~ 15 ~
Starla
Die nächste Woche versank wieder in endlosem Nebel und noch mehr Schnee.
Die Stunde Magieverteidigung am Dienstag fand allerdings wie gewöhnlich draußen auf dem Sportplatz statt. Dabei fiel mir auf, dass den meisten Schülern das Wetter überhaupt nichts ausmachte. Sie kämpften wie gewöhnlich weiter. Ich war in dieser Gruppe weder die beste noch die Schlechteste, wobei Lorian zu den besten gehörte. Wahrscheinlich gewannen wir die meisten Kämpfe nur wegen seinen Fähigkeiten im Umgang mit dem Schwert. Ohne meine Fähigkeiten konnte ich mit meinen Dolchen nicht viel anfangen und für die heutige Stunde hatte der Lehrer jeglichen Einsatz von Magie verboten. Zum Glück würde dies im Wettbewerb anders sein. „Heute scheinst du nicht ganz in Form zu sein," sagte Lorian. „Klappe Lorian. Ich gebe mir immerhin Mühe." Währen dessen versuchte ich das dunkelhaarige Mädchen zu entwaffnen. „Was bringt es einem, wenn man sich Mühe gibt und trotzdem verliert?" fragte er und entwaffnete dabei die Partnerin von meiner Gegnerin. Im Gegensatz zu mir schien Lorian sich nämlich nicht einmal Mühe zu geben. Als ich wegen einer Finte meiner Gegnerin stolperte und in den Schnee fiel, trat Lorian dazwischen. „Siehst du? Sich nur Mühe geben reicht nicht immer," sagte er mit abfälligem Tonfall und entwaffnete das Mädchen nach einigen Sekunden. „Es kann halt nicht jeder ein gefühlloses Monster sein," giftete ich zurück. „Immerhin werde ich nicht wegen jeder Kleinigkeit emotional," antwortete er mir. „Immerhin habe ich noch Gefühle," sagte ich und schaute ihm direkt in seine blauen Augen, die wieder unnatürlich dunkel geworden waren. Im Moment sah ich tatsächlich keine Gefühle in seinen Augen.
Wie machte er das? Jeder konnte doch etwas fühlen? „Lorian und Starla könnt ihr euch wieder dem Unterricht widmen?" fragte der Lehrer uns, woraufhin wir uns dem Lehrer zuwandten.
Ich ignorierte Lorian daraufhin den Rest der Stunde und redete nur noch mit ihm, wenn es wirklich nötig war.
Die einzigen Lichtblicke in dieser Woche waren die Momente mit Gideon. Ich fühlte mich in seiner Gegenwart immer so wohl und konnte alle anderen Probleme ausblenden. Wir hatten gemeinsam immer eine Menge Spaß.
„Hast du die Nummer 3 auf Seite 147 schon?" fragte er mich gerade. „Ne ich bin noch bei Nummer 2," antwortete ich. Wir lernten gerade für die Mathearbeit, die wir diese Woche schreiben würden. „Aber ich glaube, dass ich demnächst mal in mein Zimmer muss, weil in einer halben Stunde Nachtruhe ist," sagte ich mit einem Blick auf meine Uhr. Gideon nickte daraufhin nur. Er war wieder komplett vertieft in seine Aufgaben.
Als ich aufstand um zu gehen schaute er auf. „Äm Starla ich fahre übers Wochenende nach Hause und ich wollte dich fragen, ob du vielleicht mitkommen möchtest? Meine Mutter besteht nämlich darauf, dass ich sie ab und zu mal übers Wochenende besuchen komme aber es ist meistens ziemlich langweilig." Er schaute mich fragend und mit einer Spur von Unsicherheit an. „Ich möchte dir und deiner Familie wirklich keine Probleme bereiten," sagte ich und schaute ihn ebenfalls unsicher an.
Ich würde sehr gerne mit ihm das Wochenende verbringen aber das würde sicherlich viel zu umständlich werden. „Du würdest niemandem Umstände bereiten," sagte er. Er schauten mich unterdessen so aufrichtig an, wie ich es nicht oft gesehen hatte. „Wenn es wirklich kein Problem darstellt, würde ich gerne über das Wochenende mit zu deiner Familie fahren," sagte ich und lächelte ihn an. Nachdem er mich noch zum Abschied umarmt hatte, war ich in mein Zimmer gegangen.
Gideon und ich hatten uns vor einigen Tagen darauf geeinigt, dass wir erst einmal nur Freunde sein wollten und schauen wollten, was daraus noch werden konnte. Wir kannten uns immerhin noch nicht besonders lange und ich wollte ihn erst einmal richtig kennen lernen, bevor ich irgendwelche voreiligen Schlüsse zog.
In meinem Zimmer machte ich mich dann Bettfertig und ging ins Bett, wo ich nach wenigen Minuten auch schon einschlief.
Die restliche Woche war ich so sehr mit Hausaufgaben und lernen beschäftigt, dass ich kaum Zeit fand, etwas mit Gideon oder meinen Freunden zu unternehmen. Umso mehr freute ich mich darauf, das komplette Wochenende mit Gideon zu verbringen. Ich hatte auch schon alles mit Aaran abgesprochen, der mir versichert hatte, dass es bei den Forchtensteins sicher genug war, um dort hin zu gehen. Vor allem auch, weil niemand wusste, wer ich wirklich war.
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Am Freitag nach der Schule fuhren Gideon und ich mit dem Bus runter zu der Zugstation. Mit uns saßen noch einige andere Schüler im Bus allerdings waren die Meisten aus den unteren Klassen, weshalb ich sie nicht kannte. Den einzigen, den ich kannte war Taran, der übers Wochenende ebenfalls nach Aleria fuhr, um unsere Eltern und Großeltern zu besuchen.
„Wer von deiner Familie wird eigentlich alles da sein?" fragte ich Gideon, der in seinen Handy Bildschirm versunken war. „Meine Mutter wird auf jeden Fall da sein und mein Vater und Bruder kommen wahrscheinlich auch mal vorbei. Vielleicht haben wir auch Besuch von Verwandten oder einer anderen Familie," überlegte Gideon vor sich hin.
Der Zug stand bereits im Bahnhof, weshalb wir nicht in der Kälte warten mussten.
Während der Fahrt in die Hauptstadt schauten Gideon und ich die ganze Zeit eine Serie. Allerdings schlief ich nach einiger Zeit auf seiner Schulter ein.
„Starla, wir sind gleich da," hörte ich eine Stimme aus der Ferne. Langsam öffnete ich meine Augen und sah ein vertrautes Paar grüner Augen, die in meine blickten. „Wir kommen gleich an," sagte Gideon. „Wie lange habe ich geschlafen?" fragte ich und blinzelte mir den Schlaf aus den Augen. „Vielleicht so ungefähr 5 Stunden," sagte Gideon und schaute dabei auf seine Uhr.
Am Bahnhof in Aleria wartete ein dunkelgrüner SUV bereits auf uns. „Hallo Marley," begrüßte Gideon den älteren Mann, der vor dem Auto auf uns wartete. „Guten Tag Gideon," begrüßte der Mann ihn und nickte mir freundlich zu.
„Eure Mutter erwartet euch schon," sagte Marley zu Gideon. „Und ist mein Vater auch zu Hause?" erkundigte sich Gideon bei Marley. „Euer Vater befindet sich noch gemeinsam mit eurem Bruder im Ausland auf einer Geschäftsreise aber sie werden morgen im Laufe des Tages kommen," berichtete Marley.
Die Restliche Fahrt über erzählte Gideon mir von Dingen, die wir unbedingt unternehmen mussten. Dank meinem Nickerchen war ich nun auch ausgeschlafen genug, um ihm aufmerksam zuzuhören und selber einige Vorschläge zu machen.
So einigten wir uns beispielsweise darauf, dass wir morgen nach Aleria in die Innenstadt fahren würden, um dort in irgendein Café zu gehen. Außerdem wollten wir die Serie noch fertig schauen, die wir vorhin angefangen hatten.
Der Hauptwohnsitz der Forchtensteins lag etwas außerhalb der Innenstadt und war ein großes, altes Haus. Allerdings war es bereits so dunkel, dass ich die Details nicht sehen konnte. Der Garten war von Tannen gesäumt, die große Schatten warfen.
In Aleria lag noch kein Schnee und das Wetter war ziemlich gemäßigt. Zudem war die Wahrscheinlichkeit ziemlich niedrig, dass es hier überhaupt schneien würde.
Marley öffnete uns die Autotüren und begleite uns zur Haustüre des Anwesens. „So weit ich informiert bin, werdet ihr im Speisesaal erwartet," sagte Marley zu Gideon.
Gideon zog mich daraufhin hinter sich her.
Der Speisesaal war wie eine kleinere Ausgabe von dem Speisesaal im Schloss meiner Großeltern. Abgesehen davon, dass die Farben im Schloss mehr in rot und gold gehalten waren und hier war alles in dunkelgrün und silber gehalten.
Eine hochgewachsene Frau mit Kastanienbraunem Haar begrüßte Gideon mit einer Umarmung und wandte sich dann mir zu. „Du musst Starla sein," sagte sie freundlich. Ich konnte gerade noch nicken und fand mich dann auch in einer distanzierten Umarmung wieder.
Während dem Abendessen redete hauptsächlich Monica, die Mutter von Gideon. „Und habt ihr schon etwas fürs Wochenende geplant?" fragte sie. „Ja, wir wollten nach Aleria aber genauere Pläne haben wir noch nicht," sagte Gideon. „Und Starla aus welcher Familie kommst du nochmal?" fragte Monica mich diesmal. „Ich komme aus einer Nebenlinie der Lightwoods," sagte ich und trank einen Schluck Wasser. „Dann hast du auch besonders mächtige Fähigkeiten?" erkundigte Monica sich bei mir und ich sah dabei die Neugierde in ihren Augen. „Ich kann nur das Licht ein bisschen beeinflussen. Wirklich nützlich ist diese Fähigkeit eigentlich nicht," sagte ich und zuckte mit den Schultern. „Besser, als meine Fähigkeit zu heilen," sagte Gideon und schaute mich ehrlich an. „Du kannst heilen?" fragte ich überrascht. „Ja, aber nur oberflächliche Verletzungen. Lebensbedrohliche Verletzungen kann ich im besten Fall soweit heilen, dass sie nicht mehr so schlimm sind," sagte er und legte sein Besteck auf seinem Teller ab. „Hast du dann auch schon einmal überlegt, so etwas wie Medizin zu studieren?" fragte ich ihn neugierig. „Ich habe gehört, dass sie Leute mit Talenten für Heilung bevorzugen." Ich konnte mir Gideon perfekt als Arzt vorstellen. Er strahlte diese Ruhe und die Gewissheit, dass alles gut werden würde aus. „Mein Sohn wird Wirtschaft studieren," mischte sich nun Monica in das Gespräch ein. „Das steht schon seit er ein kleiner Junge ist fest." Mit diesen Worten legte sie ihr Besteck auf ihrem Teller ab. Ich schaute Gideon abwartend an und hoffte schon, dass er etwas sagen würde allerdings ließ er nur resigniert den Kopf hängen.
Taran
Nach der Zugfahrt hatte Felix Kornelli bereits auf mich gewartet und mich zum Schloss gefahren. „Du bist der Sohn vom Kronprinzen oder?" fragte Felix auf dem Weg. Ich schaute ihn daraufhin fragend an. „Erwartest du von mir, dass ich irgend etwas bestätige oder verneine?" fragte ich. „Das kann ich wohl schlecht erwarten aber du siehst deinem Vater ziemlich ähnlich. Nur die blauen Augen sind von deiner Mutter," redete er weiter. „Du bist der jüngste Sohn von Graf Kornelli oder?" fragte ich ihn. Ein unsicherer Ausdruck kam in seine Augen, die ich von der Seite sah. „Ja. Ich bin der Jüngste," sagte er. „Und du bist gut im Kämpfen?" fragte ich ihn. „Ich bin bei weitem nicht der Beste," antwortete er während er in die Einfahrt des Schlosses fuhr. „Ich würde gerne heute Abend noch trainieren. Hast du da Zeit?" fragte ich ihn. Nachdem ich so lange im Zug saß und noch länger mit meinen Eltern und Großeltern sitzen würde, brauchte ich einen Ausgleich. Außerdem wollte ich Felix etwas besser kennen lernen. Schließlich hatte Aaran ihn alleine geschickt um mich ab zu holen was wiederum bedeutete, dass Aaran ihm vertraute. „Heute Abend könnte ich. Allerdings nicht so lang weil ich morgen Geburtstag habe und deshalb heute Abend noch nach Hause gehe," sagte er. Ich nickte verständnisvoll. Es würde nicht zu spät werden.
Felix hielt vor dem Haupteingang und ich stieg aus. Er wollte ebenfalls aussteigen und mir mit meinem Gepäck helfen. Allerdings erklärte ich ihm, dass ich bei dem bisschen Gepäck keine Hilfe benötigte.
In der Eingangshalle wartete mein Vater bereits und begrüßte mich mit einem Handschlag, der in einer Umarmung endete. „Alles gut in der Schule? Ich habe gehört, dass Starla dieses Wochenende bei den Forchtensteins zu Besuch ist," sagte mein Vater. „Ja bei mir ist alles gut. Schule läuft und Starla versteht sich ganz gut mit Gideon. So weit ich weiß ist er ganz in Ordnung aber ich mache nicht besonders viel mit ihm," erzählt ich während wir zu unserem Wohnbereich hier im Schloss liefen. Unsere privaten Räumlichkeiten wurden von einer Doppelflügeltür vom Offiziellen Bereich getrennt. Die beiden Wachen schenkten mir neugierige Blicke während mein Vater die Zahlenkombination in ein Feld neben der Türe eingab. Niemand außer der Königlichen Familie wusste den Code und niemand außer der Königlichen Familie hatte Zutritt zu den Räumlichkeiten. Einmal in der Woche durfte Reinigungspersonal rein gelassen werden. Diese wurden allerdings gut geprüft und das ganze wurde dann noch von Wachen überwacht.
Die Königlichen Wohngemächer streckten sich über zwei Etagen und gliederten sich in mehrere kleine Wohnungen. Allerdings gab es ein zentrales Wohnzimmer, in dem auch eine moderne Küche untergebracht war. Vom Wohnzimmer aus konnte man in die zweite Etage gelangen, die allerdings ausschließlich dem König und der Königin vorbehalten war. Ich war schon ab und zu dort, da es unseren Großeltern nichts ausmachte, wenn wir uns in ihrer privaten Bildersammlung oder der kleinen Bibliothek aufgehalten hatten. Jede der Wohnungen in der unteren Etage bestand aus zwei aneinandergrenzenden Zimmern und einem Badezimmer.
Ich trat in meine Räumlichkeiten ein und stellte meine Tasche auf dem Sofa ab, das mitten im Raum stand. Letzten Sommer hatte ich mir zusätzlich auch einen Minikühlschrank und einen Wasserkocher zugelegt, da ich keine Lust hatte, bei jedem Küchenbesuch irgendwelchen Familienmitgliedern zu begegnen. Ich mochte meine Familie wirklich aber nachdem Starla sich bereits einen Sommer zuvor ihren eigenen Kühlschrank in ihr Zimmer gestellt hatte und Morgana ständig meine Sachen gegessen hatte, war ich Starlas Beispiel gefolgt. Mittlerweile hatte jeder von uns seinen eigenen Kühlschrank und seitdem gab es wesentlich weniger Streitereien.
Ich verstaute meine mitgebrachten Kleider im Schrank und machte mich dann auf den Weg zum Abendessen.
Dies würde heute im kleinen Speisesaal stattfinden. Dafür musste ich aus unserem Wohnbereich und da ich so wenigen Leuten wie möglich begegnen wollte, umging ich die Eingangshalle. Nach mehreren Treppen und Gängen war ich endlich beim kleinen Speisesaal angekommen. Meine Eltern saßen bereits an dem gedeckten Tisch in der Mitte des Raums und unterhielten sich mit einigen Beratern, die heute anscheinend mit uns essen würden. „Darf ich euch unseren Sohn Taran vorstellen?" fragte mein Vater in die Runde, als er mich kommen sah. Ich lächelte freundlich und gab jedem der drei Anwesenden höflich meine Hand. In ihren Augen waren gewöhnliche Gefühle zu sehen. Sie waren alle neugierig darauf, mich kennen zu lernen. Zu meiner Beruhigung hatte niemand von ihnen negative Gefühle mir gegenüber.
Ich lächelte noch freundlicher, wenn das überhaupt möglich war, und setzte mich auf den freien Platz neben meiner Mutter. Als meine Großeltern den Raum betraten, standen alle respektvoll auf. Meine Großeltern begrüßten mich jeweils mit einer Umarmung „Es ist schön, dass du uns besuchst," sagte meine Oma herzlich. Mein Opa nickte zustimmend. Als sich meine Großeltern gesetzt hatten, setzten sich auch alle anderen anwesenden. Kurz danach begann auch schon das Essen und das Küchenpersonal brachte die Speisen. Da alle anderen in Anzügen da saßen, war ich froh, dass ich auf den Rat von meinem Vater gehört hatte und ein Hemd und eine Jeans angezogen hatte.
„Was für Noten hast du eigentlich so in der Schule Taran?" fragte einer der Berater mich neugierig. Ich räusperte mich kurz „Da ich erst seit ein paar Wochen in der Königsberg Akademie bin, habe ich dort noch keine Noten zurück bekommen," sagte ich. „Die Königsberg Akademie ist eine gute Schule, um die richtigen Kontakte zu bekommen," sagte der Berater nickend. „Waren Sie auch dort?" fragte ich interessiert. Der Berater schüttelte den Kopf „Nein, ich war auf der Sea Side Academy aber von der Königsberg Akademie hört man nur gutes," sagte er freundlich. Ich nickte und bevor ich etwas antworten konnte, mischte sich mein Großvater in das Gespräch ein:„Hast du dort schon Freunde gefunden?" erkundigte er sich.
„Am meisten mache ich mit Lorian aber natürlich stehen mir meine Geschwister immer noch ziemlich nah," sagte ich.
Bei der Erwähnung von Lorian tauschten alle besorgte Blicke aus. „Wir machen meistens die Hausaufgaben zusammen und essen häufig zusammen, da sich unsere Stundenpläne fast komplett überschneiden," fügte ich hinzu. „Es ist wichtig, diplomatische Beziehungen zu pflegen," sagte ein anderer Berater. „Meiner Meinung nach ist es allerdings noch wichtiger, echte Freundschaften zu schließen," sagte ich. „Und du hältst den Prinz von Iscariot für einen guten Freund?" fragte der Berater und ich sah die Zweifel in seinen Augen. Ich legte meinen Kopf schief „Ich denke, dass Freundschaften nie schaden, so lange man seine eigenen Werte nicht aus den Augen lässt." Er musste nicht wissen, dass ich Lorian wirklich für einen guten Freund hielt. Ich würde ihm keine Staatsgeheimnisse erzählen aber über den Unterricht reden konnte wirklich niemandem schaden.
„Obwohl seine Familie vermutlich den Auftrag gegeben hat, deinen Onkel zu töten, verbringst du freiwillig deine Zeit mit ihm?" fragte ein weiterer Berater ungläubig. „Ich denke, dass man Menschen nicht aufgrund ihrer Familien beurteilen darf. Meine Geschwister und ich sind mit einem anderen Namen bei der Schule angemeldet und wir alle haben schon Ablehnungen in den ersten paar Tage bekommen. Mir wurde von einem Mädchen aus einer Namenhaften Familie gesagt, dass mein Aussehen bei jemandem aus einer Nebenfamilie verschwendet ist. Es ist nicht so, dass irgendwer an der Königsberg Akademie gemobbt wird aber besonders die aus weniger einflussreicheren Familien merken, wer wirklich nett ist und wer bei offiziellen Veranstaltungen nur so tut." Ich schaute den Beratern und meiner Familie in die Augen. Meine Eltern zeigten Besorgnis und Mitgefühl. In den Augen meiner Großeltern waren ähnliche Gefühle zu sehen und in den Augen der Berater waren die Gefühle gemischt. Der eine schien ebenfalls ein Kind auf der Königsberg Akademie zu haben, da er ziemlich betroffen aussah und sich ebenfalls Besorgnis in seinen Augen spiegelte. Die anderen Beiden waren leicht besorgt allerdings nicht so persönlich getroffen.
„Verzeiht mir also wenn ich meine Freizeit lieber mit Leuten verbringe, die mich nicht abschätzig anschauen, weil ich nicht bedeutend genug bin," sagte ich in ruhigem Tonfall. „Aber gemobbt wirst du nicht?" fragte meine Mutter nach einer kurzen Pause. „Niemand mobbt jemanden, der mit einem Prinzen befreundet ist und einigermaßen gut aussieht," sagte ich mit etwas bitterem Unterton. Diese Gesellschaft war so oberflächlich, dass es fast schon lächerlich war.
„Wir sind schon am überlegen, wann wir euch der Welt vorstellen. Wenn du willst, können wir dies auch nach vorne verschieben," überlege meine Großmutter. „Warum?" fragte ich „So kann ich die Leute doch viel besser kennen lernen. Es mag mir vielleicht nicht immer gefallen aber immerhin ist es die Wahrheit."
Die Berater überlegten daraufhin mit meinen Eltern und Großeltern, wie man Diskriminierung stoppen konnte. Meiner Meinung nach konnte man dies nicht. Zu viele Menschen waren einfach zu verletzen, eingebildet oder überheblich, um aufzuhören, auf andere herab zu schauen.
Felix wartete im Trainingsbereich schon auf mich. „Also lass uns trainieren," sagte Felix grinsend. In seinen Augen war die Vorfreude auf den Kampf zu sehen. Er gehörte also zu der Sorte Mensch, die Freude am Kämpfen hatten. „Wir kämpfen ohne Fähigkeiten oder?" fragte ich „Ja ohne Fähigkeiten," stimmte Felix mir zu.
Er besiegte mich. Allerdings war dies auch zu erahnen, da er das Kämpfen hauptberuflich machte.
Ab und zu landete ich ein paar gute Treffer aber am Ende lag ich immer auf der Matte.
„Du hast Talent und die richtigen Reflexe aber du musst schneller werden," riet Felix mir am Ende.
Es war später geworden als beabsichtigt aber es hatte Spaß gemacht. Felix war ziemlich cool. „Wenn du willst kannst du morgen zum Kuchenessen vorbei kommen. Ein paar Freunde und Bekannten kommen vorbei und wir essen einfach Kuchen und trinken Café." Er erzählte davon, als wäre es die Party des Jahrhunderts. „Ist Café und Kuchen so dein Ding?" fragte ich ihn etwas kritisch. Felix lachte daraufhin nur „natürlich nicht aber das ist mittlerweile Tradition. Zu meinem fünfzehnten Geburtstag habe ich mir eine Party gewünscht und meine Mutter hat mir ein Café gemietet und zusätzlich zu meinen Freunden die halbe Familie eingeladen. Ich habe mich dann mit paar Freunden raus geschlichen und wir sind in den Club gegangen. Wir fanden das damals so witzig, dass ich seit dem jedes Mal an meinem Geburtstag in das Café gehen. Der Club danach ist mittlerweile nicht mehr heimlich sondern die offizielle Party mit allen die wollen. Wenn du willst kannst du auch nur zur Party danach aber natürlich nur wenn deine Eltern damit einverstanden sind," sagte er etwas unsicher. „Ich schau mal. Kannst du mir die Adresse von dem Café und dem Club schicken?" fragte ich.
Wir tauschten kurz Nummern aus und Felix schickte mir die Adressen.
Als ich bereits im Bett lag, fiel mir ein, dass ich mich morgen eigentlich auch noch mit Fox treffen wollte. Von daher schrieb ich Fox, um ihn zu fragen wann er morgen Zeit hatte.
Am Vormittag hatten meine Großeltern mir Training und Tanzstunden verordnet, weshalb ich da schon verplant war.
Nach ein paar Nachrichten hatten wir geklärt, dass wir uns um 23 Uhr vor dem Club treffen würden, da Fox davor noch zu einem Familienessen mit einer anderen Familie musste.
18.1.2021
19.6.2022
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