2.4
Sleeping Beauty - 2. Mord
I R W I N
"Wie war das? Natürlich, ich mache mich sofort auf den Weg! Nein! Nein, fangen Sie noch nicht an. Ja, ja ich beeile mich. Ja, natürlich, ja ich halte mich daran." Nach diesen Worten legte ich auf und steckte mein Handy zurück in meine Hosentasche. Schnell zog ich mir meinen Mantel über und wollte gerade zur Tür hinauslaufen, als ich mich wieder an etwas erinnerte. Nämlich an das zierliche Wesen einer Frau, die mich mit großen Augen beobachtete.
"Ach ja, da war ja was", sagte ich eher zu mir selber und drehte mich in ihre Richtung, sodass ich mich wieder von ihren großen, braunen Augen hypnotisieren lassen konnte.
"Was ist los? Gibt es was Neues?", fragte sie mich neugierig und man konnte ein Strahlen voller Aufregung in ihren Augen erleuchten sehen.
"Okay, kleine Kurzfassung: Es gibt einen neuen Verdächtigen in dem Fall und ich wurde gebeten mich sofort auf den Weg zum Polizeiamt zu machen, um bei der Verhörung dabei zu sein, immerhin kannte ich meine Fans am besten und könnte vielleicht beurteilen, ob er lügt oder vielleicht doch die Wahrheit spricht", erklärte ich ihr wobei ich das Wort sofort, besonders betonte, immerhin war ich schon jetzt spät dran und durfte keine Sekunde mehr verlieren.
"Sie können hier warten!", fügte ich noch hinzu und machte mich sofort auf den Weg, ohne ihr noch eine Gelegenheit zu geben zu antworten.
Okay es war sicher keine all zu normale Idee eine wildfremde Frau alleine in meiner Wohnung zu lassen, aber was sollte sie großartig dort anstellen? Ich hatte keine sonderlich teuren Wertgegenstände dort, da ich, obwohl ich sehr reich war, keinen großen Wert auf Luxusgegenstände legte, immerhin verbrachte ich meine Freizeit sowieso zu 90% vor meinem Laptop und der war dreifach gesichert und ich hatte ein Back-Up meiner gesamten Speicherkarte an einem Ort versteckt, denn niemals jemand finden würde.
17 Minuten später trudelte ich aus der Puste beim Polizeiamt ein.
"Da sind Sie ja endlich!", tadelte mich der Komissar, was ich allerdings gekonnt ignorierte. "Ich muss mir noch kurz einige Unterlagen holen, Deputy Johnson wird Sie in der Zwischenzeit mit dem Verdächtigen vertraut machen."
Ach? Ich bin spät dran und ihm war es nicht einmal möglich in 20 Minuten eine Akte zu holen? Bullen.
"Es handelt sich um einen Gewissen, uh, Moment", brach der Deputy mitten im Satz ab und musste auf seinen Notizzettel spicken. "Der Mann heißt Derek Charlsen, wurde schon einmal wegen Drogenkonsums festgenommen, allerdings keine harten, woraufhin er nur eine Verwarnung bekommen hat. Sonst ist er noch nicht polizeilich aufgefallen, aber stille Gewässer sind tief, wie man so schön sagt oder?", versuchte er einen Witz zu reißen, der mich allerdings überhaupt nicht beeindruckte, ich trotzdem versuchte zu Lächeln, da er mir schon etwas leid tat.
Ich wollte mich gerade auf den Weg zum Verhörraum machen, als mich Johnson nochmal zurück rief.
"Um ein Haar hätte ich vergessen Ihnen das Wichtigste zu erzählen. Der Grund warum wir ihn eigentlich verdächtigen."
Da erzählt er mir tatsächlich die halbe Lebensgeschichte dieses Mannes und vergisst ernsthaft, dass einzige was mich überhaupt interessiert? Vielleicht hätte ich doch nicht aus Mitleid versuchen sollen zu Lächeln.
"Ja?", drängte ich ihn bereits etwas genervt.
"Also, er betreibt eine Art Website, auf der jedes Ihrer Bücher genau unter die Lupe genommen wird und alles dokumentiert und kommentiert wird. So eine Art Irwin-Fanpage, für Hardcore Fans, die sich untereinander mit Leseerfahrungen austauschen wollen. Wir sind auf diese Seite gestoßen und mussten feststellen, dass dort jeder Mord ihres derzeitigen Buches genau untersucht wird und kommentiert wird. Als wir seine Wohnung durchsucht haben, haben wir bemerkt, dass er jedes einzelne Buch von Ihnen in dreifacher Ausführung besitzt, die meisten davon handsigniert. Beim Durchblättern dieser Bücher ist uns aufgefallen, dass die einzelnen Mordszenen mit verschiedenen Textmarkern markiert wurden und auch kleine Randnotizen geschrieben wurden. Das Verdächtigste allerdings war eine große Pinnwand, die anhand eines roten Fadens einen Plan darstellte, wie man am besten einen Mord begeht."
Schnell ratterte er diese Informationen herunter, abgelesen von seinem Notizblock versteht sich. Ich konnte mir mit großer Mühe alles einprägen und musste zugeben, auch für mich klang das sehr verdächtig, allerdings wollte ich den Verhörraum nicht schon mit einem gefällten Urteil betreten.
"Sind Sie so weit Mr. Irwin?", fragte mich der Komissar, der gerade eben mit der Akte zurückgekehrt war. Ich nickte ihm zu und wollte gerade die Türklinke nach unten drücken, als er mich aufhielt und mich ernst ansah.
"Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass normalerweise kein Außenstehender dazu befugt ist bei einer Verhörung dabei zu sein, deshalb bitte ich Sie nichts zu sagen und sich möglichst unauffällig zu verhalten", ermahnte er mich.
"Aber natürlich Herr Komissar", sagte ich gezielt freundlich und auch ein bisschen provokant.
Ich denke ja gar nicht daran ruhig zu sein.
Gemeinsam mit dem Komissar betrat ich den Verhörraum und musste mich sofort zusammenreißen um nicht auf der Stelle laut los zu lachen. Vor uns saß ein kleiner, verängstigter Mann, der überhaupt nicht aussah, wie wenn er auch nur eine Fliege ermorden könnte.
Und das soll unser Mörder sein? Das würde mein Ego sehr verletzen, wenn dieser Mann es tatsächlich geschafft hätte meine grauenhaften, niedergeschriebenen Morde in die Tat umzusetzen.
"Also Mr. Charlsen", begann der Komissar, allerdings schenkte der Verdächtige ihm keine Aufmerksamkeit mehr.
"Oh mein Gott, Sie sind Mr. Irwin höchstpersönlich! Was für eine Ehre! Ich habe sie schon das ein oder andere Mal bei einer Buchsignierung gesehen, allerdings war diese immer nach einigen Sekunden vorbei und ich konnte nur einen kurzen Blick auf sie erhaschen. Festgenommen zu werden hat sich ja doch noch belohnt gemacht, auch wenn ich überhaupt keine Ahnung habe, warum ich überhaupt hier bin. Geht es um die Drogen-Sache von vor zwei Jahren? Ich schwöre ich nehme nichts mehr! Sie glauben mir doch, oder Mr. Irwin?"
Ich wollte gerade antworten, als der Komissar mir schon ins Wort fiel.
"Jetzt ist aber Ruhe hier! Erstens, nein, es geht nicht um die Drogen! Und Zweitens, es ist egal, ob Ihnen Mr. Irwin glaubt, dass wichtige ist das ich Ihnen glaube und momentan sieht es so aus als wären Sie unser gesuchter Serienmörder, oder wie wollen Sie uns das erklären?", fragte er und reichte ihm Ausrucke von seiner Website und Fotos seiner Pinnwand.
"Ich? Ein Serienmörder?", er wurde ganz blass im Gesicht und ich hatte schon Angst der Arme könnte jede Sekunde vom Stuhl kippen.
"Was hat diese Website auf sich?", fragte ich ihn gezielt, aber nicht einschüchternd, immerhin wollte ich den zusammengekauerten Mann nicht noch mehr verängstigen.
"Ich bin einfach ein sehr großer Fan von Ihnen und wollte auf dieser Seite mit ähnlichen Menschen kommunizieren. Dürfte ich eventuell ein Autogramm haben?"
Ich fühlte mich geschmeichelt und wollte gerade meinen Stift zücken.
"Mr. Irwin ich muss doch sehr bitten", ermahnte mich der Komissar und ich beschloss ihn wieder weg zu stecken.
"Und die Pinnwand? Was hat dies zu bedeuten?", fragte ich ihn erneut und konnte aus dem Augenwinkel sehen, dass es dem Komissar gar nicht gefiel, dass ich hier seine Arbeit machte, allerdings genoss ich es dabei zu zu sehen wie er innerlich vor Wut kochte.
"Wissen Sie, ich plane einen eigenen Kriminalroman zu schreiben, da ich einmal genau so erfolgreich werden möchte wie Sie."
"Ausrede! Billige Ausrede! Und jetzt rücken Sie endlich raus mit der Wahrheit, bevor ich sie einsperren lasse!", schrie ihn der wütende Bulle neben mir an.
Wie unprofessionell.
"Aber das ist die Wahrheit! Ich habe schon 27 Kapitel beschrieben, allerdings bin ich immer noch nicht zufrieden mit der Szene des Mordes, deshalb habe ich damit begonnen, alles genau zu planen, um das Kapitel noch realer zu gestalten! Sie können dies gerne überprüfen, auf meinem Laptop habe ich alles gespeichert", sagte der Verdächtige mit zittriger Stimme.
"Oh ja, das werden wir und Gnade Ihnen Gott, wenn Sie gelogen haben."
Sofort erteilte er Johnson den Auftrag nach seinem Laptop zu suchen, dieser wurde allerdings bereits vor wenigen Minuten von der Spurensicherung am Revier abgegeben.
"Passwort?", fragte er Charlsen grob.
"OneDayIllBeLikeIrwin", schrieb er auf einen Zettel und Rex verdrehte nur genervt die Augen.
Der Deputy machte sich sofort an die Arbeit, während wir zusammen mit dem Verdächtigen im Raum blieben und Rex ihn mit seinen Blicken versuchte zu durchbohren.
Nach einigen Minuten allerdings wurde der Komissar ungeduldig und forderte mich auf zusammen mit ihm den Raum zu verlassen, was ich auch tat.
"Er war's nicht", waren die ersten drei Worte die ich sagte, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen habe.
"Woher wollen Sie das wissen Mr. Irwin?"
"Ich bin Krimiautor, ich weiß wie Serienmörder ticken und er ist definitiv keiner."
Rex wollte gerade antworten, als der Debuty auf uns zukam, anscheinend hatte er neue Informationen über den Laptop des Verdächtigen.
"Mr. Irwin hat wohl recht, die Kapitel wurden gefunden und das Kapitel mit der Mord-Szene stimmt mit den Notizen auf seinem Notizbrett überein", gab er bekannt und ich begann zu grinsen. Rex gefiel es gar nicht, aber was sollte er tun? Ihm blieb nichts anderes übrig, als den armen Kerl frei zu lassen.
Schnell zückte ich noch meinen Stift und kritzelte ein Autogramm auf ein Stück Papier und überreichte es dem Verdächtigen, der sich ein Lächeln das über beide Ohren ging, nicht verkneifen konnte.
"Also, wenn Sie mich dann entschuldigen würden Herr Komissar", sagte ich und machte mich wieder auf den Weg nach Hause.
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