30. Hope and Nightmares
Cheveyos Pov
„Beweg dich!" Unsanft werde ich angestoßen und stolpere in die Richtung, in die mich drei Engel aus Michaels Garde führen. Ich weiß nicht, wohin wir gehen.
Und so verzweifelt ich mir auch versuche einzureden, dass es nicht meine Hinrichtung ist, der einzige Anhaltspunkt dafür ist, dass Michael noch nicht zu mir gekommen ist, wie er es eigentlich angekündigt hat.
Aber was heißt das schon? Er ist ein Erzengel. Wahrscheinlich hatte er Wichtigeres zu tun. Aber es ist meine letzte Hoffnung, deshalb klammere ich mich daran wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring.
Der selbe Hauptmann, der mich an erster Stelle auch hier her verschleppt hat, hat mir die Hände vor den Bauch gefesselt und die Kette dann noch um meine Hüfte geschlungen, damit ich meine Arme nicht mehr heben kann. Jetzt läuft er hinter mir und treibt mich durch die Gänge des Himmelpalasts.
Immer wieder begegnen wir Engeln, die mich neugierig anstarren. Ich versuche die Blicke zu ignorieren, aber das ist nicht einfach. Wo Jonah wohl gerade ist? Ich hoffe, er hat es bis zu Alvaro geschafft.
Ein Soldat der Garde öffnet nun eine Tür, durch die der Hauptmann mich schubst. Ich stolpere, kann mein Gleichgewicht aber fangen und hebe den Kopf. Der Saal, in dem wir uns befinden, ist ziemlich merkwürdig.
Eine Wand ist komplett mit einem Spiegel verkleidet, die anderen sind weiß. Und in der Mitte des Raumes stehen allerlei Geräte, die so furchteinflößend aussehen, dass ich mich kaum traue sie anzusehen. Irgendetwas an der Atmosphäre hier drin stört mich. Was ist das für ein Ort?
Der Hauptmann treibt mich voran in die Raummitte, dann nimmt er mir die Fesseln ab. Nur um mich kurz darauf an einer Art Andreaskreuz festzumachen. Meine Arme sind nun nach seitlich oben ausgestreckt und auch meine Füße werden mit Eisenfesseln umschlossen. Ich stehe mit dem Rücken zu den drei Engeln und kann mich kein Stück bewegen.
„Nun Cheveyo..." Die Stimme des Hauptmannes ist hart und kalt. „Es wird Zeit, dass wir endlich beginnen." „Mit was?", frage ich, jetzt deutlich panisch. Wird er mich nun töten? Einfach so?
Ich höre Metall klappern, dann ein Zischen. Und plötzlich ist die Stimme des Hauptmannes ganz nah neben meinem Ohr. „Mit deinem Training natürlich."
Und plötzlich fühle ich einen bohrenden Schmerz und schreie auf. Glühendes Eisen brennt auf meiner Haut, wird mir langsam über den Rücken gezogen und hinterlässt dort blutige und schmerzhafte Spuren.
Ich schreie weiter und beginne, an meinem Fesseln zu zerren, aber es nützt nichts, ich bin dem Hauptmann und seiner Folter völlig hilflos ausgeliefert. Es fühlt sich an, als würde er mit dem glühenden Stab Muster auf meinen Rücken malen. Es ist eine pure Qual.
Als er endlich fertig ist, lasse ich schluchzend den Kopf nach vorne fallen. Was ist hier los? Von was für einem Training hat der Hauptmann gesprochen? Wieso foltern sie mich und noch wichtiger, was ist mit meiner Hinrichtung? Wollen sie nur noch ein bisschen Spaß haben, bevor ich sowieso sterbe? Das ist zu viel, einfach zu viel.
„Die Siegel sind gezeichnet", sagt der Hauptmann mit seiner festen, kalten Stimme. „Der Junge muss sich jetzt verwandeln." In Erinnerung an meine letzte, sehr schmerzhafte Verwandlung schüttele ich panisch den Kopf. Noch mehr Schmerzen halte ich nicht aus, auf keinen Fall.
Aber der Hauptmann interessiert sich gar nicht dafür, er legt nur die Hand auf meine Stirn und murmelt etwas. Und kurze Zeit später fühle ich mich so, als säße er in meinem Kopf und würde mich zwingen, mich zu verwandeln. Ich habe keine Chance, er ist zu stark, und schon kann ich spüren, wie der Prozess beginnt.
Aber zu meiner Überraschung sind da keine Schmerzen. Kein Kampf, keine Anstrengung, keine Krämpfe. Innerhalb weniger Sekunden stehe ich verwandelt da, noch immer an das Andreaskreuz gefesselt. Erstaunt schlage ich kurz mit meinen Flügeln. Wieso geht das auf einmal so einfach?
Der Hauptmann gibt einen zufriedenen Laut von sich. Dann wird auf einmal eiskaltes Wasser über meinen schmerzenden Rücken gegossen, tränkt dabei auch einen Teil meiner Flügel. Das Gefühl ist furchtbar unangenehm und ich schaudere.
„Was soll das alles? Was wollt ihr von mir?" Auch meine Stimme zittert. Der Hauptmann lacht nur, ein tiefer, kehliger Laut. „Das wirst du noch früh genug erfahren." Und dann macht er weiter.
*********
Nach einiger Zeit, die sich wie eine Ewigkeit anfühlt, werde ich zurück in den Raum gebracht. Mein Körper schmerzt an jeder nur erdenklichen Stelle und ich bin genauso verwirrt wie zuvor. Ein Engel der Garde befestigt die goldene Kette an meinem Fußgelenk, dann verschwinden sie alle drei.
Mit zittrigen Schritten gehe ich zum Bett und lasse mich dann darauf fallen. Ich schaffe es noch nicht einmal, mich zuzudecken, bevor ich der Erschöpfung nachgebe und innerhalb von Sekunden einschlafe.
Einige Alpträume später wache ich schweißgebadet auf. Mein Atem geht schnell und flach und das Gefühl der Angst ist noch nicht verschwunden. Mit jedem Wimpernschlag sehe ich wieder Bilder aus meinen Träumen, grausame Bilder, die mir Tränen in die Augen treiben.
Ich versuche mich zu beherrschen, aber meine Panik ist zu groß, die Bilder zu furchteinflößend. Ich beginne haltlos zu schluchzen, vergrabe das Gesicht in den Händen.
Mein Atem wird immer schneller, bis ich das Gefühl habe zu ersticken, aber ich kann ihn nicht verlangsamen. Mit jedem hektischen Atemzug fühlt es sich so an, als würde mir der Sauerstoff entzogen. Die Welt beginnt zu verschwimmen, mir wird schwindelig. Meine Hände suchen nach etwas zum festhalten, aber ich greife nur ins Leere, dann verschwindet plötzlich alles um mich herum und ich falle, schlage dumpf auf den Boden auf.
Dann höre ich eine Stimme und jemand nimmt meine Hände in seine. „Cheveyo!" Ich kann nicht erkennen, wer es ist, aber in diesem Moment ist es mir egal. Ich klammere mich an ihn, kann mich endlich an etwas festhalten. „Ganz ruhig, atme langsam."
Ich spüre, wie eine meiner Hände losgelassen wird, dann eine Berührung an meiner Schläfe. Und augenblicklich verlangsamt sich meine Atmung wieder, das Gefühl zu ersticken verschwindet. Noch immer trüben Tränen meine Sicht und ich lasse einfach blind zu, wie der Unbekannte mich hoch hebt und wieder aufs Bett legt.
Meine Lunge schmerzt und ich kralle mich an den Unbekannten als hinge mein Leben davon ab. Aber wer auch immer er ist, es scheint ihn nicht zu stören. Er scheint viel mehr besorgt, denn er schlingt seine Arme um mich, hält mich fest und flüstert mir beruhigende Dinge zu.
Wer ist er, dass er sich so um mich kümmert? Sicher doch kein Engel, oder? Aber sonst kann doch eigentlich niemand hier sein. Verwirrt schließe ich die Augen und öffne sie wieder, blinzele die Tränen zurück, kämpfe um die Kontrolle über meinen Körper.
Schließlich schaffe ich es, meinen Blick zu fokussieren. Und ich sehe direkt in ein Augenpaar. Schimmernde, wachsame Augen. Sanfte, mitfühlende Augen. Weiße und goldene Augen. Erschrocken zucke ich zusammen. „M-Michael?" Er ist es wirklich. Ich sitze in Erzengel Michaels Armen.
„E-es tut mir leid, Master, ich...", hebe ich mit zitternder Stimme an und versuche, zurück zu weichen, aber Michael schüttelt den Kopf und lässt seine Arme, wo sie sind. „Es ist okay, Cheveyo. Beruhige dich."
Ich schlucke und sehe unsicher zu ihm hoch. Er ist ein Erzengel und meine Ehrfurcht vor ihm ist groß, egal was Jonahs Ansichten dazu sind. Michael hebt die Hand ein Stück, woraufhin die Tür zuschlägt und die Wände des Zimmers kurz hell aufleuchten. Fragend hebe ich eine Augenbraue.
„Ich will nicht, dass uns jemand belauscht", erklärt er und lässt mich jetzt los. Ich nutze die Gelegenheit und rutsche von seinem Schoß, aber er nimmt meine Hand, bevor ich zu viel Abstand zwischen uns bringen kann.
„Es gibt jemanden, den du vermisst, nicht wahr? Auf der Erde." Überrascht sehe ich ihn an. „Na ja, mein Bruder ist da unten." Aber Michael schüttelt den Kopf. „Das meinte ich nicht." Meine Hände beginnen leicht zu zittern. Woher weiß er das?
Er scheint meinen Blick zu bemerken. „Nein, ich kann keine Gedanken lesen, falls du das denkst. Aber wir haben trotzdem eine Art Verbindung. Ich konnte spüren, um was es in diesem Alptraum ging." Erschrocken ziehe ich die Luft ein. Dieser Traum war grausam und am liebsten würde ich ihn einfach vergessen.
Michaels Blick ist noch immer so weich und beruhigend wie anfangs. „Cheveyo, ich will dir damit nicht wehtun, aber die Chancen, dass du diesen Jungen bekommen wirst, sind sehr gering." Ich schlucke und sehe zu Boden. „Das weiß ich. Ich sterbe doch sowieso, bevor ich die Chance habe, ihn auch nur wiederzusehen."
„Das ist eigentlich der Grund, wieso ich hier bin." Michael legt eine Hand unter mein Kinn und bringt mich sanft dazu, ihn wieder anzusehen. „Du wirst nicht hingerichtet werden." Ich reiße die Augen auf. Hat er das gerade wirklich gesagt oder war das Wunschdenken?
„A-aber... bin ich denn nicht... mit...?" Meine Stimme versagt völlig, aber Michael scheint trotzdem zu verstehen. „Doch, wir sind tatsächlich blutsverwandt. Aber es ist Gottes Wille, es anders zu lösen. Du musst nicht sterben. Alles, was es braucht, ist, dass du deine Kräfte aufgibst. Damit wird auch der Anteil an Heiligkeit verschwinden, den du in dir trägst."
Ich kann es kaum glauben. Es scheint so unwirklich, dass ich beinahe nicht fähig bin, Sätze zu formen. „Das funktioniert? Aber... wie?" Michael seufzt und streicht über eine der Brandwunden auf meinem Rücken. „Gott hat meinem Hauptmann Anweisung geschickt. Sie werden dich erst stark machen, so stark wie du nur werden kannst. Und in dem Moment, in dem du deine volle Stärke erreicht hast, werden sie sie dir nehmen."
Der Blick, mit dem er mich bedenkt, zeigt einen besorgten, aber auch treuen Ausdruck. „Ich werde dich nicht anlügen, es wird wahrscheinlich wehtun. Diese Siegel auf deinem Rücken waren nur der Anfang. Ich werde dafür sorgen, dass der Hauptmann nicht mehr so brutal mit dir umgeht, aber die hauptsächlichen Schmerzen kann ich dir nicht ersparen, so leid es mir tut."
Ich schüttele den Kopf, immer noch verwirrt, aber meine Hoffnung kommt gerade zurück. „Das ist okay, wirklich. Wenn das heißt, dass ich bei Jonah bleiben kann, dann werde ich meine Kräfte aufgeben. Egal, ob es wehtun wird." Ich spreche nicht nur von Jonah, und Michaels Blick nach zu urteilen weiß er das, aber gerade ist es egal. Ich habe eine Chance und die werde ich nicht wegwerfen.
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Was haltet ihr davon, wenn wir den Updatetermin auf sonntags legen? Samstags scheine ich es nämlich immer zu vergessen...
Also meine Lieben, was gibt's Neues da draußen? Ich hoffe euch geht's gut und dass ihr beim Treppen runterlaufen jede Stufe nehmt und keine überseht, sonst könnte euch das Gleiche passieren wie mir und ihr fallt und macht euren Fuß kaputt. Also, immer schön aufpassen! Jede Stufe ist wichtig ;)
Genug geredet, jetzt kommen wir zum danken: Ein riesiges Dankeschön an
#Rockylovesbooks (natüüürlich <3), #L0000VE, #HimberCupcake und #BlackVany
Ihr lest richtig, es gab nur vier Kommentatoren im letzten Kapitel, aber diese vier haben es auf ganze sechzehn wunderschöne Kommentare gebracht und dafür bin ich euch mehr als nur dankbar! Einen großen Applaus!
Damit sich dieses Mal vielleicht doch ein paar mehr Leute an die Kommentare trauen, hier ein paar Kommianreger:
~ Cheveyo wird doch nicht umgebracht, aber von den Plänen des Himmels wussten wir ja schon. Die Frage ist: Welche Rolle spielt Michael? Wieso erzählt er Cheveyo, ihm würden die Kräfte genommen werden?
~ Cheveyo weiß nicht, was die Engel mit ihm vorhaben. Er ist bereit, zu tun was sie sagen. Was bedeutet das jetzt für unsere Dämonen? Können sie die Engel rechtzeitig stoppen?
~ Was sind das für Alpträume die Cheveyo hat und woher kommen sie?
~ Michael und Cheveyo haben eine "Verbindung". Was sagt das über die Beziehung der beiden aus? Ist da doch mehr Bruderschaft, als die Engel wahrhaben wollen?
~ Und zu guter Letzt: Wer ist es, den Cheveyo da auf der Erde vermisst?
Und das war es für heute!
Go back to reality. Stay yourself.
Eure StreetSoldierin
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