29. Authentisch AF
"Willkommen." Das Hausmädchen, das zu meiner Belustigung ein pinkes Kleid trug, das sie wie einen übergroßen Cupcake aussehen ließ, strahlte über beide Ohren, als sie mir die Tür öffnete. "Du wirst schon erwartet."
"Hiiii", machte ich unsicher und grinste schief. "Das klingt ja... toll..."
Sie begleitete mich in ein Esszimmer, wo auf jeder freien Fläche entweder Kerzen oder Teeutensilien standen. So hätte wohl das Haus von Professor Trelawney und Calvin Candie ausgesehen, wären sie zusammengezogen. Ich shippte dies nicht. Definitiv nicht. Auch wenn ihr potenzielles Haus schon ganz cool war.
Um den langen Tisch saßen Dean und Michael, die beide unfassbar alberne Zylinderhüte trugen, der Pfarrer, der eigentlich aussah wie sonst auch, Lara, die, genau als ich reinkam, auf einmal ihre Teetasse unglaublich interessant fand, und Belial, die das Gewand der Herzkönigin trug - was hatte ich mir auch sonst erwartet? Das war dann wohl meine verrückte Teegesellschaft. Yay.
"Ich dachte schon, du würdest nicht kommen", begrüßte mich Michael.
"Und doch bin ich da." Ich machte Flatterhändchen und bereute es sofort. Das durfte ich nie wieder tun. Und das nicht nur, weil das Cas-Hühnchen wirkte, als müsste es gleich kotzen...
"Setz dich neben mich." Belial machte eine Handbewegung, auf die hin mir ein Stuhl in die Kniekehlen fuhr und mich an den Tisch schob. Geiler Scheiß. Nicht. Zum Glück war das Ding gut gepolstert.
Ich legte Cas neben meiner Teetasse ab, in der eine seltsame goldene Flüssigkeit herumwirbelte. Keine Chance, dass ich die anfasste. Obwohl... Dieses Haus wies einige Harry Potter-Elemente auf... vielleicht war es ja Felix Felicis... etwas Glück konnte ich gut gebrauchen... ich nippte daran. Es schmeckte nach Zucker.
Das Scharren eines Sessels ließ mich aufblicken und sofort wünschte ich mir, ich hätte das nicht getan. Pastor Sims war aufgestanden und richtete eine Pistole auf Dean.
"Warte-" setzte ich an, aber schon ertönte ein gedämpftes hohes Geräusch und Deans Kopf klappte nach hinten. Erstarrt sah ich zu, wie Blut über den Tisch auf Sims und Lara spritzte und Dean langsam von seinem Stuhl herunterrutschte. Sims grinste und richtete die Waffe auf Belial.
Verdammt. Ich klemmte mir Cas unter die Achsel und bückte mich unter den Tisch. Dann krabbelte ich im Sichtschutz von Belials Rock zu Dean hinüber. Seine Augen starrten leer an die Decke und über sein Gesicht rannen einige Rinnsale von Blut. Ich packte ihn an der Schulter und rüttelte ein paarmal, doch er gab keinen Mucks von sich. Nein. Das... durfte nicht war sein! Ich drückte mir die Hand vor den Mund, um nicht zu wimmern. Verdammte Scheiße.
Das ist nur eine Illusion. Das ist nicht echt, okay?
Gut. Einfach leugnen. Dean ging es gut. Er war in der Bar. Das war nur eine Illusion. Er musste noch mindestens zwölf Staffeln Supernatural überleben. Nicht durchdrehen.
"Alles wird gut", murmelte ich und löste die Hand von Deans Schulter. Es ist nix passiert, es ist nix passiert, alles wird gut.
Es war noch kein weiterer Schuss gefallen. Belial saß immer noch da und nippte mit abgespreiztem Finger an ihrer Tasse. Lara sprach mit Sims. "...komm. Lass uns mal in die Küche gehen, was Kaltes trinken." Vorsichtig lugte ich hinüber. Lara und Sims gingen eingehakt aus dem Zimmer, die Waffe lag auf dem Tisch.
"Hey!-" Belial hielt mir den Mund zu. "Bist du eigentlich total bescheuert? Willst du, dass der Psycho-Pfaffe zurückkommt und weiter rumschießt?"
Ich zerrte mir die Hand aus dem Gesicht. "Er hat schon jemanden erschossen. Dean, verdammt! Aber nö, das ist dir doch egal, Hauptsache, er ballert dir keine Löcher in deine Hülle. Egoistisches Miststück."
"Demons will be demons." Sie lächelte verschmitzt, wurde dann aber sofort wieder ernst. "Hast du meinen Brief abgegeben?"
"Ähm..."
"Nur nochmal zur Erinnerung. Keine Briefbombe, nix gefährliches. Außer, du versuchst, ihn selbst zu öffnen. Nur er kann ihn lesen. Sonst ist es tatsächlich... eine Briefbombe." Sie kiekste entzückt. "Dann hast du ein Zimmer mit Eingeweide-Tapete."
"Du bist... so krank."
"Hör schon auf! Ich werd' noch ganz rot..."
"Okay, Leute", rief Lara, die, zwei übergroße hellblaue Teekannen mörderisch durch die Luft schwenkend, hereinkam. "Wer hat Lust auf eine Runde Wahrheit oder Pflicht?"
"Nein? Dean liegt grade tot auf dem Boden! Das-" Ich stand auf und deutete dorthin... wo... auf einmal niemand mehr lag. Hö?
"Wo ist er hin?"
"Er liegt neben dem Hundespielzeug." Belial verdrehte die Augen und reichte mir eine Spielkarte, die nicht nur winzige Arme und Beine, sondern auch noch Deans wütend aussehendes Gesicht hatte. Er brüllte irgendwas, aber so hochfrequentig und schnell, dass ich es vorerst aufgab, ihn verstehen zu wollen.
"Was soll der Psychoscheiß?" Ich setzte mich wieder hin und legte den mit den Gliedmaßen rudernden Karten-Dean auf Cas. Ohne sinistre Absichten natürlich. Nicht. Höhö.
"Darling, das musst du uns sagen", sagte Lara und machte es sich auf ihrem Stuhl bequem, an einem riesigen Eis, das sie aus dem Kleid gezogen hatte, leckend. Verdammt. Gianduja, Jogurt, und etwas, was nach Orange aussah... Mann... "Wir sind hier schließlich in deinem Unterbewusstsein."
"Warte, was?"
Sie schnippte mit den Fingern und auf einmal war der Tisch rund und hatte genau die perfekte Größe für uns vier... Und fast jede Person, die ich im Laufe der letzten Tage getroffen hatte. Inklusive des normal großen Cas. Hallelujah! Ich wollte zu ihm gehen, doch mit dem Ortswechsel waren mir auch die Hände auf den Rücken gefesselt worden. Cool.
"Cas!", lächelte ich also stattdessen, doch als er sah mich nur neutral an. Ja super nett auch.
Der Raum war jetzt auch anders beleuchtet. Nur der Tisch war hell angeleuchtet, wenige Meter davon ging alles in Dunkelheit über, die ab und zu rote Schlieren durchbrachen, die aussahen wie Würmer. Ist es sehr abartig, dass ich mich grade vor meinem eigenen Unterbewusstsein ekele?
"So." Sie schnippte nochmal und eine Flasche erschien in der Mitte des Tisches. "Bereit?"
"Sekunde", ich verschränkte die Arme nervös. "Was bringt es überhaupt, das zu tun? Ich weiß, was in meinem Kopf vorgeht. Das bringt es doch nicht, mir Fragen von meiner Version von Leuten beantworten zu lassen."
"Ach, echt?" Sie legte den Kopf schief. "Wir sind hier am Ort, an dem deine dunkelsten Gedanken aufbewahrt werden. Dinge, die du nie jemandem sagen würdest. Und auch Sachen, die du nicht glauben willst. Solang du dich ihnen nicht stellst, kennst du dich nicht richtig."
"Ah ja, aber du weißt das natürlich."
"Ich kann es dir ja beweisen, aber das kann peinlich werden." Sie grinste und zuckte mit den Schultern. "Aber wer nicht hören will..."
Ein Schnipsen. Ich sah mich um. Nichts hatte sich verändert. Bis auf... Warmer Atem streifte meinen Nacken. Dann begann jemand, auf ebendiesem kleine Küsse zu verteilen. Ich wandte den Kopf.
"Och, komm schon! Welches Fangirl steht bitte nicht ein klein wenig auf Dean", sagte ich, während ich versuchte, mich aus seinen Armen zu befreien. Leider gehörten meine Hände offenbar nicht mehr mir. Sie streichelten Deans Haare. "Das ist nichts, was sonderlich geheim wäre. Und es ist ja nicht so, dass ich ihn irgendwie verführen will. Könntest du mir jetzt also bitte meinen Körper zurückgeben?"
Ich spürte, wie er an meinem Hals einen Knutschfleck zu machen begann. "Lass den Mist! Das ist extrem seltsam und abnormal!"
"Ich dachte, du magst Dean?" Ihr Lachen machte ein kleines Echo.
"Ja, aber... nein. Demnach müsste ich schon mit Dutzenden von Leuten..." Ich biss mir auf die Lippen. Wenn ich ehrlich mit mir war, hatte ich sehr oft die Gelegenheit ergriffen... also konnte ich jetzt auch nicht den Klugscheißer spielen. "Lass es, verdammt."
"Hm", kam Laras Stimme neben mir aus der Dunkelheit. "Dann gehen wir mal ein Level rauf."
Auf einmal war Dean weg und ich wieder an den Stuhl gefesselt.
"Wow, es geht echt wild zu in deinem Kopf", ertönte es irgendwo hinter mir. "Ich kann mich gar nicht für ein Beispiel entscheiden..."
"Das ist ziemlich unhöflich, was du da tust", stellte ich so kalt wie möglich fest, um das nervöse Kribbeln in meinem Magen herunterzuspielen.
"Wie wäre es mit noch mehr Smut? Destiel? Megstiel... ha! Sabriel?" Ein koboldartiges Kichern, das mir die Haare zu Berge stehen ließ. "Ohoho, da war aber jemand unartig!"
Gefesselt in dieser unheimlichen Sphäre zu sein war schon schlimm genug, aber gerade fühlte ich mich so nackt, so bloßgestellt... In mir machte sich Panik breit, ich spürte einen kalten Schweißtropfen meinen Rücken hinunterrinnen. "Lass das."
"Ach, Darling, wenn du Belials echtes Gesicht sehen könntest, fändest du sie sicher nicht mehr so heiß..."
Ich schloss die Augen. "Lass das."
"Wie heißt das Zauberwort?"
"Bitte?"
"Versprichst du, brav zu sein und mitzuspielen?"
Ich atmete einmal tief ein und aus. "Ja."
"Schön, schön!", sie klatschte in die Hände, als sie ins Licht trat. "Dann fangen wir mal an!"
Die Fesseln lösten sich, zumindest um meine Hände. Als würde ich mich trauen, in die Dunkelheit hineinzurennen. Ich wusste nicht genau, was dort lauerte, aber vermutlich nichts gutes, wenn Fake-Lara schon imstande war, in meinem Kopf herumzuwühlen. Sie war scheißmächtig, und meine beste Chance, das hier heil zu überstehen, war wohl, mich ihrem Willen zu beugen. Hätte sie mich umbringen wollen, hätte sie nicht so einen Aufwand betreiben müssen. Sie hatte etwas vor mit mir, und vielleicht wollte sie mir ja tatsächlich auf eine psychopathische Art helfen.
Die Flasche begann, sich zu drehen, und kam schließlich auf Michael zum stehen.
"Stell ihm eine Frage."
"Ich... Äh..."
"Na los", stöhnte sie genervt. "Du bist hier schließlich nicht zum Spaß... größtenteils."
Ich konzentrierte mich. "Was versteckst du in der doppelten Wand?"
"Ich handle mit Kleinkalibern und Gras", sagte er. "Der wahre Grund, warum ich dir geholfen hab mit Dean, ist, dass ich hoffe, dass du von daheim abhaust, damit du es nicht herausfindest."
"Was?"
"Das ist dein Unterbewusstsein", rief mir Lara ins Gedächtnis. "Es muss nicht wahr sein. Es ist nur das, was du befürchtest... oder hoffst." Sie gluckste.
Wow. Ich war ja echt ein hoffnungsfroher Mensch. Nicht, dass mich das irgendwie überraschte.
Die Flasche setzte sich wieder in Bewegung und zeigte diesmal auf Belial. Sie legte den Kopf auf die Seite, um mich gelangweilt anzusehen.
"Was... wieso hast du mich laufen lassen?"
Sie grinste. "Es ist doch viel besser, einen kleinen Menschen laufen zu lassen, als sich einen Engel entgehen zu lassen? Du hilfst mir, an Cas ranzukommen. Ein Leben gegen ein anderes. So einfach."
"Naja. Das war jetzt nicht soo unterbewusst", murmelte ich. Immerhin hatte es seine Gründe, warum er den Brief noch nicht erhalten hatte.
Noch Mal drehen. Sie zeigte auf Cas. "Wieso benimmst du dich so komisch?"
"Ich hab dich aus Versehen in diese Welt geholt und weiß nicht, wie ich dich zurückbringen soll. Du bist mir schon nach ein paar Tagen ein Klotz am Bein, aber ich habe noch keinen Weg gefunden."
Wahrscheinlich war ich das ja auch... es war mir trotzdem zuwider. Wieder rotierte die Flasche, und deutete auf... Nadia.
"Warum magst du mich hier nicht?"
"Du steckst deine Nase überall rein. In Sachen, die dich nichts angehen. Jeder weiß, dass du mit deiner perfekten kleinen Clique immer nur lästerst."
Okay, das hatte ...dezent wehgetan. Wieder drehte sich die Flasche. Ich blickte flüchtig zu Lara. In dem von oben einfallenden Licht glitzerten ihre Augen dämonisch und gelblich, und ihr grinsender Mund war etwa so beruhigend wie der des Jokers. Bitte zeig auf Lara, bitte zeig auf Lara.
Stattdessen war es Dean. Hm. Mir fiel ehrlich gesagt auf den Sprung nichts ein. Ich kannte ihn ja aus der Serie, und er war bisher wohl der einzige, den ich nicht total seltsam und verdächtig fand. Also... "Wieso kann dein Vater mich nicht leiden?"
"Er denkt, du lenkst mich ab und bist nicht dafür geeignet, zu jagen. Außerdem hast du gekifft und daraufhin eine Szene gemacht. Das fand er verantwortungslos."
Mann. Wieso musste mein Unterbewusstsein überzeugend sein? Blödes Arschgesicht. Okay. Die Beschimpfung war wohl etwas unpassend gewählt.
Bitte mach, das sie jetzt bei Lara stehen bleibt, wiederholte ich inbrünstig, während das Glas über den Tisch kratzte. Und das tat sie tatsächlich.
Sie grinste. "Uh, jetzt wird es witzig. Überleg dir gut, was du fragst, immerhin bin ich als einziger nicht ein Teil von dir."
"Also könnte das, was du sagst, tatsächlich war sein?", schnappte ich. "Ich finde ein Wesen, das in meinen Kopf eindringt und aus meinen Gedanken eine Welt erschafft, um mir Angst zu machen und vorallem, mich zu nerven, wirklich extrem glaubwürdig."
"Tja." Sie verschränkte die Arme.
"Oh, komm schon, du weißt doch schon, was ich fragen werde!"
Sie starrte mich noch ein paar Sekunden trotzig an, dann verzog sich ihr Mund zu einem Grinsen und sie legte den Kopf schief. "Schuldig."
"Also, wer - und was - bist du?" Ich legte alle Autorität, die ich zusammenkratzen konnte - es war weniger als Rons Gefühlswelt - in meine Worte.
"Du weißt es doch. Jetzt sag schon!" Sie wippte vorfreudig auf und ab.
"Hm... also, du hast gesagt, du wärst der einzige, der hier real ist. Also bist du ein Kerl. Würde ich mal sagen... naja..." Ich druckste herum und bemühte mich, nicht zu grinsen, angesichts dessen, dass die Lara-Kopie immer hibbeliger wurde.
Natürlich hatte ich eine sehr spezifische Ahnung, wer dieses verdammt mächtige Ding war, aber er hatte mich immerhin auch ganz schön lange hingehalten. Der konnte meinetwegen noch eine Weile zappeln, egal wie sehr seine Augen blitzten...
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Soooo!
Fast ein Monat Pause. Na hoppala. Hatten Zeugnisstress, das kennt ihr ja... Aber mal sehen, vielleicht krieg ich jetzt ja wieder ordentliche Updates auf die Reihe.
Frage zur Feier des Geburtstags eines Freundes xD: Wer, denkt ihr, pfuscht da rum? Wisst ihr es schon? Es gab ein paar Hinweise, aber ich weiß nicht, wie klar die waren... Bin gespannt, ob jemand es erratet :D
~der gemarterte Mensch, der morgen echt nicht zur Schule will
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