Kapitel 23
„Beweg dich", flüsterte John und schubste mich leicht nach vorne.
„Wenn ich gleich falle und die ganze Jugendherberge wecke, bist du Schuld", meckerte ich und ging dann leise zur Tür heraus.
Die anderen folgten mir, bis wir uns einige Meter später alle vor der Tür versammelten. Wir durften nachts zwar nicht raus, aber das musste ja schließlich keiner erfahren.
„Also, laut Google müssen wir da lang." Marcel zeigte nach links, weswegen wir ihm alle folgten.
John und ich gingen zum Schluss, was ich direkt als meine Chance nutzte, um ihn auszufragen. „Worüber habt ihr genau geredet?", flüsterte ich ihm zu.
John sah mich kurz an und verstand dann, dass ich auf das Gespräch mit Elias aus war. „Nichts Spannendes." Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe mich nur entschuldigt, weil wir alle wissen, dass er nichts von Typen will. Dabei hat er natürlich herausgefunden, dass ich allerdings auf Typen stehe, aber das wird jetzt sowieso bald allen klar sein."
„Verstehe." Ich nickte. „Und was hat er zu dem Kuss gesagt?"
„Nichts, er hat einfach meine Entschuldigung angenommen. Wir haben nicht weiter darüber geredet", erklärte John, was mir wieder leichte Hoffnung gab.
Vielleicht konnte ich doch irgendwie zu Elias durchdringen. Und vielleicht dachte er nochmal genau darüber nach. Aber jetzt gerade war Frieden einfach die beste Lösung.
***
„Ihhh." John schüttelte sich kurz, bevor er die Tür erneut anfasste. „Ich glaube da war irgendein ekliger Käfer."
Das Gebäude sah alles andere als schön aus und im dunklen konnte man sich definitiv fürchten. Doch da ich Horrorfilme kannte, war ich ein absoluter Experte. Ich wusste genau, was wir im Notfall machen müssten.
Wir betraten nacheinander die Psychiatrie, in welcher sich zwei lange Flure vor uns ausstreckten an deren Seite jeweils mehrere Türen waren.
„Also wo gehen wir lang?", fragte ich und sah in die Runde.
„Vielleicht sollten wir uns aufteilen?", schlug Janette vor, weswegen ich sofort auflachen musste.
„Bist du bescheuert?", entwich es mir sofort und ich schüttelte den Kopf. „Das war ein legendärer Horrorfilm Satz, denn das ist das Letzte was wir machen werden."
Da keiner den ersten Schritt machen wollte, ging Kilian als erster nach links und der Rest der Truppe folgte ihm.
„Alter." Er wedelte mit seinen Händen herum. „Diese scheiß Spinnennetze."
„Heul doch", gab ich frech von mir und lief schnurstracks an ihm vorbei. Dass sein Blick sich wütend in meinen Rücken bohrte, konnte ich mir schon denken.
***
„Leute, wir laufen hier seit Ewigkeiten herum und haben noch nichts gefunden", beschwerte Elias sich. „Sollen wir nicht einfach wieder abhauen?"
Und auch der Rest der Gruppe fing an über den Vorschlag nachzudenken, doch da entdeckte ich das Badezimmer und betrat es sofort.
„Was ist das denn?" Verwirrt sah ich mir die Wände an, die rot beschmiert waren.
„IHHH!", kreischte Janette und verließ direkt wieder den Raum.
„Das ist ja krank", gab Marcel von sich und schoss ein paar Fotos, weswegen ich nur meine Augen verdrehen konnte. Die anderen Jungs guckten nur schräg, bevor wir näher eintraten und den Raum genau untersuchten.
„Alter, da ist Blut in der Badewanne", teilte John uns mit und zeigte auf die Badewanne vor sich.
„Ist ja irre!" Begeistert schoss Marcel noch mehr Fotos.
Bei dem Anblick wurde sogar mir leicht schlecht, da ich mich fragte, wie sowas nur passieren konnte.
„AHHH", schrie plötzlich jemand laut, weswegen wir alle hochschreckten und einen halben Herzinfarkt erlitten. Elias fing an laut zu lachen.
„Fick dich, man", fluchte Marcel und entschied sich dafür sein Handy wieder in die Hosentasche zu stecken.
„Äh Leute." Janette lief in das Badezimmer und sah uns mit großen Augen an. „Da steht jemand am anderen Ende des Ganges."
„Red keinen Blödsinn", gab Kilian genervt von sich.
„Dann geh doch gucken", forderte sie ihn auf, weswegen Kilian den Raum verließ, um dann direkt wieder zu uns zu kommen.
„Ich glaube, dass wir jetzt lieber gehen sollten", schlug er vor, weswegen mein Herz anfing zu rasen. Stand dort etwa wirklich ein Mann?
„Wollt ihr uns verarschen?", hakte ich vorsichtig nach.
„Kommt wir gehen einfach." Kilian ging voran und sah noch einmal nach rechts. Nacheinander verließen wir den Raum und tatsächlich am anderen Ende des Ganges stand eine Person und guckte uns an.
„Hallo?", rief Elias.
„Bist du dumm?", zischte ich. „Sowas sagt man nicht."
„Der macht doch eh nichts", versicherte Elias mir und sah wieder zu dem alten Mann. „Haben Sie nichts Besseres zu tun?"
Ich schlug mir mit der Handinnenfläche gegen die Stirn. So ein Hohlkopf konnte man doch unmöglich sein.
Als der alte Mann allerdings anfing zu gehen und direkt auf uns zusteuerte, sah Elias mich an. „Und was jetzt?"
„LAUFT!", rief ich und lief um mein Leben. Die Schritte der anderen passten sich mir an.
„Macht schneller, wir dürfen uns nicht verlieren und wehe es fliegt jemand auf die Fresse!", warnte ich die anderen. „Den lassen wir zurück."
„Bist du geisteskrank?", wollte Kilian wissen.
„Vielleicht ein bisschen", lachte ich, obwohl es gerade absolut nicht angebracht war.
Irgendwann hielten wir an, da der gruselige Mann außer Sichtweite war. „Also hört zu... wird werden nirgendwo anders mehr reingehen, wir werden uns nicht trennen, wir sind nicht laut und wir werden keinen mehr begrüßen." Zum Schluss sah ich extra zu Elias, der leicht anfing zu lächeln.
„War doch lustig."
„Mal sehen ob du das immer noch so siehst, wenn du auf dem Boden liegst und wir dich zurück lassen müssen."
„Das machen wir dann aber auch bei dir." Er verschränkte die Arme beleidigt vor der Brust.
„Oh, sowas wird mir sicher nicht passieren", lachte ich und schlug dann einen Weg ein und hoffte, dass wir auf diesem wieder rausfinden würden.
Als die Tür endlich in unserer Sichtweite war, hätte ich mich eigentlich freuen sollen, doch wieder einmal bekamen wir unerwarteten Besuch.
„Da ist er ja schon wieder", stöhnte Janette verzweifelt auf. „Wenn ich hier lebend rauskomme, bringe ich euch alle um, weil ich von euch dazu gezwungen wurde."
„Hallo?", rief Elias erneut.
Ach du schande.
„Sag mal, willst du dass wir sterben?", wendete ich mich an Elias.
Aus Fehlern lernte dieser Typ offensichtlich nicht.
„Was macht ihr hier?", wollte der Mann wissen, welcher einige Schritte auf uns zukam.
„Sie können reden?", wollte Marcel erstaunt wissen.
„Was? Wieso sollte ich nicht reden können?"
„Äh, wir wollten uns nur mal umschauen", lenkte ich vom Thema ab. „Zum Spaß."
„Zum Spaß? Nach Spaß sieht es hier aber nicht wirklich aus, oder?"
„Warum klebt da Blut an der Wand?", fragte Marcel nach und in dem Moment schwor ich mir ihn nie wieder irgendwo mitzunehmen, wo es gruselig ist. Und Elias erst Recht nicht. Solche Deppen.
Wer stellte denn solche Fragen?
„Wo ist denn hier Blut?" Der alte Mann sah verwirrt zu Marcel.
„Im Badezimmer", antwortete Elias und ich konnte nicht glauben, dass die beiden hier eine Plauderstunde mit dem Mann abhielten, vor dem wir einige Minuten zuvor wie geisteskranke weggelaufen waren.
„Achso, das nutze ich für meine Schweine, um sie hier zu schlachten", erklärte er, was alles wieder weniger gruselig machte. „Da spritzt manchmal eben Blut an die Wand, deswegen habe ich einfach das alte Gebäude hier benutzt. Es steht ja schon ziemlich lange leer."
„Oh, achso", erwiderte Marcel und schien etwas gekränkt zu sein. Wahrscheinlich weil seine Bilder damit wieder langweilig wurden.
„Also, wir gehen dann jetzt lieber", schlug ich direkt vor und scheuchte alle zum Eingang.
„Auf Wiedersehen", verabschiedete sich der Mann, was ich mit einem Lächeln erwiderte und dann als Letzte die Irrenanstalt verließ.
„Jetzt kann ich meine Bilder direkt wieder löschen." Marcel seufzte und holte sein Handy raus.
„Solche Idioten wie dich und Elias habe ich echt noch nie gesehen." Ich schüttelte meinen Kopf und ging dann voraus.
„Wieso das denn? Wir haben die Situation gerettet", verteidigte Elias sich selber.
Genau in dem Augenblick sah ich noch ein letztes Mal zurück, wo der Mann am Eingang stand und uns beobachtete. Wahrscheinlich würden wir nie erfahren, ob der Mann uns die Wahrheit gesagt hatte, oder nicht.
„Ich will einfach nur hier weg", erwiderte ich und beschleunigte meine Schritte. Hier würde ich sicher keinen Fuß mehr reinsetzen.
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