56. Duty and Verdict
Fineen versucht wach zu bleiben, aber man kann ihm genau ansehen, wie sehr die ganze Folter an ihm gezehrt hat. Nach einiger Zeit gibt er nach und schläft ein, woraufhin ich leise den Raum verlasse.
Eigentlich würde ich am liebsten zu Jel zurückgehen und nichts tun außer einen gemütlichen Tag mit ihm zu verbringen.
Aber die Lordpflichten rufen, und er ist sicher bei June.
Zuerst gehe ich zurück zu Mercenario und Chase. Als ich den Raum betrete, brechen die beiden das Gespräch ab, das sie gerade geführt haben, und sehen mich erwartungsvoll an.
"Es geht ihm gut, den Umständen entsprechend," beantworte ich die unausgesprochene Frage und sehe, wie Erleichterung über ihre Gesichter huscht. Die beiden sind mit Fineen genauso aufgewachsen wie ich und es hat eine Zeit gegeben, in der wir alle vier wie Brüder gewesen sind.
"Das ist einfach so mit Blackbournes," meint Mercenario und lehnt sich zufrieden zurück. "Man wird sie nicht los. Genau wie-"
"Überleg dir lieber nochmal gut ob du Fineen und mich jetzt mit Kakerlaken nach einem Atomkrieg vergleichen möchtest," unterbreche ich ihn.
Er hebt die Hände und grinst. "Du kennst mich zu gut für solche Witze, das ist langweilig."
Ich schüttele nur den Kopf. "Wie auch immer, wir haben leider noch einiges zu tun. Mercenario, teil dem Dämonenkreis mit, dass ich sie in der nächsten halben Stunde für eine Versammlung hier auf Burning Castle haben will. Dann sag June er kann diesmal wirklich heimgehen und sich ausruhen, Jel bleibt bei dir solange ich beschäftigt bin."
"Bin ich deine Sekretärin, Blackbourne?"
"So verlockend der Gedanke auch ist, dich in Minirock und hohen Schuhen zu sehen, danke aber nein danke. Und jetzt mach deinen Job, Mastema."
Lachend steht Mercenario auf. "Gut zu sehen, dass du wieder auf der Höhe bist. Ich habe es schon beinahe vermisst, wenn du so herrisch bist."
"Das ist jetzt genug sexuelle Spannung hier drin," unterbricht Chase uns, woraufhin Mercenario uns zuzwinkert. "Wie wahr. Dann werde ich jetzt gehen und meinen Job machen." Und damit ist er aus der Tür.
"Dein Job beinhaltet nicht, deinen Second-in-Command ins Bett zu bekommen," rufe ich ihm hinterher.
"Dann will ich eine Gehaltserhöhung," schallt die Antwort.
Kopfschüttelnd fahre ich mir mit der Hand übers Gesicht und setze mich gegenüber von Chase auf einen der Sessel. Chase selbst sieht auf die Tür; ein leises Lächeln umspielt seine Lippen. "Ich hab euch Idioten wirklich vermisst."
"Ich frage mich, wie wir ohne dich überlebt haben."
Das entlockt ihm ein Lachen. "Oh, das frage ich mich auch. Kaum ist man mal nicht da wird der eine fast hingerichtet und der andere brüllt seine wahre Identität in die Welt. Euch zwei Hitzköpfe kann man doch eigentlich keine fünf Sekunden aus den Augen lassen."
Dazu habe ich kein Gegenargument, aber für Chase scheint das Thema ohnehin beendet, denn er redet einfach weiter: "Jel also, hm? Ein Menschenjunge?"
Ich nicke. "Ja. Es war ein bisschen kompliziert."
"Wann ist es das mit dir jemals nicht? Ich habe den Geschichten unter den Dämonen ein bisschen zugehört, aber ein paar Teile fehlen mir glaube ich noch. Es wird erzählt du hättest Jel unter Harrowbys Nase weggestohlen."
Ein Knurren entfährt mir bei der Erinnerung. "Harrowby hatte die Zähne in Jels Arm, ich habe ihm nur geholfen. Es gab allerdings anfangs das unwesentliche Problem, dass Jel mich nicht ausstehen konnte. Die Phase haben wir glücklicherweise hinter uns gelassen."
"Das freut mich für euch. Wenn alles sich wieder ein wenig beruhigt hat, musst du ihn mir vorstellen. Was ist mit Mercenario? Hörte ich da eben etwas von einem Second-In-Command?"
"Noch nichts Offizielles, aber es könnte sich durchaus etwas entwickeln. Wie steht es mit dir?"
Chase lächelt nur und sieht mich an. "Denkst du wirklich Jonah und ich hätten nur zusammengearbeitet weil uns langweilig war?"
Ich sehe ihn überrascht an. Darauf war ich jetzt nicht vorbereitet. "Jetzt macht so einiges Sinn."
Andererseits sollte ich nicht überrascht sein. Ich habe ja noch nicht mal gemerkt, was zwischen June und Mercenario los ist, bis Jel mich darauf hingewiesen hat.
"Anfangs waren wir wirklich nur Partner. Aber es hat sich weiterentwickelt, und ich kann mich nicht beschweren." Er lacht. "Bei uns gab es glücklicherweise auch keine Phase, in der er mich nicht leiden konnte."
"Darauf ein Halleluzi," bekräftige ich. "Wenn Mercenario sein Liebesleben endlich auf die Reihe bekommt müssen wir alle einander vorstellen. Ich meine, ich kenne Jonah schon, aber..." Als ich mich daran erinnere, wie ich Jonah das erste Mal getroffen habe, stocke ich. "Hölle, ich habe deinen Freund in den Kerker sperren lassen."
Chase sieht mich entgeistert an. "Wie bitte? Jetzt gerade?"
"Nein, nein, als er das allererste Mal hier aufgetaucht ist."
Das entspannt Chase sichtlich, er lehnt sich zurück und lächelt. "Ja, die Geschichte kenne ich. Aber es sei dir verziehen, du hattest genug Grund misstrauisch zu sein." Dann zwinkert er mir zu. "Wenn ich ihn das nächste Mal mitbringe könnten wir den Empfang aber vielleicht anders regeln."
"Das wäre durchaus angebracht, denke ich. Ah, wo wir gerade von Kerkern reden, ist alles gut gegangen mit dem kleinen Engel?"
Chase nickt. "Ja, Aiden ist sicher bei mir daheim angekommen. Also ich weiß nicht, Alvaro, aber meiner Meinung nach hat der Junge keinen Tropfen böses Blut in seinen Adern. Er ist erst vierzehn, und so höflich... Ich meine, wir haben ihn eingesperrt und er benimmt sich als wäre er zu Gast. Als wir bei mir daheim angekommen sind hat er als erstes gefragt, ob er die Schuhe ausziehen soll! Kannst du dir das vorstellen?"
"Ich glaube auch nicht, dass er irgendetwas im Schilde führt, aber wir können uns gerade keine Risiken erlauben; für jetzt ist er sicher aufgehoben und der Himmel denkt er wäre tot. Wenn wir hier alles einigermaßen geregelt haben, werden wir sehen wie es mit ihm weitergeht. Falls du willst, dass er woanders bleibt, musst du es nur sagen."
Aber Chase schüttelt den Kopf. "Nein, er kann gerne bleiben. Ich glaube es ist ganz gut für ihn, ein paar freundliche Gesichter um sich herum zu haben; Dalton ist ja ungefähr in seinem Alter."
"Das ist gut." Ich werfe einen Blick auf die Uhr. "Ich werde wohl das Dämonenkreistreffen noch ein bisschen vorbereiten müssen, bevor die anderen Lords hier auf der Schwelle stehen. Wir haben so viel zu klären, ich weiß gar nicht wo wir anfangen sollen."
Chase steht auf und sieht mir fest in die Augen. "Du wirst das geregelt bekommen, das weiß ich. Hör auf dein Bauchgefühl. Damit liegst du selten falsch."
Auch ich erhebe mich und trete näher an Chase heran, zögerlich, um seine Reaktion abzuwarten. Aber er ist es, der die Arme ausstreckt und mich an sich zieht. "Ich bin froh, euch Chaoten wiederzuhaben."
Mein Lachen wird von seiner Schulter gedämpft als ich die Umarmung erwidere. "Das bin ich auch. Wir funktionieren einfach nicht ohne dich."
Es sind keine Tränen, die ihm in die Augen steigen. Bestimmt nicht.
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Ich bin nie gerne zu Dämonenkreistreffen gegangen, aus ganz einfachen Gründen: Als ich in den Kreis aufgenommen wurde, war ich siebzehn Jahre alt und nicht mal offizielles Mitglied, und trotzdem wussten alle, ich war ein Blackbourne und sie mussten gehorchen, wenn sie keinen Ärger wollen. Das hat mir schon damals Feinde eingebracht, ohne dass ich überhaupt etwas tun musste.
Und auch jetzt bin ich bei Weitem noch der Jüngste, und das sorgt immer für Unmut. Alte Lords lassen sich nicht gerne von Jüngeren etwas vorschreiben.
Und natürlich, nicht zu vergessen: Die Hälfte der Dämonenlords sind feige und machen diesen Job schon viel zu lange, um sich auf Neues einzulassen.
Aber so funktioniert unsere Welt nun einmal, und gerade habe ich eindeutig anderes zu tun als über einen Systemwechsel nachzudenken.
"Wie ich sehe, dürfen wir Jamie Windsor - nun Lord Windsor - heute in unseren Reihen begrüßen," eröffne ich das Treffen und nicke besagtem Dämon zu. Can Windsors Sohn sieht ihm nicht im Geringsten ähnlich, aber ich kenne Jamie schon länger und weiß, dass er in Ordnung ist.
Ob ihm der Lordposten liegt wird sich noch zeigen.
"Wir bedauern die Abwesenheit deines Vaters natürlich. Cheveyo Ashbury hat sich bereit erklärt, mit unserem Labor zusammenzuarbeiten um seine neu entdeckten Kräfte besser verstehen zu können. Wir hoffen, er wird dabei einen Weg finden, den Zustand deines Vaters rückgängig zu machen."
Jamie nickt mit respektvoll zu. "Danke, Lord Blackbourne, ich hoffe auf dasselbe. In der Zwischenzeit versuche ich, dem Titel meines Vaters gerecht zu werden."
Eine schwere Bürde, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Aber wenigstens ist Jamie schon um die fünfzig und nicht siebzehn, auch wenn man das rein vom Äußerlichen her meinen könnte.
"Also, Dämonenlords, ich werde mit dem Offensichtlichen anfangen: Der Himmel hat zugestimmt, dass es uns zusteht, das alleinige Urteil über Harrowby zu fällen.
Ich denke , wir alle wissen schon, worauf das hier hinaus läuft. Harrowby hat unser Volk verraten aus purem Egoismus, er hat sich gegen unsere Rasse gewandt und trägt eine große Mitschuld an all dem Blutvergießen. Meiner Meinung nach gibt es nur ein angemessenes Urteil."
Zustimmendes Murmeln macht sich am Tisch breit. Es ist Ruben Cadogan, der das Wort als nächstes erhebt. "So gerne ich Harrowbys Kopf rollen sehen will, denkt ihr nicht, es wäre ein schlechtes Exempel? Indem wir ihn hinrichten eliminieren wir das Problem vielleicht, aber wir lösen es nicht."
"Wo ist der Unterschied?", wirft Salio Levathys ein. "Wenn wir ihn nicht hinrichten wird man uns nachsagen ihn privilegiert behandelt zu haben, nur weil er auch ein Dämonenlord ist. Wenn wir ein Exempel statuieren indem wir ihn leben und für seine Taten büßen lassen, dann wird es heißen wir würden für ihn Partei ergreifen."
"Niemand bei klarem Verstand würde denken, dass Lord Blackbourne in Harrowbys Sinne handeln würde," erwidert Cadogan.
Damit mag er Recht haben, aber ich bin mit seiner Argumentation nicht einverstanden. "Wir werden das Problem nicht einfach umgehen. Es ist wohl an der Zeit das Volk daran zu erinnern, was es heißt, dass wir Dämonen sind. Diese gesellschaftlichen Regeln, vor allem die, die bestimmten, wer wen lieben darf, solche existieren bei uns nicht und das ist es, was uns vom Himmel unterscheidet. Was die Engel Sünde nennen ist unsere Freiheit, aber das heißt nicht, dass niemand so lieben darf wie Engel es tun und ich fürchte das ist in Vergessenheit geraten, wie man an Harrowbys Fall deutlich sieht.
Wir werden diese Themen ansprechen. Wir werden sie den Leuten in Erinnerung rufen und daran arbeiten, dass unsere Dämonengesellschaft wieder zurück auf die Spur kommt. Der Hass, die Versklavung von Kindern, das alles muss angesprochen werden, damit es aufhört.
Aber wir müssen Harrowby nicht am Leben lassen um diese Diskussion zu führen."
"Es wird Stimmen geben, die uns Diskrimination vorwerfen, weil Harrowby anders liebt," meint Jamie.
"Richtig," stimme ich zu "Aber diese Stimmen gibt es immer. Wir bestrafen Harrowby nicht dafür, dass er sich zum anderen Geschlecht hingezogen fühlt. Wir bestrafen ihn dafür, dass er uns verraten hat, dass er unsere gesamte Welt wie wir sie kennen hätte untergehen lassen, dass er uns alle in Gefahr gebracht hat und manche von uns aufgrund seiner Taten gefallen sind. Ich klage ihn dafür an, was er deinem Vater angetan hat, was er so vielen Familien angetan hat, und zuletzt auch dafür, was er meiner Familie angetan hat.
Hier geht es nicht um seine sexuelle Orientierung und ich vertraue unserem Volk genug, dass sie das verstehen werden."
Ich blicke in die Runde. "Ich, Alvaro Lewis Blackbourne, Lord Blackbourne und erster Dämon des Dämonenkreises, verlange die Bestrafung Matteo Harrowbys durch Hinrichtung. Wer dieses Urteil widerrufen möchte, der soll jetzt sprechen."
Mein Blick ruht dabei auf Cadogan, und tatsächlich öffnet er den Mund, aber es scheint als würde er sich dann besinnen, also schließt er ihn wieder und nickt.
Keiner der anderen Lords widerspricht, und ich atme innerlich auf. Ich weiß nicht, ob ich mein Temperament hätte zügeln können, wenn jemand widersprochen hätte.
"Sehr schön. Dann verkünde ich, dass Matteo Harrowby aufgrund erhobener Anklage und gesprochenem Urteils nicht mehr länger den Titel Dämonenlord trägt. Seine Hinrichtung wird morgen um die selbe Zeit stattfinden, traditionell vollzogen von demjenigen, der das Urteil erhoben hat." Mit anderen Worten, ich. Für nichts würde ich mir es nehmen lassen, das Schwert zu schwingen, dass Harrowby aus dieser Welt auslöscht.
"Harrowby hinterlässt keine Erben," fährt Levathys fort. "Als erster Dämon ist es also dein Recht, einen Vorschlag für den Anspruch auf den Lordtitel zu machen. Hast du schon jemanden im Sinn?"
Ich lächele. "Oh ja, das habe ich."
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Kick Ass Family! Himmel, wie habe ich euch vermisst. Ein brandneues Kapitel für euch im neuen Jahr - was mich daran erinnert, Frohes Neues euch allen!
Ich danke euch allen für eure Geduld mit mir und ganz besonders natürlich den Kommentatoren:
#Rockylovesbooks, #alibiheart, #Aescha-07, #see_on, #xlina_x, #momoho, #animedraw354, #Nelliby, #ButterflyEffekt, #ali99xd, #-Yukia, #minnicat3, #xxvessaliusxx, #Leserin2623, #xxdark_angel7705x, #SingingMyHeart, #DreamofSun und #Luca2002ff
Dieses Kapitel gibt es auch eine Widmung, und diese geht an xxdark_angel7705x
Auf ihrem Profil findet ihr einen One Shot, den sie über Will und Ashley hier aus KTWA geschrieben hat. Nochmal vielen vielen Dank, ich habe mich sehr gefreut.
Also Kick Ass Family, schaut vorbei und lasst ihr Votes und Kommis da!
Go back to reality. Stay yourself.
Eure StreetSoldierin
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