5. KAPITEL
Wenige Stunden später und kurz vor dem Antritt der Mission trafen wir uns erneut, um weitere Details zu klären und uns auszurüsten. Mason stellte die Koffer auf den Tisch vor mir ab, öffnete sie und warf mir eine Waffe rüber. Ich fing sie auf und betrachtete sie genauer – eine M4 Carbine 2000 – ein sehr effizientes Sturmgewehr, weshalb es eines meiner Lieblingswaffen während der Zeit bei dem FBI war.
»Ich weiß doch, dass sie dir gefällt«, sagte Mason und grinste mich an. Daran konnte er sich wohl noch gut erinnern.
Rick betrat beladen mit weiteren Koffern und Kisten den Raum. »Ich habe hier noch ein dutzend Splittergranaten und Handfeuerwaffen. Nehmt so viel wie ihr tragen könnt«, sagte er mürrisch und warf mir einen verächtlichen Blick zu. Ich beachtete ihn jedoch nicht weiter und rüstete mich mit weiteren Waffen und Granaten aus.
Die darauffolgenden Stunden verbrachten wir mit dem genauen Studieren der Karte und des Vorgehens. Der Plan war riskant, hatte eine geringe Erfolgschance und war dennoch nicht unmöglich.
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Wir wurden mit dem Helikopter von dem Stützpunkt in Minneapolis nach Dallas gebracht. Von dort aus waren es bis nach Houston noch 385 Kilometer – das entsprach einer Fahrzeit von ungefähr vier Stunden – die wir mit einem Fahrzeug zurücklegen sollten. Ob und wie wir an ein Fahrzeug rankommen war ungewiss, da Dallas zu eines der stark infizierten Regionen zählte und nur eine geringe Datenlage zu der derzeitigen Situation vor Ort vorhanden war. Der Pilot teilte mit, dass wir in wenigen Minuten das Ziel erreichen würden. Ich spürte, wie das Adrenalin durch meine Adern floß. Ich erinnerte mich an vergangene Einsätze und stellte fest, dass ich diesen Nervenkitzel vermisst hatte. Ich warf einen Blick auf die Landschaft unter uns und sah nur Bäume. In weiter Ferne sah ich die Wolkenkratzer, die in den Himmel ragten und uns durch das Sonnenlicht blendeten.
»Wir sind da«, sagte der Pilot und steuerte auf eine Waldlichtung zu. Rick und Mason prüften ihre Ausrüstung und seilten sich vom Helikopter hinab. Ich prüfte ebenso meine Ausrüstung und schnappte mir das Seil.
»Warten Sie Frau Moore«, sagte der Professor und packte mich am Handgelenk. »Ich habe da noch was für Sie«, sagte er, drückte mir einen Chip in die Hand und verließ ohne weitere Worte ebenso den Helikopter.
Was soll ich damit?
»Moore!!! Verdammt nochmal, brauchen Sie eine Einladung?«, hörte ich Rick von unten durch den Motorenlärm rufen. Dafür war jetzt keine Zeit, ich verstaute den Chip in meine Seitentasche und rutschte am Seil zu den Anderen hinab. Dort warteten sie bereits mit geladenen Waffen und sicherten das Areal ab. Der Helikopter gewann wieder an Höhe und entfernte sich. Es war nun nichts mehr zu hören. Einzig und allein das Zwitschern der Vögel im Wald war zu vernehmen. Wir gingen durch das Waldstück und erreichten den Highway. Auf den Straßen stand alles still, kein Fahrzeug bewegte sich. Es reihten sich dutzende Autos am Straßenrand. Manche waren total zerstört, andere wiederum lagen im Straßengraben.
»Fuck«, flüsterte Mason bei dem Anblick. Wir näherten uns in gedeckter Haltung den ersten Fahrzeugen. Bislang waren keine Tekis zu sehen. Ich blickte vorsichtig in den Pickup neben uns und bei dem Anblick, der sich mir bot, wurde mir sofort übel. Der Innenraum des Fahrzeugs war getränkt mit getrocknetem Blut. Viel Blut. Langsam blickte ich zu der Fahrerseite des Pickups, um den Ursprung des vielen Bluts ausfindig zu machen und da sah ich ihn. Ein älterer Mann lag in unnatürlicher Position quer auf dem Sitz. Sein ganzer Körper war durchbohrt von etlichen Löchern, die mindestens einen Durchmesser von 10 Zentimetern hatten. Die Innereien und Knochen ragten aus der Leiche hinaus und wirkten, als wären sie mit voller Wucht rausgerissen worden. Säureartig stieg mir die Galle hoch und doch konnte ich meinen Blick von diesem Ausmaß nicht abwenden. Mason folgte meinem Blick und schaute vermutlich ebenso entsetzt wie ich.
»Nicht stehen bleiben! Folgt mir!«, zischte Rick der mit John bereits wenige Meter weiter neben einem e-SUV stehen geblieben war, um das Fahrzeug zu knacken. Ich wandte meinen Blick ab und folgte Mason mit stetigem Blick zu meinem Umfeld und in dem Moment, als wir Rick und John erreichten, machte es klick und Rick öffnete grinsend die Fahrertür. »Einsteigen und nichts wie los.«
Wir fuhren mit dem e-SUV, welcher glücklicherweise von einem Angriff verschont geblieben war, durch Dallas und betrachteten die verglasten, meterhohen Gebäude, an denen wir vorbeifuhren. Die Stadt war menschenleer und die Stille war unerträglich. Einzig und allein das Geräusch der Reifen hallte durch die Straßen. Von den Tekis war ebenso nichts zu sehen. So fuhren wir weiter durch die Stadt ohne jegliche Zwischenfälle, wir ließen sie hinter uns und fuhren weiter Richtung Houston. Das Ortschild verwies auf den Vorort „Greater Greenspoint" und das HUnavi zeigte auf der Windschutzscheibe noch 21,7 Kilometer an.
»Scheiße man, da war was!«, fluchte Rick und gab Gas.
Ich schaute mich um und konnte jedoch nichts erkennen. Die Straßen waren komplett leer. Plötzlich prallte etwas mit voller Wucht gegen unser Fahrzeug.
»Gegenlenken!«, schrie Mason neben mir.
Rick versuchte dagegen zu lenken, doch wir wurden erneut getroffen und gerieten ins Schleudern. Wir fuhren auf eines der umstehenden Fahrzeuge zu und Rick wich gerade noch rechtzeitig aus, wodurch wir allerdings geradewegs auf ein Haus zusteuerten. Ich hörte nur noch das Klirren von tausend Glassplittern als wir die Fensterfront des Hauses durchbrachen und im Wohnzimmer durch den Aufprall mit einer Wand schließlich zum Stehen kamen.
Benommen von der Wucht und mit Adrenalin in meinen Adern öffnete ich die Tür des Fahrzeugs und richtete meine Waffe in Richtung des Fensters. Der e-SUV stand mitten in einem Wohnzimmer und ich schlich langsam mit gezogener Waffe um das Fahrzeug in Richtung der zerbrochenen Glaswand. Die Splitter knirschten unter meinen Füßen, während ich weiter das Apartment nach dem Angreifer absuchte. Plötzlich sah ich eine schwarze Silhouette aus meinem rechten Augenwinkel und drehte mich blitzschnell um. In diesem Moment sprang die Kreatur auf mich zu und ich schoß instinktiv auf den Kopf des Angreifers, welcher ein Meter vor mir auf dem Boden landete. Der schwarze Körper und die langen Tentakel ließen darauf schließen, dass es sich um einen Teki handelte. Die Waffe immer noch auf den regungslosen Teki gerichtet ging ich rückwärts zu unserem Fahrzeug. Das Haus schien leer zu sein und ich konnte keinen weiteren Angreifer sehen, der Teki musste wohl alleine gewesen sein. Ich musste trotzdem weiter wachsam sein. Ich öffnete mit einer Hand die Tür von Mason, der sich immer noch im e-SUV befand und wieder bei Bewusstsein war.
»Alles okay bei dir?«, fragte ich und zog ihn schließlich aus dem Wagen.
»Ja. Verdammt was war das?«, erwiderte er mit gezogener Waffe. Nun stiegen ebenso Rick und John aus dem Fahrzeug, die im Gegensatz zu mir von dem Unfall ein paar Schrammen abbekommen hatten.
»Na was wohl du Hohlkopf! Ein Teki natürlich. Und die Blechbüchse hat natürlich nichts abbekommen.«, sagte Rick genervt und suchte mit gezogener Waffe die Umgebung ab. Ich beobachtete wie John ihn eindringlich anschaute und ebenso seine Waffe zog.
Nichts abbekommen? Der e-SUV war stark beschädigt und somit völlig nutzlos.
»Ich denke der Teki ist tot. Ich bin mir aber nicht sicher«, sagte ich.
»Folgen Sie mir Hiller, wir sichern die Umgebung und schaffen uns einen Überblick«, setzte Rick fort und zeigte zu den Treppenstufen, welche zum ersten Stockwerk des Hauses führten. Rick ging die Treppe hinauf, dicht gefolgt von John. Mason und ich bildeten das Schlusslicht und sicherten den hinteren Bereich, für den Fall der Fälle, dass der Teki doch noch am Leben war oder weitere Tekis durch die Schüsse angelockt wurden. Oben angekommen sicherten wir die weiteren Räume, welche ebenfalls leer waren und verschafften uns einen Überblick der Situation. John öffnete sein HUphone und zeigte uns die Karte mit dem aktuellen Standort.
»Wir befinden uns viereinhalb Stunden Fußweg von Houston entfernt«, erklärte er und zeigte auf eine Route, welche von unserem Ort direkt nach Houston führte.
»Warum nehmen wir nicht wieder ein Auto?«, fragte Mason, welcher an der Tür des Zimmers stand und somit den Flur sicherte.
»Wir konnten durch die wenigen Daten, die wir gesammelt haben, feststellen, dass Tekis einen empfindlicheren Hör-Sinn haben. Es ist sicherer, wenn wir von nun an zu Fuß unterwegs sind«, sagte John und kratze sich nachdenklich am Kopf.
»Also gut, machen wir uns auf den Weg«, sagte Mason.
Wir ließen den Vorort ohne weitere Zwischenfälle hinter uns und gingen weiter entlang der 45. Route. Warum haben uns nicht weitere Tekis angegriffen?
John blieb abrupt stehen und riss mich aus meinen Gedanken. »Seht ihr den Turm dort vorne? Dort können wir über Nacht bleiben. Ich denke es wäre keine gute Idee weiter zu gehen, die Sonne geht bereits unter«, sagte er. Die Sonne färbte den Himmel von Orange bis hin zu Violett. Es war ein wunderschöner Anblick.
Wie würde die Aussicht erst von diesem Turm aussehen?
John öffnete erneut sein HUphone und zeigte uns den gekennzeichneten Weg entlang der Straße. Wir setzten unseren Weg fort, vorsichtig mit der Hand an der Waffe, falls wir Tekis begegnen sollten.
»Ich frage mich, wo die Tekis sind. Bis auf den Angriff auf unser Fahrzeug vorhin, ist es noch ungewöhnlich ruhig«, sagte ich leise in die Runde.
»Na kein Wunder, die wollen sich eben nicht mit ner' kleinen Kampfmaschine anlegen«, erwiderte Rick spöttisch.
»Was ist eigentlich dein scheiß Problem?! Seit meiner Ausbildung machst du mich fertig, was habe ich dir getan?«, zischte ich. Rick blieb nun stehen, drehte sich zu mir um und baute sich vor mir auf.
»Was mein Problem ist?! Du bist mein scheiß Problem! Was denkst du warum sie dich bei der Mission dabeihaben wollten? Was denkst du, warum du immer die Beste bist? Du denkst du bist wie wir, aber das bist du nicht!«, fuhr er fort und stieß mich nach hinten. Ich taumelte und fiel, unerwartet von der plötzlichen Aggression, auf ein am Straßenrand stehendes Fahrzeug.
»Verdammt nochmal! Könnt ihr nicht leise sein?!«, mischte sich nun auch Mason ein und stellte sich zwischen Rick und mich.
»Ich habe keinen Bock, wegen euch zwei hier draufzugehen«, sagte Mason und schaute uns beide versöhnend an.
»Und ich hab' verdammt nochmal kein Bock, dass mein Leben von einer Drecksmaschine abhängt!«, antworte Rick und spuckte in meine Richtung.
Mir reichte es! Ich ging auf ihn los, holte aus und traf ihn mit geballter Faust am Kinn. Rick taumelte von der Wucht nach hinten und wollte gerade zum Gegenangriff ausholen, als ein markerschütternder Schrei zu hören war. Ich riss meinen Kopf zur Seite und sah John mit geöffnetem Mund. Durch seinen Bauch ragte etwas langes schwarzes, wodurch er in die Höhe gehoben wurde. Ein Teki hatte ihn buchstäblich von hinten aufgespießt und ließ John jetzt dumpf auf den Boden fallen, auf dem sich sofort eine riesige, dunkelrote Blutlache bildete.
»Lauft!«, schrie Rick und warf eine Granate in Richtung des Tekis.
Sie landete in der Nähe der Kreatur. Dieser blieb jedoch unbeirrt stehen und schaute mich an. Er war noch furchteinflößender und wirkte noch größer als der, der uns zuvor angegriffen hatte. An seinen tentakelähnlichen Armen lief Johns Blut herunter. Ich konnte die Bluttropfen auf dem Asphalt tropfen hören. Der Teki starrte mich mit seinen weiß schimmernden Augen an und machte keine Anstalten, davon zu laufen, geschweige denn, mich anzugreifen.
»Scheiße man, was stehst du da noch rum?!«, schrie Mason und zerrte an meinem Arm.
Ich wandte mich ab und rannte gemeinsam mit Mason, doch es war zu spät – die Wucht der Explosion traf uns und riss uns von den Füßen.
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