Kapitel 60
Wieder war er da.
Wieder an diesem weiten Ort mit dem wogenden Grün das am Horizont das azurblau küsste.
Das Rauschen der aneinander reibenden Gräser im Wind, Zikaden zu tausenden, wie Glöckchen sangen sie und erfüllen die Luft, welche von der Sonne erwärmt, zart auf seine Züge traf.
Wieder war er ein junge, gerade fünfzehn geworden, unterwegs mit seinem Volk in die nächste Stadt.
Die Wagen rumpelten den trockenen Pfad entlang und das Geklimper, der Hufen wie Gegenstände, mischte sich mit den Tönen der Landschaft.
Der Tag war heiß und lang gewesen, auch er war bereits müde, doch sie würden erst rasten, wenn es nicht anders ging, oder ihr Ziel erreicht war.
Plötzlich erkannte er die kleine Welle der Unruhe, die sich durch die Karawane zog und es dauerte nicht lang, da bockte auch Zoe.
Das schneeweiße Maultier legte die Ohren an und stemmte die zierlichen Hufen in die Erde.
"Hey! Zoe...", beruhigt er und fuhr verständnisvoll durch das kurze Fell an der Stirn.
Er war das Schlusslicht der Reisenden.
"Wow!", raunt eine Mädchenstimme plötzlich, nicht weit entfernt.
Erst jetzt erkannte er die Ursache für die Weigerung seines Tieres.
Ein kleines Mädchen hatte das Gras zu Seite gebogen und lugte aus dem Meer an grün, der Kolone hinterher.
"Hast du das gesehen?", fragte sie, die Stimme scheinbar an einen verborgenen Begleiter gerichtet.
"Hallo," machte sich Kito nach einem kurzen Moment bemerkbar.
Das fremde Kind, bestimmt drei oder vier Jahre jünger als er, wand den Kopf mit dem dunklen , grasfarbenen Haar, welches sie ungemein tarnte, in seine Richtung.
Das Tannengrün ihrer Iris traf auf das leuchtende Ozenanblau in seinen Augen.
"Hallo?", begann sie erfreut.
Weder Angst noch Zurückhaltung waren zu erkennen, eher eine unbändige Neugierde, die ihre Züge überstrahlte.
"Was ist das", ihre dreckigen, aufgerissenen Finger deuteten auf Zoe.
"Das!?", stellte er die verwunderte Gegenfrage und begriff im ersten Moment nicht, was sie meinte. "Ach! Das ist Zoe, meine Freundin, ein Maultier.", lächelte er, wobei seine Augen sich freundlich verengten.
Das Kind kämpfte sich auf den Weg, erst jetzt in voller Pracht konnte er erkennen, wie abgemagert und zerlumpt sie war, wobei ihr Haare verwildert wie das Feld selber wirkten.
Eine Welle des Mitleids erfasste ihn.
Ohne Vorwarnung griff sie nach dem Tier.
Zoe war es gewohnt, das Menschen sie anfassten, die Kreuzung aus Pferd und Esel rührte sich nicht, war wie erstarrt, die Augen noch immer weit aufgerissen an die Stelle, wo kurz zuvor die Fremde gesessen hatte.
"Malik schau, wie unsere Ziegen, nur ohne Hörner!", quietschte sie mit vor Staunen weit aufgerissenen Augen.
Bei genauem hinsehen erkannte er die feuchte Nase, welche sich schnüffelnd ein Bild zu machen schien.
"Los,... ", setzte sie an, doch plötzlich zögerte das Kind und die fragenden Augen blickten zu Kito empor, dessen Lippen immer noch sanft lächelten.
"Na, Steppenkind", begann er. "Habt ihr euch verlaufen?", fragte er sorgenvoll, den er wusste das, das Steppenvolk um diese Zeit weit im Norden Kampierte.
Sie schüttelte ihren Kopf, mit voller Kraft, doch so im Licht wirkte sie jedoch Müde.
"Magst du was Trinken?" Dabei zog er die Wasserflasche hervor.
Plötzlicher Glanz und Freude trat in sein Gegenüber, als sie nach der Flasche griff und gierig trank. Einen Moment später tapste sie zu dem immer noch versteckten Tier und hielt auch ihm Wasser in der Hand entgegen.
Erst jetzt folgte der schwarzen Nase ein wuchtiger Kopf mit großen Kiefern und wachen Augen. "Eine Tropfenhyäne", sagte er verständnisvoll. Angst vor solchen Raubtieren kannte er nicht.
Das Tier sah nicht so aus, als wolle es jemanden töten und auf seinen Reisen hatte er schon gefährlichere Wesen gesehen.
Auch Balduin, der mit ihnen reiste, hatte Raubtiere.
Die Zunge streckte sich freudig nach dem Nass und ein heiteres Gelächter erklang, was das Muli verwirrte und die Ohren zucken ließ.
"Malik also! Und was macht ihr hier so ganz allein?" Er wusste bereits das sie verstoßen sein musste, die Hyänen waren keine Freunde des Steppenvolks, im Gegenteil, die Menschen hatten große Angst vor ihnen und hielten sich so fern wie Möglich.
Kito hatte sie gesehen, als er noch klein war.
Damals wollte sein Volk auch dort Rasten, aber das Steppenvolk wollte keine Fremden.
Sie waren freundlich, aber nicht länger als nötig und Münzen hatten sie auch keine.
Das Kind zuckte mit den Schultern, das Wasser schien ihr neues Leben gegeben zu haben.
"Wir machen was uns gefällt!", gab sie spöttisch zurück und hielt ihm die Flasche entgegen.
Ihm gefiel ihre Stärke.
Sie war vielleicht gerade zwölf Sommer und doch alleine mir einem riesigen Raubtier unterwegs. "Wollt ihr was Essen?", bot er ohne scheu an.
Sie Nickte und wieder strahlten die runden,leuchtend grünen Augen.
"Kommt, wir holen uns was" Er zog Zoe voran und diese versuchte mit einem gehörigen Bogen um Malik zu gehorchen.
Seine geübten Füße rannten den Pfad entlang, seiner Karawane hinterher, als er plötzlich bemerkte das sie im nicht folgte.
Ein Blick über seine Schulter bestätigte das.
"Was ist los?", rief er, schon ein gutes Stück entfernt.
Sie hatte eine Hand in dem Fell der Hyäne vergraben und streichelte ihren Freud sanft.
"Ich bleibe lieber bei Malik!", rief sie dann laut, doch in ihrer Stimme schwang Bedauern mit. Wieder musste Kito lächeln.
Sie würde lieber verhungern als ihren Freund zurückzulassen.
"Malik kann auch mit!", beruhigt er dann und machte eine anfordernde Handbewegung.
"Mein Volk hat keine Angst vor Hyänen, los kommt ihr Beiden!"
Ihre aufgesprungenen Lippen verzogen sich voller Hoffnung, zu einem ehrlichen Lachen und nach einem kurzen zögern rannten ihre nackten Füße über den Staub und wirbelten kleine Wolken empor. Mit einem Satz sprang auch die Hyäne aus dem Gras und folgte aufgeregt.
Kito wartete bis die Beiden nahe genug waren, bevor er weiter lief.
"Wie heißt Du eigentlich?", fragte er im Rennen, als ihm klar wurde das sie noch keinen Namen genannt hatte. "Mein Name ist Lethia!", rief sie und schon jetzt begriff er, das sich dieser Name in sein Gedächtnis brennen würde.
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