
Kapitel 2
Die Gänge durchquerend hörte ich die Schritte hinter mir und verkniff mir das Grinsen auf meinem Gesicht, bis ich nach links einbog, in den einzigen Gang an diesem Ort, an den sich selten jemand verirrte. Bevor ich überhaupt realisieren konnte, wie mir geschah, presste sich der harte Körper des Mannes gegen mich, der mich nun mit seinen Blicken verschlang. Er berührte seine Lippen mit den meinen und stahl mir einen Kuss, ehe er seine Stirn grinsend an meine bettete. >>Du hast dem Ort Hoffnung geschenkt El. Und mir vermutlich das Leben gerettet.<< hauchte er sanft und strich dabei mit seinen Fingerkuppen über meine Wange. Verwirrt sah ich auf und hielt seine Hand fest. >>Wie meinst du das? Wie habe ich dir das Leben gerettet Nale?<<
Sein Fehler schien ihm mit einem mal bewusst, als er aufstöhnte. >>Vergiss es El. Es ist nicht mehr von Bedeutung.<< versuchte er es abzutun, aber ich ließ es dabei nicht gewähren. Nicht, wenn mein Herz sich vor Sorge zusammenzog. Widerwillig trat er einen Schritt nach hinten, als ich ihn von mir schob. >>Du kannst nicht etwas in den Raum werfen und dann einfach abtun.<<
>>Nun. Im Grunde...<< ich stoppte ihn, indem ich schüttelnd auf ihn zutrat. >>Nein, du wirst mir nicht ausweichen Nale.<< warnte ich ihn. >>Woher..?<< fragte er verblüfft, woraufhin ich mit den Schultern zuckte und meine Jacke von mir abstreifte. >>Jedes mal, wenn du Zeit schinden willst, beginnst du mit ,Im Grunde'. Ich bin kein Kind Nale. Spiel nicht mit meinen Nerven und sei ehrlich zu mir.<<
Ich sah die Sorge in seinem Blick, doch es war mir egal. Also wartete ich mit verschränkten Armen, bis er mir endlich erzählte, was er meinte und musste mich stark daran hindern durch sein kastanienbraunes Haar zu streichen. So standen wir noch eine weitere Minute, bis er an die Decke sah und ein stilles Gebet aufsagte. >>Wir wären Morgen früh losgegangen, auf Nahrungssuche. Ich habe mich freiwillig gemeldet, als du nicht da warst.<< beichtete er und kippte meine Stimmung dadurch mit einem mal. >>Du hast mir versprochen es nicht zu riskieren. Warum tust du so etwas dummes?<< warf ich ihm vor und schlug seine Hand beiseite, als er nach mir greifen wollte. >>Aelia. Ich kann nicht einfach Nichts tun. Du kannst das nicht von mir erwarten.<<
Schnaubend stieß ich ihn zur Seite. >>Oh doch. Wenn du dabei dein Leben aufs Spiel setzen willst!<< warf ich ihm vor und konnte seinem Arm dieses mal nicht ausweichen. >>Ich darf mein Leben nicht aufs Spiel setzen, die anderen aber schon?<< Ich fühlte mich schlecht bei meinen nächsten Worten, aber es war die Wahrheit. >>Die anderen sind nicht du Nale. Du bist mir zu wichtig, als dass ich damit Leben könnte dich zu verlieren.<< hörte ich mich selbst sanfter sagen und ließ zu, dass er sich von hinten an mich presste und seine Arme um mich schlang. >>Sag es Aelia. Warum willst du nicht, dass ich gehe?<< raunte er mir zu und küsste meinen Hals. Ich wusste welche Worte er hören wollte. Es waren jene Worte, die er mir vor zwei Monaten zugeflüstert hatte, als wir das erste mal miteinander geschlafen hatten und egal wie sehr ich es auch wollte. Ich konnte diese Worte nicht aussprechen. Und so geschah es, dass ich mich wieder nur von ihm löste und ihn enttäuscht zurück ließ. >>Ich muss nach meinem Vater sehen.<< nutzte ich die Ausrede. >>Sicher. Mach das.<< hörte ich ihn fast verbittert sagen. Ich wollte mich umdrehen und die Stimmung nicht dabei belassen. Aber ich konnte nicht.
Ohne noch etwas darauf zu erwidern, lief ich die Gänge entlang, immer tiefer in die unterirdischen Tunnel und erreichte endlich den Krankenflügel. Ich durchquerte die fünf leeren Betten, bis ich bei meinem Vater ankam, der sich versuchte schwer atmend aufzurichten. >>Nicht Papa. Bleib bitte liegen.<< bat ich ihn sanft und zog den Stuhl an sein Bett heran. >>Die Schmerzmittel sind ausgegangen.<< krächzte er und hustete daraufhin, bis er kaum noch Luft bekam. Augenblicklich griff ich nach dem Becher voll Wasser und hielt es ihm an die Lippen. Es schmerzte mich ihn so zu sehen. Wir wussten nicht, was er genau hatte, aber einige hier tippten auf Krebs. Auch jetzt senkte er unauffällig seine Hand, doch es es war zu spät. Ich hatte das Blut gesehen und den Versuch von ihm, es an dem Taschentuch abzuwischen, welches er fest in seiner Hand hielt. >>Ich habe ein Wildschwein erlegt.<< versuchte ich die Düsternis zu vertreiben. Vorsichtig legte er seinen Kopf wieder auf das Kissen ab, bevor er sanft lächelte. >>Das ist schön.<< flüsterte er so leise, dass ich es fast nicht gehört hätte. Eine einsame Träne kullerte über meine Wange, die ich schnell wegwischte.
Ich verharrte hier, bis seine Atemzüge gleichmäßig wurden und sah erst von dem Tränenschleier auf, als jemand in den Krankenflügel sah. >>Aelia<< hörte ich Blaise gequält sagen, bevor er an mich herantrat und meine Hand von der unseres Vaters löste. >>Er hat nicht mehr lange. Oder Blaise?<< Sanft strich er über meine Wange und zog mich in eine Umarmung. >>Geh dich ausruhen kleines. Ich bleibe hier.<< Ich wollte protestieren, aber er ließ es nicht zu. >>Geh schon. Dina will bestimmt auch schon wissen wo du steckst. Die Irre hält doch keine zwei Stunden ohne dich aus.<< versuchte er die Stimmung zu erheitern.
>>Nenn sie nicht so.<< schimpfte ich, woraufhin er nur mit den Schultern zuckte. >>Du weißt ich habe recht El. Jetzt geh schon.<< drängte er mich wieder. Ich sah ein letztes mal zu meinem Vater, bevor ich mich endlich dazu durchrang einen Fuß nach dem anderen zu setzten. Vor einem Jahr ging es ihm noch gut. Die Krankheit kam so plötzlich, dass ich noch immer nicht damit zurecht kam. An meine Mutter erinnerte ich mich nicht, weil ich zu jung gewesen war, doch das hier. Meinen Vater zu verlieren, dabei zuzusehen, wie diese Krankheit nach ihm griff und ihn zerstörte. Es war furchtbar. So furchtbar, dass mir oft der Gedanke kam, wie es wäre, wenn er sich nach seinem Tod in eine Kreatur der Nacht verwandeln würde. Ich schämte mich diese kleine Hoffnung in mir zu haben, weil ich insgeheim wusste, dass entweder er, oder jemand anderes hier sterben würde. Und doch konnte ich nicht anders, als an diese Möglichkeit zu denken, ihn nicht zu verlieren. Immerhin hatte ich noch nie einen Vampir zu Gesicht bekommen. Vielleicht könnte mein Vater sich kontrollieren und vielleicht könnte ich ihm freiwillig mein Blut anbieten. Vielleicht wäre es...nein. Diese Düsternis durfte nicht Besitz von mir ergreifen. Zumal es unwahrscheinlicher wurde, dass heutzutage noch ein Vampir entstand. Diese Era schien vorbei, was vielleicht zum Teil ein Segen für uns Menschen war. So gab es weniger von ihnen, die auf dieser Welt verweilten. Weniger von ihnen, vor denen wir uns verstecken mussten.
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