;;016
Der restliche Weg bis hin zum Tempel auf einem Berg vergeht schweigend – kein angenehmes Schweigen, in dem jeder sich auf sich selbst konzentriert, sondern ein schweres Schweigen, dass über unseren Köpfen hängt wie dunkle Gewitterwolken. Immer noch ungläubig werfe ich dem Assassinen alle paar Meter einen Blick zu, um mich zu versichern, dass wirklich der Mann, der, ohne mit einer Wimper zu zucken, mehrere Männer abgeschlachtet hat, neben mir sitzt.
Aber egal wie oft ich hinsehe – Jimin sitzt mit einem undurchdringlichen Gesichtsausdruck neben mir und starrt durch das Loch in der Kutschentüre, in der eigentlich eine Glasscheibe sein sollte. Warme Windhauche, die von Süden, vom Meer und den dahinterliegenden, mit Sand bedeckten Kontinenten, kommen, streichen durch das schwarze Haar des Assassinen und zerzausen es. Ich kann mich gerade so davon abhalten, meine Hand auszustrecken, um sie durch Jimins Haare fahren zu lassen, das so weich aussieht, obwohl es jeder möglichen Wetterlage ausgesetzt ist.
Ich wende meinen Blick ab, um zu Byulyi und Yiren zu sehen, die mich beide beobachten. Ohne Zweifel werde ich in ein Kreuzverhör gelangen, sobald die Beiden genug Zeit dazu hatten – den beiden Frauen fällt alles auf. Ein kleines Seufzen verlässt meine Lippen und ich sehe aus dem Fenster auf meiner Seite der Kutsche. Obwohl ich gesehen habe, wie Jimin Leute abgeschlachtet hat, habe ich auch gesehen, wie er den Jungen verschont hat – ihm Geld, eine Richtung und Hoffnung mitgegeben hat. Und genau aus diesem Grund, habe ich auch jetzt noch keine Angst vor dem Schwarzgekleideten. Er verkörpert nicht nur den Tod, sondern auch die Hoffnung für Menschen, die es verdient haben.
Nach zwanzig schweigsamen Minuten kommen wir vor dem Tempel an, vor dem eine ganze Menschenmasse steht und auf das Eintreffen des Prinzen und den Jugendvertretern der Adelshäuser warten. Sie rufen Segen und Bitten, bleiben aber hinter den wenigen Soldaten, die die Absperrung zwischen den Kutschen und den Menschen darstellen.
Ich sehe ein weiteres Mal nach links, wo mein Blick auf Jimin fällt, der sich seine Kapuze wieder bis tief in sein Gesicht gezogen hat und bereit ist, ein weiteres Mal zu kämpfen, wenn es die Situation verlangt. Als die Kutsche hält, verlässt er als erstes die Kutsche, um unser Aussteigen zu überwachen und Byulyi und Yiren seine Hand hinzuhalten, auf der kein einziger Blutspritzer zu sehen ist. Und obwohl ich es wirklich nicht erwartet habe, nehmen sowohl Byulyi als auch Yiren die Hand an und stützen sich auf sie, als sie mit ihren kompliziert aufgeschichtet und bestickten, schweren und vor allem langen Kleidern die Kutsche verlassen.
Ich klettere nach den beiden Frauen aus und setze mich schlussendlich an die Spitze unserer Gruppe, wobei sich Jimin dicht neben mir hält. Ich gehe mit einem höflichen Lächeln auf die breiten Treppen des Tempels zu und nicke Leuten zu. Danach besteige ich zusammen mit meinen Freunden und Jimin die Treppen, die uns zu dem Tempel führt, der weiter oben in den Felsen gehauen wurde und von dem aus man über das Meer sehen kann, bis es sich am Horizont verliert. Oben wartet eine Priesterin, die wie wir in Weiss gekleidet ist. Die Frau mit langen, blonden Haaren und dunkeln, grünen Augen verbeugt sich vor mir und ich tue es ihr nach, während ich Jimin aus meinem Augenwinkel dabei beobachte, wie er sich von der Gruppe löst und sich an einer Säule platziert, die gefährlich nahe am Abgrund, der rund um den Tempel in die Tiefe führt, steht. Er blickt einmal nach rechts, ins Innere des Tempels und danach nach links, auf die Menschen am unteren Treppenende, bevor er wieder zu mir und meinen Freunden sieht.
Langsam folgen wir der Priesterin ins Innere des Tempels, wo es trotz der Sonneneinstrahlung angenehm kühl ist. Wir beginnen uns als erstes Gesicht und Hände mit dem Wasser, das in einer in den Boden eingelassenen Mulde gefüllt wurde, zu waschen und beginnen danach mit dem langwierigen und ermüdenden Prozess des Sommeraufstieges. Dabei ehren wir die Götter, die uns den Winter überleben haben lassen und bitten sie um gute Ernten und ähnlichem. Als die Sonne irgendwann nach drei auf das Wasser im hinteren Teil des Tempels scheint, vom Wasser bricht und sich über Spiegel und glattpolierten Marmor und Fels vervielfacht ist kein Mucks zu hören, denn die Priesterin tritt an den Treppenabsatz um ein Gebet für die Menschen zu sprechen, was alle Menschen auf dem Plateau unter uns dazu bringt, auf die Knie zu gehen und das Gebet stumm mitzusprechen. Zwei Stunden später beenden wir die Tradition indem wir wieder unsere Gesichter und Hände waschen und danach langsam wieder die Treppen hinunter gehen.
Jimin stösst oben an den Treppen zu uns und in dem Moment spüre ich, wie müde ich eigentlich bin. Schweigend gehen Jimin, meine Freunde und ich die Treppen hinunter, um uns unten wieder in unsere Kutschen zu setzen. Der Assassine bietet ein weiteres Mal seine Hand an, als Byulyi und Yiren einsteigen und wieder nehmen sie seine Hand an. Während ich mich auch ins Innere der Kutsche begebe, dreht sich der Schwarzgekleidete zum Kutscher um, um ihm irgendeine Anweisung zuzuflüstern. Danach steigt er zu uns ins Innere der Kutsche und schliesst die Türe. Sobald das Geräusch der sich schliessenden Türe sich zwischen den Menschen verliert, setzt sich die Kutsche in Bewegung.
Die Fahrt über ist ruhig – aber es herrscht nicht mehr das angespannte, unheilvolle Schweigen, sondern ein müdes Schweigen, in dem jeder froh ist, nicht reden zu müssen. Denn stundenlanges Stehen kann ermüdend sein und Byulyi, Yiren, Eric, Felix und Wooyoung mussten immer wieder ihre Magie spielen lassen, was über längere Zeit ermüdend ist. Ich mustere den Assassinen neben mir – betrachte sein perfektes Profil, einige Narben, die sich über seinen Hals und sein Gesicht ziehen und frage mich, von wo sie stammen, wer sie ihm zugefügt haben.
Es ist mir egal, dass ich Byulyis und Yirens Blicke immer wieder auf mir spüre, es ist mir egal, was sie denken, während sie mich beim betrachten beobachten. Der Einzige, der niemanden ansieht, ist Jimin. Der Assassine starrt durch die fehlende Scheibe und betrachtet den Wald, so als ob er mehr darin sehen könnte als nur Bäume, Steine, Tiere und Moos. Er hat seinen Kopf leicht schief gelegt und seine undurchdringliche Maske abgenommen. Darunter ist ein ruhiges Gesicht hervorgekommen – keine scharfen Gesichtszüge. Der Schwarzgekleidete wirkt tiefenentspannt und als wir 45 Minuten später wieder in Leriba ankommen, sieht er immer noch mit diesem Ausdruck im Gesicht in die Weite der Felder, die rund um die Küstenstadt liegen.
Als wir an der Burg ankommen, setz sich der Assassine seine Kapuze wieder auf und wieder bietet er Byulyi und Yiren seine Hand an, die sie ein weiteres Mal ergreifen. Wir gehen stumm durch die Flure der Burg auf unsere Zimmer zu. Ich verabschiede mich von meinen Freunden und gehe danach mit meinem schweigsamen Schatten zu meinem Zimmer, vor dem ein Soldat der königlichen Garde steht und mir, ohne zu zögern, Einlass gewährt. Sobald die Tür hinter Jimin ins Schloss fällt, lasse ich meine Schultern nach unten sacken und reibe mir über meine müden Augen.
»Du solltest dich ein wenig ausruhen. Es gibt erst in ein paar Stunden Abendessen«, sagt der Schwarzhaarige und ich zucke leicht zusammen. Er hat seit Stunden nicht mehr geredet. Seine Stimme klingt genauso müde, aber ich weiss, dass er sich nicht ausruhen wird, bis ich mich abends in das grosse Bett legen werde und schlafen werde. Ich nicke leicht, ziehe mir das Jackett aus und streife meine Schuhe von meinen Füssen, bevor ich auf das Bett zugehe und mich auf die weiche Matratze fallen lasse. Es vergeht keine Minute und meine Augenlieder klappen zu, um mich nicht an einem kurzen Nickerchen mehr stören zu können.
###
es tut mir wirklich leid dass momentan nicht wirklich viel von mir zu hören ist aber ich verspreche, dass es wieder besser wird, wenn ich wieder schule habe
pewpew
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro