Kapitel 5 - Waldi und der Weihnachtselch
Ich war gerade in meinem Schlafsaal, als ich gedankenverloren aus dem Fenster starrte. Es zogen dunkle Wolken auf, es würde wohl bald gewittern.
Moment... gewittern? Wie vom Blitz getroffen sprang ich auf. Ich rannte in Lichtgeschwindigkeit hinunter in den Gemeinschaftsraum und fand dort vier aufgebrachte Jungen, die wie kopflose Hühner durch den Raum hüpften und aus dem Fenster zeigten.
Ohne ein Wort mit ihnen zu wechseln, sammelte ich die vier ein und zerrte sie zu dem verlassenen Klassenzimmer, in dem wir unsere Tränke gelagert hatten.
Der erste Blitz zuckte und ich schrak zusammen. Tief durchatmen, Hailey, tief durchatmen. Gleich war der Moment gekommen, gleich würden wir, Peter, Sirius, James und ich, Animagi werden.
Ich hob mein Fläschchen mit dem Gebräu darin auf und meine Freunde taten es mir nach. Ich nickte Sirius zu, warf einen Blick zu James und drehte mich kurz zu Peter. Dann murmelten wir alle im Chor die Zauberformel. "Amato, Animo, Animato, Animagus."
Wir exten den Trank, der eine rote Farbe angenommen hatte, während Remus in der Ecke stand und ängstlich drein blickte.
Dann ging alles ganz schnell. Das Bild eines Luchses blitzte vor meinen Augen auf.
Hatten wir alles richtig gemacht? Was wenn nicht?
Ein warmes Gefühl durchströmte meinen Körper, dann zuckte ein stechender Schmerz durch meinen Körper.
War das normal? Würde es sich bei jeder Verwandlung so anfühlen?
Ich war so sehr mit mir selbst beschäftigt, dass ich Peters Schrei kaum wahrnahm. Die Transformation tat so weh, am liebsten hätte ich es meinem Bruder gleichgetan und geschrien, geschrien bis die Fensterscheiben zerbarsten, geschrien bis die Schmerzen verschwanden.
Doch ehe ich den Mund aufmachen konnte, war alles vorbei. Der Schmerz war weg, endlich.
Doch warum war der Raum so hoch? Benebelt blickte ich auf meine Füße, oder besser: Pfoten. Ich hatte die Gestalt eines Luchses angenommen. Ein Gefühl der Freude und des Triumphes erfüllte mich. Ich hatte es geschafft.
Aber wo waren die anderen? Ich sah auf und erblickte einen großen, schwarzen Hund. Sirius. Als ich meinen Blick nach rechts wandern ließ, fand ich auch James. Er hatte sich in einen Hirsch mit beeindruckendem Geweih verwandelt. Dann war die kleine, graue Ratte wohl Peter. Warum seine Animagusgestalt eine Ratte war, konnte ich nicht sagen. Aber das war mir im Moment egal, gerade war ich einfach nur glücklich.
Aus einer Ecke hörte ich ein leises "Wow". Es war Remus, eng an die Wand gedrückt und vollkommen fasziniert von unserer Verwandlung. Er kam einen Schritt auf mich zu und streckte seine Hand nach mir aus.
"Hailey, bist du das?", flüsterte er ungläubig. Antworten konnte ich in meiner Tiergestalt nicht, also dachte ich ganz fest daran, dass ich wieder ein Mensch sein wollte. Und es funktionierte. Sekunden später stand ich als Mädchen von Remus und grinste schelmisch.
"Jup." Als ich mich umdrehte, sah ich, dass James und Sirius ebenfalls wieder ihre menschliche Gestalt angenommen hatten, nur Peter quiekte noch vor sich hin. Remus machte immer noch große Augen und Sirius warf James und Peter, der sich nun auch rückverwandelt hatte, abgehobene Blicke zu.
"Ein Hund ist tausendmal besser als so ein doofer Hirsch oder eine mickrige Ratte.", sagte er hochnäsig und reckte seinen Kopf in die Höhe. "Quatsch, Hische sind doch super. Die besten Tiere, die es gibt.", erwiderte James und streckte seine Nase sogar noch höher als Sirius. "Also meiner Meinung nach sind Ratten gar nicht so schlimm. Eigentlich sind sie doch ganz niedlich, oder?", mischte sich Peter ein. Ich verschwieg ihm, dass Ratten mit Sicherheit nicht zu den Tieren zählten, die ich als niedlich bezeichnen würde. "Hey, Luchse stehen sowieso über allem und sehen dabei auch noch so cool aus.", gab ich meinen Senf dazu und grinste.
"Stopp, Stopp, Stopp! Hört auf euch zu streiten, alle eure Animagi sind gleich gut!", schlichtete Remus, dem immer noch der Schock ins Gesicht geschrieben stand. Doch natürlich konnten wir es nicht lassen, weiter mit unseren Tiergestalten anzugeben.
"Hunde sind total treu, intelligent und liebenswürdig. Und habt ihr gesehen wie groß ich bin?" Sirius breitete zur Bekräftigung seine Arme aus. "Gegen mich bist du winzig, ich bin riesig und sehe dazu auch noch echt majestätisch aus!", argumentierte James und stemmte die Hände in die Hüften. "Klein zu sein hat auch Vorteile! Und überhaupt, ich bin hundertmal flinker als ihr!", piepste Peter.
"Mag sein, aber dein Schwanz sieht aus wie ein Wurm, Peter! Wer will das schon?", machte sich Sirius lustig und verzog das Gesicht. Da kam mir plötzlich eine Idee.
"Wurmschwanz!", rief ich. Die anderen vier sahen mich an als hätte ich nicht mehr alle Latten am Zaun. "Was?", fragte James verwirrt. "Wurmschwanz! Dein neuer Spitzname, Pete.", erklärte ich und ein breites Lächeln umspielte meine Mundwinkel. "Genau! Und Sirius ist Waldi!", freute sich James und klatschte begeistert in die Hände. "Wenn ich Waldi bin, dann bist du der Weihnachtselch!" James verzog das Gesicht. "Uhhhh, nein, dann lassen wir das lieber. Ich bin nicht mal ein Elch, Sirius. Aber gut, wie wär's dann mit... Tatze! Tatze und Krone, perfekt!" Sirius nickte begeistert. "Und dann ist Remus der Mann im Mond!", schlug Peter vor. "Merlin, bitte nicht!", war Remus Antwort darauf. "Dann lieber sowas wie... keine Ahnung... Moony." Sirius' Idee war gut, aber wie sollte ich dann heißen? "Hey, gibt's auch 'nen Spitznamen für mich?" Die Jungs schienen nachzudenken und zu meiner Überraschung kam die erste Antwort von Peter. "Puschel! Wir nennen dich Puschel!" Ich war verwirrt. "Warum Puschel?", fragte ich. "Na diese Felldinger an deinen Ohren! Puschel halt!", antwortete mein Bruder und sah ziemlich selbstzufrieden aus. Irgendwie gefiel mir der Name.
"Moony, Tatze, Krone, Wurmschwanz und Puschel. Die coolste Clique Großbritanniens.", sagte ich. "Und die bestaussehenste.", fügte Sirius hinzu und warf arrogant sein Haar zurück. "Und die...", setzte James an, wurde jedoch von Remus unterbrochen. "Okay, reicht!" Ich musste kichern. "Lach du nur, Puschel!", sagte James beleidigt und zog eine Schnute. "Mit so einem Namen wirst du vielleicht sogar ausgelacht. Aber Krone, das klingst schon so nach einem Herrscher." "Du meinst wohl Hirscher!", grölte Sirius und lachte bellend. "Na warte, gleich fühlst du dich hundeelend, wetten?", sagte James bedrohlich und kam auf Sirius, Tatze, zu. Dieser zog seinen Zauberstab und setzte bereits zu einem Kitzelfluch an, als ich ihm den Stab stibitzte. "Na sowas, da hat dir Puschel wohl den Zauberstab abgeluchst, was Tatze?", lachte Wurmschwanz und hielt sich den Bauch. "Oho, da hat sich wohl jemand zum Scherzkeks gemausert.", bemerkte ich kichernd und James fiel um, so sehr musste er lachen. Nach einer Weile hatten wir uns alle wieder gefasst, nur James lag noch immer auf dem Boden und sah aus wie eine erstickende Robbe. Moony seufzte.
"Kriegst du dich heute noch ein, Krone? Wir haben besseres zu tun als hier rumzustehen.", sagte er, doch er klang eher belustigt als genervt. "Heul doch, Moony.", war Sirius Antwort. James am Boden atmete pfeifend vor Lachen aus und klang dabei wie eine Eisenbahn der Muggel.
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