10. Half an Angel
Cheveyos Pov
"Lass mich los!", fauche ich. Der Mann im Anzug ignoriert mich einfach und dreht mich auf den Bauch. Gerade eben ist der Mann, der mich gefangen hat mit ihm zurückgekommen. Und jetzt liege ich hier, noch immer gefesselt, vor den beiden, während sie mich betrachten als wäre ich ein Tier auf dem Markt. "Was denken Sie?"; fragt der Mann den Typen im Anzug. Dieser streichelt noch über meine Flügel und streift dabei eine Stelle neben meinem Schulterblatt. "Nngh!" Ich krümme mich zusammen und presse die Lippen fest aufeinander. Die Menschen haben ja keine Ahnung was sie mit solchen Berührungen bewirken können. Dass etwas passiert hat der Anzugheini wohl trotzdem kapiert. "Was war das?" Er streichelt noch mal über meine Flügel, diesmal fordernder. Und wieder erwischt er diese eine Stelle. Ich versuche mich zurückzuhalten, doch es funktioniert nicht. Das Stöhnen kommt über meine Lippen, noch bevor ich einen klaren Gedanken fassen kann. "Interessant. Wir werden wohl viel über ihn herausfinden können. Das ist eine Sensation, Mr. Wallander. Er ist ohne Zweifel echt. Was wollen sie für ihn?" Nur langsam sickert bei mir durch, dass er einen Preis meint. Die Zahl die 'Mr. Wallander' dann nennt bereitet mir Kopfschmerzen. "Drei Millionen plus Gewinnbeteiligung. Und ich will als sein Entdecker erwähnt werden." Ich bin keine Ware, verdammt! "Aufhören!"; wimmere ich. "Sie können mich nicht verkaufen!" Sie tun einfach so als wäre ich nicht da. "Abgemacht! Ich müsste ihn allerdings in unser Labor bringen. Bevor wir ihn der Öffentlichkeit präsentieren, sollten wir erst einmal etwas über ihn rausfinden." Wallander nickt. "Einverstanden. Sie können ihn gleich mitnehmen. Informieren Sie mich bitte, wenn es etwas Neues gibt." Er gibt dem Mann eine Karte. "Werde ich. Und nochmal vielen Dank, dass Sie mir Bescheid gegeben haben." Mit diesen Worten bückt er sich zum mir runter. Dann hält er kurz inne. "Hm. Wir müssen ihn irgendwie verstecken, auf der Straße wimmelt es sicher nur so von Leuten um diese Uhrzeit." "Ein Moment!" Wallander verschwindet und kommt kurz darauf mit einem Leinensack zurück. Ich heule auf. "Nein! Hören Sie auf! Das können Sie nicht machen! Bitte!" "Hat eine ziemlich laute Stimme, der Kleine." Der Knebel wird mir so schnell in den Mund geschoben, dass ich keine Zeit habe um mich dagegen zu wehren. "Mmmh!" Ich zerre an meinen Fesseln und strampele wie verrückt, doch der Mann packt mich erbarmungslos und steckt mich in den Leinensack. Schluchzend wehre ich mich gegen den Stoff, der mich auf einmal umgibt, aber es ist zu spät. Noch immer finde ich keine Kraft, um mich zurückzuverwandeln. Warum hilft mir denn keiner?
Alvaros Pov
Ich hatte Jel so schnell wie möglich zurück nach Burning Castle gebracht. Er war ziemlich erschrocken, sogar ein bisschen verängstigt, wegen dem, was Harrowby gesagt hat. Harrowby. Dieser Bastard. Von wegen er würde Jel begehren. Er will ihn doch nur als sein Spielzeug haben. So etwas wie Liebe kennt Harrowby nicht. Aber Jel bekommt er nicht. Niemals. Inzwischen sitze ich vor diesem Haus in meinem Auto und warte, dass irgendetwas passiert. Zwei Wagen stehen vor dem Haus. Mir bleibt nichts anderes übrig als zu warten, und dass tue ich jetzt schon seit einer Stunde. Und dann tut sich endlich etwas. Die Haustür öffnet sich und ein Mann streckt den Kopf aus der Tür. Er schaut nach links und rechts, aber gerade ist niemand auf dem Bürgersteig. Er streckt die Hand aus und in dem Moment blinkt eines der Autos auf, anscheinend hat er es aufgeschlossen. Dann kommt der Mann heraus. Er ist groß und hager, trotzdem kann man eine deutliche Hebung unter seinem Hemd erkennen. Er trägt einen Anzug. Aber das Interessanteste: Er hat sich einen Sack über die Schulter geworfen. Und darin befindet sich ganz offensichtlich etwas Lebendiges. Schnell öffnet der Mann die Autotür und wirft sein zappelndes Bündel auf die Rückbank. Dann knallt er die Tür zu und steigt selbst ein. Ich starte zeitgleich mit ihm den Motor. Die Fahrt dauert nicht lange. Der Typ fährt in ein abgesperrtes Gelände. Ich halte an und steige aus. Die Hintertür zu finden und zu öffnen ist kein Problem für mich. Richtig interessant wird es aber erst als ich das Haupthaus betrete. Erstens ist hier keine Menschenseele zu sehen. Zweitens ist alles weiß, wirklich alles. Dann höre ich Schritte vor einer Tür. Schnell verstecke ich mich hinter einem großen weißen Schrank im Flur. Da kommt der Mann auch schon durch den Gang. Immer noch trägt er den Sack über der Schulter. Als er an mir vorbei geht höre ich erstickte, wimmernde Geräusche. Kein Zweifel: In diesem Sack steckt jemand! Als er um die Kurve geht komme ich aus meiner Deckung und laufe hinterher. ich sehe ihn gerade noch so in einem Raum verschwinden. Schnell sehe ich mich um und muss unwillkürlich grinsen. Leichter hätte er es mir wirklich nicht machen können: An den Raum grenzt eine Art Galerie an, das heißt, ein Nebenraum, in dem man durch eine Scheibe in das Zimmer sehen kann, man von außen aber nicht gesehen wird. Ich betrete die Galerie und setze mich auf einen Stuhl. Sogar Lautsprecher zum mithören gibt es. Wirklich sehr praktisch. Der Mann legt den Sack auf den Boden ab und geht zu einem Schrank, aus dem er diverse Gegenstände holt. Darunter kann ich auch Handschellen entdecken. Was hat er denn jetzt vor? Er packt ein paar Dinge in eine Plastikbox und geht mit dieser Box zurück zu dem am Boden liegenden Bündel. "Dann wollen wir mal", höre ich ihn leise murmeln. Er nimmt eine Schere aus der Box und zerschneidet die Leinen. Erst versperrt er mir die Sicht. Doch dann sehe ich, wer da liegt. Es ist ein junger Dämon, höchstens sechzehn. Er ist gefesselt und geknebelt, doch vor allem weiß ich, dass er nicht irgendein Dämon ist. Er ist ein weißer Dämon. Auch bekannt als Halbengel. Noch nie habe ich einen von ihnen gesehen, denn sie sind äußerst selten. "Na Kleiner?" Der junge Dämon wimmert. Seine großen, silbrigen Augen starren angsterfüllt zu dem Mann hoch. Er ist eine echte Schönheit. Von seinen blonden Haaren über seinen perfekten Körper und die makellose Haut bis zu den weißen Flügeln. Und er hat allem Anschein nach wahnsinnige Angst. Der Mann nimmt ihm den Knebel ab. Sofort beginnt er zu husten. "Bitte lass mich gehen! Ich will das nicht!" "Tut mir leid Kleiner, aber ich bin nicht der Typ bei dem deine Mitleidsnummer zieht. Du wirst mir sehr viel Geld und Ruhm einbringen, deshalb interessiert es mich einen feuchten Dreck was du willst." Er legt ihm die Handschellen an und zerschneidet die alten Fesseln. Dann holt er eine Art Fernbedienung heraus und drückt einen Knopf darauf. Von der Decke wird ein Stahlseil herabgelassen, an dessen Ende ein Karabinerhaken hängt. Der Mann befestigt den Haken in den Handschellen und lässt das Seil wieder hochfahren, solange, bis der junge Dämon gezwungen ist, gerade zu stehen. Dann umschließt er seine Füße mit Fußfesseln und macht diese am Boden fest. Der Junge hat keine Chance mehr sich zu wehren. "So, dann wollen wir mal." Er zieht sich weiße Handschuhe an und geht um den Jungen herum. Dieser weiß anscheinend, was kommt, denn er wimmert "Nein, bitte... bitte nicht!" Der Mann ignoriert ihn und streicht über seinen Flügel. Da wird auch mir klar, was passiert. Dämonenflügel haben eine äußerst empfindliche Stelle, direkt neben dem Schulterblatt. Wenn man über diese Stelle streicht ist der Dämon... nun ja, ziemlich angetan. Und genauso geschieht es hier. Der Junge ballt die Hände zu Fäusten und wirft den Kopf in den Nacken. Auch das Stöhnen kann er nicht unterdrücken. "Sehr interessant." Immer wieder streicht der Mann über diese Stelle, und ich kann mir vorstellen dass es den armen Jungen wahnsinnig machen muss. Irgendwann beginnt er vor Verzweiflung zu schreien, hilflose Tränen laufen über seine Wangen, er zerrt wie verrückt an seinen Fesseln. Endlich lässt der Mann von ihm ab, nimmt einen Tablet PC aus der Box und beginnt zu tippen. Der Junge lässt den Kopf auf die Brust sinken und schluchzt leise. Das wäre wohl mein Stichwort. Ich konzentriere mich auf ihn und schaffe es, meine Gedanken zu versenden.
Hey. Bist du in Ordnung?
Der Junge reißt die Augen auf und blickt sich suchend im Raum um. Schnell mache ich weiter, bevor der Mann noch etwas bemerkt.
Nicht so auffällig, sonst bekommt der Typ noch was mit. Du siehst mich sowieso nicht, ich bin hinter der Glasscheibe.
Sein Blick zuckt zu mir und wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gesagt er würde mich direkt anschauen. Dann sendet er zurück.
Wer bist du?
Seine Stimme ist schön, glasklar und noch hell.
Alvaro Lewis Blackbourne. Wir haben deinen Hilferuf bekommen.
Ein Blackbourne? Wie haben Sie mich hier gefunden?
Du. Sag Alvaro zu mir. Ich hab das Haus überwacht und bin dann dem Auto gefolgt. Wie konnte das alles passieren? Wie hat ein Mensch dich fangen können?
Er beißt sich auf die Lippe.
Ich bin in einer Gasse aufgewacht, in Dämonengestalt, völlig entkräftet und ich wusste nicht wo ich war. Dann kam dieser Mensch, und ich... irgendwas hat mir meine Kraft genommen. Ich schaffe es noch immer nicht, mich zurückzuverwandeln. Ich konnte mich kaum wehren, als er mich mitgeschleppt hat. Bist... bist du hier um mir zu helfen?
Wieso sollte ich sonst hier sein?
Den Typen aus dem Dämonenkreis, den ich kenne hat versucht, mich für sein Bett zu kriegen. Er hat mich eine Woche lang in den Keller gesperrt, als ich gedroht hab ihn zu verklagen. Ist aber schon vier Jahre her, ich war erst zwölf.
Wie bitte?
Oh, lass mich raten... du hast Harrowby kennengelernt? Das ist typisch. Sobald jemand ihm nur widerspricht, bestraft er ihn. Mach dir keine Sorgen. Ich bin nicht wie er. Ich bin hier, um dich da rauszuholen.
Danke. Dieser Typ macht mich wahnsinnig. Hast du das gerade mitbekommen?
Ja. Das war grausam.
Ich halte das nicht aus! Kannst du mich gleich hier rausholen?
Wenn ich könnte, hätte ich dich schon lange da draußen. Aber es tut mir leid, wir müssen noch ein wenig warten.
Wieso?
Wenn ich jetz da reinkomme wird er dir eine Knarre an den Kopf halten oder so etwas ähnliches und mich auch gefangen nehmen. Oder mich gleich erschießen. Hast du die Waffe an seinem Gürtel gesehen? Der Typ ist vorbereitet. Wir müssen warten, bis er kurz verschwindet.
Ich hab Angst, Alvaro.
Ganz ruhig. Nur keine Panik. Sobald er nur einmal den Raum verlässt hole ich dich, okay? Bleib einfach ruhig und warte. Und lenk dich ab. Rede mit mir. Wie heißt du überhaupt?
Cheveyo.
Du bist ein weißer Dämon. Was tust du hier? Ich vermute, du kommst von woanders, oder?
Ja. Ich wollte eigentlich meinen Bruder besuchen. Aber nachdem ich am Bahnhof war erinnere ich mich an nichts mehr.
Dein Bruder?
Ja, aber er wohnt nicht hier. Ich war eigentlich nur am Bahnhof, weil ich umsteigen musste. Hat nicht so ganz geklappt, anscheinend.
Die Frage kommt jetzt komisch, aber wie ist es ein Halbengel zu sein?
Einsam.
Erst denke ich, er würde nur ein Pause machen, aber anscheinend ist das Thema damit beendet. Für ihn. So leicht gebe ich nicht auf.
Wieso?
Als Halbengel kann man kaum echte Freunde haben. Die meisten wollen nur mit mir befreundet sein um dann zu sagen, dass sie mich kennen und bei anderen anzugeben. So toll ist es auch wieder nicht. Mein Vater war ein Engel, meine Mum ein Dämon, wen kümmert das bitte? Ich bin deshalb nicht mehr oder weniger wert als andere. Und außerdem ist es einsam, weil ich eben keine Familie hab, bei der ich leben kann. Meine Mum ist mit ihrer Freundin durchgebrannt und Dad schwirrt irgendwo im Himmel rum. Mein Bruder wird gezwungen in seiner Stadt zu bleiben, weil die es ganz toll finden da einen Halbengel zu haben. Es ist beschissen. Du müsstest das Gefühl doch kennen, als Mondsohn, oder nicht?
Ich weiß was du meinst. Bei mir ist es aber nicht ganz so schlimm wie bei dir. Mein kleiner Bruder lebt bei mir, aber na ja, wir verstehen uns nicht richtig. Ich hab einen Gefährten, das ist wohl das entscheidende.
Na ja. Nicht wirklich. Immerhin wird Jel nicht ewig bleiben.
Ich hatte auch einen...
Hört sich ja klasse an. Was ist passiert?
Er war wie alle anderen. Wollte mich nur kennen, um mit im Rampenlicht zu stehen. Und ich Idiot bin auf ihn reingefallen. Als er mich dann betrogen hat hab ich endlich gemerkt, was er sich wirklich aus mir gemacht hat: Gar nichts.
Scheiße. Tut mir leid.
Muss es nicht. Das Leben geht weiter und anders war es ja noch nie. Ich hab genug andere Probleme. So wie jetzt. Der Dämonenkreis wird mir die Hölle heiß machen, dass ich mich von einem Menschen hab fangen lassen.
Ich grinse.
Du vergisst, wer jetzt das Sagen da hat. Hast du sie wirklich vor vier Jahren das letzte Mal gesehen? Seitdem hat sich viel verändert. Mach dir keine Sorgen, okay? Ich weiß ja jetzt, was passiert ist und solange ich sage du kannst nichts dafür haben die anderen die Klappe zu halten.
Sein Blick wandert wieder zu Glasscheibe, und obwohl er mich nicht sehen kann, lächelt er.
Danke. Ich weiß nicht, wieso ich das verdiene, aber... ich danke dir.
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So, das wars für heute :)
Letzten Dienstag hab ich das Update verpasst und das tut mir leid, aber dieses Chapi hier war ein ziemlich störrisches und so wie es vor einer Woche noch war konnte ich es nicht veröffentlichen ^-^
Ich hoffe ihr verzeiht mir ._.
Vor allem @AnnaLuckas und @smilyyyyy :) Ich weiß nicht, aber ich sollte vielleicht eine Warnung schreiben dass das Lesen von KTWA lebensgefährlich werden kann, hier sind immerhin zwei, die meinen, dass sie sterben müssen wenn ich an so miesen Stellen aufhören *o*
Als Kommianreger hab ich diesmal nur einen Punkt:
Was glaubt ihr spielt Cheveyo für eine Rolle für Alvaro und co.?
Dann wünsche ich meinen allerliebsten Verrückten einen guten Rutsch ins neue Jahr :* Feiert schön, ihr seid die besten Reader der Welt! <3
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