~ 42 ~
Starla
Den restlichen Tag verbrachten wir damit, in die Hütte umzuziehen. „Habt ihr eigentlich eine Idee, wie wir das mit dem Training machen können?" fragte Seungli, als wir uns an dem abgenutzten Holztisch in der winzigen Küche zusammenfanden. „Wie meinst du?" fragte Asami ihn. „Eure Fähigkeiten könnt ihr ja irgendwie selber trainieren und Artialis kann ich mit euch trainieren aber wer trainiert mich?" fragte er. „Ich hätte auch gerne einen Trainer," stimmte Saori ihrem Bruder zu. „Und wir brauchen jemanden mit Erfahrung, der uns Tipps gibt wie wir unsere Aufgabe bewerkstelligen sollen," sagte Asami. Wir verfielen in Schweigen. Ich würde vermutlich einfach häufiger zu dem Wesen hinuntersteigen und mit ihm trainieren aber was die anderen machen sollten das wusste ich nicht es sei dem „Ich hätte da eine Idee," sagte ich woraufhin mich alle erwartungsvoll anschauten.
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„Willst du uns umbringen?" fragte Saori entgeistert. Ihr Gesicht war eine Spur heller geworden. „Ist das dein Ernst?" fragte Seungli mich und ich sah den Hauch von einem Schock in seinen Augen. „Was ist den los?" fragte Asami ein bisschen verwirrt. „Starla will uns umbringen," sagte Saori und schaute mich vorwurfsvoll an. Das Fragezeichen in Asamis Augen wurde daraufhin nur noch größer. „Hinter dieser Türe wohnt ein Monster. Ich habe diese Türe mal geöffnet und dahinter ist nichts als Dunkelheit," sagte Seungli. „Weißt du, was du tust?" fragte Sib mich nur. Ich nickte daraufhin zur Antwort. „Ok dann bin ich dabei," stimmte er zu. Ich musste einmal blinzeln. Vertraute er mir wirklich einfach so? „Vertraust du ihr einfach so, dass du in den Tod gehen würdest?" fragte Seungli ihn schockiert. „Starla soll natürlich als erstes gehen," sagte er und zuckte mit den Schultern „Somit sterbe ich zumindest nicht als erstes und habe noch Zeit wegzulaufen," fügte er hinzu. „Ok ich gehe dann. Ihr könnt ja mit wenn ihr wollt," sagte ich und öffnete die Türe, die in diese Dunkelheit führte mit dem Unterschied, dass es nicht mehr dunkel war.
Für die anderen war es natürlich komplett dunkel. Ich hatte allerdings meine Nachtsicht wieder und konnte in der Dunkelheit alles erkennen. „Wieso mache ich das?" murmelte Seungli einige Schritte hinter mir. Ich beschloss, nichts darauf zu antworten und ging einfach weiter nach unten. Es war seltsam, alles sehen zu können. Ich hätte diese Treppe mittlerweile mit geschlossen Augen hinabsteigen können umso befremdlicher war es, hier plötzlich sehen zu können.
Unten angekommen schaute ich mich überrascht um. Dieser Raum war größer als ich es mir jemals vorgestellt hatte. Es war eher eine Halle, die von Säulen gestützte wurde. Der Brunnen war etwa zehn Meter von mir entfernt und dahinter erstreckte sich die Halle weiter. Sie war quadratisch und zwischen den Säulen und der Wand war ein zwei Meter breiter Gang. Die Säulen waren in gleichmäßigen Abständen angeordnet. Über dem Brunnen war ein Rundbogen, der fast aussah, wie ein Eingang. Das was mich allerdings am meisten fesselte war nicht die Architektur oder die Größe sondern die Wände, Decken und der Boden. Der Boden setzte sich aus verschiedenfarbigen Marmorplatten zusammen, die ein wunderschönes Muster bildeten, was mich ein bisschen an das Badezimmer erinnerte. Es schien der gleiche Boden zu sein oder zumindest das gleiche Design. In der Mitte des Raumes war aus Schwarzem Marmor ein Stern im Boden, dessen Goldener Zwilling die Decke schmückte. Der Goldene Stern, der an die Decke gemalt war schien wirklich zu leuchten.
Die Wände waren mit goldenen, Bronzefarbenen, roten und blauen Mosaiksteinen verziert. Über die Wände schien sich eine Geschichte zu ziehen. Eine Geschichte, die schon so weit in der Vergangenheit lag, dass man sie vergessen hatte. Mir blieb der Mund offen stehen. Ich hatte noch nie zuvor etwas von einer so schlichten, prächtigen und überwältigenden Schönheit gesehen.
„Was ist los Starla?" fragte Sib hinter mir. „Wieso bist du stehen geblieben?" fragte nun auch Asami irgendwo hinter mir.
Ich wollte gerade antworten, als ich sah, wie sich eine Türe auf der anderen Seite des Raums öffnete und jemand in diesen Raum trat. Sie hatte ein dunkelrotes Kleid an, das sich von ihrer hellen Haut abhob. Sie war die schönste Frau, die ich jemals gesehen hatte. Ihr dunkles Haar floß ihr in Wellen über den Rücken und ihre Gesichtszüge waren überirdisch schön. Einerseits sah sie aus, wie die meisten Leute hier in Garat. Sie hatte etwas schräg stehende, mandelförmige Augen, die so schwarz waren, dass sie alles Licht zu verschlingen schienen. Ansonsten hatte sie weiche Gesichtszüge und eine gerade Nase. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich sie nicht älter als höchstens auf dreißig Jahre geschätzt.
„Wie ich sehe hast du deine Fähigkeiten zurück," stellte sie beim Näherkommen fest. Ihre Stimme klang immer noch wie von weit her und gleichzeitig als würde sie direkt neben mir stehen. „Wie gefällt es dir hier?" fragte sie und deutete dabei auf den Raum hier. „Es ist größer als ich dachte," sagte ich und schaute mich um. „Als ich das letzte mal oben war, war dieser Raum ein Ebenbild von dem Innenhof, der über diesem Platz lag," sagte sie. „Das ist allerdings schon eine Weile her," fügte sie hinzu. „Wie ich sehe hast du noch mehr Besuch mitgebracht. Kann ich irgendwas für euch tun?" fragte sie. „Mit wem redest du Starla?" fragte Seungli ein paar Schritte hinter mir.
Erst jetzt fiel mir auf, dass die anderen nichts als Dunkelheit sahen. „Willst du nicht etwas Licht machen Starla?" fragte mich die Frau. „Wie genau mache ich aus dem nichts Licht?" fragte ich sie etwas überfordert. Bis jetzt hatte ich das Licht oder die Schatten immer nur manipuliert. Ich hatte nie aus dem Nichts heraus Licht oder Schatten entstehen lassen können. „Dann fangen wir mit dir am besten damit an, dass du lernst, deine Fähigkeiten richtig zu benutzen," sagte sie. „Also trainierst du uns?" fragte ich etwas überrascht. Ich hatte sie noch gar nicht gefragt, ob sie uns unterrichten wollte und sie hatte schon zugesagt, es zu machen. „Ich trainiere euch, wenn ihr mir etwas versprecht," antwortete sie daraufhin nur. „Was wird der Preis sein, wenn wir das Versprechen brechen?" Das letzte Mal als ich mit ihr einen Deal gemacht hatte, war der Preis dafür, dass ich sie regelmäßig besuchen musste. „Wenn ihr den Deal mit mir eingeht, werdet ihr ein Zeichen für den Handel bekommen. Dieses Zeichen wird euren Körper verbrennen und euch aus den Erinnerungen aus allen, die euch nahe standen löschen, wenn ihr den Deal nicht halten konntet," sagte sie und legte dabei ihren Kopf schräg. „Ich bin raus," sagte Seungli und wollte bereits gehen. „Willst du dir den Deal nicht erst einmal anhören, bevor du ablehnst?" fragte sie an Seungli gewandt. „Was auch immer der Deal ist, mir kommt das alles jetzt schon suspekt vor," sagte er, blieb allerdings hier „Und was ist jetzt der Deal?" fragte Saori etwas ungeduldig. „Ihr müsst mir versprechen, dass ihr diese Welt zu einem besseren Ort macht als ihr sie vorgefunden habt," sagte sie. „Kann nicht erst nach unserem Tod festgestellt werden, ob wir dieses Versprechen gehalten haben oder nicht?" fragte Sib. „Genauso ist es! Deshalb ist dieses Versprechen auch etwas, was ihr euch gegenüber versprechen müsst. Mich wird dieses Versprechen nicht wirklich betreffen," sagte sie. Ich versuchte, aus ihren Augen ein Gefühlt zu lesen allerdings konnte ich nichts als Schwärze dort sehen. „Wieso sollen wir genau das versprechen?" fragte Asami sie. „Weil in euch viel Potential steckt. Sowohl zum Guten als auch zum Schlechten und ich möchte, dass ihr euch zum Ziel setzt, eure Fähigkeiten für gute Dinge einsetzt. Zum Heilen nicht zum Zerstören, zum aufbauen und nicht zum Niederreisen." Sie musterte uns alle. „Und was, wenn man bereits ziemlich viel schlechtes getan hat? Zählt das dann auch oder zählt nur, was wir tun nachdem wir das Versprechen gegeben haben?" fragte Sib. „Alles, was du je in deinem Leben gemacht hast zählt und wenn du bereits ziemlich viel schlechtes getan hast, musst du lernen, gutes zu tun! Sorge für Recht und Gerechtigkeit, trete den Menschen, die in bösen Absichten handeln, entgegen und verhelfe den Benachteiligten zu ihrem Recht! Das gilt übrigens für euch alle," sagte sie. „Also wenn ich es richtig verstanden habe trainierst du uns nur, wenn wir im Gegenzug versprechen, unsere Fähigkeiten dafür einzusetzen, die Welt zu einer besseren zu machen. Allerdings wird erst nach unserem Tod entscheiden, ob wir das Versprechen gehalten haben, weshalb wir rein theoretisch auch einen Krieg anzetteln könnten?" fragte Saori sie. „Aber natürlich möchte ich meine Fähigkeiten für gute Zwecke einsetzen und dazu beitragen, dass diese Welt zu einem besseren Ort wird," sagte Asami. „Versprichst du es auch?" fragte die Frau sie. Daraufhin überlegte Asami noch einmal. Das letzte Versprechen, dass ich der Frau gegeben hatte war, dass ich sie jede Woche besuchen würde. Allerdings war dieses Versprechen nur auf die Dauer meiner Ausbildung hier gekoppelt und galt nicht lebenslänglich. „Eins verstehe ich dabei nicht," überlegte ich laut, woraufhin mich das Wesen aus ihren dunklen, unergründlichen Augen anblickte. „Du hast mir einmal erzählt, dass du die Zukunft sehen kannst. Dann weißt du doch schon wie wir in Zukunft handeln werden," sagte ich. „Die Zukunft ist noch nicht endgültig in Stein geritzt. Das was ich sehe sind also nur Möglichkeiten, die sich jeder Zeit ändern können." Die wunderschöne Frau blickte mich aus ihren dunklen unergründlichen Augen an. Wollte sie damit sagen, dass es bei jedem von uns in der Zukunft möglicherweise in eine schlimme, zerstörerische Richtung ging?
„Ich verspreche, dass ich diese Welt zu einem besseren Ort mache, als ich sie vorgefunden habe," ertönte Seunglis Stimmen hinter mir. Es überraschte mich etwas, dass er der Erste von uns war, der das Versprechen gab. „Ich hatte so etwas in der Art sowieso vor also schadet es nicht, das zu versprechen und dafür etwas zu bekommen, das mich an dieses Versprechen erinnert," fügte Seungli noch hinzu. Die Bildhübsche Frau lächelte kurz, wodurch sie noch hübscher wurde. „Und ihr Anderen? Versprecht ihr es ebenfalls?" fragte sie. „Ich verspreche, dass ich mein bestes geben werde," ertönte nun auch Asamis Stimme und wieder huschte ein Lächeln über die Züge dieser Frau. „Also mein bestes möchte ich natürlich auch geben, um die Welt zu verbessern," sagte nun auch Saori. „Ich verspreche auch, dass ich mein Bestes geben werde," sagte ich.
Jetzt fehlte nur noch Sib. Irgendetwas schien ihn noch zurückzuhalten. Was er wohl verbrochen hatte, dass er so davon überzeugt war, dass er es nicht mehr ungeschehen machen konnte? Nach einiger Zeit schien er sich auch entschieden zu haben „Ja, ich will auch mein bestes geben," sagte er zögerlich.
„Also versprecht ihr alle, eure Fähigkeiten dazu zu verwenden, diese Welt besser zu machen, als ihr sie vorgefunden habt?" fragte sie, woraufhin wir alle zustimmten. „Okay, dann können wir ja mit dem Training beginnen."
Daraufhin begann ich damit zu versuchen, hier irgendwie Licht her zu bekommen. Ich konzentrierte mich darauf, die Schatten hier kleiner zu machen und das Licht größer allerdings gelang es mir einfach nicht. „Versuche es weniger verkrampft. Bitte die Schatten doch höflich, dem Licht ein wenig Platz zu machen," sagte die Frau. „Das wäre einfach, wenn die Schatten kommunizieren könnten," sagte ich etwas verzweifelt. „Vielleicht hast du ihnen bis jetzt einfach nicht zugehört," sagte das Wesen und wandte sich von mir ab und den anderen zu.
Diese waren dabei, das Unmögliche zu bewerkstelligen und in Zweiergruppen gegeneinander zu kämpfen. Dabei sahen sie die ganze Zeit nichts und wedelten planlos in der Luft herum. Die Frau schärfte ihnen ein, dass sie sich auf ihr Gehör verlassen sollten.
Bis ich es geschafft hatte, Licht zu machen, mussten die anderen noch ein bisschen im Dunkeln üben.
„Es geht wirklich nicht. Die Schatten können nicht reden," sagte ich einige Zeit später „wie hast du es denn gemacht, als du nichts im Dunkeln sehen konntest?" fragte sie mich. „Irgendwann habe ich einfach auf mein Gefühl geachtet und dann habe ich meine Umgebung gespürt," überlegte ich. „Dann versuche das gleiche noch einmal," sagte sie.
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8.6.2021
14.11.2022
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