Kapitel 45 - Utek
„Ich verstehe nicht! Kelzo ist verschwunden?"
Utek rieb sich über sein schwitzendes Gesicht.
Der Soldat vor ihm zitterte ein wenig, aber er nickte.
„Und der Prinz ist wieder aufgetaucht?"
Wieder nickte der Soldat.
„Meine Güte! Lass dir nicht alles aus den Rippen schneiden, sondern berichte mir, was es alles auf sich hat!"
Der Soldat schmiss sich zu Boden und bepisste sich vor Angst. Wahrscheinlich war er deswegen ausgesucht worden, Utek die Nachricht zu überbringen, weil er ersetzbar war. Utek überlegte, ob er ihn nicht persönlich umbrachte, wenn dieser Kerl nicht endlich sein Maul aufmachte.
„Der Nimrod ist der Prinz. Er hat die zwei Fremde mitgebracht und das ganze Volk ist in heller Aufregung. Es freut sich, weil der Prinz schon einige Veränderungen bewirkt hat und es dem Volk besser geht, als unter der Zauberin. So wie es aussieht, haben Kelzo und seine Männer die Seiten gewechselt. Kelzo ist verschwunden, aber die Fremde, die wochenlang verschwunden war, tauchte wieder auf. Keiner weiß, wo er ist. Es geht sogar das Gerücht um, dass er in die Anderswelt gegangen ist, um die Fremde wieder zu holen, damit sich die richtige Prophezeiung erfüllt. Eure Schwester wusste offenbar von der richtigen Prophezeiung, denn die Fremde wird als des Prinzen Braut angesehen, obwohl davon noch nichts offiziell durchgedrungen ist!"
Utek atmete ein paarmal tief ein und aus. Er schloss die Augen und rieb sich die Nasenwurzel.
Das durfte alles nicht wahr sein.
Seine Schwester wusste von der richtigen Prophezeiung? Sie hatte nie etwas angedeutet. Aber jetzt fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
Asiri war noch nie für ihn gewesen. Immer hatte sie versucht ihn zu hintergehen, doch er hatte immer wieder irgendein Druckmittel gefunden, um sie ruhig zu halten. Und wen hatte er immer damit beauftragt, sie zur Vernunft zu bringen?
Kelzo!
Natürlich hatte er Kelzo damit beauftragt. Wen denn auch sonst? Dieser Nachtelf war sein Vertrauter gewesen. Die Betonung lag auf dem Wort war!
Utek hätte nie im Leben geglaubt, dass Kelzo ihn so hintergehen würde. Schließlich hatte er ihn regelmäßig bezahlt. Nur deswegen hatte er sich mit den Nachtelfen eingelassen! Sie waren zu denjenigen loyal, der sie bezahlte.
Utek fragte sich, wie viel der Nimrod bezahlt hatte, damit die Nachtelfen nun ihm gehorchten.
So wie er die Verräter einschätzte, musste jede Menge Geld geflossen sein! Freiwillig würden sie es nie machen!
Er schmiss einen Becher gegen die Wand, der in tausende Teile zersprang. Dann trat er den Soldat in die Seite.
„Verdammter Mist! Weißt du, was das für mich bedeutet?"
Der Soldat lag mittlerweile auf der Seite und wimmerte leise vor sich hin. Utek schnaubte angewidert.
„Verschwinde! Ich will dich nicht mehr sehen!"
So schnell er konnte verschwand der Kerl aus dem Raum und ließ Utek alleine.
Der lief unruhig hin und her.
Er hätte es kommen sehen sollen! Die Anzeichen waren da! Es hatte schon kleine Aufstände gegeben. Das Volk hatte sich gegen ihn aufgelehnt. Verdammt, er hatte alles ignoriert, weil er sich so sicher war. Außerdem hatte er immer alle hart bestraft. Das es immer mehr wurden, war ihm entgangen.
Gut, dass Nimrod der Prinz war, damit hatte er nicht gerechnet. Und das er die Fremden nun hatte, wer hätte das schon ahnen können?
Verzweifelt schlug er die Faust auf den Tisch.
Er war nun alleine!
Auf seine Schwester konnte er nicht rechnen. Sie hatte schon immer gegen ihn gespielt. Auch das hatte er gewusst, es aber nie ernst genommen.
Es musste sich etwas ändern.
Er brüllte nach seinen Beratern.
Es waren nicht mehr so viele wie er eigentlich in Erinnerung gehabt hatte.
Die verdammten Männer waren wohl nach und nach abgesprungen.
Er war so blind gewesen!
Als endlich fünf Männer vor ihm standen, stützte er sich mit beiden Händen auf der Tischplatte ab.
„Ihr habt gehört, dass die richtige Prophezeiung aufgetaucht ist und der Prinz sich zu erkennen gegeben hat?"
Vier von den fünf Männern senkten den Kopf. Nur einer sah ihm fest ins Gesicht. Utek konnte sich nicht erinnern, dass er jemals etwas mit ihm zu tun gehabt hatte. Doch er schien Mumm zu haben.
Er nickte ihm zu.
„Du! Bleib! Der Rest kann sich verpissen!"
Als sie alle draußen waren, kreuzte Utek seine Arme vor der Brust.
„Wer bist du?"
Der Kerl grinste ihn höhnisch an.
Ein wenig erinnerte er Utek an Kelzo. An den früheren Kelzo, der noch uneingeschränkt seinen Befehlen gehorcht hatte.
„Mein Name ist Londar! Ich wurde von den Waldelfen ausgestoßen!"
Nun grinste Utek.
Ein Waldelf!
Das war ja interessant.
„Gut, Londar! Dann sag mir doch, wie ich diese Scheißsituation noch retten kann!"
Aleada lag auf dem Bett und schlief, während Lasander persönlich über ihren Schlaf wachte.
Er war erschrocken, als sie plötzlich im Thronsaal aufgetaucht war. Wie schon beim ersten Mal war sie mit geschlossenen Augen auf dem Boden gesessen und hatte leise gewimmert.
Er hatte sie in seine Arme genommen und beruhigend auf sie eingeredet.
Es war ihr wieder schwindelig gewesen und er hatte sie in sein Gemach gebracht. Dort hatte sie ihm nur kurz erklärt, dass der Ring, den sie am Finger trug unter keinen Umständen abnehmen durfte.
Das war neu für ihn gewesen, aber er hatte nicht weiter nachgefragt.
Dann war sie eingeschlafen.
Lange hatte er sie betrachtet. Sie schlief mittlerweile schon einen ganzen Tag. Das war ihm nicht neu. Dennoch war irgendetwas anders. Er konnte nur nicht sagen, was es war.
Sie war dieses Mal mit Kleidung angekommen, die dieser Welt hier entsprach. Aber das konnte Kelzo veranlasst haben. Der Ring war auch anders, aber das störte ihn nicht.
Nein, es war etwas anderes.
Sie schien realer zu sein, als noch beim ersten Mal.
Selbst bei Ramnor konnte man immer noch erkennen, dass er eine Verbindung zur Anderswelt hatte.
Das war bei Aleada nun nicht mehr.
Als sie beim letzten Mal geschlafen hatte, erzählte ihm Kulara und Kasek, dass sie im Schlaf gesprochen hatte, als ob sie sich mit jemand unterhielt. Bei Ramnor war das immer noch so und er hatte auch schon zugegeben, dass er manchmal Stimmen hörte, die mit ihm sprachen. In den letzten Wochen war es Aleada gewesen.
Doch nun schlief sie ruhig.
Es war ihm allerdings egal.
Sie war wieder hier!
Es klopfte leise und nach einer Weile streckte Ramnor den Kopf hinein.
„Ist sie schon wach?"
Lasander legte seinen Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf.
Ramnor setzte sich auf einen Stuhl und betrachtete Aleada.
„Ich habe mich noch einmal mit der Schrift über den Zauberer beschäftigt. Du sagtest, dass sie einen Ring erwähnte. Ich weiß nun, was anders ist!"
Lasander hob fragend den Kopf.
„Anders als bei dir?"
Ramnor nickte.
„Ja. Ich bin nur mit meiner Seele hier. Deswegen höre ich die Stimmen. Es sind die Leute, die über mich wachen und mit mir sprechen. Aber Astrid...nun...sie ist wirklich hier!"
Lasander verdrehte genervt die Augen.
„Das ist mir schon klar! Ich sehe sie, musst du wissen!"
Ramnor nahm ein Tuch vom Tisch und schmiss es Lasander an den Kopf. Dieser grinste.
„Du solltest etwas mehr Respekt vor dem zukünftigen König haben!"
Ramnor zuckte mit den Schultern.
„Hatte ich das schon jemals? Nein! Willst du nun hören, was ich zu sagen habe?"
Lasander nickte. Selbstverständlich wollte er das.
„Dieser Ring! Er ist die Verbindung. Ich weiß nicht, warum es bei Kelzo nicht funktioniert, aber bei ihr ist das wohl so. Wenn sie ihn abzieht, dann wird sie automatisch zurück in unsere Welt geschleudert. Kelzo hat nicht herausgefunden, warum das so ist. Er weiß es einfach nur. Wir können nur hoffen, dass Heron den Zauberer bald findet und uns eine Lösung bieten kann! Bis dahin muss man aufpassen, dass sie den Ring nicht verliert."
Lasander schnaubte.
„Jetzt bin ich genauso schlau wie vorher! Ich habe schon verstanden, dass sie den Ring nicht verlieren darf! Dennoch würde ich auch gerne wissen, warum es bei Kelzo nicht funktioniert. Er ist noch in der Anderswelt, oder?"
Ramnor nickte.
„Er redet andauernd mit mir! So langsam geht es mir auf die Nerven. Er schärft mir immer ein, dass wir den Waldelf losschicken sollen! Verdammt! Heron ist schon lange weg!"
Lasander grinste, als Ramnor wieder die Augen verdrehte.
„Da! Schon wieder! Er scheint sich in der Anderswelt nicht unbedingt wohl zu fühlen und nervt die Wächter. Ich habe keine Ahnung, wer das sein soll, aber auch sie sprechen mit mir!"
„Mikael und Greta!", hörten sie Aleadas leise Stimme. Lasander sprang auf und kniete vor ihrem Bett.
„Du bist wach!"
Aleada setzte sich vorsichtig auf.
„Noch nicht ganz. Himmel, mir ist, als ob ich ein Schleudertrauma gehabt hätte! Wie lange bin ich wieder hier?"
Auch Ramnor trat an ihr Bett.
„Etwas länger als einen Tag! Was ist geschehen?"
Lasander half ihr, sich vorsichtig an die Wand zu lehnen.
„Ich habe keine Ahnung. Wirklich nicht! Kelzo zog mir den Ring über und ich war hier! Es ist anders als beim letzten Mal! Ich bin so erschöpft!"
In dem Moment klopfte es wieder an die Tür.
Farani kam herein gestürmt und sah kurz auf Aleada.
„Sie ist wach? Das ist sehr gut! Utek sammelt Truppen um sich. Es sieht böse aus. Es ist kein Geheimnis mehr. Utek will euch stürzen, Hoheit! Und er weiß von Aleada und Ramnor!"
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro