Kapitel 8
„Hast du dein Handy dabei?", wollte ich von Kilian wissen, jedoch schien er mich wieder ignorieren zu wollen. Seufzend lehnte ich meinen Kopf gegen den kleinen Schrank. Wieso musste ich auch ausgerechnet mit Kilian hier landen? Wieso nicht mit irgendeinem hübschen Jungen, der auch mit mir reden wollte? Der nett und offen war? Und nicht so griesgrämig wie Kilian.
„Der gesprächigste bist du ja nicht unbedingt, oder?", fragend sah ich ihn an.
Er sah irgendwie müde aus. Als wenn er Tage nicht geschlafen hätte, oder irgendwelche Probleme hätte. Kurz fühlte ich mich schlecht, weil ich so negativ von ihm dachte. Schließlich war er auch nur ein normaler Schüler, mit den alltäglichen Problemen. Und manche Probleme konnten einen ziemlich belasten.
„Ich weiß, dass du mir nicht antworten wirst, aber ich hoffe, dass alles gut bei dir ist."
Kilians Augenbrauen zogen sich zusammen und in seinen Augen spiegelte sich Verwirrung wider, als er zu mir schaute. Eine kleine Haarsträhne fiel ihm ins Gesicht.
„Du siehst ziemlich fertig aus", erklärte ich mein Verhalten, woraufhin er anfing zu schmunzeln.
„Gibst du mir etwa keine Komplimente für mein Aussehen?", spottete er und ich merkte, dass er offensichtlich ziemlich oft welche bekam.
„Warum sollte ich?", hinterfragte ich seine Aussage. Erwartete er nun von jedem Komplimente zu bekommen? Also wirklich, der hatte sie ja nicht mehr alle!
Kilian sah mich kurz an, bevor er wieder neben mich sah. „Weil ich ziemlich gut aussehe, deswegen."
Wow. Da war mir der stille Kilian plötzlich doch wieder lieber.
„Du siehst wohl eher ziemlich beschissen aus im Moment." Ich schloss genervt meine Augen und hoffte zum ersten Mal in meinem Leben, dass Kilian die Klappe halten würde. Jetzt wollte ich nichts mehr über ihn wissen. Nicht, wenn er mir so arrogante Antworten entgegen schoss.
Und als hätte er meine Gedanken gelesen, tat er es auch. Zum Glück für ihn. Denn meine Laune wurde schlechter und mir wurde kälter. Ich wünschte, ich hätte die Jacke doch mitgenommen, denn ich fühlte mich ganz und gar nicht wohl.
Ich zog die Beine an meinen Körper und fing leicht an zu zittern. Ich bemerkte Kilians Blicke, doch diesmal ignorierte ich es. Ich wollte einfach nur die Zeit schnell hinter mich bringen. Ein paar Minuten vergingen und mit jeder Sekunde die verstrich, wünschte ich mir immer mehr, endlich in meinem Bett zu liegen.
Ich versuchte aufzustehen, um nach etwas warmen zu suchen. Doch ich musste mich mit ganzer Kraft am Schrank festhalten, um überhaupt aufzustehen. Kilian sagte immer noch nichts und ich fing langsam an, nach hinten zu gehen, um nach einer Decke zu suchen. Hoffentlich war hier irgendwas. Mein Blick glitt in jede Ecke, doch ich hatte noch nichts entdeckt.
Und plötzlich wurde mir kurz schwarz vor Augen, weswegen ich mein Gleichgewicht verlor und den kleinen Tisch, an dem ich mich eigentlich festhalten wollte, mit mir nach unten riss. Ich öffnete meine Augen und schluckte schwer. Verdammt, konnte ich jetzt nicht mal mehr stehen?
Ich sah im Augenwinkel, wie Kilian sich mir näherte und vor mir stehen blieb. „Was ist los mit dir?"
Es klang eher nach einem Vorwurf, anstatt einer Frage. Doch ich zog die Beine wieder an meinen Körper und antwortete nicht. Ich hatte Schmerzen. Der Aufprall würde sicherlich blaue Flecken hinterlassen.
„Komm, steh auf." Kilian reichte mir seine Hand, doch ich schüttelte den Kopf.
„Ich kann nicht, mir geht's nicht gut." Ich hatte so Durst und solch einen Hunger. Wann hatte ich heute gegessen? Hatte ich heute überhaupt schon was gegessen? Ich wusste es nicht.
Kilian seufzte und zog seinen Pullover aus, den er mir überreichte. „Hier zieh den an."
Mit großen Augen sah ich zu ihm. „Danke." Ich zog den Pullover direkt über meinen Kopf und mich umhüllte sofort ein angenehmer Geruch.
Kilian setzte sich neben mich auf den Boden und eine Zeit lang schwiegen wir, bis mir wieder die Frage in den Kopf kam, die ich unbedingt wissen wollte.
„Warum bist du eigentlich plötzlich im Theaterkurs, Kilian? Du hast dich doch auch sonst nie wirklich dafür interessiert." Fragend blickte ich ihn an, doch seine Gesichtszüge änderten sich kein Stück. „Ich würde es wirklich gerne wissen."
„Du bist viel zu neugierig, Chloe. Wusstest du das?" Ich glaube das war das erste Mal, dass er meinen Namen genannt hatte. Was für ein Wunder, dass er ihn überhaupt kannte.
„Ja, das war ich schon immer und daran wird sich auch nichts ändern. Ich finde alles irgendwann heraus."
Kilian schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht."
Warum war er nur so kühl und ließ niemanden an sich heran? Ich würde gerne mehr über ihn erfahren, aber das ging wohl schlecht, wenn er immer auf Distanz aus war. Kein Wunder, dass so viele Leute sich auf sein Aussehen konzentrierten, wenn er ihnen nichts anderes gab.
„Du bist echt verdammt gut", seufzte ich. „Eigentlich schade, dass du jetzt erst dazugekommen bist."
„Wieso? Weil ich so gut aussehe und jeden Fuckboy verkörpern könnte?" Kilian grinste mich an, während ich schnaubte
„Mein Gott! Dreht sich bei dir alles ums Aussehen, oder was? Du hast echt Probleme, Kilian." Ich krallte mich noch mehr in den Pullover. Ich wollte einfach nur weg, egal wohin. Hauptsache ich musste diesen arroganten Idioten nicht ertragen.
„Ich sehe halt scheiße gut aus", schmunzelte er.
„Das ist wohl das einzige, womit du angeben kannst, was? Hast du noch was anderes auf Lager? Oder war das alles, was du kannst?" Angriffslustig sah ich ihn an, jedoch schien Kilian in Gedanken zu sein. „Weißt du Kilian, Aussehen ist nicht alles."
„Das sagt man immer nur so, aber das stimmt nicht", widersprach er mir schnell.
„Ach, findest du das wirklich? Hast du denn jemals ein anderes Kompliment bekommen?" Kilian mied meinen Blick und damit hatte ich offensichtlich meine Antwort.
„Und wenn ich dir sage, dass du so gut schauspielern kannst, wie keiner den ich kenne und dass ich dir alles sofort glauben würde, was du sagst, würdest du dich nicht mehr über sowas freuen, als wenn ich sagen würde, dass du gut aussiehst? Würde das nicht viel länger in deinem Gedächtnis bleiben?" Ich schloss kurz die Augen und atmete durch. „Es sind nicht immer die äußerlichen Komplimente, über die man sich am meisten freut. Man denkt es vielleicht am Anfang, aber so ist es nicht." Ich sah rüber zu Kilian, der nachdenklich an die Wand starrte und wieder nichts von sich gab.
Gerade, als ich mich wieder nach hinten lehnen wollte, hörte ich, wie die Tür geöffnet wurde. „Chloe?! Kilian?!", hörte ich Frau Mainer rufen und ich seufzte erleichtert. Endlich.
Kilian und ich standen gleichzeitig auf und gingen zum Eingang, wo Frau Mainer bereits auf uns wartete. „Es tut mir schrecklich leid. Ich wusste nicht, dass ihr eingesperrt wart." Ich nickte verständnisvoll, während Kilian eher wütend aussah.
„Ich gehe nie wieder in diesen scheiß verfluchten Keller!" Wütend stampfte er davon, während ich mit Frau Mainer in die Halle ging, um meine Jacke zu holen, damit ich auch endlich nach Hause gehen konnte.
Doch als ich sie gerade anziehen wollte, wurde mir bewusst, dass ich immer noch Kilians Pullover anhatte. Ich sollte ihn am besten heute noch waschen, damit ich ihm den Pullover so schnell wie möglich wieder zurückgeben konnte. Ich wollte ihn nämlich sicher nicht behalten, denn der Gedanke daran, dass tausend andere Betthäschen von Kilian ihn anhatten, verschaffte mir eine unangenehme Gänsehaut.
Wie konnte man sich überhaupt auf Kilian einlassen? Er war so verdammt abweisend und unsympathisch. Ich konnte einfach nicht verstehen, was so viele so toll an ihm fanden. Er war einfach nur ein selbstsüchtiger Arsch.
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