2 | Ankunft
Callum
Es hätte mich schlimmer treffen können. Alaska oder Sibirien. Also genoss ich den Trip von Paris an die warme Westküste der Staaten.
Um diese Jahreszeit war Paris eh grauenhaft und ich genoss den Gedanken an die entspannten Amerikaner und das gute Wetter. Ich war zuletzt nur kurz hier gewesen, nach dem Kinobrand und dann wieder abgereist.
Dieses Mal würde ich nicht so schnell wieder gehen. Ich brauchte eine Auszeit von dem Stress am Hof. Kyle war nur eine schwache Ausrede, aber der König war so abgelenkt, er würde es für lange Zeit nicht bemerken.
Wir mieteten uns fürs Erste in ein Hotel ein. Smith war schon auf der Suche nach einem geeigneteren Strandhaus. Partys im Hotel sind immer anstrengend. Ich wollte ein bisschen mehr Privatsphäre, wenn ich länger blieb.
Ich schaute auf mein Handy und Kyle hatte es tatsächlich geschafft, seine Hände von seinem Erasthai zu nehmen und mir zu antworten.
Ich war seit langem mal von ihm beeindruckt, er hatte mehr Buchstaben in sein Handy getippt als ich.
Insgeheim fragte ich mich, ob ich mehr eifersüchtig auf ihn war, als genervt. Immerhin hatte bei ihm die Suche nach seinem Seelenverwandten keine dreißig Jahre gedauert.
Zu einem Teil war ich eifersüchtig, das konnte ich nicht leugnen. Aber das würde ich ihm nicht sagen. Ich hatte meinen Stolz, was das anging und so wenig, wie ich zuletzt vom Hof entfernt war, war es schier unmöglich, meinen Seelenverwandten zu finden.
Mein Job erlaubte es mir nicht, in der Welt herumzureisen um nach ihr zu suchen oder ihm. Wenn ich die letzten Jahre überhaupt auf jemanden traf, den ich bisher nicht kannte, dann war es immer aufgrund meiner Arbeit. Ich hatte nicht für einen Moment daran geglaubt, dass es ich sie dabei finden würde.
Ich sah noch einmal auf die Nachricht von Kyle. Er war bei Xavier. Nichts anderes hatte ich erwartet. Wenigstens schickte er die Koordinaten mit, wo ich ihn finden konnte.
Ich hatte keine Muße, nach ihm zu suchen, und war dankbar, dass er es mir nicht unnötig schwer machte.
Ich warf einen kurzen Blick auf Julien und Cyril, die gefangen in ihrem französischen Temperament schon Pläne schmiedeten, wie sie hier am meisten Spaß haben konnten.
Genervt blickte ich zu Smith, der mir gegenüber saß und nur schmunzelte. Er lass meine Gedanken förmlich. Er war britischer als ich und hatte seine Probleme mit den beiden.
„Okay. Auspacken können wir später. Laßt uns den Streuner einfangen", erhob ich das Wort und blickte aus dem Fenster auf das Rollfeld. Der Jet setzte sanft auf der Landebahn auf und hielt nach ein paar Minuten neben zwei Wagen.
„Sehr unauffällig", schnaubte ich mit Blick auf die schwarzen Geländewagen mit getönten Scheiben.
„Wäre Ihnen ein Cabrio lieber gewesen?", fragte Smith teilnahmslos.
„Ja, mit Surfbrettern auf den Rücksitzen", lachte Julien und Cyril gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. Ich warf ihm einen wütenden Blick zu und lockerte meine Krawatte und nahm sie schließlich ganz ab.
Insgeheim fragte ich mich, warum ich hier wirklich war. Es passte so gar nicht zu mir. Ich hatte zwei größere Firmenübernahmen in den nächsten Wochen und keine Zeit für so einen Kinderkram. Der sich irgendwie gut anfühlte.
Kyle war eher das Küken in meinem Team. Er war der Jüngste unter uns und ich fühlte mich für ihn verantwortlich.
Kyle war mehr als mein Berater. Er war ein Freund und ich hatte Angst ihn zu verlieren, nach all den Jahren vertraute ich ihm bedingungslos und seit einem Jahr war er immer wieder nach Santa Barbara.
Ich konnte es ihm nicht verübeln. Luna schenkte uns nicht die Möglichkeit, uns zweimal an jemanden zu binden. Wir waren entweder hunderte von Jahren alleine oder teilten diese mit unseren Seelenverwandten.
Danach gab es nichts mehr. Wir gingen zu Grunde, wenn dieser Teil von uns starb. Es war riskant. Manche von uns zogen es vor, ihren Erasthai gar nicht erst zu finden. Sie empfanden den Tod als lästig, wenn sie viele hundert Jahre auf dieser Welt verweilen konnten. Sie sahen nicht das Glück, welches sie sich selbst dadurch verwehrten.
Ich hatte zu lange gesucht und es für mich aufgegeben, daher war es mir wichtig meine Freunde um mich zu haben. Kyle war erst vierundfünfzig und seit dreißig Jahren bei mir und fand seinen eher zufällig.
Ich wollte ihn nicht ersetzten, er sollte einfach seinen Gefährten an sich binden und wieder zurück nach Paris kommen. Es war etwas selbstsüchtig von mir, aber Hauptsache Kyle war bei mir, egal wie. Ich vermisste seinen Humor und seine ungezwungene Art, Dinge zu regeln.
Mit Cyril und Julien fuhr ich direkt zur Universität, Kyle hatte sich dort zu allem Überfluss eingeschrieben, das hieß, er plante, hier länger zu bleiben. Das war nicht zu akzeptieren.
Gelangweilt stieg ich aus dem Wagen, während Julien aufgeregt heraussprang, sondierte Cyril sofort die Umgebung. Ganz der Soldat, der er war, bewegte er sich nirgends gedankenlos.
„Es sind siebenundvierzig Werwölfe unter den Studenten. Zwölf davon weiblich, eine davon eine Alpha." Layla schoss es mir sofort durch den Kopf. „Ein Lykaner auf dem Weg zu uns." Kyle, natürlich bemerkte auch er unsere Ankunft sofort.
„Das ist noch besser, als ich dachte", grinste Julien. Ich schaute mich kurz um und nahm wahr, wie uns die Mädchen anstarrten. Das war nichts Neues. Es lag, in unserer Natur attraktiv auf andere zu wirken. Wenn wir es darauf anlegten, konnte uns niemand widerstehen.
Manipulativ und herzlos diese Gabe. Jeder sollte selbst entscheiden können, wen er mochte.
„Alles okay, Callum? Was hast du?", fragte mich Cyril. Irgendetwas stimmte nicht. Etwas war anders. Irgendetwas roch hier besser, als ich es jemals zuvor erfahren hatte.
Ich lief ohne ihm zu antworten auf das Gebäude zu, wo der Geruch am stärksten war.
„Callum?", marschierte er neben mir her. Er scannte weiter die Umgebung und hielt mit mir Schritt.
„Kann mir jemand erklären, was los ist?" Julien tauchte an meiner Seite auf, doch ich setzte meinen Weg einfach fort. Vor uns wichen die Studenten aus, doch ich nahm das alles nicht wahr.
Der Geruch versetzte mich in einen Zustand, den ich mir selbst nicht erklären konnte. Es war nur ein Hauch von einem Duft. Er war warm. Er war wie Zucker in meiner Nase, doch er wurde nicht stärker. Ich ging vorbei an all den Mädchen, die stehenblieben und mich anstarrten.
Wir befanden uns mitten in einer Cafeteria.
„Callum, was ist los?" Cyril griff nach meinem Arm und hielt mich zurück. Erschrocken sah er mich an, als ich ihn anknurrte.
„Erasthai", murmelte er, doch ich schüttelte den Kopf. Mein Lykaner regte sich in mir, doch hier war nichts.
Der Duft wurde nicht stärker. Es war wie ein Traum, der sich über diesen Raum legte. Ich sah über die bewundernden Augen der Gesichter, die mich anstarrten, doch der Geruch gehörte zu niemandem.
Julien kam jetzt näher und sah aufgeregt durch die Menge, die uns anstarrte.
„Es gibt nichts hier", gab ich unwirsch von mir. „Lasst uns Kyle suchen."
„Das brauchst du nicht, ich bin schon hier", tönte es auf einmal hinter uns. Ich drehte mich um und sah einen freudestrahlenden Kyle, der seinen Erasthai fest umschlungen hielt, auf uns zukommen.
„Kyle. Xavier." Ich betrachtete ihr Glück und wusste wieder sofort, was mir fehlte.
„Callum, hat dich Paris vertrieben oder vermisst du mich?", schmunzelte mich Kyle an.
„Einer muss ja auch dich aufpassen", knurrte ich zurück.
„Was war das gerade?", fragte er mich.
„Nichts."
„Sicher? Es sah aus, als würde dich hier dein Glück treffen." Seine Augen waren voller Erwartung auf meine Antwort.
„Es war nur eine Einbildung", gab ich knapp zurück. Doch dieser Duft ließ mich nicht in Ruhe. Ich schaute noch einmal in alle Richtungen. Der Duft schien schwächer zu werden anstatt stärker.
„Wie lange bleibst du?", fragte Kyle jetzt und ich sah auf Xavier, der uns neugierig ansah.
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