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Mitten in der Eingangshalle steht ein etwas älterer Mann. "Herr Artista", sagt Jonathan erschrocken und verbeugt sich vor dem Mann. Julius und ich folgen seinem Beispiel. Als wir wieder aufrecht stehen, mustert der Mann uns eingehend, bis er Jonathan fragt: "Möchtest du mir deine beiden Begleiter nicht mal vorstellen, Jonathan?" "Das sind Ilaria und Julius", meint Jonathan, wobei er erst auf mich und dann auf Julius deutet. "Vanbelt, nehme ich mal an", richtet sich der Kaiser an Julius, "du bist deinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten." "Danke, Majestät", erwidert Julius höflich. "Vielleicht sollten wir uns für das Gespräch einen gemütlicheren Ort suchen", schlägt der Kaiser vor. Wir alle nicken und folgen ihm aus der Eingangshalle hinaus durch mehrere Gänge, bis wir später eine Tür erreichen, die der Kaiser öffnet. Nacheinander betreten wir den Raum und ich sehe mich neugierig um. Dieser Raum ist um einiges schlichter gehalten, als die Eingangshalle. An einer Wand ist ein Kamin aus Stein und davor stehen mehrere Sessel. Wir drei lassen uns gegenüber vom Kaiser nieder und er sieht uns erwartend an: "Also, ihr wolltet mir ein paar Fragen stellen?" Julius beginnt und nickt: "Ja, wir müssen in der Schule ein Referat über die Regierung halten und hatten uns vorgenommen, einmal die heutige Regierung mit der vorherigen Regierung mit den Vor- und Nachteilen zu vergleichen und dann wollten wir nochmal einen kurzen Text über sie schreiben, da sie ja das Oberhaupt unserer Regierung sind." "Okay, dann beginnt mit euren Fragen", fordert der Kaiser uns auf. Also beginnen Julius und Jonathan damit, ihn Löcher in den Bauch zu fragen. Ich halte mich den Großteil der Zeit heraus, da beide anscheinend schon genau wissen, was sie fragen wollen und sich auch schon vorher Notizen gemacht haben. Also lasse ich meine Gedanken schweifen. "Sind sie mit ihrem Leben, als Kaiser zufrieden?", fragt Jonathan gerade, als ich wieder in die Realität zurückkehre. "Ja, ich würde mich immer wieder für dieses Leben entscheiden. Ich möchte vor allem die Welt verändern und den Leuten, was Gutes tuen und dass kann ich in diesem Leben machen. Selbst wenn ich kein normales Leben führen kann oder wahrscheinlich nie eine richtige Familie haben werde. Dies ist mein Leben und ich bin glücklich", antwortet der Kaiser ihm. Julius wirft mir kurz einen Blick zu, bevor er den Kaiser vorsichtig fragt: "Bei unserer Recherche über sie sind wir auf einen Artikel gestoßen, in dem es heißt, sie hätten vor Miro noch zwei Töchter gehabt. Stimmt das?" Sofort zeichnet sich Schmerz in den Augen des Kaisers ab und seine Miene verhärtet sich. Ich merke sofort, dass es ein Fehler von Julius war, diese Frage zu stellen und selbst er scheint sich dessen bewusst geworden sein, denn sofort fügt er hinzu: "Sie müssen uns nicht antworten, wenn ..." Der Kaiser hebt die Hand und bringt ihn somit zum Schweigen. Schließlich sagt er: "Nein, ist schon in Ordnung. Irgendwann muss ich mich schließlich damit auseinander setzen. Ja, vor Miro und seiner Mutter gab es noch eine andere Frau in meinem Leben. Sie war meine erste große Liebe, selbst wenn weder ihre Eltern noch meine Eltern besonders davon begeistert waren. Wir hatte sogar zusammen zwei Töchter, Zwillinge. Ich lebte mehrere Jahre mit ihnen außerhalb der Stadt, selbst wenn es meine Pflicht gewesen wäre, hier zu sein. Doch damals nahm ich das Ganze noch nicht so ernst wie heute und wer weiß, hätten wir hier gelebt, wäre wahrscheinlich alles anders geworden. Auf jeden Fall wurden alle drei getötet. Vom Schwarzgeflügelten. Dieses Ereignis brachte mich zurück auf den Boden der Tatsachen und ich kehrte zurück nach Lumia. Ich rede nicht gerne über diese Geschichte und ich bitte euch, dies nicht in eurem Vortrag zu erwähnen. Die meisten Menschen erinnern sich nicht mehr daran und so werde ich, selbst wenn es kalt klingen mag, sehr wenig an sie erinnert." Wir alle drei nicken. "Natürlich, ich kann sie voll und ganz verstehen", erwidert Julius, "und wir werden es selbstverständlich nicht in unseren Vortrag mit reinnehmen." "Ich danke euch. Gibt es sonst noch etwas, was ihr mich unbedingt fragen wollt, weil ansonsten würde ich das Gespräch hier beenden, schließlich habe ich nicht nur freie Zeit", erkundigt sich der Kaiser bei uns. "Nein, ich glaube, dass war alles. Oder habt ihr noch eine Frage?", richtet Julius sich an mich und Jonathan. Wir beide schütteln den Kopf und so verabschieden wir uns nacheinander vom Kaiser. "Ich bedanke mich noch mal herzlich, dass sie sich die Zeit genommen haben, um uns unsere Fragen zu beantworten", sagt Julius. "Ja, vielen Dank", füge ich noch hinzu. Schließlich verlassen wir den Raum und Jonathan führt uns in die Eingangshalle. Dort aber bleibt er stehen, während ich und Julius weiter zur Tür gehen. Als wir diese erreichen, drehen wir uns verwundert um und ich frage ihn: "Kommst du nicht wieder mit in die Schule?" Jonathan schüttelt den Kopf und sagt: "Nein, mir ist gerade noch eingefallen, dass ich noch etwas erledigen muss. Falls ihr Miro begegnet, sagt ihm, dass ich später wieder kommen werde und er sich keine Sorgen machen muss. Wann ich kommen werde, kann ich jetzt noch nicht genau sagen." "Klar, wir richten es ihm aus, falls wir ihn sehen. Dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag und wir sehen uns dann morgen im Unterricht wieder", verabschiedet Julius sich von ihm. Auch ich verabschiede mich von ihm und so verlasse Julius und ich nur zu zweit das Gelände des Palastes. "Ich finde es richtig cool, dass der Kaiser uns einfach so empfangen hat", meine ich schließlich. "Ja, das stimmt allerdings. Auf mich wirkt er wie ein Mann, der vor allem daran interessiert ist, dass es der jüngeren Generation gut geht", erwidert Julius. Ich nicke und wir schweigen erstmal, bis mir ein Gedanke kommt: "Findest du es nicht irgendwie seltsam, dass Professor Kaltenstedt uns in ein Team eingeteilt hat und dann auch noch dieses Thema, wobei er doch weiß, dass Jonathan der Beschützer von Prinz Miro ist und wir somit einen Vorteil hätten." "Ja, da gebe ich dir wieder Recht, aber ich glaube Professor Kaltenstedt ist sich dessen voll und ganz bewusst. Schließlich ist unser Thema auch ein kleines bisschen schwerer als das der anderen und ... wahrscheinlich wollte er es mir noch vereinfachen, da ich mit seiner Tochter befreundet bin", gibt Julius zu. Danach verfallen wir wieder ins Schweigen. "Wieso bist du eigentlich hier?", Julius bleibt plötzlich stehen und blickt mich erwartend an. "Mein Vater hat sich bei uns gemeldet und wollte, dass ich hierher komme", antworte ich ihm, während ich weiter auf den Boden starre. "Dein Vater? Aber du meintest doch eben noch, dass du ihn nie kennen gelernt hättest", erkundigt Julius sich bei mir. "Ja, dass stimmt, aber er hat sich jetzt plötzlich nach 15 verdammten Jahren gemeldet und ist noch nicht mal selbst gekommen", erzähle ich ihm ein kleines bisschen wütend. "Hast du ihn den bis jetzt einmal getroffen?", fragt Julius weiter. Diesmal schüttel ich einfach nur den Kopf. "Wow, was ist das denn für ein Idiot?", erwidert Julius einfach nur, wobei ich lachen muss. "Ich habe absolut keine Ahnung", antworte ich ihm, während wir die Schule betreten. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie Julius mich ansieht. "Ist was?", frage ich ihn verwirrt, wobei er als Antwort nur den Kopf schüttelt. Schließlich erreichen wir die zweite Etage, wo wir uns voneinander verabschieden, da Julius in die andere Richtung muss. Gerade als ich zu meinem Zimmer gehen will, ertönt eine Stimme hinter mir: "Ilaria?"
Das Kapitel zugegebenermaßen etwas verspätet
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