11. He's a demon
Tut mir leid, dass es so lange kein Update gab :( Dafür ist das Chapi hier extra lang :)
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Jels Pov
Unruhig laufe ich in meinem Zimmer auf und ab. Seit dem Meeting weiß ich überhaupt nicht mehr, was ich denken soll. Tatsache ist wohl, dass ein Mitglied des Dämonenkreises voll auf mich abfährt. Nicht gerade ein Traum. Und Alvaro scheint nicht mit mir darüber reden zu wollen, denn nachdem er mich auf Burning Castle abgesetzt hat, ist er sofort weiter gerast um diesen Dämonenjungen zu retten – vor was auch immer. Ich bin niemand, der schnell beleidigt ist, wirklich nicht. Aber ich hätte zumindest von Alvaro erwartet, dass er mir sagt, wie es jetzt weitergehen soll, ob es überhaupt weitergehen soll. Vor wenigen Wochen habe ich noch nicht einmal an Dämonen geglaubt. Und jetzt führe ich eine Scheinbeziehung mit dem wohl mächtigsten von ihnen, während ein anderer mich gern in seinem Besitz hätte. Das ist so krank, dass es beinahe nicht in meinen Kopf will. Und wieso tue ich das alles? Um einem Dämonenjungen das Leben zu retten, den ich eigentlich kaum kenne. Ich bin definitiv zu gutherzig. Aber ein Zurück gibt es auch nicht mehr. Von daher... Plötzlich unterbricht ein Krachen, dann ein Fauchen meine Gedankengänge. Aufgebrachte Stimmen zischen etwas. Erschrocken fahre ich zusammen und starre die Tür an. Soll ich nachsehen? Was, wenn jemand eingebrochen ist? Alvaro ist nicht hier um mich zu beschützen. Es könnte alles geschehen, er ist nicht hier. „Lasst mich los!" Erst als ich seine Stimme höre, fällt mir ein, dass er auch noch hier ist: Fineen. Ohne zu überlegen drücke ich die Tür vorsichtig einen Spalt auf und spähe in den Flur. Was ich sehe, erschreckt mich: Zwei maskierte Männer haben Fineen an den Armen gepackt und versuchen, ihn hinter sich her zu zerren. Er wehrt sich jedoch wie verrückt, versucht fauchend, sie abzuschütteln. Mit dem, was dann kommt, hätte ich jedoch nicht gerechnet: Fineens Gegenwehr wird stärker und plötzlich zerreißt sein T-Shirt am Rücken. Schwarze Schwingen breiten sich aus, selbst von hier kann ich seine auf einmal spitzen Zähne blitzen sehen. Geschockt klammere ich mich am Türrahmen fest. Zwar wusste ich ja, dass auch Fineen ein Dämon ist, jedoch scheint es so unwirklich, dass er sich jetzt tatsächlich verwandelt hat. Es sah immer so aus, als würde er nicht viel davon halten, ein Dämon zu sein. Und in dem Moment erkenne ich die große Kraft, und auch die Macht, die in diesem unscheinbaren, schüchternen Jungen steckt. Fineen ist nicht der kleine, blonde Unschuldsengel, für den ich ihn gehalten habe. Auch er ist ein Blackbourne, auch er ist ein Dämon, und wenn es sein muss, dann wird auch er vor Blutvergießen nicht zurückschrecken. Was sich schon beweist, als er die Zähne im Arm des einen Mannes versenkt. Dieser schreit auf und lässt ihn mit einer Hand los, aber die beiden Maskierten haben ohnehin schon verloren. In Fineen sind Kräfte erwacht, von denen Normalsterbliche wahrscheinlich noch nicht mal zu träumen wagen. Fineen schüttelt sich bloß einmal heftig, und schon werden die Männer durch die Luft geschleudert. Ich sehe kurz Fineens vollständiges Gesicht. Seine Augen sind nicht mehr blau, sondern tiefschwarz, wie es damals bei Alvaro passiert ist. Blut läuft aus seinem rechten Blutwinkel und aus schmalen Augen beobachtet er die Männer. Diese rappeln sich auf und bleiben unschlüssig stehen. Ein bedrohliches Knurren entweicht Fineens Kehle und die beiden tun das, was jeder in so einer Situation tun würde: Sie rennen. Die Tür schlägt und in dem Moment bricht Fineen auf einmal zusammen. Er kann sich an der Wand abfangen, rutscht aber dann daran herunter und bleibt seitlich auf dem Boden liegen. Ist ihm etwas passiert? Schnell stoße ich die Tür ganz auf, ignoriere die Angst, die sich aus Instinkt in meinen Kopf gesetzt hat. Fineen zittert, in seinen schwarzen Augen stehen Tränen. Sein einer Flügel liegt abgeknickt unter ihm. Trotzdem hat er noch etwas äußerst bedrohliches an sich, doch ich schiebe den Gedanken beiseite und knie mich neben ihn. „Tá mé go maith, Alvaro", murmelt er, als er meine Hand auf seiner nackten Schulter spürt. Sein T-Shirt hängt in Fetzen gerissen an ihm herab. Anscheinend sieht er mich wegen der Tränen nur verschwommen. „Dein Bruder ist nicht hier, Fineen. Ich bin's, Jel." Verwirrt blinzelt er. „Jel? An bhfaca tú... Oh, entschuldige. Hast du gesehen, was passiert ist?" „Ja. Wer war das?" Ich nehme seinen Arm, auf dem mehrere blutige Kratzer zu sehen sind. „Ich weiß es nicht." Seine Stimme ist schwach. „Irgendjemand, der ein Druckmittel gegen Alvaro sucht vermutlich. Besonders schlau kann er nicht sein... wer schickt schon Sterbliche, um einen Dämonen zu entführen?" Mit einem Stöhnen versucht er sich aufzusetzen, vorsichtig stütze ich ihn. „Haben sie dir was getan? Was ist los mit dir?" Er schüttelt entkräftet den Kopf und zum ersten Mal scheinen seine Augen mich wieder fokussieren zu können. „Ich bin nur etwas aus der Übung. Meine letzte Verwandlung ist schon Ewigkeiten her. Und jetzt auf einmal soviel Kraft zu brauchen ist nicht gut für den Körper... ich hab mich nur ein bisschen überfordert, das ist alles." „Okay." Selbst im Sitzen scheint er zu schwanken. Sein Flügel ist noch immer schief abgeknickt. Ich versuche, ihn in seine richtige Position zu schieben, zucke dann aber zurück. Er fühlt sich anders an, als ich erwartet hatte. Eine weiche Oberfläche, doch darunter kann man Sehnen, Muskeln und Fleisch spüren. Es ist etwas lebendiges, es gehört zu Fineen und das verwirrt mich noch immer. Fineen scheint mein Zucken bemerkt zu haben, denn er lächelt mich an. „Du kannst ihn ruhig anfassen. Du tust mir nicht weh." „Wirklich?" Skeptisch betrachtete ich den Flügel. Fineen nickt und dreht den Kopf. „Wirklich. So wie er jetzt ist, tut er weh. Es wäre besser, wenn du ihn in seine Position bringen könntest." Also nehme ich meinen Mut zusammen und versuche es nochmal. Diesmal bin ich vorbereitet und schrecke nicht zurück. Als sein Flügel wieder richtig liegt seufzt Fineen erleichtert. „Danke." Dann lächelt er wieder schwach. „Die Dinger sind mehr als nur unpraktisch, was? Zum Fliegen taugen sie nicht viel und ständig sind sie im Weg. Na ja, gutes Aussehen ist wohl alles." Als er versucht auf die Füße zu kommen, lege ich ihm einen Arm um die Schultern und helfe ihm. Sein Flügel berührt mich am Rücken, und kurz schrecke ich zusammen. Da werde ich mich so schnell nicht dran gewöhnen. Fineen lacht leise, obwohl er sich kaum auf den Beinen halten kann. „Du brauchst keine Angst zu haben, Jel." Als er das sagt, blitzen seine spitzen Zähne auf. „Entschuldige", murmele ich. „Irgendwann kann ich damit besser umgehen. Wo soll ich dich hinbringen? Willst du dich hinlegen?" Er nickt und schließt die Augen für einen Moment. „Ich brauch nur irgendein Bett, der Raum ist egal. In welchem Teil sind wir hier?" Er scheint die Orientierung verloren zu haben. Aber als ob ich wüsste wo genau wir uns in diesem riesigen Schloss befinden. „Wir können zu mir, das ist die Tür hier." „O-okay." Mir kommt es so vor, als würde er mit jeder Sekunde schwächer werden. Wir gehen zur Zimmertür, das heißt, eigentlich trage ich ihn beinahe. Seine Arme werden schlaff, sein Kopf sinkt kraftlos auf meine Schulter. „Tut mir leid, Jel", flüstert er schwach. „Ich kann nicht mehr." Die Verwandlung hat ihm anscheinend alle Energie ausgesaugt. „Das macht doch nichts", sage ich leise. Dann hebe ich ihn hoch, einen Arm auf seinem Rücken, unterhalb der Flügel, der andere in seinen Kniekehlen. Aus schläfrigen Augen sieht er mich an. „Danke. Wahrscheinlich... bin ich jetzt erst mal für... ein paar Stunden weg. W-Wenn die wiederkommen, dann... in deinem Zimmer, das Bild... drehen... Alvaro..." Dann bricht seine Stimme, seine Augen fallen ganz zu und sein Atem geht jetzt ruhig und gleichmäßig. Verwirrt wegen seiner Worte trage ich ihn in mein Zimmer und lasse ihn vorsichtig auf das Bett sinken. Seitlich, damit seine Flügel nicht unter ihm eingeklemmt werden. Doch nach einigen Sekunden beginnen diese zu verblassen. Fineen spannt sich an und gibt ein unwilliges Murmeln von sich. Dann fällt die Spannung schon wieder von ihm ab und er rollt sich zusammen. Die Flügel sind verschwunden. Er hat sich zurückverwandelt, ist wieder der, den ich kenne. Vorsichtig nehme ich die Decke und breite sie über ihm aus. Er sieht ganz anders aus in Menschengestalt, selbst wenn er die Augen geschlossen hat. Als Dämon wirkt er zwar nicht körperlich älter, aber irgendwie erfahrener. Wenn ich ihn jetzt so sehe kann ich kaum glauben, dass er gerade einem Mann den Arm zerbissen hat. Der einzige Beweis ist das Blut, dass noch in seinem Mundwinkel hängt. Ich strecke die Hand aus und wische es vorsichtig weg. Fineen bewegt sich noch nicht mal, scheint tief und fest zu schlafen. Ich erinnere mich an seine Worte und sehe mich suchend im Zimmer um. Tatsächlich hängt ein Bild an der Wand, was mir bisher kaum aufgefallen ist. Was genau darauf zu sehen ist, kann ich nicht sagen. Es wirkt verschwommen, als würde jede der Farben ihren eigenen Willen haben. Was hat Fineen nochmal gesagt? Drehen. Heißt das, ich soll das Bild umdrehen? Ich hebe es vorsichtig an. Es ist leichter, als ich gedacht hätte. Also nehme ich es von der Wand und drehe es um. Die Rückseite besteht aus Pappe. Und darauf wurde etwas geschrieben, mit feiner, geschwungener Handschrift. Alvaro.
Hey Jel. Du besitzt zwar keine Magie, aber du kannst mit fremder Magie umgehen. Früher oder später werde ich dir sagen, dass du das hier lesen sollst. Wenn du in Gefahr bist und Hilfe brauchst, dann kannst du mich rufen. Ich weiß, dass du mir nicht wirklich vertraust, aber du musst mir glauben, dass ich dich beschützen werden, wenn du es zulässt. Diese Schrift hier ist ein Zauber und nur du kannst sie lesen, niemand sonst. Eine Vorsichtsmaßnahme, da ich dir ein Geheimnis verraten werde. Wenn du Hilfe brauchst, dann sag diesen Satz, egal wie laut, egal wie deutlich: Mé glaoch ort! Das bedeutet soviel wie 'Ich rufe dich'. Damit ich dich höre, musst du meinen vollständigen Namen anhängen. Und egal was passiert Jel, bitte verrate diesen Namen niemanden. Fineen ist der Einzige, der ihn kennt und selbst er hat mich noch nicht verraten. Ich weiß nicht, wie sehr du mich verabscheust, aber wenn der Dämonenkreis meinen vollständigen Namen erfährt, bin nicht nur ich, sondern auch Fineen, meine Leute und mein Volk verloren. Also bitte halte dich daran. Dass ich dir meinen dritten Namen sage, zeigt, dass ich dir vertraue. Und ich hoffe, dass du mir irgendwann auch vertrauen kannst. Alvaro Lewis Dóiteáin Blackbourne. Dóiteáin bedeutet Feuer. Merk dir diesen Namen, sag ihn niemals einfach so. Ruf mich nur, wenn du mich wirklich brauchst. Nach dem 'Mé glaoch ort' wird für eine kurze Zeit niemand deine Stimme wahrnehmen können und dann musst du meinen Namen sagen. Dann werde ich erscheinen. Ich vertraue dir, Jel.
Und damit endet es. Wow. Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Zum einen fühle ich mich unwohl, dass er mir so etwas wichtiges anvertraut hat, zum anderen bin ich überrascht, dass er es getan hat. Was er nicht wissen kann ist, dass ich während der Zeit in der ich schon hier bin herausgefunden habe, dass Alvaro zwar ein Arsch sein kann, aber trotzdem eine andere Seite hat. Und solange er die behält, würde ich niemals auf die Idee kommen, ihn zu verraten. Und auch so würde ich das einfach nicht tun. Ich bin so gesehen nur hier, um Fineen zu beschützen. Und würde ich Alvaro verraten, würde ich damit auch seinen Bruder in Gefahr bringen. Es wäre sinnlos. Ich drehe mich zu Fineen um. Er schläft friedlich in dem Bett. Würde man ihn so sehen, würde man niemals auf die Idee kommen, dass er ein ziemlich verzweifelter junger Dämon ist. Ich lese mir die Worte noch einmal durch. Mé glaoch ort, Alvaro Lewis Dóiteáin Blackbourne. Ich lese es immer und immer wieder und präge mir die Worte dabei ein. Solange bis ich mir sicher bin, sie nicht mehr vergessen zu können. Es ist still in Burning Castle. Und das beunruhigt mich. Was, wenn der Zauber nicht funktioniert? Was, wenn die Männer zurückkommen und Alvaro mich nicht hört? Fineen ist völlig wehrlos, die plötzliche Verwandlung hat ihn außer Gefecht gesetzt. Und ich als Normalsterblicher habe keine Chance gegen mehrere Männer. Ich setze mich neben Fineen auf das Bett und schaue angespannt auf die Uhr. Wie lange wird Alvaro noch brauchen? Er ist doch bereits vier Stunden weg! Hat man ihn erwischt? Was ist passiert? Und wo ist er? Es sind gerade einfach mal wieder zu viele Fragen und ich merke, wie mir Tränen in die Augen steigen. Ich verstehe nicht, wieso ich mir Sorgen um Alvaro mache. Aber eins ist klar: Ich habe Angst. Wenn Alvaro etwas zugestoßen ist, gibt es niemanden, der Fineen und mich beschützt. Was werden diese Männer dann tun? Und dann, eine halbe Stunde später wird die Haustür – drei Flure weiter, wie ich heute beim heimkommen herausgefunden habe – zugeworfen. Ich bleibe wie erstarrt sitzen und greife nach der Hand des schlafenden Fineens. Eine Stimme ist zu hören, eine Stimme die ich nicht kenne. Mein Atem geht schneller und Tränen laufen über meine Wangen. Ich halte diese Anspannung nicht aus, das ist zuviel. Und dann öffnet sich die Tür. „Jel..." Ich schluchze auf vor Erleichterung. Es ist niemand anderes als Alvaro. Zwar ist er in Dämonengestalt, aber es sind nicht irgendwelche Männer, die Fineen entführen wollen. Alvaro entdeckt Fineen, Entsetzen huscht durch seine Züge. „Cad a tharla?" Sein Gesicht wandert zu mir und schon prallt er zurück. Kurz weiß ich nicht warum, dann fällt es mir ein: Ich weine. Alvaro ist in Dämonengestalt und ich weine. Das Entsetzen in seinen Augen weicht etwas anderem, weicht einem Ausdruck von Lust. Flüchtig sehe ich, dass noch jemand hinter ihm steht, aber ich sehe nicht wer. Ich beobachte jede von Alvaros Bewegungen. Er legt den Kopf schief, sieht mich aufmerksam an. Dann kommt er einen Schritt näher. „Alvaro..." Meine Stimme ist erstickt. „Bitte nicht..." Aber da ist es schon zu spät. Mit ein paar Schritten ist er bei mir. Ich versuche noch, über das Bett zu krabbeln, aber er packt mich am Arm und zerrt mich zurück. Er ist so unglaublich nah... „Alvaro, was tust du da?"; fragt die Stimme, die ich schon auf dem Flur gehört habe, aber ich kann nicht nachsehen, wer es ist. Ich starre wie gelähmt in Alvaros glitzernde Augen. Er wirbelt mich herum, presst mich an die Wand. Überrascht wimmere ich und versuche, ihm meine Handgelenke zu entziehen, aber er hält sie eisern fest. „Breá liom tú, mo chroí", flüstert er mir ins Ohr. Ich ziehe mein Knie hoch und versuche, ihn von mir wegzuschieben, aber er bewegt sich keinen Zentimeter. "Alvaro, bitte... bitte hör auf, sonst konntest du dich doch immer beherrschen! Bitte!" Aber der Dämon in ihm hat die Oberhand. So schnell, dass ich keine Zeit habe den Kopf wegzudrehen, legt er seine Lippen auf meine. Er ist wild und fordernd, egal was ich tue, ich habe keine Chance. Meine Gegenwehr wird immer schwächer, und gerade als ich Angst habe, dass er noch weitergehen wird, reißt ihn plötzlich eine unsichtbare Kraft von mir weg. Ich ringe nach Luft und sehe erschrocken den jungen Dämon an, der auf einmal im Zimmer steht. Er trägt nur Boxershorts. Ein Oberteil wäre auch schwierig wegen den strahlend weißen Schwingen, die aus seinem Rücken wachsen. Er hat einen Arm ausgestreckt und auf Alvaro gerichtet. Dieser liegt am Boden, die schwarzen Flügel, die einen großen Kontrast zu den weißen der Jüngeren bilden, zucken. „Was... was tust du?" Wer ist er? Und vor allem: Auf wessen Seite steht er? Aber er antwortet nicht. Erst jetzt bemerke ich Blut auf seinem Arm. Ist er der Junge, den Alvaro retten sollte? Ein Stöhnen lässt mich zusammenfahren. Alvaro dreht sich auf den Rücken. Seine Flügel sind verschwunden, seine Augen wieder blau. Benommen rappelt er sich auf, stützt sich an der Wand fest. Verwirrt sieht er zwischen mir und dem Jungen hin und her. Dann senkt er den Kopf. „Danke, Cheveyo." Dieser nickt nur. „Kein Problem." Alvaro schließt kurz die Augen, öffnet sie wieder. Dann sieht er mich an. „Jel..." Seine Stimme klingt gequält, er zeigt auf seine Wange. Ich verstehe und wische mir schnell die Tränen ab, die dort kleben geblieben sind. Alvaro macht einen Schritt auf mich zu, bleibt dann aber stehen. „Es tut mir leid, Jel. Das... das wollte ich nicht, ehrlich." Ich schüttele den Kopf. „Ist schon gut. Du kannst nichts dafür." Meine Stimme zittert, aber ich meine es Ernst. Selbst wenn mir mein Herz bis zum Hals schlägt, weiß ich, dass eher ich Schuld bin. Ich hätte mich daran erinnern müssen, dass Weinen keine gute Idee ist. Als ich das sage, entscheidet Alvaro sich dazu, doch zu mir zu kommen. Er bleibt direkt vor mir stehen und legt eine Hand auf meine Schulter. „Du musst wissen, dass ich dir niemals, wirklich niemals wehtun will. Es tut mir leid, dass so etwas passieren musste." Ich versuche ein Lächeln. „Es ist okay, Alvaro, ehrlich. Es war dumm von mir so Panik zu bekommen, als du nicht da warst." „Ach ja." Alvaro dreht sich zu Fineen. „Was ist hier überhaupt passiert? Ist mit Fineen alles in Ordnung?" Er geht zu seinem Bruder hin, legt ihm eine Hand auf die Stirn. Fineen ist selbst bei unserem Lärm gerade nicht aufgewacht. „Sie... sie sind hier eingebrochen", erzähle ich. „Sie wollten Fineen entführen, aber..." „Wer wollte was?", unterbricht Alvaro mich. Ich nicke. „Fineen sagte, dass wahrscheinlich jemand ein Druckmittel gegen dich sucht. Auf jeden Fall waren es zwei Männer, aber keine Dämonen, und Fineen konnte sich nur wehren, indem er sich verwandelt. Er ist sie losgeworden, aber als sie weg waren, ist er zusammengebrochen." Entsetzt sieht Alvaro von mir zu Fineen. Und dann beginnt er auf Gälisch mit seinem schlafenden Bruder zu sprechen. „A Dhia, aon! Cad atá déanta acu díreach chun tú?Tá mé leithscéal, Fineen!" Zwar verstehe ich kein Wort, aber den verzweifelten Tonfall kann sogar ich erkennen. Ich sehe zu dem jungen Dämon, Cheveyo, wie er wohl heißt. Er hat natürlich alles verstanden, aber trotzdem sieht er verwirrt aus. Alvaro streicht Fineen über die Wange, was mich noch mehr irritiert. Er wirkt gerade, als würde er sich riesige Sorgen um seinen Bruder machen. Was hatte er damals gesagt? „Ich hasse mich selbst dafür, was ich ihm antue, aber ich habe Gründe, die ich nicht ignorieren kann. Ich habe meinen Bruder schon immer geliebt und ich tue es immer noch, aber ich darf es ihm nicht zeigen, so leid es mir tut." Hatte er die Wahrheit gesagt? Und wenn ja, was zwang ihn dann dazu, Fineen so wehzutun? Plötzlich stand Alvaro auf. "Es tut mir leid, dass jetzt so unangenehme Umstände entstanden sind. Aber das, was passiert ist, ist ernster als es aussieht. Cheveyo, erst mal kümmern wir uns um deinen Arm. Und dann muss ich Jel was zeigen. Das heißt, wenn du es auch sehen willst, kannst du gerne mit. Jetzt ist es auch egal." Seine Stimme klingt resigniert, er schüttelt traurig den Kopf. Cheveyo nickt, auch wenn er wahrscheinlich genau wie ich nicht verstanden hat, von was Alvaro überhaupt spricht. Wir folgen ihm in einen anderen Raum, so etwas wie ein überdimensionales Badezimmer mit einer Couch und Kühlschrank. „Setzt euch hin, ich hol was für deinen Arm." Während Alvaro die Schränke durchsieht, lächelt Cheveyo mich an. Er ist jünger als ich, was man trotz seines dämonischen Aussehens erkennen kann. „Ich bin Cheveyo. Alvaro hat mich gerade eben aus einem Labor befreit. Du heißt Jel, richtig?" Ich nicke. „Genau. Was ist mit deinem Arm passiert?" Cheveyo besieht sich die Wunde, die noch immer ziemlich stark blutet. „Dieser Mensch hat die ganze Zeit 'Versuche' mit mir gemacht. Er hat mich gequält und irgendwann konnte ich kaum noch stehen. Als er für einen kleinen Moment raus gegangen ist, kam Alvaro rein um mich zu befreien. Ich war aber so fertig, dass er mich tragen musste. Und als wir verschwinden wollten, kam der Mensch zurück. Er hat auf uns geschossen, hat aber nur einmal getroffen. Gott sei Dank." „Das ist eine Schusswunde?", frage ich entsetzt. „Ein Streifschuss"; meint Alvaro und kniet sich vor Cheveyo. „Ich muss das desinfizieren, bevor ich es zumachen kann. Das Heilen tut nicht weh, aber das Desinfektionszeug..." Cheveyo nickt verstehend. „Ist... ist okay. Tu es einfach drauf, ich schaffe das schon." Er zwinkert mir zu. „Normalerweise würde ich von jemandem die Hand halten wollen, aber da ich es immer noch nicht geschafft habe mich zurückzuverwandeln, lassen wir das lieber." Ja, das wäre mit Dämonenkräften eher nicht so lustig. „Bereit?", fragt Alvaro. Cheveyo nickt und starrt an die Decke. Alvaro befeuchtet einen Wattebausch mit dem Desinfektionsmittel und presst es dann blitzschnell auf die Wunde. Im selben Moment schreit Cheveyo gequält auf und krallt seine andere Hand in ein Kissen, das daraufhin aufplatzt. Alvaro nimmt den Wattebausch wieder herunter. „Ich dachte, ich sag lieber nicht vorher, dass das mehr wehtut als eine normale Desinfektion." Der junge Dämon beißt die Zähne zusammen und krümmt sich vornüber. „Was war das?", frage ich. „Ein bisschen flüssige Magie", meint Alvaro nur und legt eine Hand auf Cheveyos Rücken. „Das ist gleich vorbei, keine Angst." Nach ein paar Momenten lehnt der Junge sich wieder zurück, schließt die Augen kurz und atmet tief durch. „Okay. Lässt nach." Alvaro nickt und streicht sanft über die Wunde. Cheveyo zischt kurz, dann aber kann ich erkennen, dass die Wunde langsam verschwindet. Schließlich ist sie ganz weg und Cheveyo seufzt erleichtert. „Danke." Alvaro lächelt müde. „Kein Problem. Aber jetzt müssen wir uns beeilen, wir haben nicht viel Zeit." „Um was geht es überhaupt?", unterbreche ich. Alvaro steht auf. „Diese Männer hatten ein bestimmtes Ziel, und ich weiß auch welches. Es geht hier nicht um ein Druckmittel gegen mich. Aber um euch das zu erklären muss ich euch eine Geschichte erzählen. Die Geschichten von Fineen und mir. Und zwar die wahre und ganze." Erstaunt sehe ich ihn an. „Ich dachte, du kannst nicht darüber sprechen." Er zuckt mit den Schultern. „Zeiten ändern sich. Kommt."
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Kommis wären wirklich lieb *-*
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Anhang
Tá mè go maith → Mir geht's gut.
An bhfaca tú... → Hast du gesehen...?
Cad a tharla? → Was ist passiert?
Breá liom tú, mo chroí → Ich liebe dich, mein Herz.
A Dhia, aon! → Ausruf, etwa "Gott, nein!"
Cad atá déanta acu díreach chun tú? → Was haben sie nur mit dir gemacht?
Tá mé leithscéal! → Es tut mir leid!
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