~ 12 ~
Taran
Für die Hausaufgaben war ich in die Bibliothek gegangen. Einerseits hatte ich die benötigten Informationen für den Tränke Kurs nicht im Internet gefunden und andererseits mochte ich den Neubau.
Ich war einmal in der alten Bibliothek und die alten Gemälde und noch älteren Bücher hatten ein gewisses Flair allerdings gefiel mir der Neubau mehr. Hier war alles heller und lichtdurchfluteter, was auf mich freundlicher wirkte. Außerdem waren auch alle Bücher, die für den Unterricht benötigt wurden, hier in der neuen Bibliothek. Der Nachteil daran war, dass hier auch deutlich mehr Schüler waren. Auf der Suche nach einem freien Platz ging ich ein Stockwerk nach oben.
Hier fand ich einen leeren Tisch, an den ich mich setzte und begann, meine Hausaufgaben zu machen.
„Ist hier noch frei?" fragte Zoey mich und deutete auf den Platz mir gegenüber. Kurz blieb ich an ihren vertrauensvollen, ruhigen Augen hängen, dann nickte ich. Sie lächelte kurz dankbar und setzte sich dann hin, breitete ihre Lernsachen aus und begann zu lernen.
Wir lernten beide nebeneinander her, wobei mein Blick ab und zu zu ihrem Gesicht schweifte. Auf der Nase und den Wangen hatte sie Sommersprossen und ihre braunen Augen wurden von dichten Wimpern umrahmt.
Zu spät merkte ich, dass sie ebenfalls ihren Blick gehoben hatte und mich fragend anschaute. „Ist was?" fragte sie mit einem fragendem Ausdruck in den Augen. Ich schüttelte nur den Kopf und deutete dann auf mein Heft „ich überlege nur," sagte ich. Zoey nickte daraufhin nur und widmete sich wieder ihrer Aufgabe.
Wieso fing sie kein Gespräch mit mir an? Die meisten anderen Mädchen hätten das gemacht. Ich versuchte, mich wieder auf meine Aufgaben zu fokussieren.
„Hey Zoey, dürfen wir uns zu dir setzen?" fragte ein Mädchen, das allen Anscheins nach in ihrer Klasse war. Hinter ihr stand noch ein weiteres Mädchen. Beide lächelten mich an und in ihren Augen sah ich die Neugierde und das Interesse.
Ohne Zoeys Antwort abzuwarten, setzten sie sich: „Du bist Taran stimmt's?" fragte die eine und wickelte dabei eine Haarsträhne um ihren Finger. „Ja. Seid ihr auch hier um zu lernen?" fragte ich und schaute sie mit hochgezogener Augenbraue fragend an. „Hat dir eigentlich schon einmal jemand gesagt, dass du ziemlich schöne Augen hast?" fragte die anderen und klimperte dabei mit den Wimpern, die aussahen, als hätte man zu viel von diesem Schwarzen Zeug drauf gemacht. „Danke. Ihr habt auch hübsche Augenfarben," sagte ich und lächelte freundlich.
Zoey packte unterdessen ihre Sachen zusammen. „Gehst du?" fragte ich. „Ich kann mich nicht konzentrieren wenn andere reden," sagte sie und stand auf. Ich schaute kurz auf meine Aufgaben „Ich muss das auch noch fertig machen. Wenn es euch also nichts ausmacht, würde ich mir auch eine ruhigere Ecke suchen," sagte ich zu den Zwei Mädchen. „Das ist wirklich schade Taran," sagte die eine, die ihre Hände nicht aus ihren Haaren nehmen konnte. Ich nickte ihnen noch einmal zum Abschied zu und folgte dann Zoey.
Als ich mich gegenüber von Zoey an den Tisch setzte, schaute sie mich fragend an. Daraufhin zog ich ebenfalls fragend eine Augenbraue hoch „darf ich nicht hier sitzen?" fragte ich. „Wieso bist du nicht bei Alice und Joyce geblieben?" fragte Zoey. In ihren Augen sah ich dabei nichts als Neugierde. Sie war weder wütend noch eifersüchtig sondern einfach nur an meiner Antwort interessiert.
„Ich muss meine Aufgaben machen und die beiden haben mich abgelenkt." Während ich das sagte musterte ich Zoeys Gesicht, wobei ihre Sonnengebräunte Haut und die Dunklen Augen einen hübschen Kontrast zu den blonden Haaren abgaben. „Und wieso hast du dich überhaupt zu mir gesetzt? Weil ich dir etwa leid tue?" fragte sie mit schief gelegtem Kopf. Daraufhin zog ich wieder fragend meine Augenbraue hoch. Allmählich begann ich mich zu fragen, ob Zoey wirklich meine Vergangenheit sehen konnte. „Wieso solltest du mir leid tun?" fragte ich und stützte meinen Kopf auf meiner Hand ab. Meine Aufgaben lagen mittlerweile vergessen vor mir. „ Mein Onkel ist der König von Iscariot trotzdem zähle ich für die meisten hier nicht zum Adel. Dazu meiden mich die Leute spätestens nachdem sie von meinen Fähigkeiten erfahren haben. Ich bin also weder beliebt, noch hübsch oder habe coole Fähigkeiten. Den meisten Leuten tue ich deshalb leid." In Zoeys Augen sah ich es verletzt funkeln. „Du hast die Fähigkeit, die Vergangenheit der Leute zu sehen. Das ist eine Fähigkeit, mit der du niemanden verletzen kannst und mit der du trotzdem sehr stark bist. Wenn die anderen dich nicht mögen, ist das ihr Problem." Ich schaute ihr beim reden in die Augen. Sie glaubte mir nicht. zumindest nicht komplett. „Das ist ja schön und gut aber wieso verbringst Du freiwillig Zeit mit mir?" fragte sie diesmal misstrauisch. „Weil du meine Vergangenheit kennst und mich weder verurteilst, noch mitleidig anschaust. Du bist die erste, bei der ich nicht das Gefühl habe, mich verstellen zu müssen. Deshalb verbringe ich gerne Zeit mit dir," sagte ich und zuckte leicht mit den Schultern. „Nur um eins klarzustellen: Ich bin nicht auf der Suche nach einem Freund. Ich bin stolz darauf, die Stufenbeste zu sein und damit das so bleibt, will ich keine Ablenkung haben." Diesmal schaute sie mir aufrichtig in die Augen. „Keine Sorge. Ich suche auch keine Beziehung. Nur eine Freundin, bei der ich ungestört meine Hausaufgaben machen kann." Ich grinste sie an.
Da mein Handy Passwort immer noch das Geburtsdatum von meiner Ex war, wäre es wirklich merkwürdig, direkt eine neue Freundin zu haben. Ich widmete mich wieder meinen Aufgaben, die vor mir lagen. Dabei fragte ich mich, wozu ich jemals einen Trank brauen sollte, der jemanden dazu veranlasste nur in Reimen zu reden. Der Trank war nicht schwer in einem der Bücher zu finden und nachdem ich ihn abgeschrieben hatte, machte ich noch meine Mathe Hausaufgaben. Die Sinnhaftigkeit war hierbei noch schwieriger zu finden aber immerhin verstand ich, was ich machen musste.
Das Klingeln von meinem Handy riss mich aus meinen Aufgaben. Als ich mein Handy aus meinem Rucksack holte, schaute Zoey von ihren Aufgaben auf. Auf dem Display sah ich die Nummer von meinem Vater. „Hey, was gibts?" fragte ich möglichst leise, um die anderen Schüler nicht zu stören. „Hallo Taran. Wie geht es dir? Läuft die Schule gut?" fragte er am anderen Ende der Leitung. Ich bedeutete Zoey mit einem Handzeichen, dass ich raus gehen würde. Sie nickte daraufhin nur und widmete sich wieder ihren Aufgaben.
„Mir gehts gut. Der Unterricht ist wie Unterricht eben so ist und abgesehen davon, dass manche denken, dass sie etwas besseres sind nur weil sie einen Adelstitel erben werden, ist es hier eigentlich ganz nice." Ich fasste irgendwie meinen Alltag zusammen. „Und bei euch so?" fragte ich, um ein unangenehmes Schweigen zu verhindern. „Deine Großeltern wollen, dass du so häufig wie möglich an den Wochenenden zu uns kommst. Sie wollen sicher stellen, dass du dich gut benehmen kannst. Du sollst Tanzstunden nehmen und sie wollen regelmäßig deinen Wissensstand und deine Kämpferischen Leistungen überprüfen." So wie mein Vater dies sagte, war klar, dass dieses Thema bereits für ziemlich viele Diskussionen geführt hatte. „Ich möchte dich nicht anders behandeln als Starla und Morgana aber du bist mein einziger und ältester Sohn und auf dir liegt ziemlich viel Verantwortung, wie du selbst wahrscheinlich am besten weißt. An sich erachte ich es ebenfalls für sinnvoll, dass du dich mit deinen Großeltern gut stellst und ihnen den Gefallen tust, Tanzstunden zu nehmen. Mir ist aber auch wichtig, dass du lernst, Entscheidungen zu treffen. Mehr als jeder andere musst du wissen, was dir wichtig ist und für was du dich einsetzen willst also ruf deine Großeltern ab und zu an und kläre mit ihnen, was es zu klären gibt." Mein Vater hatte diesen Vatertonfall, den alle Väter hatten, wenn ihnen etwas wichtig war. Ich nickte und merkte dann, dass er mich nicht sehen konnte. „Okay ich werde sie mal anrufen." Daraufhin entstand eine kurze Pause. „Und danke Dad." fügte ich noch hinzu. „Dafür, dass ich dir noch mehr Druck mache, als du eh schon hast?" fragte er trocken. „Danke dafür, dass du mein Vater bist." Mittlerweile hatte ich mich auf die Eingangstreppe gesetzt und beobachtete einen Vogel, der auf einem Baum vor mir saß. „Ich gebe nur mein bestes, damit du es nicht machst wie ich," sagte mein Vater. In meinem Alter hatte er Mom kennen gelernt, hatte sie kurz darauf geheiratet und als sie schwanger wurde, haben sie sich einem Umstyling unterzogen und waren umgezogen. Daraufhin hatten sie noch ihre Namen geändert und hatten ein neues Leben gestartet. Die ersten Jahre hatten sie so gut wie keinen Kontakt zu meinen Großeltern. Dies hat sich erst mit der Zeit geändert. „Ich habe gleich noch ein Meeting und muss deshalb auflegen aber wenn was ist, kannst du einfach anrufen." Ich verabschiedete mich noch von meinem Vater und ging dann wieder zurück in die Bibliothek.
Den restlichen Abend verbrachte ich dann in der Bibliothek und machte meine Aufgaben fertig.
Starla
Der Freitag begann mit Wirtschaft. Zum Glück hatte ich Wirtschaft gemeinsam mit Gideon. Denn geteilte Langeweile war nur halbe Langeweile. Es ging gerade um irgendwelche Aktien allerdings hörte mein Latein bereits nach dem Begriff DAX auf. Abgesehen davon, dass mich dass immer an ein Tier erinnerte wusste ich, dass es was mit Aktien zu tun hatte.
Naturwissenschaft hatten wir anschließend im Gewächshaus, was eigentlich ziemlich spannend war, allerdings hatte es heute Morgen wieder angefangen zu schneien und es war so kalt, dass ich nur mein Zähneklappern hören konnte. Umso glücklicher war ich, als die Lehrerin uns verkündete, dass wir ab nächster Woche, in einem der Naturwissenschaftsräume Unterricht hatten.
„Hallo Prinzessin," begrüßte Lorian mich, als ich mich in Literatur auf meinem Platz neben seinem niederließ. „Hallo Prinz oder wäre dir Monster lieber?" fragte ich und spielte dabei auf den Blog Eintrag von gestern an. „Ich kann nichts dafür, wie ich nun einmal bin und wenn ich ein Monster bin, ist das eben so," sagte Lorian. Ich schaute ihn fassungslos an.
War es ihm tatsächlich so egal, wie er bei anderen ankam? „Lorian und Starla, könnt ihr eure Privatgespräche bitte einstellen?" Wir wurden von der Stimme der Lehrerin unterbrochen, wodurch ich meine Aufmerksamkeit für die restliche Woche nach vorne richtete.
„trainieren wir morgen eigentlich wieder zusammen?" fragte Gideon mich als ich mich wie gewöhnlich zu ihm und seinen Freunden setzte. Im ersten Moment war ich verwirrt und wusste nicht, was er meinte. Dann fiel mir unser Schießtraining von letzter Woche wieder ein. „Wenn der Lehrer uns wieder die Türe aufschließen kann," antwortete ich nickend. „Habt ihr jetzt Waffentraining?" mischte sich Cindy ins Gespräch mit ein. „Ja und wir haben letzten Samstag zusammen in der Sporthalle trainiert," erzählte Gideon ihr. „Wenn ihr morgen wieder trainierte, wäre es dann okay, wenn ich mit trainiere?" fragte Cindy uns. „Also ich hätte nichts dagegen," sagte Gideon und schaute mich dabei fragend an.
Ich zuckte daraufhin nur mit den Schultern.
Cindy war mittlerweile eine meiner besten Freundinnen geworden. In der Vergangenheit hatte ich nie besonders viele Freunde, da meine Geschwister immer meine besten Freunde waren aber seit Taran beschlossen hatte, sich eigene Freunde zu suchen und Morgana auch neue Freunde gefunden hatte, dachte ich darüber nach, ob es vielleicht Schicksal oder etwas ähnliches war, dass ich Gideon, Cindy, Rebekka, Stella und sogar Gideons zwei Freunde, von denen ich mir nur Brandons Namen merken konnte, kennen gelernt hatte.
Ein paar Meter entfernt saß Morgana zusammen mit einigen Schülern, die in der Stufe über uns waren. Sie lachte gerade über etwas, das gerade jemand gesagt hatte.
Am anderen Ende des Raumes saß Taran gemeinsam mit Lorian. Normalerweise waren sie immer in der Gesellschaft von irgendwelchen Schülern, die hofften, Lorians Aufmerksamkeit zu erregen. Allerdings waren sie dieses Mal alleine und offensichtlich in ein Gespräch vertieft. Ich konnte nur hoffen, dass Taran nichts von unseren wirklichen Identitäten oder Verwandschaftsverhältnissen sagen würde.
„Starla?" wurde ich von einer Stimme aus den Gedanken gerissen. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf den Ursprung der Stimme. „Tut mir leid Stella aber ich habe gerade nicht zugehört," sagte ich und schaute sie entschuldigend an. „Ich habe dich gefragt, ob du nach Waffenkunst schon etwas vor hast?" fragte sie mich. „Nein wieso?" fragte ich sie. „Rebekka, Cindy und ich machen Freitags immer unsere Hausaufgaben zusammen und wir wollten dich fragen ob du Lust hast, dazu zu kommen?" fragte Stella mich.
In Waffenkunst schlossen wir endlich das Thema Pfeil und Bogen ab, wobei ich gerade so ein Ausreichend bekam.
Gegen Ende der Stunde begannen wir mit dem neuen Thema, dem Schwertkampf. Dies beherrschte ich um einiges besser, als den Umgang mit dem Bogen.
Allerdings beschlossen Gideon und ich trotzdem noch weiterhin samstags zu trainieren.
„Was genau läuft da zwischen dir und unserem Gideon eigentlich?" fragte Stella, als wir es uns in Rebekkas Raum gemütlich gemacht hatten. „Ich mag ihn," sagte ich und konnte mein Lächeln dabei nicht verbergen. „Magst du ihn oder ist da mehr?" fragte Rebekka mich und zwinkerte mir dabei zu. „Vermutlich ist da mehr aber ich kenne ihn noch nicht so lange," sagte ich schulterzuckend. „Gideon wäre tatsächlich eine gute Partie für dich," mischte sich nun auch Cindy ein. Ich schaute sie verwirrt an. Was meinte sie damit? „Du weißt schon, weil er der zweite Sohn von Laurence Forchtenstein ist und du nur aus einer Nebenlinie der Lightwoods kommst. Gideon wird später in das Familienunternehmen einsteigen, weshalb er einmal genug Geld für eine Familie verdienen wird." Cindy schaute mich an, als wäre ich ziemlich dumm, dass ich noch nicht an so etwas gedacht hatte und tatsächlich hatte ich auch noch nicht daran gedacht.
Dank unseren Eltern sind meine Geschwister und ich fernab von den Familien und ihren Zweckehen aufgewachsen. Meine Mutter hatte mir schon früh beigebracht, dass ich denjenigen heiraten sollte, den ich liebte. Unsere Eltern hatten uns nach dem Tod von Onkel Philipp nur vorgeschrieben, dass einer von uns drei Geschwistern einmal heiraten und Kinder bekommen muss, da so die Thronfolge gesichert war.
Natürlich würde Taran als ältester den Thron erben aber nach ihm würde ich beziehungsweise meine Kinder und danach Morgana bzw. Ihre Kinder den Thron bekommen.
„Du hast recht Cindy. Das hatte ich fast vergessen." Ich lächelte Cindy höflich an und widmete mich dann wieder meinen Hausaufgaben. Wegen dem ganzen Schulstress in den letzten Tagen hatte ich fast vergessen, dass diese Schule neben einer exzellenten Bildung auch dazu diente, dass sich die junge Generation kennen lernte und, dass wen möglich auch Freundschaften entstanden, die in Zukunft zu Ehen wurden.
Unsere Eltern hatten uns in erster Linie hier her geschickt, damit wir eine möglichst normale Schulzeit haben konnten und nicht, damit wir eine Vorteilhafte Ehe schließen konnten.
„Und was läuft da eigentlich zwischen dir und Brandon Stella?" fragte ich sie nach einer Weile, in der wir still nebeneinander unsere Hausaufgaben gemacht hatten. „Was soll mit Brandon und mir sein?" fragte Stella und lief dabei rot an. „Selbst ein Blinder sieht, dass er dich mag und du scheinst ihm auch nicht abgeneigt zu sein," sagte ich schulterzuckend. „Selbst wenn ich ihn mögen würde, würden meine Eltern keine Beziehung mit ihm erlauben," sagte sie und ich konnte die Trauer in ihren Augen sehen. „Du kannst ja trotzdem mit ihm zum Winterball gehen. Dann musst du immerhin nicht mit Andrew gehen," meinte ich daraufhin nur und lächelte sie aufmunternd an.
Mir waren Titel zwar nicht wichtig aber ich verstand, dass dies nicht für alle hier galt. Deshalb beließ ich es hierbei. Letztendlich war es Stellas Entscheidung, mit wem sie zum Ball ging.
15.1.2021
24.5.2022
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro