Kapitel 11
Die Sonne hatte den Himmel in ein tiefes Rot getaucht, welches auch nur noch die Spitzen der höchsten Bauwerke beschien, der Rest lag bereits in dem farblosen Grau der Dämmerung. Viele Händler hatten bereits eingepackt und kaum ein Kunde bewegte sich noch durch die engen Gänge zwischen den Geschäften. Was eben noch ein ungutes Gefühl war, wich nun allmählich Angst.
Zum hundertsten Mal hatte sie nun nach den beiden gerufen, aber noch immer war keine Spur von ihnen zu sehen, was für Malik wirklich untypisch war. Tränen der Sorge hatten sich bereits in ihren Augenwinkeln gesammelt, obwohl sie sich selbst immer wieder versprach, dass die beiden sich nur verlaufen hatten. „Malik!", erscholl ihre Stimme erneut panisch über den fast menschenleeren Platz, als sich ein großer Schatten aus einer Gasse löste und wie ein Blitz auf sie zugerast kam.
Als Lethia endlich in Sicht war, fiel Neel ein Stein vom Herzen. "Endlich!", dachte sie und auch Malik schien erleichtert, seine Freundin zu sehen. Die Hyäne lachte freudig erregt und hatte auch das zierliche Kind im Schlepptau.
Beim Anblick der Erheiterung, war Lethia empört, sie hatte sich solche Sorgen gemacht, doch die große Hyäne sprang aufgeregt um sieherum, Neel stieg vom Rücken ihres Begleiters, beide, Kind und Raubtier, bemerkten nichts von Lethias Unmut.
"Lethia! Lethia!", rief sie völlig atemlos, dass dunkelgrüne Haar klebte ihr verschwitzt am Kopf, ihre Augen waren weit aufgerissen. Neel begann aufgeregt und wild gestikulierend zu erzählen.
„Lethia stell dir vor! Wir sind an einem Stand. Und dann erschrickt sie mich, ich falle von Malik und sie nimmt mich mit! Einfach so!" Das Kind holte tief Luft; in ihrer Aufregung begann sie wieder einmal zu lispeln. „Und sie war blind!!! Aber nicht richtig!!! Und Malik konnte sie nicht fangen! Und dann ... dann gab's Eintopf, der war lecker! Malik hatte Hähnchen... Dann sagt sie, sie kennt mich und sie wusste von Su-Su! Niemand weiß von Su-Su ! Naja außer dir... Und Su-Su sagt: ,Du vertrocknetes Krokodil'! Die Alte hat nur gelacht! Und dann... Und dann gibt sie mir die alte Kette und sagt es ist meine!" Neel fuchtelte mit dem Schmuckstück in der Luft herum. „Dann... Dann hat sie gesagt, wir sehen uns wieder! Aber die konnte doch gar nicht sehen! Und dann Lethia! Wusch, Zack!!! Sie war weg, verschwunden und das Haus und der, der Eintopf auch!" Neel war ganz außer Atem, Malik saß neben ihr und hechelte, er schien fast zu nicken, so als wolle er der wilden, zusammenhanglosen Erzählung zustimmen.
Bei dieser herzlichen Erzählung und dem harmonischen Bild, das die beiden Gefährten wieder einmal abgaben, so als wären sie schon Jahrhunderte befreundet, konnte Lethia nicht anders. Sie blinzelte die Tränen fort und mit jeder Bewegung, die Neel machte, während ihre grauen Augen vor Erregung in Flammen zu stehen schienen, wuchs das Lächeln in den weichen Zügen zu einen breiten Grinsen heran.
Auch wenn sie der Erzählung nicht ganz folgen konnte, die Kette in der Kinderhand bestätigte, dass irgendetwas vorgefallen sein musste. Das Silber schimmerte bei jeder Bewegung im fahlen Licht und sie schien, nach dem Ermessen der jungen Frau, filigran gearbeitet, was einen beträchtlichen Wert haben musste. „Ehrlich?", fragte Lethia bestätigend, um nicht zugeben zu müssen, dass die Geschichte in ihrem Kopf kein Bild ergab.
Sie war bereits emsig damit beschäftigt, ihre Einkäufe an Maliks Geschirr zu befestigen, als Neel heftig nickte. „Weißt du was? Da hinten gibt es eine nette, kleine Taverne, wir essen was und suchen uns ein Zimmer, dann kannst du mir deine Geschichte Stück für Stück erläutern.", bot die Frau an und setzte sich in Bewegung in Richtung der Häuser, welche an die Mauer gelehnt fast schon vom Schatten geschluckt wurden.
Einige Tage später saß Neel neu eingekleidet in dem angemieteten kleinen Zimmer im Gasthaus „Zum Grasfrosch" neben Malik auf dem Boden und spielte mit ihren Zehen. Helles Sonnenlicht drang durch das kleine Fenster, Staubkörnchen tanzten durch die Luft. Lethia war kurz fort um etwas zu essen zu besorgen und das Kind hatte Langeweile.
Nach dem aufregenden Tag mit der blinden Hekate hatten Neel und Lethia lange zusammen gesessen und die Silberkette untersucht, sie hatten sie sogar einigen Goldschmieden und Juwelieren gezeigt, doch diese sagten, dass es einfach ein sehr gut gearbeitetes Schmuckstück war. Die Gefährten hatten sich vorerst damit abgefunden, Neel trug die schwere Kette seitdem um ihren Hals, hielt sie aber unter ihrer Kleidung versteckt.
Lethia hatte die letzten Tage Neel einiges von der großen Stadt gezeigt und dem wissbegierigen Mädchen geduldig vieles erklärt. „Du Su-Su, sag mal, kommt dir diese Stadt irgendwie bekannt vor? Oder die Kette? Oder die alte Schrumpeloma?", murmelte das Kind. „Naja, ich weiß nicht... Ich bin mir nicht sicher... Hättest du mich nicht spalten lassen, hätten wir weniger Probleme! Dann könnten wir uns erinnern!", schimpfte der Tierschädel. "Hmpf!", machte das Kind und kuschelte sich an die große Hyäne, die vor sich hin döste.
Bernsteinfarbene Augen musterten sie kurz, Malik streckte sich wohlig und schloss dann wieder die Augen. Auch Neel war etwas schläfrig und beschloss ein Nickerchen zu machen bis Lethia wieder zurück war.
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