Kapitel 25
Ein quälender Schmerz mischte sich in den Schlaf und wurde unerträglich.
Er brannte wie Feuer, welches angefacht von Wind eine unbändige Hitze erzeugte, die ihre Eingeweide zu schmelzen schien.
Sie wollte schreien, aufwachen, doch aus ihrem Mund kam nicht ein Ton und ihr Körper war unfähig sich zu bewegen.
Wie eine Gefangene der Hölle musste sie das Leid ertragen, ohne sich erwehren zu können, ohne aufzuwachen.
Ab und an schien es, dass sie an den Rand des Bewusstseins trieb und Bilder, von Dorfoma, welche ihr einen Lappen auf die Stirn legte, oder das sorgenvolle Gesicht ihrer Mutter, mischten sich mit der Schwärze der Schmerzen.Sie musste eine ganze Weile so verbracht haben, als sie es endlich schaffte ihre schweren Lieder zu öffnen, ohne von einem stechenden Schmerz wieder in die Dunkelheit gedrängt zu werden.
Sie war benommen und schaute sich fragend um.
Ihre Mutter saß, wie so viele Male zuvor auf den Knien, der Regen rauschte auf dem Zeltdach und die Frau fing das Wasser, welches in einem kleinen Bach an der Zeltwand herunterlief.
"Mama?", presste sie heiser aus ihrer trockenen Kehle hervor.
Die Frau drehte sich um.
Als Lethia das Gesicht ihrer Mutter erblickte, lächelte sie in ihrer kindlichen naiven Art, obwohl noch immer ein ein Rest das brennenden Schmerzes, in ihrem Unterleib wütete.
Die Frau beschäftigte sich wieder ungerührt mit ihrer Arbeit, als dem Kind einfiel, was zuvor geschehen war.
Der Geruch von getrocknetem Blut stieg ihr in die Nase.
Ein Blick auf ihr Schlaflager offenbarte ein Schlachtfeld, sowohl das Bett wie auch sie selbst waren überzogen mit Blut.
"Mama, was ist passiert?", fragte sie verwirrt, aber in der Annahme, dass es mit ihrer Weiblichkeit zu tun haben müsse.
Als keine Antwort kam, setzte das Kind erneut an. "... wann feiern wir? Ist es noch lange bis zum Fest?", fragte sie besorgt, es könne noch ewig dauern.
"Es gibt kein Fest!", gab ihre Mutter in einem Ton von sich, der keine Widerrede duldete.
Das Kind war entsetzt, Tränen drängten in ihre vom Schock geweiteten Augen.
"Los, steh auf und wasch dich! Dein Lager muss auch geschrubbt werden."
Das junge Kinderherz krampfte sich zusammen, so als wolle es zerbrechen, so als wolle es die Welt um sie herum zerstören.
Panisch kämpfte sich das Kind auf, eine Hand fest um den schmerzenden Bauch, auf den Knien zu ihrer Mutter kriechend.
Als sie sie erreichte, vergrub sie die andere Hand, ebenfalls voller Blut, in der frischen Kleidung der Frau.
Ihre Finger verkrampften sich um den Stoff, als ihre Mutter sich umdrehte und ihr angewidert in die Augen schaute.
"Ma, das kannst du nicht machen, bitte! Ich will aber feiern, ich will auch eine Frau werden!", flehte sie, bis dato hatte sie es noch nie gewagt, sich ihrer Mutter zu widersetzen.
Das Gesicht der Frau wurde wütend und sie holte zu einer kräftigen Ohrfeige aus.
"Wie kannst du es wagen!? Du wirst nie eine reine Shahabiku werden, begreife das endlich und nun kannst du deine verkrüppelten Gene nicht weiter vererben!", mit diesen Worten riss sie die Kinderhand aus dem Stoff und wandte sich wieder der Schale zu, während Lethia ihre Wange hielt, zitternd vor Schock auf dem Boden erstarrend.Endlos viele Gefühle stürzten über ihr zusammen, bis sich Leere einstellte.
Sie war sich immer sicher gewesen, dass dies ihr zu Hause war, dass sie an diesen Ort gehörte, gleich was die Nachbarn und Kinder um sie herum sagten.
War es nicht ihre Mutter, die sie zur Welt gebracht hatte, die sie kleidete und ihr Essen gab, musste sie nicht, wenn auch als Einzige im Dorf, sie lieben?
Bebend erhob sie sich Richtung Tür, was die Frau zu einem misstrauischen Blick veranlasste.
Als sie zitternd ins Freie trat, hinterließen die Tropfen des Regens kleine Spuren auf ihrem Gesicht. Spuren, die wie Rinnsale durch das Blut verliefen.
Zusammen mit dem Wasser vermischte sich auch das Salz ihrer Tränen.
Lethias Körper begann wie von selbst zu laufen, wurde immer schneller so als wolle er den Horizont erreichen, hinaus in die offene Steppe, weit weg von diesem Dorf, weg von zu Hause. Ohne sich dem bewusst zu sein rannte sie wild drauf los, einfach weg.Irgendwann tauchte der Kopf der Hyäne im Dunkel des Regens vor ihr auf, er musste schon eine geraume Zeit auf sie gewartet haben, wahrscheinlich Tage.
Freudig sprang er aus dem Bau empor, nur um im nächsten Augenblick zu erstarren, so als würde er verstehen.
Plötzlich stolperte das Kind in den Matsch und blieb weinend auf den aufgerissenen Knien sitzen. Die Hände in ihrem Gesicht vergraben, bebte ihr Körper unaufhörlich. Malik kam sanft näher, bot tröstend seinen massigen Kopf dar.
Lethia umfasste ihren Freund, der Einzige, der sie nicht verstieß, der sie nahm wie sie war und sie von ganzem Herzen liebte. Er würde sie nie verraten.
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