18. Archangel's Blood
"Das mit der Stimme ist ein schöner Trick, oder?" „Jel, was ist..." Cheveyo stockt, als der Engel sich an mir vorbei ins Zimmer drängt. Dann setzt er sich auf. „Wer auch immer du bist, ich würde vorschlagen du verschwindest lieber. An deiner Stelle würde ich mir zweimal überlegen, ob ich einem Blackbourne seinen Gefährten wegnehme!" Automatisch trete ich einen Schritt zurück. Der Engel aber lacht nur und schüttelt den Kopf.
„Mich interessiert es nicht, was der Dämonenlord sich so ins Bett holt." Hab ich richtig gehört? Als ob ich mit Alvaro... okay, das sollte ich lieber nicht beschreien. Und außerdem ist es nebensächlich, denn die Frage ist: Warum ist der Engel hier? Das beantwortet er aber schon selbst: „Ich bin deinetwegen hier, Cheveyo Ashbury." Erschrocken reißt Cheveyo die Augen auf. „Woher weißt du meinen Namen?"
Wieder lacht der Engel. „Ich weiß so vieles. Aber setzen wir uns doch erstmal. Und du, Kleiner..." Er dreht sich um und nach einer Handbewegung von ihm schlägt die Tür hinter mir zu. „Du kommst auch her. Komm gar nicht erst auf die Idee, nach den Männern deines Gefährten zu schreien. Sie werden dich nicht hören." Unschlüssig bleibe ich stehen. Was soll ich tun? Schließlich streckt Cheveyo seine Hand aus. „Komm zu mir, Jel. Ich passe schon auf."
Schnell umrunde ich den Engel und setze mich an Cheveyos Seite, der mir beschützend einen Arm um die Schultern legt. „Also, ich frage noch einmal: Was willst du?" „Ganz langsam, Junge. Erst mal müssen wir etwas klären: Wann warst du das letzte Mal im Himmel?" Erstaunt sieht Cheveyo in an. „Ich hab dort gelebt bis ich zehn Jahre alt war. Danach war ich nie wieder dort. Wieso?"
Der Engel ignoriert die Frage umgehend. „Also kennst du dich aus, das ist schön zu hören. Dann sagt dir der Begriff Erzengel etwas?" Cheveyo schnaubt. „Ich sollte verdammt sein, wenn mir das nichts sagen würde." Der Engel hebt eine Augenbraue und stößt ein zischendes Geräusch aus. „Hüte deine Zunge! Du scheinst mehr Dämonen- als Engelblut in dir zu haben, wenn du so mit Flüchen um dich wirfst." Cheveyo zuckt mit den Schultern. „Was ist mit den Erzengeln?"
Der Engel entspannt sich wieder. „Vielleicht solltest du deinem Freund erklären, wer sie sind." Cheveyo seufzt. „Wieso tust du das?" Die Antwort ist ein Schulterzucken. „Na schön." Cheveyo dreht sich zu mir. „Die Menschen haben eine andere Vorstellung von Erzengeln, sie wissen nicht, wer sie wirklich sind. Vielleicht kennst du ihre Namen, aber bestimmt nicht ihre wirkliche Bedeutsamkeit."
Ich nicke. Der Religionsunterricht im Heim ist also doch für etwas gut gewesen. „Es sind doch vier, oder nicht? Gabriel, Uriel, Michael und..." Ich überlege. „Raphael. Richtig?" Cheveyo nickt. „Der Himmel wird von diesen vier Engeln regiert. Sie stehen unter Gottes Befehl, haben untereinander aber eine eigene Hierarchie. Michael ist der Mächtigste, Gabriel und Raphael sind gleichgestellt, danach kommt Uriel. Früher war Michael nur imaginär, eine Legende aus einer Prophezeiung, die sich aber vor fünfundzwanzig Jahren erfüllt hat: Der letzte und mächtigste Erzengel wurde geboren.
Diese vier sind nach Gott die Heiligsten im Himmel. Sie müssen sich streng an seine Regeln halten, und dürfen dafür regieren und im Rahmen von Gottes Wort tun was sie wollen."
Er dreht sich wieder zu dem Engel. „Wer bist du und was haben die Erzengel hiermit zu tun?" „Mein Name ist Azur", antwortet dieser. Cheveyo keucht auf. „A-Aber... dann... dann stehst du in direkter Verbindung zu Erzengel Michael!" Azur nickt. „Allerdings, ich bin seine rechte Hand, sein treuer Freund und Gefährte und heute hier, um dir etwas mitzuteilen." Ich spüre, wie Cheveyo immer ungläubiger wird. „Wieso mir? Ich bin ein Halbengel. Mein Vater hat mir zwar gesagt, dass ich theoretisch im Himmel bleiben könnte, wenn ich wollte, aber ich doch eher auf die Erde gehöre, da mein Dämonenblut die Oberhand hat! Was will ein Erzengel von mir?"
Azur ignoriert die Frage. „Erst muss ich dich fragen, auf welcher Seite du die Sterne fängst." Verwirrt sehe ich Cheveyo an. Dieser bemerkt meinen Blick und lächelt. „Das ist eine alte Redensart der Engel, da sie zu konservativ sind um in der Öffentlichkeit über Sexualität zu sprechen. Ich bin bi, Azur, wie alle gewöhnlichen Halbengel." Na so was, eine Gemeinsamkeit. Irgendwie ist es merkwürdig, dass ich vorher außer mir selbst nie jemanden gekannt habe, der auch bi war.
Trotzdem liegt mir schon die ganze Zeit eine Frage auf der Zunge und schließlich siegt die Neugierde. „Cheveyo?" „Ja?" Fragend zieht er eine Augenbraue hoch. „Ich wollte nur fragen... um..." Ich suche nach den passenden Worten. „Na ja, mir hat man immer beigebracht, dass schwul sein, oder alles was nicht straight ist, gottlos bedeutet. Ich hab mich nur gefragt..."
Er nickt, hat schon verstanden. „Du hast Recht. Ich weiß nicht, was Gott dagegen hat, vielleicht wollte er eine konservative Welt, in der alles nur nach ihm läuft." „Wie redest du über deinen Gott, Junge?!", faucht Azur, aber Cheveyo ignoriert in einfach. „Jedenfalls liegt es in den Genen eines Engels, straight zu sein. Vor langer, langer Zeit, als Gott das alles gerade erst erschaffen hatte, gab es drei Engel, die auf wundersame Weise homosexuell waren, zwei Männer und eine Frau.
Gott verbannte sie aus dem Himmel, doch auf der Erde fand der Teufel sie und nahm sie mit in die Hölle. Dort zwang er sie zu dem Schwur, den noch heute jeder Dämon ablegen muss. Denn genauso war es. So sind die Dämonen entstanden. Die Blackbournes sind nochmal etwas anderes, der Teufel erschuf einen Zauber, nach dem bei jeder Sonnen- oder Mondfinsternis ein Dämon aus dem dunklen Licht erschaffen wird, zumindest wenn jemand den Zauber richtig anwenden kann. Manchmal sind es mehrere, aber manchmal bringt eine Finsternis auch nur einen oder gar keinen Blackbourne hervor. Aber da Finsternissen nicht oft vorkommen, sind die Blackbournes sehr selten und sehr mächtig.
Zurück zum Thema, da die Dämonen sich von ihrem alten Leben als Engel völlig lösen sollten, wurden sie zum kompletten Gegenteil, auch ihre Sexualität. Das Engel und Dämonen sich verlieben, kommt kaum vor, aber manchmal eben doch, wie man an meinen Eltern sieht. Es ist nicht verboten, nur eben nicht üblich. Verboten wäre es nur, wenn die Liebe gleichgeschlechtlich wäre.
Es ist vor allem so selten, weil so gut wie kein Dämon straight ist. Ihnen ist es nicht verboten wie den Engeln, homosexuell zu sein, aber es kommt eben nur selten vor. Meine Mum war es eigentlich auch nicht, aber sie hat trotzdem eingewilligt mit meinem Dad zu schlafen. Dann wurde sie schwanger, und als ich geboren war verließ sie uns und brannte mit ihrer Freundin durch. Da die Gene vermischt werden, sind Halbengel so gut wie immer bi."
Ich nicke, noch ziemlich überwältigt von all den neuen Informationen. In meinem Kopf fasse ich nochmal zusammen: Engel sind straight, Dämonen homosexuell, Halbengel beides gemischt und damit bi. Engeln ist es verboten, homosexuell zu sein, bei Dämonen ist es egal. Alles klar. Cheveyo wendet sich wieder an Azur. „Jetzt sag mir bitte, was hier los ist."
Als Azur wieder den Kopf schüttelt, seufzen Cheveyo und ich gleichzeitig frustriert auf. Azur lacht leise. „Nur noch eine einzige Frage, dann kann ich dir sagen, wieso ich hier bin. Du sagtest, es ist Engeln nicht verboten, Dämonen zu lieben. Trifft das überall zu?" Cheveyo schüttelt den Kopf.
„Blutsverwandte eines Erzengels dürfen sich niemals mit Dämonen einlassen. Egal wie weit entfernte Verwandte sie sind, die Blutlinie eines Erzengels ist heilig und darf nicht mit Kindern der Hölle vermischt werden. Das bedeutet, selbst wenn ein Engel der Cousin des Sohnes der Schwester der Tante des Erzengels ist, darf er nichts mit einem Dämonen anfangen. Eingeheiratete Verwandte dagegen, die nicht blutsverwandt sind, dürfen es."
Azur nickt. „Gut gemacht. Jetzt will ich dir den Grund verraten, weshalb ich hier bin." Er steht auf und sieht Cheveyo direkt an. „Die Blutlinie des Erzengels Michael wurde durch feuriges Höllenblut verunreinigt." Eine kurze Pause, dann sagt er mit fester Stimme: „Deine Vater ist ebenso Michaels. In deinem Blut fließt das aus Michaels Blutlinie, Cheveyo Ashbury."
Entsetzt reißt Cheveyo die Augen auf, schüttelt den Kopf und rutscht ganz dicht an mich heran, als hätte er Angst. „Nein... nein, das kann nicht stimmen. Im Himmel hat das nie jemand erwähnt, das... du irrst dich!" Azur schüttelt den Kopf. „Der Vater des Erzengels war auch nach Michaels Geburt noch immer auf der Suche nach Spaß. Erst schlief er nur mit Engeln, dann aber auch mit einer Dämonin, die daraufhin schwanger wurde. Mit dir. Das war neun Jahre nach Michaels Geburt.
Der, von dem du denkst, er wäre dein richtiger Bruder, ist in Wahrheit nur dein Halbbruder. Nachdem deine Mutter dich geboren hatte, ließ sie dich bei Michaels und deinem Vater. Da sie aber plante, mit ihrer Freundin durchzubrennen, ließ sie auch ihren zwei Jahre älteren Sohn zurück, den sie bekommen hatte, nachdem sie betrunken mit einem Engel schlief, der ihrer Schönheit wohl nicht widerstehen konnte. Dieser war allerdings nicht blutsverwandt mit Michael. Fakt ist: Dein Bruder ist legal. Du nicht."
„Nein!" Cheveyo hört nicht auf den Kopf zu schütteln, klammert sich an mich. „Du lügst! Ich glaube dir nicht!" Azur tritt noch einen Schritt näher. „Seit zwei Wochen haben wir schon versucht mit dir reden zu können, aber immer kam irgendein dummer Zufall dazwischen. Zuletzt haben wir dich am Bahnhof gesehen, als du zu deinem Bruder fahren wolltest, aber auch da wurde uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Kannst du dich noch erinnern was passiert ist?"
Stumm schüttelt Cheveyo den Kopf, er zittert, weshalb ich ihn in den Arm nehme. „Zur gleichen Zeit saß im Zug ein anderer Dämon. Er hat zuvor jemanden getötet und am Bahnhof haben die Polizisten ihn von dem Fahndungsbild wiedererkannt. Natürlich wusste niemand, dass er ein Dämon war, aber jedenfalls flüchtete er.
Du bist gerade an ihm vorbeigelaufen, da legte er unbemerkt einen Zauber über dich. Unbewusst warst du noch wach, konntest laufen und du hast dich auch ein bisschen gewehrt, aber Erinnerung daran hast du wahrscheinlich keine, oder? Er hat dich als Geisel genommen, um fliehen zu können. Wir haben noch versucht, dir zu helfen, aber er hat gedroht dich zu töten, wenn wir näher kommen würden."
„Das wäre euch doch ganz Recht gewesen", schluchzt Cheveyo auf einmal. Tränen laufen über seine Wangen. Glücklicherweise ist kein Dämon in der Nähe, der schon mit Cheveyos Blut in Berührung war, den Engel jedenfalls lassen die Tränen kalt. „Cheveyo, was...?" Ich nehme seine Hand und er sieht mich verzweifelt an. „Er ist hier um mich zu töten, Jel. Die Blutlinie eines Erzengels darf sich nicht mit Dämonenblut vermischen. Aber wenn das passiert, dann muss das Ergebnis ausgelöscht werden. In diesem Fall ich."
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So Leute, das war das nächste Kapitel.
Viele dachten, der Engel wäre Cheveyos Vater, aber ich hoffe ihr seid mit Azur auch einverstanden :)
Das Kapitel war zugegebenermaßen voll mit Infos, ich hoffe ihr habt die Welt der Engel einigermaßen verstehen können.
Deswegen brauchen wir diesmal eigentlich keine Kommianreger sondern einfach die Frage: Was haltet ihr von der ganzen Erzengelsache? Wie wird es weitergehen für Cheveyo?
Ich freu mich wie immer über Votes und Kommentare :)
Bis dahin, go back to reality. Stay yourself. :)xx
Eure StreetSoldierin
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