Kapitel 5
Je später es wurde, desto mehr füllte sich die Kneipe. Die Stimmung wurde ebenfalls besser. Die meisten hatten schon etwas getrunken und die Runde füllte sich mit vielen Gesprächen.
Ich war super glücklich, doch eine Person musste es mir offensichtlich versauen.
Yannik. Mein Ex-Freund. Und das war er zurecht.
„Chloe." Yannik steuerte auf mich zu, woraufhin ich seufzen musste.
„Was willst du?"
„Etwas plaudern, also wie geht es dir?" Er schnappte sich einen Stuhl und setzte sich neben mich.
„Seit dem wir uns nicht mehr sehen, geht es mir besser als jemals zuvor." Ich versuchte ihm die Schulter zu kehren und konzentrierte mich auf die Mädels, die im Moment irgendwas von Schminke besprachen.
„Ach komm schon, wir hatten doch ne tolle Zeit." Yannik strich mir die Haare nach hinten und ich wich angewidert zurück.
Wir hatten eine tolle Zeit? Der Vollidiot hatte sie ja wohl nicht mehr alle! Der konnte mir wirklich gestohlen bleiben.
„Nein, das hatten wir nicht und jetzt geh bitte."
„Und wenn ich nicht will?" Wieso konnte er nicht endlich aufhören? Wir waren seit einem Jahr getrennt und ich versuchte ihm wirklich zu verdeutlichen, dass ich absolut kein Interesse mehr an ihm hatte.
„Dann gehe ich." Ich stand von meinem Platz auf und machte mich auf den Weg nach draußen.
Ich brauchte etwas Luft und Abstand. Abstand von Yannik.
Ich ließ mich auf eine Bank fallen und sah nach oben. Die Sterne glitzerten am Himmel und ich musste unwillkürlich an das Theaterstück denken und daran, wie glaubwürdig Kilian seine Sätze rübergebracht hatte.
Auch, wenn ich Kilian kaum kannte, so konnte ich ihn doch trotzdem mehr ertragen, als Yannik. Denn Yannik war der letzte Mensch auf Erden, den ich um mich herum haben wollte.
Ich war damals 16, als wir zusammen waren. Es hatte ganze vier Monate gehalten und um ehrlich zu sein, fand ich es einfach nur peinlich. Es war diese Art von Beziehung, die man nicht als richtige Beziehung ansah. Diese Art, die nicht traumhaft war, sondern toxisch und voller Tränen. Es war keine Liebe. Es war einfach nur Wunschdenken.
Yannik hatte mich betrogen. Damals dachte ich, dass wir beide für immer zusammen bleiben würden, aber ich hatte einfach nicht gesehen, was für ein Vollidiot er war. Ich weiß selber nicht mehr, was ich so toll an ihm fand. Alle meine Freunde hatten mich gewarnt, aber ich wollte auf niemanden hören.
Deswegen wollte ich unbedingt einen vernünftigen Jungen finden, denn ich hatte das Gefühl, dass sie immer seltener wurden und ich nur noch Idioten begegnete.
Ich schloss meine Augen seufzend, als ich bemerkte, dass es keinen Sinn hatte, wenn ich mich weiter über Yannik ärgern würde. Es war Vergangenheit und damit wollte ich nichts mehr zu tun haben.
Ich lauschte in Ruhe der abendlichen Stille und versuchte mich nur noch auf den Geburtstag zu konzentrieren. Schließlich war ich deswegen hergekommen. Und nicht wegen Yannik oder Kilian. Ich wollte nur einen guten Abend haben. Mehr nicht.
Als mir langsam wieder kälter wurde, stand ich von der Bank auf, um mich wieder nach innen zu begeben. Die warme Luft strömte sofort auf mich zu und umhüllte meinen Körper, so dass ich eine Gänsehaut bekam.
Yannik war nicht mehr bei meinen Freunden und ich war durchaus erleichtert, dass ich ihn nicht mehr sah. Er hatte hoffentlich verstanden, dass er hier nicht willkommen war.
Ich setzte mich wieder neben Kate, die mich sofort neugierig ansah. „Wo warst du? Und warum war Yannik hier?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich glaube er hat wieder zu viel getrunken und ist deswegen auf mich zugekommen. Ich war nur kurz draußen, weil ich ihn nicht mehr ertragen habe."
„Ich verstehe einfach nicht, warum er immer wieder auf dich zukommt."
„Wer versteht schon Jungs?", grinste ich und Kates Blick wanderte hinter mich.
Ich drehte mich kurz um und entdeckte Kilian, der skeptisch zu uns sah. Er spülte einige Gläser und war so schnell, dass ich mich fragte, ob er öfter hier war. Oder ob er nur manchmal aushalf. Mit seiner nassen Hand streifte er eine Haarsträhne, die ihm ins Gesicht gefallen war, wieder nach oben und konzentrierte sich dann auf die Gäste.
„Er ist wirklich hübsch", kommentierte Kate sein Aussehen und sah mich verführerisch an.
„Ja, das ist er, aber mehr auch nicht", meinte ich und versuchte unbeeindruckt zu sein, denn schließlich war Aussehen nicht alles.
„Du bist wohl immer noch sehr skeptisch was ihn betrifft, oder?", hakte Kate nach und spielte mit einer braunen Locke in ihrer Hand.
„Ja, irgendwie schon", gestand ich.
Ich wollte gerade nach meinem Bierglas greifen, als eine Hand hinter mir nach dem Glas reichte. Ich sah hinter mich und entdeckte Kilian, der mein Glas auf sein Tablett abstellte und die anderen leeren Gläser von unserem Tisch abräumte.
Die Mädels quatschten einfach munter weiter und schienen ihn gar nicht bemerkt zu haben, wohingegen ich jede Bewegung musterte.
Kilian ging anschließend wieder zur Theke und ließ mich verwirrt zurück. Mein Glas war fast komplett voll gewesen? Warum zur Hölle hatte er es weggenommen?
„Was war das denn?", kicherte Kate neben mir.
„Das werde ich jetzt herausfinden." Ich stand auf und ging auf die Theke zu, an der Kilian gerade mein Bierglas am Waschbecken ausleerte.
„Was soll das?" Verwirrt sah ich ihm dabei zu. Kilian wäre allerdings nicht Kilian, wenn er mich nicht ignorieren würde.
„Kilian?" Er sah zu mir hoch. „Warum hast du mir mein Bier weggenommen?"
„Ich glaube, ihr solltet nicht so viel trinken. Ihr seid viel zu jung." Mein Mund klappte auf und wütend sah ich ihn an.
War das ein Witz, oder meinte er das vollkommen ernst? Was war denn bitte in ihn gefahren, dass er nun darüber bestimmte, wie viel ich trinken konnte und wie viel nicht? Das war ja wohl immer noch meine alleinige Entscheidung.
„Das ist doch nicht dein ernst? Was fällt dir eigentlich ein, Kilian? Ich habe dafür bezahlt und du nimmst es mir einfach aus der Hand?! Außerdem bin ich nur ein Jahr jünger, als du."
„Ja und siehst du mich etwa trinken?" Vorwurfsvoll sah er mich an.
„Also ehrlich, hast du keine Manieren?!" Genervt stampfte ich davon und sah zu den Mädels in die Runde.
„Tessa?" Sie saß hinten in der Ecke. Ich entdeckte ihre roten Haare bereits von hier.
„Ja?!", rief sie.
„Kannst du mich bitte nach Hause fahren?" Tessa nickte und ich umarmte Emma noch schnell zum Abschied, bevor ich an die Eingangstür ging und auf Tessa wartete.
Ich wollte einfach nur noch nach Hause, meine Laune war absolut gesunken. Zwei Menschen hatten sich wohl heute Abend zur Aufgabe gemacht, mich zur Weißglut zu treiben. Und das war wirklich nicht so einfach. Aber nun wollte ich einfach nur noch weg, denn ich konnte diesen Abend nicht mehr genießen.
Ich bemerkte Kilians Blick, als ich durch die Kneipe schaute und leider auch den von Yannik. Wie immer, kam Yannik auf mich zu und drückte sich an mich, doch ich schubste ihn von mir weg.
„Lass mich endlich in Ruhe!" Ich schubste ihn genervt von mir weg, als Tessa auf uns zukam und sich zwischen Yannik und mich stellte. Yannik taumelte einige Schritte zurück und musste wohl erstmal realisieren, was passiert war. Und hoffentlich setzte es sich ganz tief in seinem Kopf fest, dass ich ihn zurückgewiesen hatte, weil ich einfach keine Lust mehr auf ihn hatte.
Mit letztem Blick zu Kilian, der mich mit seinem üblichen Blick ansah, verschwand ich aus der Kneipe und atmete draußen erleichtert aus.
„Komm Chloe, ich glaube du hast zu viel getrunken." Tessa hielt mich am Arm fest und zerrte mich zu ihrem Auto.
„Was? Das stimmt doch gar nicht", protestierte ich und setzte mich beleidigt auf den Beifahrersitz.
„Doch, so bist du sonst auch nicht. Normalerweise gehst du Yannik immer friedlich aus dem Weg und versuchst Streit zu vermeiden." Tessa schaltete den Motor an. „Ich glaube Kilians Entscheidung dir das Glas abzunehmen, war richtig."
„Wie bitte?" Entsetzt sah ich zu ihr. „Das meinst du doch nicht ernst."
„Doch, Chloe. Man sollte manchmal einfach nicht übertreiben."
„Das habe ich gar nicht. Außerdem woher will Kilian wissen, wann etwas zu viel für mich ist? Oder für die anderen Mädels?"
Tessa sah konzentriert auf die Straße. „Keine Ahnung, aber er arbeitet bestimmt schon länger dort. Er wird doch bald 19 und wenn er mit 18 angefangen hat, dann ist es fast ein Jahr. Ich denke Kilian merkt, wenn die Gäste zu viel getrunken haben." Kurz sah sie zu mir. „Noch das eine Bierglas wäre sicher zu viel für dich gewesen."
„Aber mir geht es super?"
„Das ist doch gut. Du musst ja nicht so lange trinken, bis du sturzbesoffen bist." Seufzend lehnte ich meinen Kopf gegen die Kopfstütze.
Vielleicht hatte Tessa Recht. Vielleicht hätte ich Kilian nicht anmeckern sollen. Vielleicht war es aber doch richtig. Vielleicht sollte man Kilian mal sagen, dass nicht alles was er tat, in Ordnung war.
Aber, wer wusste schon, was falsch und was richtig war?
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