2. KAPITEL
Wir ließen Detroit hinter uns, bis die Stadt nur noch ein kleiner Punkt am Horizont war. Im e-SUV herrschte eine angespannte Stimmung und keiner traute sich etwas zu sagen.
»Wohin fahren wir?«, fragte ich schließlich Mason, der konzentriert auf die unbefahrene Straße schaute.
»Nach Minneapolis zum nächsten Stützpunkt«, sagte Mason und warf mir einen Blick von der Seite zu. In Minneapolis absolvierten wir beide auch die Ausbildung. Ich erinnere mich ungern an die Zeit dort zurück, nicht weil Mason mein einziger Freund dort war, sondern wegen meinen Erfahrungen, die ich dort machen musste. Ian stupste mich von hinten an und zeigte mir somit seinen Beistand. Er wusste, mit was ich zu kämpfen hatte und dass die Zeit während der Ausbildung nicht leicht für mich war. Umso leichter war es aber für mich nach den ersten Jahren im Dienst für die Beziehung mit Ian das FBI zu verlassen. Stattdessen begann ich aufgrund meines sehr guten mathematischen Verständnis eine Karriere als Bankkauffrau in der Bank von Ian, eine der gefragtesten Firmen der Gegend. Im Kontrast zu dem FBI war das natürlich ein totaler Wandel, aber es gefiel mir mit Zahlen umzugehen. Während ich meine Gedanken kreisen lies wurden meine Augen immer schwerer und ich schlief schlussendlich irgendwann ein.
Der Wagen stoppte und ich öffnete verschlafen meine Augen. Hatte ich tatsächlich die komplette Fahrt verschlafen?
»Wir sind da«, sagte Mason und stieg aus dem Auto. Ich ließ meinen Blick über das Gebäude schweifen, in dem ich noch vor einigen Jahren täglich ein und aus ging. Es war ein modernes Gebäude und wirkte durch seine geometrischen Formen sehr abstrakt und steril. Dennoch faszinierte mich die Architektur immer wieder erneut. Mit Ians Klopfen an der Scheibe wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und stieg daraufhin ebenso aus dem e-SUV aus.
Im Gebäude angekommen wirkte es unerwartet still. Ich habe eher mit einem Chaos gerechnet und einem aufgewühlten Personal, wie es eben damals schon bei schwerwiegenden Situationen der Fall war. Mason machte eine Geste ihm zu folgen und Ian und ich folgten ihm durch die Eingangshalle und dahinter liegende Flure, welche nun deutlich belebter waren.
»Wieso ist hier so wenig los? Ich habe mit deutlich mehr gerechnet«, fragte ich und schaute in die dennoch sehr leeren Büroräume, an die wir vorbeiliefen.
»Eine Vielzahl der Agenten ist im Einsatz und wir sind mittlerweile unterbesetzt«, sagte Mason zerknirscht und blieb abrupt stehen, sodass ich in ihn hineinstolperte.
»Was ist los?«, fragte ich ihn nervös. Ian nahm meine Hand und versuchte mir meine Nervosität zu nehmen, die man mir sichtlich anhörte.
»Kira. Der Chef möchte dich sprechen«, sagte er und zeigte zu der Tür neben uns. An der Tür hing ein Namensschild: General Nolan. Er war damals während der Ausbildung der oberste Chef. Er ist ein gutmütiger Mann mittleren Alters und hat mich stets unterstützt.
Was wollte er von mir?
Ian nickte mir zu und drückte meine Hand. Ich ließ ihn los, klopfte an und betrat nach einem dumpfen »Herein.« das Büro des Generals.
»Hallo Frau Moore. Schön Sie wieder zu sehen. Setzten Sie sich doch«, sagte General Nolan, der an seinem großen Schreibtisch saß und mit seiner Hand auf den Stuhl vor ihm deutete. Ich nahm Platz und schaute ihn fragend an.
»Guten Tag General Nolan. Vielen Dank, dass Sie mich und meinen Lebensgefährten in Sicherheit gebracht haben«, sagte ich freundlich. General Nolan seufzte und verschränkte seine Arme vor der Brust.
»Ich hätte mich gefreut, wenn wir uns zu schöneren Umständen wiedergesehen hätten. Nun denn, ich will keine kostbare Zeit verschwenden. Mit jeder Minute, die wir hier tatenlos verbringen kommen die Tekis uns immer näher«, sagte Nolan und schaute mich kritisch an, wodurch seine Falten im Gesicht stärker zum Vorschein kamen. »Wir brauchen Ihre Hilfe.«, sagte er nun und schaute mich auffordernd an.
»Meine Hilfe? Sie sind schon darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass ich seit mehreren Jahren aus dem Dienst bin?«, erwiderte ich sprachlos. Was dachte er sich dabei?
»Darüber bin ich in Kenntnis gesetzt worden. Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, sind wir mittlerweile total unterbesetzt. Wir haben etliche Männer und Frauen verloren und setzen nun ebenso auf Hilfe der Agenten, die ausgetreten sind oder sich im Ruhestand befinden. Wir sind auf jede erdenkliche Hilfe angewiesen.«
»Ich kann das nicht«, sagte ich und stürmte aus dem Büro des Generals.
»Kira, was ist los? Wohin gehst du?«, fragte mich Ian besorgt und hielt mich am Handgelenk fest. Wutentbrannt wandte ich mich zu Mason, der an der gegenüberliegenden Wand lehnte.
»Von wegen in Sicherheit bringen! Du hast uns nur geholt, damit ich wieder zurückkomme und als Agent gegen die Tekis kämpfe!«, schrie ich ihn an. Ian zuckte zusammen und schaute nun ebenso verärgert Mason an. Dieser stieß sich von der Wand ab und kam vor mir zum Stehen.
»Hätte ich dir gesagt, dass du gebraucht wirst, hättest du niemals eingewilligt. Ian hätte das niemals zugelassen. Aber Kira, der Virus breitet sich immer schneller aus und er lässt sich nicht stoppen. Die Regierung versucht durch das Zurückhalten von Informationen eine Panik der Bevölkerung zu vermeiden. In Wahrheit steht es schlimmer um uns als gedacht«, sagte Mason und atmete angestrengt aus. In seinen Augen sah ich Leid und Verlust. Es war ihm wohl wirklich ernst.
»Warum ich? Ich bin seit Jahren nicht mehr beim FBI«, erwiderte ich resigniert.
»Du hast es doch sicherlich von General Nolan gehört. Wir sind total unterbesetzt und sind auf jede Hilfe angewiesen, die wir bekommen können. Außerdem warst du in der Ausbildung die Jahrgangsbeste«, sagte Mason und lächelte schief.
Das stimmte, denn selbst Mason habe ich mit meinen Kampftechniken im Einzelkampf zu Boden gebracht. Aber ich kann das einfach nicht, ich will nicht mehr zurück. Das war nicht mehr ich. Ich brauchte nicht mehr diese Action und vor allem: Ich war nicht mehr alleine. Ich hatte Ian an meiner Seite. Ian ist meine neue Familie geworden.
»Es tut mir leid Mason. Ich kann nicht.«, sagte ich und schaute auf den Boden. Ich konnte ihm jetzt nicht in die Augen sehen. Ich wusste, in seinen Augen würde ich Verzweiflung sehen und die Bitte, ihnen zu helfen. Ich fühlte mich schlecht, weil ich nicht helfen konnte und wollte einfach nur weg hier. Ich nahm Ians Hand, drehte mich um und ließ Mason alleine im Flur zurück.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro