Valentinstag in San Francisco (1)
William
»Avery, ich schwöre dir, wenn du auch nur eine Sekunde länger wartest, bis du deinen sexy Hintern nach unten schwingst, werde ich dich an deinen Haare mit mir ziehen. Diana wird uns nicht verzeihen, dass wir zu spät zum Probedinner kommen!«
Ich kann gar nicht genau sagen, wann es das letzte Mal gewesen ist, dass wir alle zusammen in unserer Heimat waren. Es müsste eine Ewigkeit her sein. Auch, wenn wir uns regelmäßig über Face Time zu Gesicht bekommen, sind derlei Anlässe etwas ganze Besonderes. Im Vergleich zu früher verbringe ich mehr denn je Zeit mit meiner Familie.
Während Avery und ich unsere Zelte vor knapp zwei Jahren in unserer Heimat abgebrochen haben, sind nur Quinn und Noah unserer Heimat treu geblieben. Dennoch haben wir uns nicht nehmen lassen, eine Investition in eine Immobilie zu tätigen. Während Los Angeles noch recht zügig zu erreichen ist, liegt Seattle nicht in nächster Nähe. Dennoch ist es schön sein eigenes Reich zu haben und nicht in Hotels schlafen zu müssen und Diana und Drake finden bei uns ebenfalls Unterschlupf.
Dass ausgerechnet Diana es vorzieht, hier zu heiraten, ist noch immer ein Phänomen. Inzwischen ist aus der blonden Schönheit eine erwachsene Frau geworden, die mit mehr Verstand und Herz handelt, als ich es je in meinem Leben getan habe. Diese Wandlung bedeutet aber nicht, dass sie nicht weniger schlagfertig und tough ist. Sie ist noch immer Diana, nur auf eine andere wundervolle Weise.
»Wir brauchen eben unsere Zeit!«, höre ich es von oben schallen und seufze entnervt. Dennoch sage ich nichts. Gegen Avery und unsere bezaubernde Tochter Emily habe ich keine Chance. Inzwischen bin – bis auf ein paar Ausnahme, die möglichst wenig Kleidung beinhalten – sehr unterwürfig geworden. Widersprechen gegen meine wunderschöne Verlobte und die Krönung unserer Liebe ist nichts, was ich gern tue. Meistens zieht es ein Donnerwetter nach dem anderen hinter sich her und obwohl ich noch immer dieselbe Wirkung auf Avery habe, will ich nichts beschwören. Am Liebsten würde ich ihr jeden Wunsch von den Lippen ablesen und dafür sorgen, dass sie nie wieder unglücklich wird.
Ich will den Kopf gerade auf den Kopf des Treppengeländers legen, da erklingen Schritte und ein freudiges Quietschen hallt von den Wänden ab.
In einem verdammt schönen Kleid schreitet Avery die Treppe hinunter. Das Rot steht ihr ausgesprochen gut und erinnert mich an die Hochzeit meines besten Freundes Ryan, der gleichzeitig auch der Tag war, wo wir unsere Gefühle nicht länger versteckt haben. Und der Sex, der daraufhin folgte, ist ebenfalls eine Erinnerung, die mir sehr präsent ist.
Ich schüttele den Kopf und rücke meine Gedanken wieder zurecht, als sie vor mir stehenbleibt und mich anlächelt. »War es das Warten wert?«
»Du weißt, ich würde jederzeit auf dich warten, meine Schöne«, erkläre ich und gebe ihr einen sanften Kuss, den sie sofort erwidert. Emily gönnt mir diesen Moment aber nicht lange, denn ihre Hände treffen auf meine Wange und entlocken ihr dann ein freches Glucksen. Ich löse mich von Avery und nehme ihr unsere 19 Monate alte Tochter ab, bevor ich ihr ihre Jacke reiche und ihre Handtasche um meine Schulter hänge.
»Bist du so weit?«
»Und wie. Ich warte seit Monaten auf diesen Tag. Auch wenn eine Hochzeit am Valentinstag schön gewesen wäre«, sagt sie bedauernd. Mir entlockt sie damit ein Lachen. Diana ist immerhin noch immer Diana. Zwar weckt Drake in ihr definitiv die Romantikerin, aber das wäre zu viel des Guten.
»Du weißt schon, dass du von meiner kleinen Schwester sprichst, oder?«, frage ich amüsiert. Avery trauert der Tatsache hinterher, dass sie erst morgen, am 15. Februar heiraten. »Sieh es positiv, Schatz. Immerhin kriegst du ein Valentinstagsdinner, bei dem dir Hören und Sehen vergehen wird. Und einen Nachtisch. Nur ist der allein uns vorbehalten.«
Im Nu strahlt sie wieder und macht noch einen Schritt auf uns zu. Wie kann man sie nicht lieben?
»Ich kanns kaum erwarten«, raunt sie leise, bevor sie mir einen Kuss auf die Lippen drückt. Dieses Mal lässt meine Tochter mir das kurze Vergnügen ohne weitere Attacken auf mein Gesicht.
***
»Da seid ihr ja endlich!«
Quinn stolziert auf uns zu, nimmt mir sofort meine Tochter ab und grinst schief, nachdem sie ihr einen Kuss auf die Wange gedrückt hat. Auch, wenn Quinn selbst Mutter einer Horde Kinder hat, scheint sie nie genug zu bekommen. »Habt ihr noch einen Quickie eingeschoben oder was war los?«
Avery schnappt schockiert nach Luft, während ich die Augen verdrehe. »Sei nicht immer so neugierig. Unser Sexleben geht dich nichts an.«
»Ich weiß ganz genau, was du tust, um deine Ehe am Laufen zu halten, Dr. Morrison«, erwidert sie lachend. »Ich soll dir von Diana ausrichten, dass du direkt zu ihr sollst, wenn du eintriffst. Scheint dringend zu sein.«
Ich runzele die Stirn und blicke zu Avery, die ebenfalls mit den Schultern zuckt. »Hat sie gesagt, worum es geht?«
»Du kennst doch unsere Schwester«, sagt sie lachend. »Geh lieber hin. Ich passe solange darauf auf, dass niemand deine Frau stiehlt.«
»Niemand würde es wagen, sie anzurühren«, sage ich, gebe Avery einen Kuss auf die Lippen und verschwinde dann, um Diana aufzusuchen.
In den Menschenmengen, die sie eingeladen haben, finde ich sie vorerst nicht so schnell. Ich zücke mein Telefon, gebe ihre Kurzwahl ein und sofort baut sich eine Verbindung auf.
Es dauert glücklicherweise nicht lange, da hebt sie ab. Doch ihre Stimme ist es, die mir sofort Sorgen bereitet. »Will, ich kann das nicht.«
»Wo bist du?«, frage ich.
»Auf dem Dach. Ich habe mich versteckt«, gibt sie leise zu.
»Ich bin gleich da. Gib mir eine Minute«, erkläre ich und lege auf. So gut ich zunächst gelaunt war, legt sich nun ein Schalter in mir um. Voller Sorge bahne ich mir einen Weg durch die anwesenden Gäste und blende den dekorierten Raum aus. So schnell wie möglich versuche ich die Aufzüge zu erreichen. Das Hotel, in dem die meisten Gäste untergebracht sind, ist beinahe ausgebucht und Drakes Familie hat keine Kosten und Mühe gescheut. Allein, dass sie Dianas Wunsch Folge leisten, zeigt einmal mehr, dass sie in der Familie Cooper von ganzem Herzen geliebt wird. Eine Tatsache, die mich immer wieder beruhigt. Außer uns Geschwistern und unseren Partnern haben wir niemanden mehr. Dass sie die Chance auf eine noch größerer Familie bekommt, macht mich glücklich.
Dennoch ist und bleibt sie meine kleine Schwester. Ganz egal, wie sehr sie versucht, uns zu beweisen, wie stark sie ist. Auch die kraftvollsten Menschen brechen irgendwann zusammen.
Der vermaledeite Aufzug bringt mich auf die Dachterrasse des Hotels und als ich endlich die Feuertür öffne, entdecke ich meine Schwester zusammengekauert in einer Ecke des Mauerwerks.
Mein Herz bricht bei dem Anblick, weshalb ich keine Zeit verliere und zu ihr laufe. Ich lasse mich neben ihr fallen, egal wie kalt der Boden ist und bemerke, dass sie weint.
»Hey, Kleine. Was ist denn los?«
»Ich kann Drake nicht heiraten«, schluchzt sie leise und traut sich nicht zu mir aufzusehen. Ich gebe zu, dass ihre Worte mich etwas aus der Bahn werfen. Dass sie Zweifel bezüglich der Hochzeit hat, habe ich nicht erwartet. Dennoch versuche ich ruhig zu bleiben. Es muss einen Grund haben, dass sie mit mir und nicht mit Quinn gesprochen hat.
»Liebst du ihn nicht?«, frage ich sanft.
»Doch«, schluchzt sie leise. »Ich will ihn heiraten.«
Manchmal wüsste ich doch gerne, wie der weibliche Verstand funktioniert. Man sollte meinen, dass ich als Gynäkologe und großer Bruder für solche Momente gewappnet sein sollte. Dennoch stelle ich immer wieder fest, dass ich zu engstirnig denke, um solche Krisen zu meistern.
»Wo liegt dann das Problem?«, frage ich überfordert.
»Es ist mir alles zu viel, Will. Ich habe das Gefühl, dass diese Hochzeit von uns erwartet wird. Dabei wollte ich doch eigentlich eine kleine Feier. Nur mit unseren Familien. Jetzt sind lauter Menschen anwesend, die ich nicht kenne«, gesteht sie leise.
»Hast du Drake von deinen Sorgen erzählt?«
»Nein, er ist doch so begeistert von Allem«, erklärt sie leise. »Ich habe Angst, dass er mich dann nicht mehr heiraten möchte.«
»Machst du Witze?«, frage ich. »Der kleine Scheißer ist verrückt nach dir! Er liebt dich und würde alles für dich tun. Das solltest du doch wohl am Besten wissen, nicht?«
»Ja, aber...«
»Du entscheidest wann, wie und wo du ihn heiratest, okay? Wichtig ist doch, dass ihr euch liebt und euch dieses Versprechen geben möchtet«, erkläre ich. »Du solltest mit ihm reden.«
Diana nickt, dann seufzt sie leise. Eine Weile ist es still und ich merke, wie sie sich beruhigt. Ihr Kopf lehnt an meiner Brust und obwohl es etwas frischer ist als sonst, halte ich sie solange, wie sie es braucht.
»Ich wünschte, ich könnte ihn jetzt sofort heiraten«, murmelt sie leise. »Nur er, ich und unsere Familien. Aber das ist wohl kaum möglich.«
Ich erwidere vorerst nichts, sondern lasse ihren Wunsch offen im Raum stehen. Doch obwohl es tatsächlich etwas unrealistisch erscheint, kommt mir eine Idee, die mit jeder weiteren Sekunde, wie Musik in meinen Ohren klingt.
»Was, wenn es doch möglich wäre?«
»Sei nicht albern, Will. Ich werde das schon durchstehen«, sagt sie leise. »Wir haben schon ganz andere Dinge überstanden.«
»Du wirst es durchstehen, ja. Aber das ist nicht die Art von Hochzeit, die du dir wünschst«, erkläre ich. »Ich lasse nicht zu, dass du eine unglückliche Braut sein wirst!« Entschlossen löse ich mich von ihr, stehe auf und reiche ihr meine Hand. Zögernd legt sie ihre Hand in meine, doch ich fackele nicht lange. »Komm, Kleine. Wir retten deine Hochzeit!«
»Aber Will...«, beginnt sie, als ich sie auf ihre Füße ziehe. »So kurzfristig wird das nicht möglich sein, oder?«
»Du hast Glück, dass dein Bruder William Morrison ist«, erkläre ich lachend und ziehe sie mit mir. »Vertrau mir. Du wirst die Hochzeit bekommen, die du verdienst und wirklich willst!«
Ohne eine andere Wahl zu haben, stolpert sie hinter mir her zum Aufzug.
»Was hast du vor? Bitte sag es mir!«, drängt sie, doch ich denke nicht dran. Erst einmal, muss sie raus aus diesem Gebäude.
»Du wirst dich gedulden müssen. Ich muss ein paar Anrufe tätigen«, sage ich. »Du gehst jetzt auf direktem Wege zu eurem Auto, einverstanden?«
»Aber-«
»Diana!«
»Okay!«, willigt sie schließlich ein. Welch ein Wunder!
Als der Aufzug in der Lobby ankommt, trennen sich unsere Wege. Auch, wenn ich ihr ansehen kann, wie unsicher sie ist. Ich sende eine schnelle Nachricht in unseren Familienchat und schreibe Drake, dass er auch seiner Familie Bescheid geben soll, dass wir uns in fünf Minuten auf dem Parkplatz treffen.
Dann verschwinde ich um die Ecke, um ungestört telefonieren zu können. Und wieder einmal scheint das Glück auf meiner Seite zu sein.
***
Es dauert ein wenig, aber mit zehn Minuten Verspätung tauche ich auf dem Parkplatz auf, wo sich sämtliche Familienmitglieder tummeln und wild spekulieren, was der Anlass ist. Nur Diana ist still, als ich dazu stoße.
Noah, Quinn, Avery und Drake blicken mich verwirrt an. Unsicherheit steht jedoch in alle. Gesichtern geschrieben.
»Was ist los, Will?«
Doch ich antworte nicht. Stattdessen blicke ich Diana an, die mich mit großen Augen ansieht. Sie mustert mich, als versuche sie, etwas aus meiner Mimik herauszubekommen.
»Ich konnte uns einen Termin mit dem Pfarrer beschaffen«, erkläre ich. »Die Kirche ist dekoriert und es ist alles hergerichtet. Du entscheidest, ob du das Angebot annimmst oder nicht, Kleine.«
»Was hat das zu bedeuten?«, fragt Drakes Mutter und schaut in die Runde. Sein Vater legt ihr einen Arm um den Rücken und sieht ebenfalls besorgt in die Runde.
Meine kleine Schwester schluckt, ehe sie nickt und einen Schritt auf ihren Zukünftigen zu geht. Sie greift nach seiner Hand und räuspert sich.
»Drake... Es tut mir leid, wenn ich dich enttäusche, aber ich kann dich morgen nicht heiraten«, sagt sie leise. »Nicht, wenn so viele Menschen anwesend sind und ich mich in meiner Haut nicht wohlfühle. Ich liebe dich über alles und weiß, dass es viel verlangt ist, aber dennoch bitte ich dich, mit mir zu kommen und mich jetzt zu heiraten. Jetzt gleich und nur im Beisein unserer Familie.«
Ein Raunen geht durch die Runde und Avery tritt neben mich. Im Arm hält sie Emily, die sofort ihre Arme nach mir ausstreckt. Mit einem Lächeln nehme ich sie ab und lege ihr eine Hand um die Taille.
»Was geht hier vor sich?«, flüstert sie leise und lehnt sich zu mir.
»Das siehst du doch«, erwidere ich nur grinsend.
»Wieso hast du denn nichts gesagt?«, fragt Drake nun mit heiserer Stimme. »Ich dachte, es wäre alles genau nach deinen Vorstellungen?«
Diana schüttelt den Kopf. »Ich habe Angst gehabt, dich und deine Familie zu enttäuschen. So viel Geld wurde ausgegeben und dieses wundervolle Spektakel, das auf die Beine gestellt wurde... Von Anfang an war klar, dass es eine große Hochzeit werden soll und ich wollte euch nicht enttäuschen. Ich weiß, dass es verdammt undankbar und egoistisch wirkt, aber... es ist mir zu viel.«
»Baby, ich will doch nur, dass du glücklich bist. Die glücklichste Braut der Welt, verstehst du? Für mich zählt nur die Tatsache, dass ich dich endlich heiraten kann. All das Schnickschnack drumherum ist mir gleichgültig, solange ich dich am Ende der Trauung Mrs. Diana Cooper nennen darf«, erwidert er und legt liebevoll eine Hand an ihre Wange und zieht sie an sich.
»Das heißt...?«, fragt Diana und die Tränen laufen ihr wieder über die Wange.
»Das heißt, wir sollten dringend in den Wagen springen, um keine Zeit zu verlieren!« Meine kleine Schwester schluchzt leise, ehe sie sich in seine Arme stürzt.
Auch, wenn ich noch einige verblüffte Gesichter sehe, weiß ich, dass niemand ihnen im Wege stehen wird. Es mag verrückt sein, auf ihre eigene Art und Weise durchzubrennen und dennoch passt es zu ihnen. Die beiden haben nie lange gefackelt.
Die Gewissheit, dass sie glücklich ist, macht mich unendlich froh. Schlussendlich geht es doch um die Liebe der beiden. Nicht um das Trara, dass eine Hochzeit mit sich bringt.
»Wir sollten uns beeilen, nicht?«, fragt Diana dann in die Runde und erntet ein paar Lacher. »Es tut mir übrigens leid, dass es so kurzfristig ist!« Doch niemand nimmt es ihnen übel. Ganz im Gegenteil.
»Mach dir darüber keine Gedanken, Diana«, spricht Drakes Vater und lächelt sie väterlich an. »Das Wichtigste ist, dass ihr glücklich seid.«
Während die meisten sich dann in Bewegung setzen, um in ihre Autos zu steigen, halte ich Avery zurück. Denn durch Diana ist mir endlich klargeworden, dass ich es kaum erwarten kann, Avery wirklich zu meiner Frau zu machen.
»Was hältst du von einer Sommerhochzeit?«, frage ich und grinse verführerisch. Das Strahlen, das sich darauf in den Augen meiner Verlobten breitmacht, ist göttlich und lässt mich beinahe wieder auf die Knie gehen. Für diese Frau würde ich alles tun. Einfach alles.
»Ich dachte schon, du fragst nie«, erwidert sie kichernd und zieht mich zu einem langen, leidenschaftlichen Kuss herunter.
——
Wer könnte einen besseren Auftakt geben, als Dr. Sexy? 😎
Was haltet ihr davon?
Habt ihr Lust auf einen zweiten Teil? Vielleicht aus Dianas Sicht?
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