Kapitel 29
Ich lag müde in meinem Bett. Auch noch Minuten nachdem der Wecker geklingelt hatte, denn ich war in meinen Gedanken die ganze Zeit woanders.
Ich stand glücklich aus dem Bett aus und genau so glücklich setzte ich mich an den Tisch zu meinen Eltern. Beide starrten mich verwirrt an, doch das war mir egal.
„Chloe?" Meine Mutter sah mich an.
„Ja?"
„Du weißt schon, dass du heute Biologie schreibst?"
„Ja, wieso?" Verwirrt über ihre Frage fing ich an mein Brötchen zu beschmieren.
„Und warum bist du dann so gut gelaunt? Du hast dich den ganzen Sonntag über nichts anderes beschwert." Ein amüsiertes Lächeln zierte ihren Lippen.
„Ich hatte quasi Nachhilfe", antwortete ich wahrheitsgemäß.
„Deswegen warst du gestern noch so lange weg, oder?", hakte mein Vater skeptisch nach.
„Ja, deswegen", bestätigte ich und dachte verträumt darüber nach, wie Kilian mich angeschaut hatte.
Meine Güte, er hatte mir unfassbar den Kopf verdreht.
***
Ich betrat strahlend die Cafeteria, wo ich Kate bereits an einen der Tische sitzen sah. Sie unterhielt sich gerade mit John und musste ihn ständig angrinsen.
„Hey." Ich setzte mich gut gelaunt auf einen Platz und strahlte die beiden an.
„Was ist denn mit dir passiert? Ich dachte du kommst jetzt weinend an, weil Biologie so schlecht war."
„Bio war so einfach, ich habe alles verstanden", grinste ich glücklich.
Ich musste mich die ganze Klausur lang echt anstrengen, um nicht über Kilian nachzudenken, weil er mir eben alles erklärt hatte. Aber ich hatte es geschafft. Nach zwei Stunden hatte ich als eine der letzten abgegeben und das gab mir immer ein gutes Gefühl, weil ich eben so viel zu schreiben hatte. Normalerweise hatte ich in Biologie immer als erstes abgegeben, weil ich es hinter mir haben wollte.
„Hast du einen Spicker benutzt?", wollte Kate wissen.
„Kate", seufzte John. „Wir wissen beide, dass ihr nicht einmal ein Spicker in Biologie helfen würde."
„Was soll das denn heißen?" Beleidigt sah ich ihn an.
„Ich liebe dich Chloe, aber du bist ein hoffnungsloser Fall."
Kate kicherte und hätte beinahe ihren Muffin ausgespuckt, wenn sie nicht die Hand davor gehalten hätte.
Wo war ich hier gelandet?
***
Ich hatte Kilian den ganzen Tag nicht gesehen, außer heute Morgen, als wir die Klausur geschrieben hatten.
Doch jetzt hoffte ich, dass er heute zur Theater AG kommen würde. Beziehungsweise ich betete innerlich, denn ich hatte noch nie so Lust gehabt mit Kilian auf der Bühne zu stehen, wie heute.
Und dann kam er natürlich als Letzter durch die Tür mit zehn Minuten Verspätung. Schön, dass sich manche Dinge wohl nie änderten.
Er stellte sich grinsend neben mich. „Und wie war Biologie bei dir?"
„Ausgezeichnet", grinste ich. „Und bei dir?"
„Das wird ne eins", gab er selbstbewusst von sich, was mich zum Lachen brachte.
„Das freut mich."
„Chloe und Kilian ihr seid als erstes dran." Frau Mainer bat uns auf die Bühne und so langsam wurde ich etwas nervös.
Doch ich war so euphorisch, dass ich das kaum bemerkte. Alles worauf ich mich konzentrierte war nur noch meine Rolle und mein Text. Das ist es, was ich schon immer wollte. Dass Menschen mir abkauften, was ich hier spielte. Dass ich andere damit berührte. Dass ich mich selber damit berührte. Dass man nach Hause ging und immer noch darüber nachdenken würde. Genau das wollte ich.
„Du musst mir glauben", flehte ich Kilian an. „Mein Vater war zu Hause, er wollte dass ich dir das sage. Bitte, glaub mir. Ich wollte nur, dass du in Sicherheit bist."
„Und was machen wir jetzt?", wollte Kilian wissen. „Ich will mich nämlich nicht verstecken."
„Wir fahren weg", antworte ich und nahm seine Hände in meine. „Irgendwohin wo wir Abends tanzen gehen können. Wo der Schnee noch mehr fällt, als hier. Wo die Menschen toleranter sind. Wo wir uns die Sterne ansehen können und von etwas Besserem träumen können. Wo wir in Freiheit leben können." Mir lief eine Träne über die Wange. „Wo ich dich in Freiheit lieben kann, denn das tue ich, ich liebe dich."
„Ich weiß nicht, ob ich dir vertrauen kann. Vielleicht belügst du mich wieder. Vielleicht willst du, dass ich mitkomme, damit dein Vater mein zu Hause angreifen kann, wenn ich nicht da bin."
„Was? Das glaubst du?" Ich ließ Kilians Hände los und schluchzte.
„Ich weiß nicht, was ich glauben soll. In dieser verfluchten Welt lügt jeder einzelne! Und du ebenfalls!"
„Ich würde nicht lügen, wenn ich dir sage, dass ich dich liebe."
„Hör auf das zu sagen!", rief Kilian aufgebraucht. „Ich werde jetzt gehen."
Kilian verließ die Bühne und ich ließ mich schluchzend auf meine Knie fallen.
„Ich werde auch gehen", flüsterte ich nach einer Weile zu mir selber und stand dann auf. „Aber ich hatte so gehofft, dass du mit mir kommen würdest, doch jetzt lässt auch du mich alleine."
Ich verließ die Bühne und klatschte dann mit Kilian ab. Dieser lächelte mich glücklich an und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Diese kleine Geste ließ mich beinahe verrückt werden, doch ich musste nur kurz durchatmen und mich zusammen reißen.
„Kinder, kommt mal bitte alle hierher." Frau Mainer deutete auf den Stuhlkreis und jeder setzte sich hin.
„Wir müssen noch ein paar Requisiten besorgen, die wir nicht haben. Hat irgendeiner von euch Zeit? Dann kann ich euch direkt aufschreiben, welche wir brauchen und wo ihr die wahrscheinlich finden werdet."
Meine Hand ging direkt nach oben. Morgen würde ich keine Klausur schreiben, also hatte ich bestimmt Zeit und ein bisschen Ablenkung würde sicher gut tun.
„Oh Danke, Chloe." Frau Mainer überreichte mir die Liste.
„Außerdem wollte ich euch daran erinnern, dass ihr gerne schon das Datum weitersagen könnt. Wir werden in ein paar Wochen vorstellen, am 15.12 und ich denke, dass sich jeder freuen würde, wenn viele Leute zum Stück kommen. Plakate werden in den nächsten Tagen auch noch folgen, darüber müsst ihr euch keine Gedanken machen."
Frau Mainer redete noch weiter, doch ich schaute neugierig auf die Liste und konnte mir schon perfekt vorstellen, wie die Requisiten aussehen sollten.
„Soll ich dir helfen?", flüsterte Kilian mir zu, während die anderen dabei waren die Bühne wieder umzustellen.
„Meinst du bei den Requisiten?", hakte ich nach.
„Ja."
„Klar, du kannst gerne mitkommen", lächelte ich und dachte nervös darüber nach, dass Kilian und ich nachher noch Zeit miteinander verbringen würden.
„Okay, dann bin ich dabei."
Und bei seinen Worten und seiner Zusage, wurde ich nur noch glücklicher. Unfassbar, was Kilian mit ein paar kleinen Gesten auslösen konnte, denn ich strahlte in der Gegend herum und mir war gerade vollkommen egal, ob ich glühte wie verrückt.
Denn ich hoffte, dass ich noch vieles mehr über Kilian erfahren konnte. Egal ob positiv oder negativ, ich würde gerne alles wissen.
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