3.4
Snowwhite - 3. Mord
I R W I N
"Na dann denk mal darüber nach wie sehr dich der Stowaway und ich dich hier vermisst haben", lachte Porter, konnte es immer noch nicht glauben das ich ihn nach so langer Zeit wieder einmal besucht hatte.
"Es tut mir leid", war alles was ich sagte, es war ehrlich gemeint, es tat mir wirklich leid.
"Ich versteh das schon, hattest einfach viel zu tun. Buchlesungen, schreiben musst du ja auch", begann er aufzuzählen doch ich wank nur ab. "Alles keine Ausrede Porter, du hast ja auch fast einen 24 Stundenjob hier."
"Jetzt bist du ja wieder da", lächelte er mich an. "Das müssen wir natürlich feiern", sagte er plötzlich und drehte sich zum Alkoholregal um. Er durchforstete ein Regal nach dem anderen. "Aha! Wusste ichs doch!", rief er dann zufrieden aus und griff nach einer Flasche.
Mit einem Grinsen im Gesicht platzierte er diese und zwei kleine Shot-Gläser vor mir. "Bester Scotch, der Teuerste von allen."
"Den bezahl ich dir aber", sagte ich sofort, immerhin wusste ich, dass die Kneipe nicht mehr so gut lief wie sie es eigentlich sollte. Immer weniger Leute kehrten hier ein und schon im ganzen Viertel ist bekannt, dass Porter in finanziellen Schwierigkeiten steckt.
"Nur über meine Leiche", antwortete er mir und schenkte uns beiden ein. "Auf dich und dein neues Buch", rief er freudig, stoß mit mir an und kippte sich das hochprozentige, alkoholische Getränk die Kehle runter. Auch ich tat es ihm gleich, nur trank ich nicht auf mein Buch, nicht nach denn aktuellen Ereignissen.
"Stimmt was nicht Ash?", fragte mich der Barbesitzer und musterte mich sehr besorgt. Er war immer schon ein herzensguter Mensch, sorgte sich immer um alles und jeden. Selbst wenn er selber in Sorgen ertrank, so hatte er immer ein offenes Ohr für seine Mitmenschen. Er war Gold wert.
"Hast du noch nichts von den Morden gehört, die seit einigen Tagen hier passieren?", fragte ich ihn unglaubwürdig. Er sah traurig zu Boden. "Doch", sagte er heißer.
Warum reagierte er so? Er hatte doch nichts damit zu tun oder?
"Isabel", sagte er leise. Mein Kopf begann zu rattern, Isabel, irgendwie kam mir der Name bekannt vor. Dann fiel es mir wieder ein. Isabel, so hieß das erste Opfer.
"Isabel Root? Kanntest du sie etwas?", fragte ich ihn schockiert.
"Sie war meine Verlobte, wir wollten nächstes Jahr heiraten", sagte er den Tränen nahe und schenkte sich noch einen sündhaft teuren Scotch nach, dem ich ihm nur mehr als vergönnt war.
Wieder überkamen mich Schuldgefühle. Alle diese Menschen musste nur wegen mir sterben, hätte ich dieses Buch nie geschrieben, wäre Isabel garantiert noch am Leben und mein Freund hätte endlich einmal Glück in seinem Leben.
"Ashton? Was ist denn nur los?", fragte er mich abermals mehr als nur besorgt. Da war es wieder, diese Eigenschaft die ich so sehr an ihm liebte, die Fürsorglichkeit gegenüber anderen, die er immer über seine eigenen Probleme stellte, mögen sie auch noch so schlimm sein.
"Der Mörder deiner Verlobten arbeitet mit meinem Buch als Vorlage", sagte ich beschämt, doch er verstand nicht. Er sah mich nur mit großen Augen an, man konnte die Fragezeichen darin wortwörtlich sehen.
Also begann ich die Geschichte ganz von vorne zu erzählen, lies kein Detail aus, auch wenn ich vermutlich nicht über die Ermittlungen sprechen sollte, aber mich an Regel und Gesetze zu halten war noch nie meine Stärke.
Ich begann mit der Veröffentlichung meines Buches, ging danach über zu meiner Verhaftung und beendete meine Erzählungen mit den letzten Stand der Ermittlungen.
"Wow das, oh mein Gott, ich glaube wir können noch einen gebrauchen", stieß er aus und atmete schwer. Wieder füllte er beide Gläser randvoll und schüttete es sich hinunter. Auch ihm tat es ihm gleich. Ich spürte bereits, wie sich der Alkohol in meinem Blut bemerkbar machte, doch ich liebte dieses Gefühl, diesen Rausch, es ist ein aufregendes Gefühl.
"Die Polizei muss aber auch sehr dumm sein, wenn sie denkt du könntest jemanden ermorden", sagte er dann und konnte sogar etwas lachen.
"Weißt du eines habe ich dort gelernt, die Polizei ist nicht immer so schlau in der Birne wie sie tut. Der Komissar tut nur auf böse, in Wirklichkeit ist er nur eine kleine Fliege, dennoch versuche ich ihn mit Respekt zu behandeln, vielleicht wird er eines Tages ja noch ein grandioser Staatsbeamter."
Bei meinen Erzählungen über meine Zusammenarbeit mit der Polizei mussten wir beide oft lachen und das brauchten wir auch. Es war wie früher, ich hatte schon ganz vergessen wie es ist Spaß zu haben und soziale Kontakte zu pflegen.
Während der vielen Rederei haben wir natürlich das ein oder andere Gläschen vergossen und ich war mittlerweile an dem Punkt angekommen und dem ich mich schon sehr konzentrieren musste, um nicht vom Barhocker zu fallen. Die Bar war bereits völlig leer, nur unsere beiden Stimmen und Gelächter war noch zu hören.
"Ich sollte langsam mal echt nach Hause", säuselte ich.
"Vielleicht hast du recht, ich muss in vier Stunden bereits wieder aufschließen, sonst entgeht mir das Mittagsgeld", antwortete mir Porter und ich nickte ihm zu.
Vorsichtig stand ich von dem hohen Barhocker auf, mit dem ich normalerweise keine Probleme hätte, immerhin war ich nicht gerade klein, aber der hohe Alkoholspiegel in meinem Blut erweiste mir dann doch das ein oder andere Hindernis.
"Man sieht sich Ashton", sagte er und gab mir einen Handschlag.
"Ich verspreche es", gab ich ihm lächelnd zurück, was ihn sichtlich freute. "Diese Tür steht dir immer offen, ich hoffe das weißt du."
Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich mich wieder lebendig und das war nicht nur die Schuld des Alkohols, es war Porters verdienst. Nach all den Jahren ließ er mich nie hängen und verurteilte mich für keine einzige Entscheidung die ich in meinem Leben getroffen hatte, sei es auch noch so ein schlechte gewesen.
"Danke", antwortete ich ihm und überreichte ihm das ganze Geld, welches ich ihm nach dem heutigen Abend schuldig war, mit großzügigem Trinkgeld versteht sich.
"Aufs Haus hatte ich doch gesagt", sagte er und lehnte ab, doch ich bestand darauf. Nach einigen Diskussionen nahm er es dann schlussendlich doch an und man bemerkte, wie ihm eine große Last von der Schultern fiel. Er konnte wohl damit einige seiner Rechnungen begleichen und das war genau das, was ich damit erreichen wollte.
Ich verabschiedete mich noch einmal von ihm, stieg in ein Taxi und ließ mich nach Hause fahren, den zu Fuß hätte ich in meinem Zustand wohl ewig gebraucht.
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