Kapitel 23
Der Wind peitschte das hohe Gras, es wirkte wie eine wütende, grüne Gischt, wild um die drei Gefährten herum."Bäh, dieser Regen! Ich bin Nass bis auf die Knochen.", fauchte Su-Su angewidert. Neel kicherte und klopfte gegen den Schädel. "Su-Su, du machst dich lächerlich du BIST doch ein Knochen!" "Das tut nichts zur Sache! Regen ist abscheulich!", schimpfte der Totenschädel weiter.Ja, der Regen war wirklich lästig, doch in der weiten Steppe gab es keine Möglichkeit sich unter zustellen.
Sie wanderten durch die Landschaft, Neel verzichtete noch darauf, auf Malik zu reiten, bis die Pfeilwunde gänzlich verheilt war.
Die Welt war in graues Zwielicht getaucht, das Sumpfland lag weit hinter ihnen, schon seit einer Woche reisten sie gen Norden.
Das Gewitter hatte sie in der Nacht überrascht, seitdem kämpften sie sich durch das wild, wogende Grün, auf der Suche nach einem Unterschlupf.
Das grelle Zucken eines Lichtblitzes offenbarte den mageren Umriss eines kranken Baumes, welcher völlig einsam in der Steppe thronte, als Lethia diesen Ort plötzlich wiedererkannte.
"Malik schau!" Sie deutete durch das Finster der Nacht auf das zerfallende Holz.
Sofort zog sie das Tempo an und rannte auf den Baum zu.
Einige Meter vor dem Ungetüm konnte man allmählich die kleinen, sanften Hügel erkennen, die sich wie Wellen im sonst gleich bleibenden Horizont anmuteten.
Die schwarze Silhouette der Frau, nur zwei Ellen vor ihren Gefährten, wurde noch einmal von einem kurzen Hell erfasst, als sie gänzlich verschwand.Neel erschrak, doch noch bevor sich das Kind groß fragen konnte, was passiert war, ertönte Lethias muntere Stimme zu ihren Füßen. "Hier unten, schnell." Der Erdhügel hatte einen geräumigen Eingang, gut versteckt unter dem hohen Gras.
Der Bau war geräumig und trocken und auch Malik streckte seinen Kopf in die Kuhle.
Das Raubtier passte gerade so durch das Loch und füllte den Rest des Raumes weitläufig aus.
"Hm, du bist größer geworden.", klagte die junge Frau, eng an die Wand gedrückt und suchte im konturlosen Schwarz nach der Decke, welche nicht minder von Wasser getränkt war.
Der Begleiter mit dem Fell schüttelte sich heftig, das Wasser benetzte den ganzen Raum.
"Ihh, Malik", schimpfte Lethia und zog das Kind zu sich.
"Magst du hören, wie ich Malik gefunden habe?", fragte sie, während sie vergebens versuchte Neels nasse Haare etwas zu trocknen.Neel war neugierig sie wollte mehr über ihre Gefährten erfahren.
Sie wusste doch so gut wie nichts über die Beiden. "Ja, erzähl es mir bitte!", begeisterte sich das kleine Mädchen.
"Mir ist das egal, macht mich nur trocken!", schnauzte Su-Su. Lethia nahm die Decke und legte sie gekonnt so über das Kind, so das der Tierschädel völlig verdeckt war, bevor sie zu erzählen begann."Malik war damals noch ein so kleiner Welpe" Sie unterstützte ihre Worte mit Gesten, welche jedoch durch das fehlende Licht ungesehen blieben.
"Und ich selber auch noch ein Kind", kicherte sie.
"Den Bau hier haben wir damals gemeinsam ausgegraben.", in Lethias Stimme schwang Begeisterung mit, während sie in ihren Erinnerungen versank.
"Es war schön warm an dem Tag, das weiß ich, weil ich Mama Schleesäulenblüten sammeln wollte.
Das Zeug wächst nur kurz und nur bei Hitze gehen die Blüten auf.
Ich war außerhalb der Zone unterwegs, logisch, weil die Ziegen sonst ja eh alle Pflanzen gefressen hätten.", betonte sie als wenn Neel wissen müsste, dass ihr Volk immer umgeben von Ziegen war. "Auf meiner Suche fand ich hier in der Nähe einen toten Dämon."
Dabei betonte sie das letzte Wort unnatürlich, so als missfiele ihr dies.
"Als Dämon bezeichnet mein Volk die Hyänen.
Sie folgen uns und mit Opfergaben halten wir sie von den heiligen Ziegen fern.
Aber das Tier war tot.
Damals hatte ich noch keinen Dämon aus der Nähe gesehen, niemand aus dem Dorf traute sich nahe an die Tiere, ob tot oder lebendig."
Sie lächelte ungesehen, bei der Erinnerung daran, wie sie das erste Mal ihre Hände in dem drahtigen Pelz vergraben hatte, um dann auch die Lefzen empor zu ziehen und sich die scharfen Kiefer anzuschauen.
"Aber ich war schon immer anders", kicherte sie traurig.
"Als ich mir das Tier eine Weile angesehen hatte, hörte ich bellende Laute aus den Hügeln. Neugierig!", schallte sie sich selbst. "Es hat eine Weile gedauert bis ich das arme, verwahrloste Bündel in einer der Höhlen fand. Es war Maliks Mutter, die nur wenige Meter vor dem Bau gestorben war.
Er tat mir so leid, dass ich den ganzen Tag versuchte, ihn aus der Höhle zu bekommen.
Als die Dunkelheit sich über die Landschaft legte, traute sich Malik endlich aus seinem Versteck und kam vorsichtig auf mich zu.
Ich hatte mich in eine größere Kuhle gelegt, müde, aber ich wollte ihn nicht alleine lassen.
Es muss furchtbar sein seine Familie zu verlieren. Irgendwann bin ich eingeschlafen und am Morgen lag er in meinen Armen, als ich aufwachte.
Ich gab mir alle Mühe ihn zu füttern, hab oft Milch von fremden Ziegen geklaut, nicht selten gab es Ärger, wenn sie mich erwischten." Sie lachte.
"Zusammen haben wir dann die Höhle ausgegraben, damit wir beide reinpassten und auch bei Regen zusammen sein konnten."
Lethias Herz fühlte sich warm und frei an, bei dem Bild vor ihrem inneren Auge, der zierliche Kinderkörper, über und über mit Dreck bedeckt, in den Armen das Fellknäuel, fuchsgroß, zusammengerollt, friedlich atmend.
Sie hatte es endlich geschafft Neel fast trocken zu bekommen. Es folgte eine ganze Zeit der Stille, bevor Lethia erneut ansetzte. "Irgendwann sind wir dann zusammen losgezogen."
Liebevoll zog die Frau ihre kleine Begleiterin in ihre Arme und beide kuschelten sich in die Decke, während Maliks Körper zusätzlich Wärme spendete. Die Frau begann von den vielen Abenteuern zu erzählen und es dauerte nicht lang, bis das Kind gleichmäßig atmete. Auch Lethia war müde, Schwere zog sie hinab bis auch sie in der Endlosigkeit der Traumwelt versank.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro