Kapitel 27
Die fünf Tage waren wie in Flug vergangen und Asher und ich haben jede Gelegenheit gemeinsam genutzt. Es war fast wie ein Traum, weil es so unglaublich schön war. Auch jetzt saß ich auf dem Bett, während sein Kopf auf meinem Schoß gebettet war. Sanft kraulte ich seinen Kopf und genoss den unschuldigen Anblick, den er mir bot. Fuhr dabei über seine Schläfen und begann irgendwann die Konturen seines Gesichtes nachzuziehen.
>>Dein Bruder ist da.<< lächelte er mit noch immer geschlossenen Augenlidern und bewegte sich keinen Millimeter, als ich versuchte ihn von meinem Schoß zu schieben.
>>Asher!<< warnte ich ihn lachend, woraufhin er so tat, als wäre es das anstrengendste der Welt, dass er sich nun bewegen musste.
>>Idiot.<< fluchte ich und sprang auf, bevor er mich zu fassen bekam.
Grinsend verließ ich das Zimmer und ging den Flur entlang.
Ich blieb wie angewurzelt stehen, als Nale mich mit ernstem Ausdruck ansah. >>Was tust du hier?<< fragte ich aufgebracht und verwirrt.
>>Wo ist Blaise?<<
Nale sah hinter mich und dann ging alles viel zu schnell. Asher zog mich hinter sich, wollte zum Angriff über. Aber er war zu langsam und sie zu schnell. Mehrere Männer schossen auf Asher ein, bis er zu Boden ging. Röchelnd und unfähig sich zu erheben.
Ich schrie aus vollem Leib, als sie nach mir packten und mich von ihm wegzerrten. Asher sah mich an, versuchte sich zu erheben, doch diese Splitter waren überall an seinem Körper.
Tränen aus Wut und Trauer brannten in meinen Augen. >>Ihr verdammten Schweine. LASST MICH LOS!<<
Ich schrie in ihre Ohren, traf einen von ihnen mit meinem Fuß, bevor Nale an meine Seite trat. >>Ich versuche dich nur zu retten.<< begründete er dieses Chaos. >>Retten.<< knurrte ich und spuckte ihm ins Gesicht.
>>Asher!<< schrie ich abermals, bevor jemand mir eine Spritze in den Hals jagte. Mit geweiteten Augen sah ich zu, wie Nale die Spritze wieder raus zog und sie grob auf Asher warf. Meine Sicht verschwamm. Das letzte was ich sah war, wie Nale ihm ein Pfahl durchs Herz rammte. Zumindest dachte er es.
Denn ich wusste genau, dass Asher nicht tot war und wenn er erstmal wieder bei Kräften war, dann würde er sie alle umbringen.
Und ich.
Ich würde ihn nicht daran hindern.
~~~
Mein Kopf schmerzte so sehr, dass es einige Sekunden dauerte, bis ich meine Augen öffnen konnte. Das grelle Licht blendete mich für einen Moment, sodass ich meinen Kopf nach rechts drehte und erst jetzt realisierte, dass ich an einer Liege gefesselt lag.
>>Sie ist wach.<< hörte ich eine Frauenstimme. Panik durchflutete mich, als die Erinnerungsfetzen sich vor mir abspielten. >>Was wollt ihr von mir.<< krächzte ich mit trockenem Hals, aber sie ignorierten mich. Der Raum war gefüllt von Tönen, die mir unbekannt waren und Geräten, die mit Strom funktionieren mussten.
Ich war zu abgelenkt und sah die Spritze nicht kommen, die sie mir in den Oberarm stachen. Türen wurden verschlossen und mein Versuch mich zu wehren scheiterte, als die Flüssigkeit wie Säure durch meine Adern floss.
Ich konnte nicht einmal schreien. Nicht einmal dann, als mein Körper zu zittern begann und das so heftig, dass die Fesseln in mein Fleisch schnitten.
Heiße Tränen brannten in meinen Augen, weil der Schmerz sich ausbreitete. Ich weiß nicht, wie es sich anfühlen mochte am lebendigem Leibe zu verbrennen. Doch wenn ich mir den Schmerz vorstellen müsste, dann wäre es dieser. Es fühlte sich an, als würde meine Haut schmelzen und selbst meine Knochen zu Asche verbrennen.
Ich spürte nicht einmal die zweite Spritze, die sie mir verpassten.
Der Schmerz begann zu verblassen und hinterließ nur noch kalten Schweiß auf meiner Haut.
Ich hatte gehofft es wäre vorbei. Hatte gehofft, dass sie mich nun in Ruhe lassen würden. Aber ich hatte mich getäuscht.
Nun sah ich die Frau über mir, wie sie meine Augenlider öffnete und sie zu studieren schien. Zufrieden lächelte sie. Ich wollte sie beleidigen, um mich schlagen oder zumindest meinen Kopf weg ziehen. Aber es war, als würde mein Körper nicht mehr mir gehören.
Nicht einmal dann, als die Frau ein Skalpell hoch hielt, konnte ich mich rühren.
Und dann. Ohne ein weiteres Wort, eine Warnung oder eine Erklärung, zog sie das Skalpell über meinen Hals.
Ich konnte nicht mehr atmen. Rang verzweifelt nach Luft, versuchte am Leben festzuhalten und konnte dabei nur noch an meinen Bruder denken, der den einzigen Menschen verlor, den er noch hatte.
Und Asher.
Asher, der mir gezeigt hatte, was es bedeutete lebendig zu sein.
Asher, der meine Welt geworden war.
Asher, dem ich noch nicht sagen konnte, wie sehr ich ihn liebte.
Ich gab auf, atmete ein letztes mal aus, bevor mich der Tod holte.
Ich brannte wieder.
Meine Augen.
Meine Haut.
Meine Knochen.
Sterben sollte leichter sein als Leben.
Warum war es das nicht?
Warum litt ich noch immer?
Es fühlte sich an, als würde ich ewig in Flammen stehen.
Vielleicht war das die Hölle?
Vielleicht verdiente ich die Hölle.
Aber dieser Gedanke verschwand, so wie die Flammen und diese unendliche Finsternis.
Ich schlug meine Augen auf, in einem sterilen weißen Zimmer, voller Spiegel. Sah in diese fremden Augen, die zu mir gehörten. In das Gold, dass all das Braun verjagt hatte.
Sah jede Einzelheit, jede Strähne und jede Faser an meinem Kittel.
Und dann roch ich es. Ließ den Geruch meine Sinne übernehmen, bis nichts mehr zählte, als dieser unbeschreibliche Durst.
Drehte mich um. Sah auf diesen Tisch mit einem Glas voll roter Flüssigkeit und hinterfragte nicht. Lief mechanisch und in Trance darauf zu. Ignorierte die warnende Stimme in mir.
Stattdessen nahm ich das kühle Glas in meine Hände und kippte den Inhalt herunter.
Ein unnatürliches Knurren verließ meine Lippen, bevor die Erkenntnis, was sie mit mir gemacht hatten, mich innerlich in Stücke riss.
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