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Starla
Der Bus blieb auf einem Parkplatz vor dem riesigen Schloss stehen. „Euer Gebäck wird im Laufe des Tages auf eure Zimmer gebracht und das Abendessen gibt es wie gewöhnlich von 19 bis 20 Uhr. Ich wünsche euch noch einen schönen Tag." Nach dieser Ankündigung öffneten sich die Türen des Buses und alle Schüler strömten aus dem Bus. „Weißt du zufällig, wo wir jetzt hin müssen?" fragte Taran Zoey. „Wahrscheinlich ins Sekretariat. Soll ich es euch zeigen?" fragte sie.
Ben hatte anscheinend gerade seinen Zimmernachbar gesehen, weshalb er mit ihm gemeinsam zu seinem Zimmer gehen wollte.
„Die 10 bis 14 Jährigen wohnen in einem anderen Gebäude. Außerdem haben sie andere Essenszeiten als wir. Ab 14 wohnt man in einem Seitenflügel vom Schloss. Der Unterricht findet allerdings für alle im Schloss statt und der Speisesaal ist auch im Schloss aber man findet sich schnell zurecht," erzählte Zoey uns, während sie uns zum Sekretariat führte. Das Schloss sah von innen genauso alt aus wie von außen, wobei nichts heruntergekommen war, sondern alles auf Hochglanz poliert war. Der Marmorboden in der Eingangshalle sah aus, als hätte man ihn vor kurzem erst poliert, damit er besonders glänzte. Die Möbel bestanden aus dunklem Holz und waren alle mit hübschen, dezenten Schnitzereien verziert.
Wir bogen in einen Korridor ab, an dessen Wänden Porträts von ehemaligen Direktoren und Direktorinnen hingen.
Vor einer Tür mit der Aufschrift Sekretariat blieben wir stehen.
Gerade als ich die Türe öffnen wollte, wurde diese allerdings schon von innen geöffnet und jemand lief in mich herein. „Normalerweise schaut man in die Richtung, in die man auch gehen möchte," Kommentierte ich trocken.
„Normalerweise bleibt man nicht stehen, wenn man sieht, dass man jemandem im Weg steht, sondern weicht demjenigen aus," erwiderte mein Gegenüber in demselben Tonfall.
„Hallo Lorian," begrüßte Zoey den dunkelblonden Typen erfreut, der in mich reingerannt war. Dieser schaute nun auch auf „Hey Zoey! Was machst du denn hier?" fragte er weiter. An der Art wir die beiden miteinander umgingen mussten sie sich kennen und irgendwie kam mir Lorian auch bekannt vor. Alleine sein Name wirkte bekannt.
Zudem sah er auch nicht schlecht aus. Mit seiner sportlich gebauten Figur und den dunkelblonden Haaren und den dunkelblauen Augen entsprach er eigentlich total meinem Typ allerdings schien er vom Verhalten her nicht wie mein Typ zu sein. Hinzu kam dieses etwas in seinen Augen, das ich keinem speziellen Gefühl zuordnen konnte. „Ich habe den drei hier das Sekretariat gezeigt und eigentlich muss ich jetzt noch ein paar Hausaufgaben machen, die ich in den Ferien nicht geschafft habe aber wenn du willst, kann ich dir noch dein Zimmer zeigen," riss mich die Stimme von Zoey wieder aus meinen Gedanken. „Wir sehen uns dann beim Abendessen," sagte Zoey noch, bevor sie gemeinsam mit Lorian in die Richtung ging, aus der wir auch gekommen waren. „Interessanter Typ," kommentierte Morgana.
Als die beiden verschwunden waren, öffnete ich die Türe vom Sekretariat erneut und trat dieses Mal ohne irgendwelche Zwischenfälle ein.
„Hallo, wie kann ich euch behilflich sein?" fragte die Frau, die hinter einem Computer saß. „Hallo, wir sind Taran, Morgana und Starla Lightwood," stellte ich uns drei vor. „Ah, ihr seid die Kinder von Damian und Lucina," sagte die Frau und lächelte uns freundlich an. „Ich bin Bonafila Lightwood. Mein Mann, der Direktor ist der Cousin von eurer Mutter," erzählt die Braunhaarige Frau uns. Sie war etwas älter als unsere Mutter und sah ziemlich freundlich aus. „Wir haben euch kurz nach eurer Geburt einmal besucht aber daran könnt ihr euch natürlich nicht erinnern," erzählt Bonafila weiter. „Aber ihr wollt wahrscheinlich keine alten Geschichten hören sondern wissen, wo eure Zimmer sind," sagte die Frau und lächelte freundlich. „Also hier sind eure Zimmerschlüssel. Ihr müsst wissen, dass ihr nicht bei den anderen Schülern untergebracht seid weil dort kein Zimmer mehr frei war," sagte sie, während sie uns drei Schlüssel gab und einen Plan von der Schule rausholte „Die Schlafzimmer der Mädchen sind eigentlich dort und die der Jungen sind dort. Eure sind aber im alten Teil des Schlosses," erklärt sie uns, während sie uns zeigte, wo die Schlafzimmer normalerweise waren. Es waren zwei Gebäude, die jeweils eine Verbindung zu dem Schloss hatten. „Eure Schlafzimmer sind dann genau hier." Dabei deutete sie auf einen Gang, der in Entgegengesetzter Richtung von den anderen Schlafzimmern lag. „Beim Neubau sind Jungs und Mädchen getrennt und jeder hat ein eigenes Badezimmer aber ihr müsst euch euer Badezimmer immer zu zweit teilen aber das ist sicher kein Problem für euch. Wenn es allerdings irgendwelche Probleme geben sollte, könnt ihr euch gerne jeder Zeit an mich wenden," sagte Bonafila und lächelte uns freundlich zu.
Mittlerweile war ich mir unsicher, wie das wohl werden würde. Tag und Nacht in der Schule leben hörte sich für mich nicht unbedingt wie die Erfüllung eines Traums an. „Dürften wir einen Plan von der Schule haben?" fragte Taran, bevor wir uns verabschiedeten und uns auf den Weg zu unseren Zimmern machten.
„Hier müsste es sein," sagte Taran, als wir im richtigen Gang standen. „Was für Nummern habt ihr auf euren Schlüsseln?" fragte Morgan. „Ich habe 119," sagte ich. „Ich 121," sagte Taran.
Meine Türe war die Letzte Tür auf der linken Seite des Ganges.
Als ich in mein Zimmer eintrat, blieb ich erst einmal überrascht stehen. Ich hatte mir das Zimmer irgendwie weniger gemütlich vorgestellt. Das Zimmer war mit den gleichen alten Möbeln eingerichtet, wie der Rest des Gebäudes. Ich hatte ein breites Bett aus Holz und einen großen Schreibtisch. Der Kleiderschrank nahm fast eine ganze Wand ein. Neben dem Schrank war noch eine Türe, die in das Badezimmer führte.
Das Badezimmer war das komplette Gegenteil von meinem Zimmer. Es war Modern eingerichtet. Eine Wand war komplett mit Bodentiefen Spiegeln ausgekleidet. Das Badezimmer hatte alles, was man brauchte.
Die zweite Türe im Badezimmer öffnete sich und Morgana grinste mich an. Anscheinend verband das Badezimmer unsere beiden Zimmer. „Ist dein Zimmer auch so schön, wie meins?" fragte Morgana, als ich in ihr Zimmer ging. „Ja, mein Zimmer sieht ziemlich ähnlich aus, wie deins ich habe aber keinen Balkon," sagte ich, während ich ihre Balkontüren öffnete und einen Schritt nach draußen mache. Ich atmete tief die frische Luft ein. „Im Sommer kannst du hier sicher eine Hängematte hinhängen und wenn der Nebel weg ist, hast du vielleicht auch eine schöne Aussicht," sagte ich begeistert.
Wir wurden von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. Als Morgana die Türe öffnete stand vor der Tür ein Angestellter mit unseren Koffern.
„Also ich räume jetzt erst einmal meine Kleider in den Schrank ein," sagte ich als der Angestellte weg war und ging durch das Badezimmer zurück in mein Zimmer.
Als ich meinen Koffer gerade komplett ausgeräumt hatte, klopfte es an meiner Tür. Vor der Tür stand mein Bruder gemeinsam mit Lorian, den ich nun verwirrt musterte. „Er hat das Zimmer neben meinem und wir teilen uns ein Bad," erklärte Taran mir. Ich nickte nun verstehend. „Wir wollten zum Abendessen gehen. Willst du mitkommen?" fragte Taran mich. „Ja, soll ich Morgan noch fragen ob sie auch mitwill," fragte ich. „Wir haben sie schon gefragt und sie kommt gleich," sagte Taran.
„Weiß eigentlich jemand von euch, wo der Speisesaal ist?" fragte Morgana auf dem Weg zum Speisesaal „irgendwann treffen wir schon jemanden, den wir fragen können," sagte Lorian und beteiligte sich somit zum ersten Mal am Gespräch. „Wenn man diese Person davor nicht umrennt, ist sie sicher auch bereit dazu, einem zu helfen." Ich wollte es nicht sagen aber irgendwie kam es wie automatisch aus mir heraus. „Jeder andere Mensch würde mir ausweichen, wenn ich einmal nicht da hin schaue, wo ich gerade auch hin gehe," erwiderte er. „Da hat aber jemand eine hohe Meinung von sich selbst," sagte ich leicht spöttisch.
„Meinst du? Ich finde, ein gesundes Ego schadet nie," sagte Lorian schulterzuckend. „Das Probleme ist nur, wenn man den Moment verpasst, in dem das Ego größer wird, als gut für einen ist." „Starla, Lorian!" wurden wir aus unserer Diskussion gerissen „Ihr seid am Speisesaal vorbei gelaufen," sagte Taran grinsend. Ich schaute verlegen um mich herum und bemerkte, dass ich tatsächlich am Speisesaal vorbei gelaufen war. Aus den Augenwinkel sah ich, dass Lorian mich ebenfalls angrinste. Als ob er nicht auch am Speisesaal vorbei gelaufen war.
„Ich war ja dafür, dass wir euch einfach weiterlaufen lassen aber Taran war dagegen," sagte Morgana als wir alle am Tisch saßen. Zoey fand die Geschichte genauso lustig wie Morgana und die beiden amüsierten sich auf Lorians und meine Kosten.
Das Essen war ähnlich wie das im Zug. Alles war aufwändig zubereitet und dekorativ an einem Buffet hergerichtet worden. „Habe ich eigentlich nur das Gefühl oder starren uns wirklich alle an?" fragte ich, während ich mich unauffällig im Raum umschaute. „Naja vier neue Schüler, die alle relativ gut aussehen und von denen einer der Prinz von Iskariot ist, sind für die ganzen Gossip besessenen Leute hier sehr spannend," sagte Zoey. Es dauerte einen Moment bis ich ihre Worte verstand. „Du bist wirklich Prinz Lorian?" fragte ich Lorian überrascht. In seinen Augen spiegelte sich nun auch die Überraschung wieder. „Du wusstest nicht, dass ich Prinz Lorian bin?" fragte er grinsend. „Ich habe dir doch gesagt wer er ist," mischte sich Morgana mit ins Gespräch ein. „Du hast nur gesagt, dass er interessant ist," verteidigte ich meine Unwissenheit. „Wusstest du auch wer er ist Taran?" fragte ich meinen Bruder. „Natürlich. Ich bin doch nicht blöd," sagte er und wandte sich dann wieder seinem Essen zu. Ich wandte mich daraufhin ebenfalls meinem Essen zu.
„Wenn du es gewusst hättest, hättest du mich dann anders behandelt?" fragte Lorian mich neugierig während wir uns Nachtisch holten. Eines der beiden komischen Mädchen aus dem Zug stand hinter uns und beäugte uns neugierig. Ich ignorierte sie allerdings nur und nahm mir eines der Pudding Gläser mit roten Früchten und einer Soße die ich nicht identifizieren konnte. „Ich hätte deine Annahme, dass dir alle gleich den Weg frei machen müssen, vielleicht mit der Tatsache erklärt, dass du als Prinz ein bisschen verwöhnt bist aber wieso hätte ich dich bitte anders behandeln sollen?" fragte ich mit hochgezogener Augenbraue und folgte ihm zurück zu unserem Tisch.
„Allerdings kann man das Verhalten von jemandem nicht auf den Titel schieben. Der hat damit nur selten etwas zu tun. Manchmal ist der Charakter einfach das Problem," fügte ich noch hinzu.
In Lorians Augen sah ich nun die Belustigung. Was fand er denn so witzig? Machte er sich etwa über mich lustig?
„Habt ihr eigentlich schon den Stundenplan gesehen?" unterbrach Morgana uns. „Nö wieso?" fragte Taran. „Weil wir jeden Morgen zuerst eine halbe Stunde Sport haben," sagte Morgana. „Das ist nicht wirklich Sport," sagte Zoey, woraufhin vier fragende Blicke auf ihr lagen. „Jeder muss vor dem Frühstück eine bestimmte Strecke durch den Wald rennen," erklärte Zoey uns, woraufhin vier geschockte Blicke auf ihr lagen „Das ist Sport," brachte Morgana geschockt hervor.
Morgana
Zurück in meinem Zimmer wollte ich mich bettfertig machen. Allerdings war ich viel zu wach, um schlafen zu gehen.
Auf meinen Schreibtisch hatte ich die Karte der Schule abgelegt. Kurzerhand nahm ich die Karte, zog mir meine Hausschuhe an und begann mich auf den Weg zur Bibliothek zu machen. Laut der Karte gab es eine neue Bibliothek, die bei den neu angebauten Teilen des Schlosses war. Zwei Stockwerke unter meinem Zimmer, auf der gleichen Etage, wie der Speisesaal, war eine weitere Bibliothek, die als alte Bibliothek gekennzeichnet war. Da die alte Bibliothek näher war, machte ich mich auf den Weg dort hin.
Die Lichter in den Gängen waren gedimmt, was eine gruselige Stimmung vermittelt. Hinzu kam noch, dass ich auf meinem gesamten Weg niemanden antraf. Waren alle bereits im Bett?
Die Bibliothek wurde von einer großen Doppeltüre aus Holz verschlossen und als ich versuchte, die Türe zu öffnen stellte ich fest, dass die Türen verschlossen waren. Mit meiner Magie erspürte ich das Schloss und schob den Riegel beiseite. Die Türe ließ sich daraufhin geräuschlos öffnen. Nachdem ich meine Handy Taschenlampe an gemacht hatte, erleuchtete ich damit den großen Raum, in dem einige Sofas und Sessel standen. Dahinter begannen die Bücherregale, die aus den Selben alten Möbeln bestanden, wie die restlichen Möbel hier im Schloss. Neugierig ging ich auf die Möbel zu.
Während meine Geschwister immer lieber Sport gemacht hatten, habe ich schon immer gerne gelesen. Natürlich hatte ich nicht direkt etwas gegen Sport aber ab und zu mochte ich es, mich in eine Ecke zu setzen und ein gutes Buch zu lesen. Ich mochte es, in den Büchern Charaktere vorzufinden, die genau so waren wie ich. Dann konnte ich von anderen Orten Träumen und für ein paar Stunden ein anderes Leben leben.
Ich ging die Regale entlang und lies den Schein meiner Taschenlampe über die Bücher gleiten. Jedes Buch beinhaltet eine eigene Geschichte, die nur darauf wartete, erzählt zu werden.
Ich blieb vor einem Regal stehen, in dem Bücher über alle möglichen Sprachen standen. Darunter waren Sprachen die ich kannte und auch teilweise beherrschte. Allerdings waren auch Sprachen dabei, die ich gar nicht kannte. Ein Titel stach mir besonders ins Auge „Die Symbole der Alten- Legende oder Wahrheit?" interessiert schlug ich die erste Seite auf:
Die sogenannten Alten sind laut der Legende diejenigen, die die Magischen Fähigkeiten in die Welt gebracht haben. Vor fielen tausend Jahren kamen einige von ihnen auf diese Welt und ihre Nachfahren waren die ersten mit magischen Fähigkeiten. Laut der Legende kamen sie aus einer anderen Welt, für die es allerdings keine Beweise gibt. Die Alten waren lange Zeit ein Mythos oder ein Märchen. Da sie angeblich unsterblich sein sollten, müsste es sie eigentlich noch geben, allerdings gibt es keine Berichte über irgendwelche Unsterblichen Wesen auf dieser Erde. Lange Zeit ist man komplett davon ausgegangen, dass die sogenannten Alten komplett ausgedacht sind. Bis man vor einigen Jahren seltsame Ausgrabungen gefunden hat. Darunter waren bemerkenswerte Funde, die von früheren Hochkulturen berichten.
Abgesehen davon, dass es ziemlicher Schrott war, der in diesem Buch stand, wirkte es interessant, da ich noch nie zuvor von dieser Legende gehört hatte. Alte Ausgrabungen interessierten mich eigentlich nur, wenn Gold oder Diamanten darunter waren. Allerdings fand ich alte Legenden schon immer faszinierend. Dabei interessierte es mich nicht, wie viel an der Legende stimmte, sondern ich fand den Gedanken faszinierend, dass rein theoretisch alles echt aber auch alles ausgedacht sein konnte.
Am Liebsten würde ich jetzt weiter lesen, um zu wissen, wie es weiter ging. Allerdings war ich mittlerweile ziemlich müde. Mit einem Gähnen stellte ich das Buch zurück ins Regal, merkte mir die Stelle, wo es stand und machte mich auf den Weg zurück zu meinem Zimmer.
Morgen war mein erster Schultag hier und da sollte ich wenigstens ein bisschen ausgeschlafen sein.
8.1.2021
18.2.2022
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