July, eine weitere Bedienung, nahm bereits Bestellungen auf, während Sandy die
Getränke vorbereitete. Der Vormittag verging rasend schnell, sodass ich am
Nachmittag fix und alle auf die Uhr sah. Bald wäre meine Schicht zu Ende.
"Coop?", Georgia trat neben mich als ich gerade dabei war einen Milchshake
zuzubereiten.
"Was gibt's?", fragte ich und schüttete die frischen Erdbeeren in den Mixer.
"Henry fällt heute Abend aus. Er hat eine Erkältung oder so. Könntest du seine
Schicht übernehmen?"
Eine Doppelschicht? Heute? Ich hatte mich seelisch eigentlich schon auf einen
gemütlichen Abend auf dem Sofa gefreut. Gin und Cam waren beide unterwegs,
sodass nur Gus in der WG wäre. Da Gus sowieso die meiste Zeit in seinem Zimmer
verbrachte um zu lernen, hätte ich das Wohnzimmer und somit die Bestimmung über
die Fernbedienung ganz allein gehabt. Ich wollte nicht auf dieses Gefühl der
vollkommenen Macht über den Fernseher verzichten. Es war eines der wenigen
Dinge, die mich wirklich glücklich machten.
"Ich leg auch noch was drauf!", fügte Georgia hinzu. Sie wusste einfach, wie man
mich ködern konnte. Vielleicht könnte ich mir endlich diese neue Reithose
kaufen, die ich gesehen hatte, die aber - natürlich - viel zu teuer für meinen
schmalen Geldbeutel war.
"Na schön.", gab ich nach. Sechs weitere Stunden Arbeit um meiner neuen Reithose
ein Stück näher zu kommen.
Zum Abendessen war das Diner nochmal gut gefüllt gewesen. Da die Abendschicht
zwei Kellnerinnen weniger hatte, als die Tagesschicht, hatte ich alle Hände voll
zu tun gehabt. Es war bereits nach 22 Uhr und ich sehnte mich nach meinem Bett.
Das Diner war leer, ich hatte alle Tische abgeräumt und abgewischt. Jetzt lehnte
ich am Tresen und versuchte mühevoll meine Augen offen zu halten. Die Klingel
über der Tür kündigte das Kommen eines Gastes an. Innerlich stöhnte ich auf.
Hatten die Leute denn nichts anderes zu tun, als so spät noch etwas zu essen?
Ich sah auf und war einen Augenblick später putzmunter. Diesen Kerl kannte ich!
Oh ja, ich hatte ihn erst vor zwei Tagen gesehen. Und zwar in orangefarbener
Kluft und verwahrt hinter Eisenstäben. Ich schluckte. Das war Mr. Mystery! Ich
nahm mir den abgegriffenen Schreibblock und machte mich auf zu seinem Tisch.
"Hi.", grüßte ich lapidar und sah ihm in die Augen. Wow. Wie grün diese Augen
waren. Aber so kalt. Er musterte mich einen Augenblick und zog dann seine
Augenbrauen zusammen, so, als würde er überlegen. Dann wandte er den Blick
wieder ab.
"Kaffee.", gab er von sich.
"Sonst nichts?", wolle ich wissen. Er schüttelte seinen Kopf. Sehr gesprächig,
dieser Kerl. Er trank seinen Kaffee schwarz. Ich hatte gehört, dass Leute, die
ihren Kaffee schwarz tranken oftmals Psychophaten waren. Angesichts der
Tatsache, dass ich ihn zum ersten Mal hinter schwedischen Gardinen gesehen
hatte, gar nicht so abwegig. Ich stand hinter dem Tresen und betrachtete seinen
Hinterkopf, obwohl da außer dunklen Haaren nichts zu erkennen war. Er hatte ein
Häufchen Zucker aus dem Zuckerstreuer auf den Tisch geleert, und schob dieses
Häufchen nun von rechts nach links, während er hin und wieder an seinem Kaffee
nippte. Nach über einer Stunde, kurz vor Feierabend, beschloss ich, dass er
genug im Diner gesessen hatte.
"Möchtest du noch was?"
Er schüttelte wieder seinen Kopf, zog einen Fünf-Pfund-Schein aus der Tasche
seiner Jeans, knallte diesen auf den Tisch und stand auf.
"Wiedersehen!", murmelte ich verstört als er das Lokal schon verlassen hatte.
Was für ein komischer Kauz. Aber diese Augen...
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