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Türchen 5 🌟

Oneshot von Exotrash_kookie

Double B (Ikon)

Ich sah mich um. Links, rechts und noch einmal zurück nach links. Dann fokussierte ich einen Punkt direkt gegenüber von mir. Auch aus den Augenwinkeln war nichts zu sehen. Bekannt war, dass man in den Augenwinkeln Dinge sah die man mit dem normalen Blick niemals wahrgenommen hätte. Schnell schloss ich die Tür und lehnte mich schwer atmend dagegen. Mein Herz pochte und meine Hände schwitzten, doch war es aufregend etwas Verbotenes zu tun. Dieses Jahr war das Erste, in dem ich nicht mehr bei meinen Eltern leben musste. Hieß: Dieses Jahr konnte ich endlich einmal Weihnachten feiern. Ich hatte so viel darüber gelesen, wie die Menschen vor 50 Jahren jedes Jahr aufs Neue im Dezember anfingen alles mit Tannen und Mistelzweigen zu Schmücken. In den verbotenen Archiven hatte ich Bilder gesehen von den prächtigen Bäumen und den vielen Lichtern und hübsch verpackten Geschenken unter den Bäumen oder Strümpfen an den Kaminen.
Wir wussten sofort, dass wir zusammen ziehen, als Jiwon und ich gegeneinander stießen als wir uns beide aus eben diesem Archive schlichen. Beide mit einem Buch unterm Arm.

„B.I!"

Es drang eine bekannte Stimme an mein Ohr.

„Binniiie!"

Ich lächelte verschmitzt.

„Kim Hanbin! Jetzt mach die verdammt Tür auf oder ich verpetz dich an die Misos!"

Ich drehte mich um und tat was er sagte. „Du wärst dann aber genauso dran wie ich", murmelte ich und schloss hinter ihm ab. Der Sessel neben mir lud mich ein, während Jiwon sprach, mich auf ihn plumpsen zu lassen.

„Binni, du solltest auf machen man! Ich will Weihnachten genauso gerne feiern wie du, aber das geht nicht, wenn du mir nicht die Tür öffnest und ich geschnappt werde!" Er stellte die beiden vollgepackten Einkaufstüten ab und begann sie auszupacken. „Wer hat eigentlich dieses Hirnlose Gesetz erlassen?" Lichterketten kamen zum Vorschein. „Alles, was ich bisher darüber gelesen habe, ist alles andere als gefährlich." Wir mussten improvisieren, da es logischer Weise nirgends Weihnachtsschmuck zu kaufen gab. Zu bezweifeln war auch, dass es überhaupt noch irgendwo auf der Welt welchen gab. Uns wurde jedes Jahr an dem Abend des 24. Dezembers ein Video gezeigt, wie sie verbrannt wurden. Traurig, dass das das einzige Überbleibsel dieser wunderschönen Tradition war.

Still schweigend kuschelte ich mich tiefer in den Sessel und lauschte Jiwons Stimme und dessen Gejammer und Gemeckere. „Was kann bitte schlimm daran sein, wenn man in die Kirche geht?" Er dachte kurz nach und erinnerte sich an den Geschichtsunterricht. „Okay, ich ziehe die Frage zurück. War vielleicht nicht so das beste Argument. Aber wie sieht es damit aus? Was würde denn großartiges passieren, wenn wir alle mit unseren Familien und Freunden zusammen säßen, etwas zusammen essen würden und uns gegenseitig Geschichten erzählen würden? Würde es uns umbringen, wenn wir ein bisschen Spaß zusammen hätten? Würde sofort ein Krieg ausbrechen? An Weihnachten geht es doch genau darum, oder nicht? Oder hab ich das etwa falsch verstanden?" Er sah mich an und ich spürte, dass diese Fragerei durchaus nicht nur unsinniges Heulen war. Nach kurzer Überlegung antwortete ich ihm: „Nur weil du und ich das so sehen und es verstehen, heißt es nicht, dass alle anderen das auch tun. Versteh mich nicht falsch, ich liebe meine Familie und auch die wenigen anderen Freunde, die ich habe, aber in gewisser Hinsicht sind sie alle nicht gerade intelligent. Sie folgen blind und ohne große Fragerei, dem, was ihnen befohlen und gesagt wird. Ich denke nicht einmal, dass sie eine eigene Meinung besitzen. Oder vielleicht besitzen sie eine, doch sind sie zu feige, diese jemals zu denken, geschweige denn, sie laut auszusprechen. Ihr Leben ist traurig." Er nickte bloß.
Er war etwas Besonderes. Ich war froh ihn hier bei mir zu haben.
„Jiwon, wo hast du denn das Mehl gelassen?", riss ich uns beide aus den Gedanken
„Welches Mehl? Du hast das doch geholt oder?"
Mein Blick verdüsterte sich. „Nein, du solltest es zusammen mit den anderen Sachen kaufen." Man konnte deutlich sehen, wie seine Laune sich verschlechterte. Er hasste es, wenn ich ihm „vorwarf“ etwas vergessen zu haben. Problem an der Sache war, er hatte es wirklich vergessen und wollte nur nicht zugeben, dass ich Recht hatte. Er hasste es, wenn es nicht er war, der richtig lag. Ich atmete tief ein und wieder aus.
„Ist ja jetzt auch egal. Wir müssen auf jeden Fall nochmal los und was holen oder wir machen halt keine Plätzchen." Er war still, seine Augen starr auf mich gerichtet. „Förmchen hast du aber geholt oder?"

Wenn Blicke töten könnten...

Also zog ich mir meine Jacke wieder an, band mir einen Schal um und ging zur Tür. Ich drehte mich noch einmal um und sah einen widerwillig, trotzigen Jungen vor mir. „Kommst du jetzt mit oder nicht?" Ich wollte eigentlich nicht so motzig klingen, doch manchmal konnte ich meine Stimmlage einfach nicht kontrollieren. Er kämpfte mit sich und man sah die kleinen Rädchen in seinem Kopf rotieren. Nach einer, mir etwas zu langen, Zeit des Überlegens setzte er sich dann aber doch in Bewegung und folgte mir hinaus. Die ersten 100 Meter liefen wir schweigend nebeneinander her. Keiner von uns wollte als Erster nachgeben. So lief es immer, bis es uns beiden dann leid war und wir einfach weiter redeten, als wäre nichts passiert.
„Ich freu mich mit dir den Baum zu schmücken, das wird einfach großartig!", schwärmte ich. Vielleicht etwas zu laut, denn kaum hatte ich diesen Satz ausgesprochen, drückte Jiwon mir seine Hand auf den Mund und drängte mich in eine Ecke. Ich war erstaunt, wie sanft er dabei war. Ich hätte gedacht, so bestimmend, wie er sonst immer ist, würde er mich mit aller Wucht dagegen schlagen. Doch das tat er nicht. Er legte sogar noch eine seiner Hände an meinen Hinterkopf, um ihn zu schützen. „Bist du vollkommen wahnsinnig geworden?", hauchte er mir zu. Man könnte meinen, er wäre sauer und aggressiv, doch wenn man ihn so gut kannte, wie ich, dann wusste man das dies keine Wut in seiner Stimme war, sondern Angst und so etwas wie Verzweiflung. Er war nervös.
Gerade wollte ich mich entschuldigen, denn in der Tat, hätte ich nicht so laut auf der Straße über Weihnachten reden sollen. Die Leute waren nicht doof. Viele überhörten und übersahen einfach nur Dinge, aus Angst, was mit ihnen passieren würde. Aus Angst vor der Regierung. Manche allerdings taten alles, um die Gunst des Präsidenten zu bekommen. Just in dem Moment liefen zwei Misos, wie wir die Arschkriecher der Regierung nannten, vorbei. Sie sahen uns an und eine bedrohliche Atmosphäre ging von diesen schwer bewaffneten Typen aus. Sie kamen zu uns rüber und ich wurde unruhig. Ich zappelte und meine Hände schwitzten. Ich klammerte mich an Jiwons hüfte fest und sah ihn an. Es beruhigte mich ein wenig. Wir sahen uns in die Augen. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Sie waren wunderschön.
Und dann küsste er mich. Er küsste mich auf meine Lippen, mitten auf der Straße, vor den Misos. Sie waren rau und von der Kälte aufgeplatzt, doch stießen sie seine Körperwärme aus und meine begannen zu kribbeln.
Ich öffnete mein rechtes Auge einen Spalt breit und beobachtete, wie die Misos immer weiter auf uns zukamen. Es interessierte sie gar nicht. Also drückte ich den Jungen vor mir einen Zentimeter von mir weg und machte eine kaum sichtbare Seiten Bewegung zu den Regierungsarschkriechern. Ich hoffte, dass diese es nicht bemerkt hatten.
Ich beobachtete außerdem, wie die Hände meines Gegenübers zu meiner Kapuze wanderten und mir diese über den Kopf zogen. Sie war mir viel zu groß und fiel mir über die Augen. Mein halbes Gesicht war verdeckt, doch ich verstand nicht, warum er dies getan hatte. Ja, ich wurde sogar etwas sauer. Wie konnte er es wagen? Ich wollte sehen, was los war und ich konnte mich sehr wohl selber verteidigen!
„Was macht ihr da?", hörte ich plötzlich eine dunkle und raue Stimme sagen. Muss wohl einer der Misos gewesen sein. Stille.
„Komm schon Hank, die beiden turteln hier nur etwas rum man. Du weißt warum wir hier sind, verlier das Ziel nicht aus den Augen! Der Boss meinte wir müssen die beiden Christmas Fuzis finden!"
Mein Herz rutschte mir in die Hose.

Wir waren die Christmas Fuzis!

Aber wir waren unauffällig gewesen. Hatten nie zu viele Weihnachtssachen auf einmal eingekauft. Immer über das ganze Jahr verteilt und gemischt mit anderen Sachen. Wir hatten nur darüber geredet, wenn wir alleine zu Hause waren. Hatten nie jemandem davon erzählt. Ich bewegte mich kein bisschen, doch als ich unter meiner Kapuze etwas hervor lugte, sah ich Jiwons Profil, beziehungsweise, seinen Unterkiefer. Er hatte seinen Kopf wohl etwas zur Seite gedreht. Ich begann schwerer zu atmen und meine Finger, die mittlerweile triefend nass vor Angstschweiß waren, klammerten sich immer mehr und mehr an seiner Jacke fest. Ich betete und schloss die Augen. Es war alles vorbei. Meine Lippen pressten sich zu einem einzigen Schlitz zusammen. Schritte kamen noch näher. Es war erneut still. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.

Dann wurde er von mir weg gezogen und ich hörte nur ein sehr dumpfes Geräusch und wenig später, wie ein Körper auf den Boden prallte. Sofort öffnete ich meine Augen und reflexartig ging ich ebenfalls zu Boden. Ich kniete mich neben den, aus der Nase blutende, Jungen. „Scheiß Schwuchtel!", hörte ich diesen Hank grummeln und spürte förmlich sein ekelhaftes Grinsen. Dann entfernten sie sich.
Doch entspannen konnte ich auch nicht. Ich drehte meinen Kopf zu Jiwon und schob meine Hand unter dessen Kopf.
„Langsam!", befahl ich, als dieser sich wieder aufrichten wollte. Er spuckte seine Blutgetränkte spuckte auf den Asphalt neben ihm und wischte sich mit seinem Ärmel ein wenig das Blut ab. Seine Miene verfinsterte sich. „Komm", murmelte er nur und zog mich hinter sich her in Richtung Supermarkt. „Wir reden Zuhause. Hier ist es anscheinend nicht sicher." Bei diesen Worten sah er sich um und betrachtete die wenigen Leute, die in dieser Kälte mit uns unterwegs waren.
Die Laune stieg den ganzen Einkauf über nicht wirklich an.
Zu dem Mehl holten wir noch etwas Wein und ein paar Gurken. Wir schwiegen. Diesmal nicht, weil wir sauer oder wütend auf einander waren, sondern auf alle anderen und auf die Menschen, die uns verraten hatten.

Ich versuchte wirklich krampfhaft darüber nachzudenken, wer uns verraten hatte und wie die Regierung Wind davon bekommen konnte, doch schlich sich immer wieder der Gedanke an den Kuss in meinen Kopf. Unbewusst war ich während des nach Hause Gehens immer mehr zu ihm heran gekommen und so passierte es nun, dass ich ihn anrempelte und der Länge nach auf den Boden knallte. Au! Ein stechender Schmerz breitete sich in meinem Knie aus. Ich verdammter Idiot. Ein Schnaufen war zu hören, ein amüsiertes Schnaufen. „Lach nicht", murmelte ich schmollend und brachte mich wieder auf die Beine. Den restlichen Weg verbrachte ich humpelnd, aber wenigstens etwas aufgeheitert. Auch der Junge neben mir bekam das Grinsen, das er dank meines Sturzes bekommen hatte, nicht mehr aus dem Gesicht.

Zuhause angekommen zog ich wie immer schnell die Türe hinter mir zu und schloss ab. Dann sah ich mich um. Gemütlich und weihnachtlich sah es aus und perfekt mit Jiwon in der Küche, der nun anfangen könnte diese blöden Plätzchen zu backen. Nicht wundern, ich möchte die Plätzchen wirklich sehr, aber irgendwo musste ich ja meinen Ärger wieder raus lassen. Und die boten sich nun mal wirklich gut an.
Ich setzte mich auf einen der Hocker, vor dem Küchentisch, stützte meinen Kopf auf meine Hände und sah ihm zu. Er war wirklich konzentriert. Eine ganze Weile bemerkte er gar nicht, dass ich da saß, doch dann warf er ohne auf zu schauen etwas Mehl in mein Gesicht und grinste in sich hinein.
„Heee!", rief ich und lachte. "Das bekommst du zurück!" Ich sprang auf und lief um den Tisch, schnappte mir ein bisschen von dem Zucker und ging in Deckung, ehe ich die Ladung auf ihn abfeuerte. Das ging eine Weile so weiter, bis es, kurz bevor es wieder eskalierte, an der Tür klopfte. Wir stockten und sahen uns an.

Keiner von uns hatte noch wirklich viele Freunde, die einen besuchen kommen würden. Bekannte, ja, aber keine Freunde.
Langsam und unauffällig schlichen wir zu der Tür und lugten durch den kleinen Spion. Fuck! Wie haben die uns jetzt schon wieder gefunden?! Leise gingen wir von der Türe weg. Als ich sein Blick aufging, wussten wir beide sofort was zu tun war. Wir schlichen zur Feuerleiter und schauten hinaus. Ebenfalls Misos. Wir waren umstellt. Deren schwarze Autos standen überall! Da half nur eines. Für genauso einen Fall, hatten wir einen kleinen Notausgang. Schnell und behutsam öffneten wir die Luke und schlüpften hindurch. Dabei bemerkte ich nicht, wie ein Stück meines Pullis an einem heraus stehenden Haken hängen blieb. Im Abwassertunnel angekommen, liefen wir rechts entlang. Keine Ahnung, ob es Norden, Süden oder sonst etwas war. Ich wusste nur, dass wir so schnell wie möglich von diesem Haus weg sein sollten. Immer wieder einen Schritt vor den anderen setzend und schwer atmend bogen wir in einen der anderen Tunnel ab. „Ich.. brauch. Eine... Kleine... Pause", stieß ich mühevoll hervor und hielt mir die stechende Seite, während ich meine Schritte verlangsamte. Jiwon drehte sich zu mir um und  kam ein paar Schritte auf mich zu. Er öffnete den Mund, wie es schien um mich zu Recht zu weisen, doch schloss er ihn dann wieder. Nur um wenig später erneut anzufangen. „Hanbin." Er schaute mich und Strich mit drei Fingern seiner rechten Hand über meine Wange. „Hanni, wir müssen weiter, die da oben suchen nach uns. Irgendjemand hat wohl geplaudert." Ich wollte jammern, doch Recht hatte er. Also blieb ich noch kurz stehen und setzte mich dann widerwillig in Bewegung.

Es kam mir vor wie Stunden, die wir da unten herum liefen, doch waren es nur wenige Minuten. Ich spürte, wie mein Herz pochte und meine Lungen schmerzten. Als würde ein kleiner Kobold mir von innen heraus die Brust aufschneiden.
Endlich kamen wir an einer Leiter an. Jiwon sah mich an. „Na los, geh hoch!", befahl er und legte seine Hand sanft auf meinen Rücken, um mich hinauf zu drücken. Ich griff die Leiter und hob meinen rechten Fuß auf die erste Sprosse. Es war Stock duster und viel sehen war nicht wirklich möglich. Nach ein paar Schritten drehte ich mich um. „Kommst du auch wirklich?", fragte ich besorgt, da ich nichts erkennen konnte. Da spürte ich eine Hand an meinem Knöchel und keuchte auf. Dann sah ich panisch nach unten und hörte nur ein verschmitzt kichern von Jiwon. „He du Sack!", protestierte ich und musste lachen, ehe ich weiter nach oben kletterte. Angekommen, öffnete ich die Luke und kletterte hinaus. Dann hielt ich ihm meine Hand hin und zog ihn hoch. Glücklicherweise waren wir in einer Seiten Gasse angekommen und somit hatte uns niemand bemerkt. Es war eng, gerade einmal Platz für uns beide nebeneinander. Die Häuserwände waren mit allem möglichen Zeuges beschmiert und wir liefen in die entgegengesetzte Richtung der Straße.
Plötzlich spürte ich, wie etwas Nasses und Warmes meine Wade herunter und in meinen Schuh hinein lief. Ich blieb stehen und ein brennen durchzog mein Bein. Jiwon half mir meine Hose höher zu Krempel und sah es sich Fachmännisch an. „Ich muss irgendwo hängen geblieben sein", stellte ich fest und versuchte so zu tun, als täte es nicht sonderlich weh. Ich wollte nicht derjenige sein, der uns aufhält und wegen dem er geschnappt werden würde. Ich wollte stark sein. Ich wollte ihn beeindrucken.
Doch er sah mich nur mit gerunzelter Stirn an. Er versuchte aufmunternd zu lächeln. „Nicht so schlimm", log er. Ich konnte mir denken, woran ich hängen geblieben war. Dies war meine schlimmste Horror Vorstellung gewesen, als ich klein war. Doch irgendwann hatte ich mich daran gewöhnt, es als normal angesehen und gelernt, damit zu leben.
Die Regierung hatte in all diesen kleinen winzigen Gassen kleine Haken an den Wänden angebracht. Diese waren mit Gift befüllt und würden es sofort abgeben, sobald sie spürten, dass etwas an ihnen hängt beziehungsweise sie in etwas lebenden drin steckten. Ursprünglich war es dazu gedacht, ausgehungerten und verletzten Straßentieren zu helfen. Doch hatten die Menschen angefangen auch gesunde Tiere dort hin zu treiben und sie sterben zu lassen. Dann kamen immer mehr deprimiert, suizidgefährdete Menschen auf diesen Gedanken, Obdachlose ohne Hoffnung, hielten sich immer mehr in solchen Gassen auf und irgendwann war die Regierung auf die wunderbare Idee gekommen, Menschen, denen sie sich entledigen wollten, in solche Teile der Städte zu treiben.
Ich sag ja, Horror.
Als ich bemerkte, dass unser Fluchtweg sich verändert hatte, wurde meine Vermutung bestätigt. Auch Jiwon hatte an die Haken gedacht und geschlussfolgert, woran ich mich wohl verletzt hatte. Durch meine Gedanken an ihn wurde mir der Arm um meinen Körper und der Mensch, der mich stützte, immer bewusster.
So schnell es ging, humpelten wir in Richtung eines Arztes.  Es würde nicht lange dauern, bis die Misos und ihre Jagdhunde uns eingeholt hätten. Ich stockte. „Jiwon-", presste ich schmerzerfüllt hervor, „Du solltest weg laufen, bevor sie dich kriegen." Er sagte nichts. „Ich sterbe zu 99% sowieso, also lauf!" Wieder schweigen. Ich spürte nur, dass seine Schritte sich verschnellerten und er mich fast trug. Mein gesundes Bein, musste sich kaum bewegen. Ich war dankbar und presste meine Lippen aufeinander.
In der Ferne hörte ich Hunde bellen und ab und an einzelne Rufe: „Hier sind sie lang!" oder „Er hat was gerochen!" Mein Atem verschnellerte sich. „Jiwon bitte!", bettelte ich schon fast. „Geh! Es reicht, wenn einer von uns geschnappt wird." Eine Träne lief mir die Wange entlang. Jiwon antwortete nicht. Er lief Schnur stracks weiter und ignorierte mein flehen. Also schwieg ich ebenfalls.

„Wir können versuchen das Bein zu amputieren, fest steht allerdings noch nicht, in wie weit sich das Gift bereits ausgebreitet hat." Ich sah den Doktor an und beobachtete, wie er seine Papiere auf den, neben meinem Bett stehenden, Tisch legte und seine Brille richtete. Dann sah er über die Gläser abwechselnd zu mir und zu Jiwon herüber.
Ich war froh. Etwas Hoffnung, dass die Misos uns vermutlich schon in wenigen Minuten finden würden, hätte ich zu verdrängen versucht. Dass wir einen Arzt gefunden hatten, der kein Arschkriecher der Regierung war, war fast ein Wunder gewesen. Man könnte sagen, ein Weihnachtswunder. Ich nickte so hastig wie ich nur konnte und Jiwon versuchte so unbesorgt und zuversichtlich wie nur möglich  zu schauen.
„Nun gut, versuchen wir es. Ich gebe Ihnen ein paar Minuten zum Reden, bevor das Betäubungsmittel wirkt." Dann verließ er den Raum. Ich sah zur Seite und direkt in Jiwons Augen hinein, der sich unbemerkt ganz nah zu mir gelehnt hatte. Seine Hand lag unter meinem Kopf und streichelte sanft über meine Haare. Er versuchte zu lächeln. „Alles wird gut", murmelte er und ich nickte bloß. Ich wusste, dass es mehr für ihn selber galt und er versuchte sich selbst zu überzeugen. Es war weniger für mich gedacht, doch half es in diesem Moment etwas. „Wenn das hier vorbei ist, dann kaufen wir uns ein riesiges Haus mit einem Garten. Weit weg von den anderen, damit niemand unseren Baum sieht. Wie wäre es mit einem Hund dazu?" Ich lächelte bei dieser Vorstellung und nickte. „Das wäre schön."
Geräusche kamen von draußen, Stimmen. Ich sah voller Panik zur Tür. „Shh-shh", beruhigte er mich und drehte mein Gesicht wieder zu sich. „Sieh mich an, Hanni! Denk an mich, wenn du in der Narkose bist!", befahl er und sah mir in die Augen. Er strich mir über die Wange und küsste diese danach sanft. Ich griff nach seiner Hand. Just in diesem Moment wurde die Türe aufgestoßen. Männer in Uniformen stürmten hinein. Meine Augen wurden schwerer und mein Sichtfeld verschwamm. Ich klammerte mich an Jiwon Hand und versuchte meinen Atem zu beruhigen. Ich hörte nichts mehr. Ich sah nichts mehr. Ich fühlte nichts mehr.
Und dann entglitt er mir...

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