25. Holy Hell Blood
Alvaros Pov
Chase. Meine Gedanken wirbeln wie verrückt in meinem Kopf herum und ich versuche vergeblich, sie unter Kontrolle zu bringen.
Mercenario sieht genauso geschockt aus wie ich. Er war mit Chase genauso gut befreundet gewesen. Nicht, dass ich es schlimm fände, dass er einen Spionen in den Reihen der Engel hat... aber wieso hat er nie etwas gesagt?
Okay. Einatmen. Ausatmen. Ordnen. „Wie hast du es geschafft zu spionieren, wenn du mit zwölf Jahren den Himmel verlassen hast?"
Jonahs Miene verfinstert sich. „So sehr ich den Ort auch hasse, es war mir nie verboten, zurück zu kommen. Ich darf nicht dort leben, aber ich darf kommen. Cheveyo wusste das nicht, ich hab es ihm nie gesagt. Ich wollte nicht, dass er zurück geht zu all diesen verlogenen Kreaturen. Aber meistens sehen sie mich gar nicht. Ich bin geschickt geworden im belauschen"
„Du scheinst einen großen Hass auf die Engel zu haben", sagt Jel neben mir. Seine sanfte Stimme beruhigt mich wieder ein bisschen.
Jonah starrt aus dem Fenster. „Der Himmel hat mir alles weggenommen. Meine Mutter, meinen Vater, meinen Bruder, mein Zuhause.
Meine Mutter musste abhauen, weil sie nicht bei dem Mann bleiben konnte, der sich als mein Vater ausgegeben hat, weil sonst herausgekommen wäre, dass Cheveyo Michaels Blut in sich hat.
Ich bin mein ganzes Leben angelogen worden, der Mann von dem ich dachte, er wäre mein Dad, war in Wirklichkeit Michaels Vater.
Auf der Erde mussten Cheveyo und ich uns irgendwann trennen, weil wir keine Arbeit gefunden haben. Die einzigen Jobs, die akzeptabel waren und die wir auch machen konnten, waren in verschiedenen Städten. Verdammt, wir waren doch erst Kinder."
Er wischt sich wütend übers Gesicht.„Ich habe über alle Möglichkeiten nachgedacht, wie wir hätten zusammenbleiben können, aber es gab keine. Wenn ich wollte, dass Cheveyo überlebte, musste ich ihn wegschicken. Wir haben für ihn drei Städte weiter eine Arbeit gefunden, aber wir konnten uns nur einmal im Monat besuchen, das Geld war zu knapp.
Als ich fünfzehn war, kam Chase in die Stadt. Zufällig wurde ich genau als er in der Nähe war von einem älteren Dämon überfallen. Ich denke, der wollte mich zu seinem Sklaven machen, wie es gerade so oft vorkommt, aber Chase ist dazwischen gegangen. Er hat mich gerettet und weil ich verletzt war, auch mit nach Hause genommen.
Ich hab ihm alles erzählt, wie ich auf die Erde kam und dass ich ein weißer Dämon bin. Er hat mich getröstet und konnte verstehen, dass ich so wütend auf den Himmel war.
Und dann hat er angefangen, mir von Dingen zu erzählen, die da oben vorgehen. Dass Harrowby sich mit den Engeln verbündet hat und dass sie etwas planen.
Und irgendwann haben wir eine Vereinbarung getroffen: Ich höre mich im Himmel um und er bezahlt mir dafür eine kleine Wohnung in der Stadt, in der ich vorher war.
Ich wollte Cheveyo eigentlich zu mir holen, aber er hat es in seinem Job immer weiter gebracht und hatte bald sein eigenes Zuhause. Er war so stolz, ich wollte ihm das nicht wegnehmen.
Außerdem war es besser, wenn er nicht erfahren würde, dass ich für die Dämonen spioniere. Wenigstens hatten wir jetzt wieder mehr Kontakt und konnten uns öfter besuchen.
Aber was ich im Himmel erfuhr, war anfangs zwar noch harmlos, aber nach zwei Jahren wurde es immer grauenhafter. Chase und ich fingen an zu planen, was wir dagegen tun konnten, aber wir mussten abwarten.
Ich wusste schon vor Cheveyo, dass er mit Michael verwandt ist. Und je mehr Details ich erfuhr, desto mehr Angst bekam ich um ihn.
Und als ich hörte, dass sie Cheveyo holen wollten, rief ich ihn an und sagte ihm, er solle zu mir kommen. Ich wollte ihn wegbringen, aber er kam nie bei mir an."
Ich lasse all die neuen Informationen auf mich wirken. Der Himmel hat mich vorher nie wirklich interessiert, deswegen hab ich von all dem nichts mitbekommen. Genau wie die anderen Dämonen.
Niemand kann mit Engeln viel anfangen, das geregelte, langweilige Leben ist nichts für uns. Und bis jetzt dachte ich auch bei Chase, dass es ihn nicht interessieren würde. „Woher wusste Chase das alles, bevor er dich fand?"
Erstaunt sieht Jonah mich an. „Von Harrowby." Jetzt verwirrt er mich schon wieder. „Was hat Chase mit Harrowby zu tun?"
„Das weißt du nicht? Aber... oh." Er sieht zu Boden. „Na ja, ich denke, jetzt kommt sowieso alles raus, dann kann ich dir das auch erzählen. Als Chase dreizehn war, erinnerst du dich daran, dass er ein ganzes Jahr weg war?"
Ich nicke. „Er hat ein Auslandsjahr in einer Menschenschule gemacht. Er kam ein halbes Jahr nach seinem vierzehnten Geburtstag zurück. Was hat das mit Harrowby zu tun?"
Jonah tritt unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. „Das mit dem Auslandsjahr war eine Lüge. Wahrscheinlich hat er es dir so erzählt, weil er sich geschämt hat. Als er dreizehn war, hat er bei einem Freund in Harrowbys Gebiet übernachtet. In derselben Nacht sind in diesem Dorf Harrowbys Steuereintreiber eingefallen. Chase' Freund wusste davon nichts, sonst hätte er ihn nie eingeladen. Seine Familie konnte die Steuern nicht zahlen. Ich denke du kennst die Strafe dafür?"
Ich nicke. Harrowbys Strafen sind zu grausam, um sie zu vergessen. „So wie die Strafe auf fast alles. Der älteste Sohn muss zu Harrowby, ein Jahr."
Jonah nickt. „Ein Steuereintreiber hat Chase' Freund schon vor sich aufs Pferd gezerrt, aber Chase wollte das nicht zulassen. Er hat den Mann mit einem Stein vom Pferd geholt. Sein Freund konnte fliehen, aber er selbst wurde geschnappt. Harrowby entschied, dass Chase als Strafe die seines Freundes übernehmen sollte.
Sir Chamberlain beschwerte sich, aber egal ob man zu Gast in Harrowbys Gebiet ist oder nicht, die Gesetze gelten für alle. Es war also völlig rechtsgültig. Chase musste ein Jahr lang bei Harrowby bleiben. Und da er nicht der Typ ist, der sich von seinen Ängsten beeinflussen lässt, hat er die Gelegenheit genutzt, um ein bisschen zu spionieren.
„Chase." Mercenario fährt sich durch die Haare, ein ungläubiger Ausdruck auf seinem Gesicht. „Er ist durch so eine Hölle gegangen und hat uns nie ein Wort gesagt? Wir waren seine besten Freunde."
Ich schüttele den Kopf, gewinne meine Fassung endlich wieder. Jonah hebt an etwas zu sagen, aber ich komme ihm zuvor. „Das war nichts persönliches, Mercenario. Chase wusste, dass ich bald Lord Blackbourne sein und du höchstwahrscheinlich mit mir gehen würdest. Trotz allem ist Harrowby noch immer ein Mitglied des Dämonenkreises und wenn Chase keine Beweise für irgendwelche illegalen Machenschaften hatte, dann wäre es nicht schlau gewesen, mit uns darüber zu reden."
Jonah nickt mir zu. „Genau so war es. Tatsächlich hatte Chase vor kurzer Zeit vor, es dir zu erzählen. Der Zeitpunkt ist gekommen, dass wir Hilfe brauchen, irgendjemand muss die Engel stoppen. Aber irgendwie hat Harrowby Wind von der Sache bekommen. Ich weiß noch immer nicht, wie er das gemacht hat. Chase hatte sich entschieden, dich einzuweihen. Und zwei Tage später war sein kleiner Bruder verschwunden."
„Moment. Daltons Verschwinden hatte nichts mit Harrowby zu tun. Ich habe ihn selbst aus den Händen einiger Unterschichtdämonen befreit, die ihn..." „...auf Harrowbys Befehl hin zu ihrem Lustsklaven gemacht und vermietet haben", unterbricht Jonah mich.
Nachdenklich streiche ich über Jels Arm. Das hört sich logisch an. Und schrecklich zugleich. Wie kann das alles nur direkt vor meinen Augen passieren, ohne dass ich erkenne, was vor sich geht?
„Es sollte eine Warnung sein. Chase sollte dir nichts erzählen und dafür würde sein Bruder am Leben bleiben. Wieso er Fineen am Ende auch noch mit genommen hat, kann verschiedene Gründe haben.
Vielleicht dachte er, Chase hätte dich doch eingeweiht, weil du Dalton gerettet hast. Er könnte es einfach zur Absicherung getan haben, dass du dem Dämonenkreis nichts erzählst. Aber nachdem was Cheveyo mir erzählt hat, könnte es auch noch mit eurer Vergangenheit zusammenhängen."
„Wahrscheinlich war es von allem etwas", antworte ich. Meine Stimme ist ruhig und ich zwinge mich, das auch selbst zu sein. „Was schlägst du jetzt vor wie es weitergehen soll?"
Jonah tippt sich nachdenklich ans Kinn. „Wir müssen erst deinen Bruder befreien, denn wenn wir jetzt gegen den Himmel vorgehen würden, würde Harrowby dich mit ihm erpressen. Niemand darf ein Druckmittel gegen dich haben, sonst können wir die Aktion komplett vergessen.
Danach gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine wäre, dass Harrowby denkt, du wüsstest doch nichts von den Dingen, die im Himmel vorgehen und würdest Fineen zurückholen in dem Glauben, er wäre nur wegen eurer Vergangenheit entführt worden.
Die andere wäre, dass er irgendwie schaltet und mitbekommt, dass du von allem weißt. Dann müssten wir in volle Offensive schalten und den Himmel stürmen, sonst wäre Cheveyo unerreichbar und wir wären verloren. Alle. Nicht nur wir hier in diesem Raum, sondern jeder Dämon, der hier in dieser Welt lebt."
Ich kann nicht anders als fragen, es nicht zu wissen macht mich wahnsinnig. „Okay, Jonah, jetzt ganz ehrlich: Was ist mit Cheveyo? Mit welcher Sache hat er zu tun und wieso kann sein Schicksal Auswirkungen auf so viele andere haben? Wieso sind wir alle verloren, wenn die Engel ihn bei sich behalten?"
Jonah sieht auf seine Hände, gräbt seine Finger in das Material der Couch und lässt wieder locker. Dann schaut er mir direkt in die Augen. „Hast du dich jemals gefragt, wieso Cheveyo sich nicht mehr richtig verwandeln kann?"
Ich nicke leicht. Er fährt fort. „Gott hat eine Kraft über ihn gelegt, die ihm das Verwandeln in seine Halbengelgestalt unmöglich machen sollte."
„Aber er hat es doch geschafft", sagt Jel neben mir verwirrt. „Auch wenn es alles andere als einfach aussah, er hat sich verwandelt. Wenn diese Kraft, die das verhindern sollte, von Gott kam, hätte sie dann nicht stärker sein sollen?"
Jonah nickt. „Eigentlich schon, ja. Bis jetzt kennt man nichts, was die Macht Gottes übertreffen kann. Der Teufel ist zwar gleichstark, aber übertreffen können sie sich beide nicht."
Er macht eine kurze Pause und atmet tief durch, dann sagt er: „In Cheveyo haben sich zwei Dinge vermischt. Unsere Mutter war nicht nur eine Dämonin, sie ist auch noch direkt blutsverwandt zu Satan. Versteht ihr?
In Cheveyo fließt das Blut Gottes und das des Teufels. In ihm haben sich reine Heiligkeit und die Hölle vermischt.
Er ist das, was es nie hätte geben sollen: Seine Kraft ist stärker als die von Gott oder dem Teufel, weil er die Kräfte von beiden besitzt.
Er weiß nichts davon, und kann es daher noch nicht einsetzen, aber die Engel werden es ihm beibringen und ihn dazu zwingen. Wenn wir ihn nicht da rausholen, werden sie ihn zu ihren Zwecken benutzen und jede Gestalt dieser Welt ihnen unterwerfen.
Die meisten würden ihn wohl am liebsten hinrichten, dafür, dass er stärker ist, als ihr eigener Gott... aber sie haben wohl eingesehen, dass er ihnen lebend mehr nützt.
Verstehst du jetzt? Sie werden die Dämonen mithilfe von Cheveyos Kräften zum Glauben zwingen. Sie wollen den Teufel umbringen und euch zu Gott bekehren.
Harrowby macht nur mit, weil er denkt, sie würden ihn dann verschonen, aber er hat keine Ahnung. Sie wollen alle zu ihrem krankhaften Glauben kommandieren, alle. Alles was wir sind, was wir Dämonen als stolz und frei empfinden und was uns zu dem macht, was wir sind... all das werden sie auslöschen und mit ihren farblosen und gezwungenen Ansichten ersetzen.
Cheveyo hat die Kraft dazu und sie werden ihn dazu zwingen. Wenn wir ihn nicht befreien, sind wir bald alle willenlose Sklaven Gottes.
Auch du Alvaro. Glaubst du, dass du Jel wirklich noch lieben kannst, wenn die Engel gewinnen?
Keiner von uns wird mehr gleichgeschlechtliche Beziehungen führen. Es wird gezwungen sein, aber in unseren Augen eine Wahrheit, weil wir uns an nichts mehr erinnern werden können."
Ich muss Ruhe bewahren. So sehr mein Verstand auch darum bettelt, durchdrehen zu dürfen, ich kann es mir nicht erlauben. Ich bin für mein Volk verantwortlich. Das hier ist ein Problem, ein größeres als ich es je erlebt habe. Aber meine Leute brauchen mich. Jel braucht mich.
Also atme ich nur tief durch und bleibe fest fokussiert. „Ich werde euch helfen, Jonah. Aber wir brauchen einen guten Plan. Uns wurde gerade das Schicksal der gesamten Dämonenwelt in die Hände gelegt. Eher sterbe ich, als zuzulassen, dass unser Volk zu diesen willenlosen Kreaturen, die sich heilig nennen, mutiert."
Ich kann spüren, wie der Dämon in mir wütend wird. Wie meine Augen sich langsam schwarz färben. Wir wollen Blut sehen.
Egal, welche Fehler ich in der Vergangenheit gemacht habe. Egal, dass ich nicht stark genug war, meinen Bruder zu beschützen.
Ich bin noch immer Alvaro Lewis Blackbourne, der erste Dämon im Dämonenkreis. Und ich werde alles tun, um meine Leute zu retten.
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Die Lage spitzt sich zu :o Ich hoffe ihr seid nicht zu sehr geschockt von all den Infos ;)
Das Kapitel widme ich #peaceofhumanity für ihre drei tollen langen Kommentare <3 Danke dafür!
Und bedanken möchte ich mich natürlich auch bei den anderen Kommentatoren, nämlich bei #Rockylovesbooks (wie könnte es anders sein ;D), #MineHi, #maelle_1512, #Marieschorle (gleich 6 Stück, danke danke danke <3) und #Le_Fish (ein Supernatural Family Member *-*)
Letztes Mal haben wir es auf 20 Kommentare geschafft, darüber habe ich mich riesig gefreut! <3 Dankeschön, Kick Ass Family!
Und damit auch dieses Mal wieder ein paar zusammen kommen, hier die Kommianreger:
~ In diesem Kapitel wurde ein bisschen klarer, dass Mercenario, Chase und Alvaro früher beste Freunde waren. Wie kam es dazu und warum ist es heute nicht mehr so?
~ Chase bei Harrowby... ein dunkles Geheimnis, das hier gelüftet wurde. Hat Chase richtig gehandelt damit, Alvaro und Mercenario nichts davon zu erzählen?
~ Was haltet ihr von Cheveyos Mächten? Überrascht?
~ Wie können Alvaro und die anderen verhindern, dass die Engel die Dämonen unterwerfen? Ist es überhaupt möglich, sie zu stoppen?
~ Was für eine Rolle spielt Erzengel Michael in dem ganzen Plan?
Und das war es schon für heute :)
Go back to reality. Stay yourself.
Eure StreetSoldierin
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