34. The real Blasphemy
Cheveyos Pov
Ich sitze am Ende meines Bettes, die Knie angezogen, die Arme darum geschlungen, und lausche. Vor meiner Zimmertür streiten sich zwei Personen, eine der Stimmen eindeutig Michael, die andere der Hauptmann, wenn ich mich nicht irre.
„Was soll das heißen, mit einem Dämon? Überhaupt bestimme immer noch ich über die Truppen, du hast mir gefälligst zu berichten, bevor du irgendetwas anordnest!" Der Hauptmann antwortet: „Ich hielt es für das Beste, Master."
„Das Beste? Du hast weder Befugnis die Truppen auszusenden noch zu entscheiden, was das Beste ist! Hol sie zurück und beende die Prozession mit Cheveyo, damit der arme Junge endlich nach Hause kann! Und sobald du das getan hast, unterhalten wir uns noch einmal, Hauptmann. Dein Posten kommt gerade ziemlich ins Wanken."
Wenn noch etwas gesagt wird, ist es zu leise, um es zu verstehen, aber kurz darauf höre ich wieder Michael. „Nein, ich hole ihn, er braucht nicht noch mehr blaue Flecken. Geh du alles vorbereiten."
Ein paar Sekunden später wird die Tür aufgerissen und Michael kommt ins Zimmer. Er sieht genervt aus, aber als sein Blick auf mich fällt, werden seine Gesichtszüge weicher. Als er bei mir am Bett ankommt, lässt er sich erst einmal auf der Kante nieder. „Du hast uns gehört, richtig?" Ich nicke.
Er seufzt und schüttelt den Kopf. „Du brauchst keine Angst haben, wir werden dir trotzdem helfen. Heute ist dein letzter Tag, dann müssten wir soweit sein." „Wird es wieder so wehtun, Master?", frage ich leise. Die letzten Tage sind eine Qual gewesen.
Michael sieht mich bedauernd aus seinen weiß-goldenen Augen an. „Ich weiß es nicht, Cheveyo. Vermutlich schon. Aber nur noch ein Tag, dann ist es vorbei. Komm, lass mich dich losmachen."
Er streckt den Arm aus und öffnet meine Fußkette. Ich krabbele über das Bett zu ihm herüber und gebe ihm von selbst mein Handgelenk, damit er die zierlichen Handschellen dort festmachen kann. Das andere Ende schlingt er sich selbst um den Arm. Sicherheitsvorschriften.
„Wenn ich meine Kräfte verliere, Master... bin ich dann ein ganz normaler Mensch?" Michael sieht zu mir runter. „Höchstwahrscheinlich, ja. Wieso, hast du Angst davor?" Ich schüttele den Kopf. „Solange ich bei Jonah bleiben kann, ist mir das egal."
Wir treten aus der Tür und Michael will gerade antworten, da stockt er. Er schaut etwas entsetzt den Gang herunter. Ich folge seinem Blick und sehe zwei Soldaten der Engelsgarde. In ihrer Mitte zerren sie jemanden vorwärts. Ich keuche erschrocken auf, als ich Azur erkenne. Er wehrt sich gegen den Griff der beiden und redet auf sie ein.
Erst als sie ganz Nahe sind, hebt er den Kopf und entdeckt Michael. „Master!" Ich sehe die Tränen in seinen Augen. Mit schnellen Schritten geht Michael auf die drei zu und zieht mich dabei mit sich. „Was soll das? Lasst ihn sofort los!" Aber die beiden Soldaten gehorchen nicht.
Der eine hebt den Kopf und sagt: „Es tut mir leid, Master, aber er hat ein Verbrechen begangen, das nicht ungeahndet bleiben darf und was uns verbietet, ihn freizulassen." „So?" Michael durchbohrt ihn beinahe mit seinem Blick. „Und dieses Verbrechen ist...?"
„Blasphemie, Master", antwortet der andere Soldat. Ich halte die Luft an. Gotteslästerung ist eine der schlimmsten Sünden, die ein Engel begehen kann. Azur bricht in Tränen aus. „Das ist nicht wahr! Bitte Master, ich hab nichts getan, das ist nicht wahr!"
„Was habt ihr für Beweise?", fragt Michael den Soldaten. Er sieht angespannt aus. „Wir haben zwei Zeugen, Master. Sie beide sahen und hörten ihn, wie er zu Satan betete und Gott lästerte."
„Nein! Bitte, wieso tut ihr das? Ich hab nichts getan! Master, bitte glauben Sie mir, bitte!" Azur sieht völlig verzweifelt aus. Zum ersten Mal sehe ich, dass der Altersunterschied zwischen uns gar nicht so groß ist. Vorher kam Azur mir immer so erwachsen vor, vor allem wie er sich ausdrückte. Aber jetzt, wo er weinend vor mir steht, erkenne ich, dass er höchstens zwanzig Jahre alt sein kann.
Ein Erzengel darf den Vorwurf von Blasphemie nicht einfach ohne den Fall zumindest untersucht zu haben abweisen, das weiß Michael auch. Deshalb tritt er näher und wischt Azur vorsichtig die Tränen vom Gesicht. „Wir werden das regeln, in Ordnung? Beruhige dich, wenn du nichts getan hast, gibt es nichts, worum du dich zu sorgen brauchst."
Dann tritt er einen Schritt zurück. „Bringt ihn in sein Zimmer und stellt sicher, dass er dort bleibt. Ihr werdet ihn nicht verletzen, wenn ich nur einen Kratzer an ihm sehe, dann sorge ich höchstpersönlich dafür, dass ihr eure Flügel verliert. Ich bringe erst Cheveyo in den Saal und komme dann nach."
Die Soldaten nicken und führen den leise schluchzenden Azur dann ab. Michael seufzt frustriert und läuft mit mir dann in die entgegengesetzte Richtung. Ich traue mich kaum zu fragen, aber irgendetwas drängt mich dazu, es trotzdem zu tun. „Master? Glauben Sie wirklich, dass er so etwas getan hat?"
Michael schüttelt sofort den Kopf. „Nein. Ich kenne Azur gut. Eher würde er sterben. Aber irgendetwas geht hier vor sich, wenn es zwei Zeugen gibt. Ich muss nur herausfinden was." Wir sind bei dem Saal angekommen. Michael öffnet die Tür und wir treten ein. Dort wartet schon der Hauptmann.
Michael löst meine Fesseln und legt mir kurz eine Hand auf die Schulter. „Wir sehen uns später, Cheveyo. Denk daran, nur noch ein Tag." Dann dreht er sich um und verlässt den Raum. Der Hauptmann führt mich zu dem Andreaskreuz. „Und, bereit für die letzte Runde?"
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Michaels Pov
Mit schnellen Schritten eile ich durch die Gänge. Azur. Ausgerechnet Azur. Ich glaube nicht, dass es stimmt, was die Soldaten gesagt haben, aber irgendetwas muss ja vorgefallen sein. Jetzt gilt es nur, herauszufinden was.
Azurs Zimmer ist ganz in der Nähe von meinen Gemächern. Mit Schwung öffne ich die Tür. Azur selbst sitzt auf seinem Bett, noch immer laufen Tränen über seine Wangen. Als ich den Raum betrete, schimmert so etwas wie Hoffnung in seinen Augen auf und er schaut mich flehend an. Die beiden Soldaten stehen vor ihm.
Ich nicke ihnen zu. „Also, wie steht es mit der Beweislage? Ich will genaue Berichte." Einer von ihnen beginnt zu reden. „Wir haben zwei Zeugen, Master, die unabhängig voneinander berichtet haben, wie Azur vor ungefähr dreißig Minuten in unserer Himmelskirche auf die Knie fiel und zu Satan betete. Beide berichteten über Gotteslästerung, die sie aber aufgrund der sündigen Worte nicht zu wiederholen vermochten."
Ich nicke und reibe mir kurz über die Schläfe. „In Ordnung. Ich möchte jetzt mit ihm alleine sprechen. Wartet vor der Tür!" Die beiden machen eine kleine Verbeugung und verschwinden dann nach draußen. Ich seufze und setze mich neben Azur aufs Bett. Augenblicklich schluchzt er auf und sucht Schutz in meinen Armen.
„Schhh." Ich halte ihn fest und streiche ihm beruhigend über den Arm. „Alles wird gut, Azur, wir finden schon einen Weg. Schh, beruhige dich erst mal." Es dauert einige Minuten, bis sein Schluchzen ruhiger wird und schließlich ganz verklingt. Ich halte ihn noch einige Momente fest, bevor ich ihn ein Stück zurück drücke und ihm direkt in die Augen sehe.
„Azur, ich vertraue dir. Deshalb musst du mir jetzt auch vertrauen und mir sagen, ob in dieser Kirche irgendetwas geschehen ist, was nicht hätte geschehen dürfen." Azur schüttelt den Kopf, die Angst ist so klar in seinem Blick zu sehen. „Wirklich nicht, Master, ich schwöre es! Ich habe nur ganz normal gebetet, nicht mehr. Ich weiß nicht, warum diese zwei Leute behaupten, ich hätte Blasphemie begangen, aber das stimmt nicht Master! Das würde ich nie tun, bitte! Ich bin nur aus der Kirche gegangen und auf einmal waren die zwei Soldaten da und haben mich mitgenommen."
„Es ist okay, Azur, ich glaube dir. Ganz ruhig jetzt, du musst keine Angst haben." Aber er ist viel zu aufgewühlt um sich auch nur ansatzweise zu beruhigen. „Aber ich verstehe es nicht, Master, wieso? Wieso würde jemand so etwas behaupten?" „Ich werde es herausfinden, und ich verspreche dir, wer auch immer Schuld an all dem trägt, wird bestraft werden."
In dem Moment klopft es an der Tür. „Was ist?", rufe ich widerwillig. Eine der Wachen streckt den Kopf herein. „Ich soll Euch vom Hauptmann ausrichten, dass es jetzt soweit ist, Master." Ich nicke ihm zu und er verschwindet wieder.
Dann drehe ich mich zu Azur und drücke in noch einmal fest an mich. „Ich muss jetzt gehen, aber hab keine Angst. Ich glaube dir, dass du nichts getan hast, und du wirst nicht bestraft werden, dafür sorge ich." Azur nickt und wischt sich übers Gesicht. „D-danke, Master." Ich stehe auf und gehe zur Tür, drehe mich aber noch einmal um. „Alles wird gut, Azur." Und dann gehe ich.
Als ich in der Halle, wo der Hauptmann mit Cheveyo ist, ankomme, fallen mir sofort zwei Dinge auf. Es sieht nicht so aus, wie es eigentlich geplant gewesen war. Cheveyo ist zwar verwandelt und an das Andreaskreuz gebunden, aber der Schlauch, der in seinem Arm steckt, gehört eindeutig nicht zum Plan. Eine blaue, leuchtende Substanz tropft aus seinem Arm durch den Schlauch in eine Flasche.
„Hauptmann?" Der Angesprochene dreht sich um. „Ah, wie schön, genau zum Moment des Triumphs." Ich trete näher und zeige auf den Schlauch. „Was ist das? Das gehört nicht zum Plan." Der Hauptmann seufzt. „Ich weiß, ich weiß, wir haben den Plan ein wenig geändert."
Fassungslos sehe ich ihn an. „Wie bitte?" Er lächelt. „Ich habe unsere Armee nicht zurück geholt. Sie sind inzwischen auf der Erde angekommen und bereit, die gesamte Dämonenwelt zu unterwerfen. Das, was du hier siehst, ist Cheveyos Macht. Nachdem unsere Armee die Dämonen besiegt hat, werden wir jeden Einzelnen damit zum Glauben bekehren."
Für ein paar Moment verschlägt es mir die Sprache. Ich sehe zu Cheveyo, der bewusstlos ist und in seinen Fesseln hängt. Dann schüttele ich den Kopf. „Mach ihn los, sofort! Wir führen keinen Krieg gegen die Dämonen! Sie sind damals gefallen und selbst wenn du sie zum Glauben bekehrst, haben sie keinen Funken Heiligkeit mehr in sich. Sie haben Recht auf ein eigenes Leben.
Was maßt du dir eigentlich an, das alles hinter meinem Rücken zu tun? Du bist hiermit aus deinem Amt enthoben! Ich werde die Armee höchstpersönlich zurück holen. Und du wirst vor Gericht kommen hierfür!"
Ich trete einen Schritt auf Cheveyo zu, um ihn von dem Schlauch, der ihm seinen Gesichtsausdruck nach Schmerzen bereitet, zu befreien. Aber der Hauptmann räuspert sich. „Du wirst gar nichts tun, Michael. Du wirst uns still und brav unterstützen, mehr nicht."
Ich wirbele herum und packe ihn an der Kehle. „Was glaubst du eigentlich, wer du bist?" Er lacht erstickt, und grinst mich an. „Du... vergisst... etwas", bringt er hervor. Ich lockere meinen Griff etwas. „Und das wäre?" Der Hauptmann hustet kurz, dann nickt er Richtung Tür.
„Wir haben deinen kleinen Freund Azur. Als du hierher gekommen bist, hat man ihn in den Kerker gebracht. Sollte mir etwas geschehen, oder du dich auf irgendeine andere Weise querstellen, wird er dafür bezahlen. Wenn du also nicht willst, dass ihm etwas geschieht, dann solltest du dir jetzt gut überlegen, was du tust."
Geschockt lasse ich ihn los. „Du warst das. Du hast das ganze inszeniert. Es gab nie Zeugen, die Azur der Blasphemie bezichtigt haben." Der Hauptmann nickt lächelnd. „Gut erkannt. Ich brauchte nur einen Vorwand, um ihn gefangen zu nehmen."
Angewidert schüttele ich den Kopf. „Wie tief bist du nur gesunken? Du bist ein Engel Gottes, Hauptmann, bedeutet dir das denn gar nichts?" Das Lächeln des Hauptmannes fällt. Er sieht wütend aus. „Ich tue das hier für unseren Glauben! Dämonen sind Geschöpfe Satans. Wir können sie nicht beseitigen, aber wir können sie zum Richtigen bekehren. Daran ist nichts falsch. Aber ich wusste, dass du nicht mitspielen würdest. Du warst schon immer verweichlicht."
Es wäre ein leichtes, ihm hier und jetzt ein Ende zu bereiten. Ich bin ein Erzengel, ein Fingerschnipsen würde genügen. Aber ich kann nicht. Azur war schon immer mehr als ein bloßer Diener, er ist mein bester Freund und wie ein Bruder für mich. Und jeder hier im Himmel weiß, wie nahe wir uns sind. Auch der Hauptmann.
Jetzt lächelt er wieder. „Siehst du? Ich wusste, dass der Kleine deine Schwäche ist. Und jetzt wirst du mich gewähren lassen, sonst lasse ich ihn foltern, bevor meine Männer ihm das Herz rausreißen." Ich schüttele den Kopf. „Gott wird dich dafür bestrafen. Du wirst damit nicht durchkommen, niemals. Du hast Azur der Blasphemie bezichtigt, dabei bist du hier der Einzige, der Gott lästert."
Aber der Hauptmann scheint sich ziemlich sicher. „Ich tue das in Gottes Namen. Er wird mich belohnen dafür." In dem Moment stöhnt Cheveyo auf. Der Hauptmann grinst. „Sieh ihn dir an. Der kleine Bastard hat beinahe seine volle Macht erreicht. Nur noch ein paar Stunden, dann wird er mächtiger sein als alles andere auf dieser Welt. Und dann werden wir ihm alles nehmen und es zu etwas Gutem wenden. Und wenn du nicht mitspielst, Michael, dann hat Azur wohl ein Problem."
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Ja, als kleiner Überraschung dachte ich, ich schreibe mal aus Michaels Sicht :) So sieht die Situation im Himmel aus, bald kommt es dann zum Showdown auf der Erde!
Die erste Woche Schule hat mich doch ein wenig mehr beansprucht als gehofft, deshalb kommt das Kapitel etwas spät. Es tut mir auch leid, dass ich nicht alle Kommentare im letzten Kapitel persönlich beantworten konnte, ich werde versuchen, dass das in diesem Kapitel wieder klappt.
Auf jeden Fall ein riesiges Dankeschön an:
#Rockylovesbooks, #momoho, #mewias, #L0000VE, #lenater1999, #lphone21, #2fame4u, #BlackVany und #xlina_x
Und dann noch für dieses Mal die Kommianreger:
~ Michael hat endlich mitbekommen, was in seinem Himmel vor sich geht... aber wenn er etwas unternimmt, wird Azur verletzt. Wird er es trotzdem riskieren oder wird er seinen Freund nicht in Gefahr bringen?
~ Was denkt Azur wohl gerade, jetzt da er im Kerker eingesperrt ist?
~ Wie geht es Cheveyo? Er weiß noch immer nichts von der Stärke seiner Kräfte, kann er überhaupt noch irgendetwas unternehmen?
Das war es schon wieder für heute! Ich freue mich auf euer Feedback!
Go back to reality. Stay yourself.
Eure StreetSoldierin
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