Kapitel 10 - Gideon Prewett
Am nächsten Morgen fühlte ich mich wie gerädert. Offensichtlich hatte ich es am Vortag, oder eher heute früh, nicht mehr bis in den Schlafsaal geschafft. Ich lag mit den Beinen auf Remus, Marlenes Kopf auf meinem Schoß und Sirius schnarchte auf einer Sessellehne vor sich hin. Peter hatte sich augenscheinlich nicht vom Fleck gerührt.
Als ich mit den Augen den Gemeinschaftsraum nach James und Lily absuchte, traute ich meinen Augen kaum - James lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden und seine Angebetete bäuchlings quer auf ihm. Ich kicherte leise. Wie konnte man sich im Schlaf nur so dermaßen verkuddeln, dass man aufeinander lag?
Ich sah zu Remus und Marlene und wusste wie: Wenn man am letzten Abend total besoffen war. Sogar Lily hatte nach ihrem Kuss mit James zum Feuerwhiskey gegriffen, Krone hatte ziemlich dumm aus der Wäsche geguckt, als sie zwei Gläser nacheinander geext hatte.
Apropos besoffen. Vielleicht hatte ich es letzte Nacht wirklich übertrieben. Woher kam bloß der Ungarische Hornschwanz in meinem Kopf und warum schlug er um sich wie von Sinnen?
Es gelang mir eher schlecht als recht, mich aufzusetzten. Marlene wachte bei der Aktion kurz auf, nuschelte etwas von fliegenden Nifflern (Wovon bei Merlins Unterhose träumt die?) und schlief wieder ein.
Dafür richtete sich nun Sirius auf. Stöhnend rieb er sich den Kopf, ihm schien es ähnlich zu gehen wie mir. "Hast du auch das Gefühl von..." "...wütenden Drachen im Kopf? Jap. Deshalb, sprich leiser, sonst explodiert mein Gehirn.", beendete ich Sirius' Satz. Er lachte, darauf bedacht, dabei nicht zu laut zu sein. "Ich wollte sagen, 'tanzende Hippogreife', aber 'wütende Drachen' passt auch gut.", meinte er und grinste breiter als Remus, wenn man ihm fünf Tonnen Schokolade schenkt.
Unser Gespräch wurde von einem spitzen Schrei unterbrochen. Als ich herumfuhr, erblickte ich die Quelle: Lily, die aufgewacht war, und bemerkt hatte, dass sie auf James geschlafen hatte.
"Na, Lily, ist Krone bequem? Glaub mir, irgendwann wirst du dich an James unter dir gewöhnen, keine Sorge!", lachte Sirius und Lilys Gesichtsfarbe glich der ihres Haares. "Ach, sei doch ruhig, Black!", giftete sie und richtete sich mehr oder weniger elegant auf.
Nun war James aufgewacht. Er drehte sich um und lächelte, als er Lily sah. "Morgen, Evans." Seine Brille war verrutscht und hing ihm schief auf der Nase.
"Krone, du ahnst nicht, was der Grund für dein Erwachen war!", trällerte Sirius. "Was denn, Tatze? Ich weiß nur, dass irgendwas Schweres auf meinem Rücken lag, der tut nämlich verdammt weh." James rieb sich die Stelle, auf der Lily gelegen hatte. Sirius brach in Gelächter aus. "Wenn du wüsstest! Das 'Schwere' war nämlich deine rothaarige Schönheit Lily!", klärte Tatze seinen besten Freund auf. "Warte... Was?" James sah ziemlich verwirrt aus. "Naja, Lily hat sozusagen auf dir geschlafen.", half ich Krone und er schien zu verstehen. "Warum hat keiner ein Foto gemacht? Und warum bin nicht ich zuerst aufgewacht?", jammerte er. Lily schnaubte. "Das bleibt unter uns, verstanden? Ich will nicht dass es Gerüchte über mich und diesen Vollidioten gibt, klar?" James grinste. "Aber ich bin ein bequemer Vollidiot! Der übrigens immer für dich da ist, wenn du mal auf ihm liegen willst. Ich meine, du kannst auch unten sein, wenn du willst...", meinte er mit anzüglichem Tonfall. "Du bist vor Schniefelus der Vorletzte, der mir für sowas in den Sinn kommen würde, Potter.", fauchte Lily und erklomm mit schnellem Schritt die Treppe zu den Mädchenschlafsälen.
Krone grinste bis über beide Ohren. "Sie würde eher mit mir schlafen, als mit Schniefelus!", freute er sich. Sirius klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. "Mag sein, aber sie würde mich dir vorziehen, Krone, wenn sie sagt, du bist ihre vorletzte Wahl.", lachte er und James' Grinsen wurde ein wenig schmaler. "Aber es ist ein Fortschritt! Letztes Jahr war ich noch der letzte, mit dem sie ausgehen würde.", sagte er und man hörte deutlich die Hoffnung aus seiner Stimme heraus. "Sie wird mit dir ausgehen, Krone, du hast sie ja vor ein paar Monaten gehört. Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass die Hölle zufriert." Für diesen Kommentar erntete ich einen bösen Blick vom 'Nacktmull', wie Lily es so schön gesagt hatte.
Den ganzen Tag lang fühlte ich mich nicht besonders wohl und ließ es langsam angehen. Ein Glück, dass heute Samstag war. An dieser Stelle sollte ich ich mir wohl schwören, nie wieder Alkohol zu trinken, aber das würde ich eh nicht durchhalten, dafür hielt ich einfach zu wenig an meinen Vorhaben fest.
Am Abend ging ich sehr früh zu Bett, doch ich wurde von Marlene geweckt, die anscheinend keinen Restalkohol mehr im Blut hatte, denn sie hüpfte durch den Schlafsaal wie ein Gummiball.
"Haileyyyyyy, aaaaaaufwacheeeeeen! Steh auf, du faules Stück!" Sie zog mir die Bettdecke weg. "Marlene, spinnst du eigentlich? Lass mich...", maulte ich und steckte meinen Kopf unters Kissen. "Aber du musst aufstehen! Unten im Gemeinschaftsraum gibt's gleich 'ne fette Party, die darfst du nicht verpassen! Warte..." Durch den kleinen Spalt zwischen Bettdecke und Matratze konnte ich sehen, wie Marlene ein Fläschchen aus ihrer Tasche holte. "Aufpäppeltrank von Lily. Der hilft, glaub mir, ich meine, sieh mich an - fit wie ein Turnschuh!"
Daher kam also ihre ganze Energie. Sie reichte mir das Fläschchen und ich trank es in einem Zug leer. Es war, als ob ich Licht getrunken hätte. Es erfüllte all meine Adern mit Energie und ich war sofort viel wacher. "Das Zeug haut ja voll rein! Also, wann steigt die Fete?", fragte ich Marlene grinsend. "So in zwei Stunden ungefähr. Wir haben also noch ein wenig Zeit um uns fertig zu machen.", antwortete meine beste Freundin enthusiastisch.
Zwei Stunden später sahen Marlene und ich tatsächlich beinahe perfekt aus. Mein kirschroter Lippenstift bildete einen schönen Kontrast zu meinen türkisen Augen und Marlenes hellblondes Haar fiel ihr lockig über die Schultern, jede Strähne saß am richtigen Platz. Ich hatte ein Kleid in der Farbe meines Lippenstiftes an, das mir bis zur Mitte des Oberschenkels fiel und meinen kompletten Rücken frei ließ. Meine beste Freundin hingegen hatte zum kleinen Schwarzen gegriffen. Und obwohl ich eigentlich hohe Absätze hasste, musste ich mich bei meiner Größe in eben solche Mörderschuhe hineiquetschen, die ebenfalls rot waren. Ich wünschte, ich wäre so groß wie Marlene, die High-Heels nicht nötig hatte und einfach Ballerinas angezogen hatte.
Als wir mit den anderen Mädels aus unserem Jahrgang den Gemeinschaftsraum betraten, war die Party bereits in vollem Gange. Ich erkannte Gideon Prewett, einen gutaussehenden Siebtklässler, und seinen Bruder Fabian, der ein Jahr älter war als ich.
Nachdem ich von einer Ravenclaw (Wie war die hier rein gekommen?) ein Glas Feuerwhiskey bekommen hatte, machte ich mich auf die Suche nach den Rumtreibern. Marlene war bereits auf und davon. So hübsch wie sie war, hätte sie sich sicher irgendeinen Typen angeln können, einen der Prewett-Brüder zum Beispiel, doch merkwürdigerweise hatte sie noch nie auch nur einen Jungen auch nur mit dem Arsch angeguckt. Komisch war das.
In der Menge entdeckte ich nach kurzer Zeit James' verstrubbelten Haarschopf und Sirius' perfekte Frisur. Die beiden tranken gerade Butterbier (vermutlich mit einem nicht gerade kleinen Schuss Feuerwhiskey) aus zwei überdimensional großen Gläsern, die ungefähr den Durchmesser eines Quaffels hatten. "Na Jungs, wie geht's so? Schon wieder besoffen oder immer noch?", grinste ich. "Sowohl als auch, Puschelchen. Aber was soll man machen? In ein paar Wochen schreiben wir unsere ZAGs, dann ist nix mehr mit Party." Sirius sah bei seinen Worten ein wenig bedauernd drein. "Recht hast du. Blöde Prüfungen.", stimmte ich ihm zu. "Naja, dafür feiern wir heute nochmal so richtig. Das wird ein Riesenspaß!"
Und ich sollte Recht behalten. Diesmal überwachte mich Lily, dass ich auch ja nicht zu viel trank, wofür ich sie einerseits hasste, mich andererseits aber auch eine Welle der Zuneigung für sie überkam, dass sie sich um mich kümmerte.
James hingegen hatte um Mitternacht ungefähr vier dieser Riesengläser Butterbier mit Schuss intus und konnte kaum noch stehen. Sirius war schon vor einer Stunde mit einer Hufflepuff aus der Sechsten verschwunden. Was die beider gerade taten, wollte ich gar nicht so genau wissen.
Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter. "Hey. Hailey Pettigrew, oder?", fragte mich eine tiefe Stimme. Ich drehte mich um und blickte in die haselnussbraunen Augen von Gideon Prewett. "Richtig. Du bist Gideon Prewett, nicht?" Gideon lächelte mich an. "Stimmt, aber nenn mich einfach Gid, das tun alle.", bat er mich und zwinkerte mir zu.
Wir kamen ins Gespräch und ich bemerkte, dass Gideon mir wahnsinnig sympathisch war. Nur leider war mein Aufpasser Lily mittlerweile zu Bett gegangen und ich schüttete ein Glas Feuerwhiskey nach dem anderen in mich hinein. Mein Kopf fühlte sich an wie mit Watte gefüllt. Gid mir gegenüber hatte ganz rote Wangen und wir lachten über so ziemlich alles. Mir fiel auf, wie muskulös er doch war. Er war gemeinsam mit Sirius Treiber in der Hausmannschaft, kein Wunder also. Auch sonst sah er wirklich sehr gut aus, von Nahem betrachtet sogar noch besser. Sein feuerrotes Haar fiel ihm lässig ins Gesicht und dieses Lächeln... Ich hatte den Drang, ihm nahe zu sein, so nahe wie möglich, jetzt sofort.
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