Kapitel 19 - Zelten (1)
"Ihr müsst alle kommen! Wir machen ein großes Lagerfeuer und schlafen unterm Sternenhimmel! Außerdem ist da ein See, wir können nachts baden!", Ruth war total aus dem Häuschen, als sie uns nach den Ferien an einem Freitag vorschlug, am Wochenende im Wald zu übernachten. Wir hatten schon seit 2 Wochen wieder Schule und ich hatte jetzt schon die Nase voll.
"Ich weiß nicht. Das ist doch total gruselig im Wald.", Carrie schien Ruth's Begeisterung nicht zu teilen.
"Mein Gott, wir haben doch die Jungs dabei. Also was ist, habt ihr Lust?"
Ich bejahte und auch Carrie gab sich geschlagen.
"Okay dann frag ich nachher mal die Jungs. Rufst du Hunter an, Kaylee?" Ich wollte gerade mein Handy herausholen, als mir einfiel, dass Hunter dieses Wochenende mit seiner Familie zu entfernten Verwandten fuhr. Danke lieber Gott. Ich hatte mich mittlerweile zwar an die Sache mit Hunter und mir gewöhnt, doch mein Herz hing immer noch an Kyle. Ich weiß, ich hätte Schluss machen sollen, aber ich war einfach feige. Verdammt feige.
"Hunter kann nicht. Er ist nicht in der Stadt."
"Och menno.", jammerte Ruth. Ich fragte mich, warum Ruth mir nicht anmerkte, dass ich Hunter nicht liebte. Normalerweise bekam sie sofort mit, wenn etwas nicht stimmte. Ich verfluchte sie innerlich. Was tut man, wenn man jemanden zum Reden braucht, aber viel zu feige ist, von selbst damit anzufangen? Das war doch zum Kotzen.
"Hey ihr.", vernahmen wir eine piepsige Stimme. Wir drehten uns um und Lynn schaute uns unsicher an.
"Seit wann redest du denn mit Nutten?", fragte Ruth scharf und zog eine Augenbraue hoch."
"Hört zu, ich weiß ihr seid sauer auf mich. Vorallem Kaylee. Aber es tut mit leid. Ich kann mich nur entschuldigen. Mehr kann ich nicht tun." Das war nicht ganz die Wahrheit. Ich war überhaupt nicht mehr sauer auf sie. Mein Bruder unternahm nichts mehr mit diesen Junkies und wirkte wirklich glücklich, da konnte ich gar nicht wütend sein. Aber das würde ich natürlich nicht zugeben.
"Doch. Du kannst dich verziehen. Jetzt." Ruth's Blick war tödlich. Carrie wirkte nicht sonderlich glücklich. Lynn sah sie an und Carrie schaute unsicher auf den Boden.
"Okay. Es tut mir leid.", murmelte Lynn und ging.
"Gott, die hat Nerven.", stöhnte Ruth auf. Wir gingen zu einer Bank auf dem Schulhof und warteten dort auf die Jungs. Es war immer noch komisch, Kyle zu begegnen. Seit der Sache im Freibad, war er wieder normal mit mir umgegangen. Keine kalten Blicke mehr. Immer nur dieses überlegene Grinsen und dieses undefinierbare Kyle-Lächeln. Er redete normal mit mir, als wäre nichts gewesen. Wir waren wohl so etwas ähnliches wie "Freunde". Wahrscheinlich würde ich mit dieser Situation klarkommen, wenn Layla nicht neuerdings ständig mit uns rumhängen würde. Ständig war sie bei uns und klebte Kyle am Arsch. Es war offensichtlich, dass sie auf ihn stand. Ich konnte nur hoffen, das dass nicht auf Gegensetigkeit beruhte. In diesem Moment riss seine Stimme mich aus den Gedanken.
"Hab ich schonmal erwähnt, dass ich Mrs Thomsen hasse?", stöhnte er und setzte sich neben mich auf die Bank. Die kleinen feinen Härchen auf meinem Arm stellten sich auf, als er diesen streifte. Die anderen verfielen in ein Gespräch über Mrs Thomsen, während ich versuchte, Kyle's Nähe zu ertragen. Er riecht sooooo gut. Als ich dann wieder zuhörte, ging es wohl schon ums Zelten, denn der Name Layla fiel.
"Joa ich frag sie mal, ob sie Lust hat. Hättet ihr ein Problem damit, wenn meine anderen Freunde auch mitkommen? Travis und so? Ist bestimmt lustiger mit mehr Leuten."
"Ja klar, kein Problem. Sind die gut drauf?"
"Sehr. Nicht wahr Kaylee?" Ich sah ihn nur dumm an. Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen.
"Äh ja. Sie sind echt nett.", brabbelte ich und zupfte dann einen imaginären Fussel von meiner Hose.
"Gut, dann steht das. Morgen fahren wir zelten." Ruth klatschte in die Hände und stand auf.
Yippie. Zelten mit Kyle. Erschießt mich. Bitte.
***
"Du gehst also zelten. Mit Jungs." Mein Vater beobachtete mich die ganze Zeit, während ich meine kleine Reisetasche packte.
"Dad. Es sind genauso viele Mädchen wie Jungs da."
"Aber es sind Jungs da. Und diese finden dich sicherlich sehr attraktiv."
"Mach dich locker. Es ist nicht das erste Mal, dass Jungs bei sowas dabei sind und ich bin immer noch Jungfrau."
"Erzählen kannst du mir vieles..."
"Dad!", schockiert sah ich ihn an. Beschwichtigend hob er die Hände.
"Soll ich dich hinfahren?"
"Nein, wir treffen uns vorher bei Ruth und fahren dann alle zusammen."
"Okay gut. Ich bin im Schlafzimmer und schreibe. Sag tschüss, bevor du losgehst."
"Mach ich." Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn und verließ dann mein Zimmer. Ich fragte mich immer noch, wann Dad zum fürsorglichen Vater mutiert war.
Ich stellte meine fertig gepackte Reisetasche aufs Bett und begann, mich fertigzumachen. Ich streifte meinem weinroten Oxford University Pulli über und zog eine dicke leggins an. Man merkte, dass der Herbst kam, es wurde langsam frisch. Die Haare band ich zu einem lockerem Dutt zusammen und schminkte mich ab. Ich wollte morgen früh nicht aussehen, wie eine Crack-Nutte. Als letztes schlüpfte ich in meine komplett schwarzen Converse Chucks und legte meinen Schmuck ab. Ich würde niemals riskieren, meine Lieblingskette im Wald zu verlieren. Es war eine dünne goldene Kette mit einem kleinem Herzanhänger. Meine Eltern hatten sie mir zur Einschulung geschenkt und seit dem trug ich sie so gut wie immer. Ich sah auf die Uhr. Kurz vor 17 Uhr. Ich schnappte meine Tasche, verabschiedete mich von Dad und verließ das Haus.
Draußen stand Kyle's Auto.
"Kaylee, steig ein. Ich nehm dich mit." Er sagte es, als wäre es das selbstverständlichste der Welt, dass ich nach allem einfach so mit ihm mitfuhr ohne, dass wir uns unwohl fühlten. Ich stand da und glotze ihn dämlich an. Er grinste amüsiert.
"Willst du da noch lange rumstehen oder steigst du jetzt ein?"
Ich lief rot an, packte meine Sachen in den Kofferraum und öffnete die Beifahrertür. Im Auto stieg mir der Geruch von Gras in die Nase.
"Hast du gekifft?", fragte ich ihn, als er den Motor startete.
"Ein wenig.", antwortete er und fuhr los.
"Nicht gut."
"Ich glaube, ein ähnliches Gespräch hat schon mal stattgefunden. Also lass es, okay?"
Ich konnte nicht anders.
"Bist du süchtig?" Ich beobachtete Kyle's Gesicht genau. Seine Mundwinkel wanderten immer weiter nach oben und schließlich prustete er los.
"Du hast echt keine Ahnung vom Leben." Er lachte noch lauter. Und obwohl sein Lachen so wunderschön war, passte es mir nicht, dass er mich auslachte.
"Tut mir leid! Die anderen Leute die ich kenne, machen sowas nicht!" Mein Tonfall war schärfer als beabsichtigt und Kyle hatte wohl irgendwas missverstanden. Er hörte auf zu lachen und sah plötzlich irgendwie wütend aus.
"Ist ja toll, dass dein wundervoller perfekter süßer Hunter das nicht macht, aber nicht jeder Typ ist so ein lächerliches Schoßhündchen." Sein Tonfall war emotionslos, überlegen. Als würde er Hunter verachten. Als würde er mich verachten. Sofort tat mein vorheriger Tonfall mir leid. Aber wieso eigentlich? Kaylee, er hat dich ausgelacht und deinen Freund beleidigt und das innerhalb von 30 Sekunden. Und dir tut es leid?! Du bist so unfassbar blöd. Ich bat mein Unterbewusstsein ganz freundlich, einfach mal die Fresse zu halten und starrte aus dem Fenster. Die nächsten 5 Minuten redeten wir nicht.
Carrie und Alex hatten Streit und sobald Kyle und ich bei Ruth angekommen waren, bat sie mich, mit mir zusammen in einem Zelt schlafen zu dürfen. Ich hatte nichts dagegen. Es war ungewohnt Carrie und Alex auch nur 2 Meter voneinander getrennt zu sehen. Während Alex sich mit Travis über Motorräder unterhielt, spielten Liz und Mike gegeneinander Call of Duty und die anderen sah ich gerade nicht. Ruth verstand meinen fragenden Blick.
"Die anderen holen Layla ab und tanken die Autos nochmal. Ich nickte bloß und half Ruth dabei, ihre Sachen in ihre riesige Tasche zu verstauen.
"Meine Fresse, wir sind doch nur eine Nacht weg."
"Lieber zu viel, als zu wenig." Sie lächelte und bekam den Reißverschluss mit viel Mühe zu.
Unauffällig schielte ich zu Kyle herüber. Er saß auf einem Sessel und starrte in Leere, schien völlig in Gedanken versunken zu sein. Ich hätte alles dafür gegeben, mich jetzt in seine Arme zu werfen und seine vollen Lippen zu küssen.
So meine Süßen,
Endlich mal wieder ein Kapitel - wenn auch ein sehr kurzes. Ich dachte mir: lieber ein kurzes Kapitel, als gar keins. Die Updates werden nun wieder regelmäßig kommen und ich hoffe, ihr freut euch :)
Danke für unglaubliche 9K Reads, im Vergleich zu anderen, ist das vielleicht nicht viel, aber mir bedeutet es die Welt <3
-nimmerlandstraum
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