Kapitel 19
>>Willst du mir sagen, dass ich die ganze Zeit hätte abhauen können?<<
Grinsend streckte er seine Hand zum Tunnel aus. >>Im Grunde ja.<< erwiderte er und trat nach mir in die Dunkelheit. Kaum waren wir drin, schloss sich der Eingang hinter uns. >>Halt dich an mir fest und lass nicht los. Ich kann hier leider kein Licht anmachen.<<
Es war gruselig nichts zu sehen, während Asher dazu in der Lage war. Und obwohl die Situation sich noch immer sehr merkwürdig zwischen uns anfühlte, hielt ich seine Hand und ließ mich von ihm führen. Je näher ich Asher kam und je wohler ich mich bei ihm fühlte, desto mehr Schuldgefühle bekam ich gegenüber Nale. Wir taten nichts falsches und alles diente dazu, dass ich hier heil raus kam. Aber insgeheim wusste ich es besser.
Asher hatte etwas in mir geweckt, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie empfunden hatte.
Leidenschaft war bis dato nie etwas gewesen, dass ich wirklich erlebt habe. Mit ihm war es aber anders.
Jeder Streit, jede Unterhaltung und jedes Schweigen. All die kleinen Berührungen und diese Blicke. Sie waren alle voller Leidenschaft.
Ich hatte Angst. So unglaublich Angst davor, dass er mir weh tun wird. Nicht körperlich. Nein. Ich hatte Angst davor, dass er schon zu viel in mir ausgelöst hatte. Ich hatte Angst davor, dass er mir innerliche Schmerzen zufügen könnte. Dort, wo mein Herz stetig in meiner Brust schlug.
All seine Worte konnten nichts daran ändern. Denn das was mich belastete und diese Distanz aufrecht erhielt war die Tatsache, dass er noch immer einer von ihnen war. Wir waren zu verschieden und da ich nicht an Ausnahmen glaubte, durfte ich nicht nachsichtig werden. Zumindest wollte ich nicht nachsichtig sein.
Aber wie sollte ich es schaffen, wenn selbst seine Hand in meiner so viel in mir auslöste.
Sanft strich sein Daumen über mein Handrücken, immerwährend, ohne dass er ahnte, welch eine Aufruhr in mir war.
Irgendwann ließ er mich los, bevor er mit seiner Hand meine Wange streifte. Vorsichtig setzte er die Kapuze auf meinen Kopf und obwohl es noch immer Dunkel war wusste ich, dass er mich gerade ansah. >>Sobald ich diese Tür öffne, muss ich dich tragen. Wir werden rennen müssen. Schnell.<<
Unbehagen breitete sich in mir aus, als er meinen Bogen von meiner Schulter löste und ihn mir in die Hand drückte. >>Wenn was passiert, schießt du. Bestenfalls in deren Herz. Verstanden?<<
Ich nickte stumm, während mein Herz nun doch einen Schlag aussetzte. Denn ich würde hier raus kommen. Asher hat es mir gesagt, mir versichert, dass er alles daran setzen würde und ich hatte ihm nicht geglaubt. Dankbarkeit mischte sich in meine wirren Gefühle, als er mich auf seine Arme hob.
>>Danke<< hauchte ich. >>Wofür?<< fragte er verwirrt, während die Nähe zwischen uns anzusteigen schien. Es war, als würde ich mich an ihm verbrennen und gleichzeitig lebendig wieder aufsteigen. >>Dafür, dass du dein Wort hältst.<< wisperte ich. Asher schwieg, lief einige Schritte. Doch trotz der Dunkelheit spürte ich seinen wachsamen Blick auf mir ruhen.
>>Ich danke dir auch.<< kam es verspätet von ihm, ehe ein Klickgeräusch meine Aufmerksamkeit weckte.
>>Ich danke dir Aelia, dass du mich hier raus holst.<<
Ich konnte nicht mehr fragen was er damit meinte. Denn der Wind peitschte unbarmherzig gegen mich, sodass ich gezwungen war mich an ihn zu klammern. Ich konnte nicht einmal meine Augen öffnen, weil er so unglaublich schnell rannte. Irgendwann, nach einigen Minuten, da wagte ich es endlich zur Seite zu schielen und spürte in diesem Moment, wie eine Ruhe sich in mir ausbreitete.
Der endlose Wald zog sich in höchster Geschwindigkeit an uns vorbei. Die Nacht schien klar und die Bäume so gewaltig und einnehmend. Nichts störte diese wilde Natur. Und als ich es endlich wagte hochzusehen zu Asher, der konzentriert nach vorne sah, war es für einen Moment um mich geschehen. Es war, als wäre er ein Teil von allem. Von dieser unbändigen Schönheit dieses Waldes, dieser Nacht. Ashers Aura strahlte und nahm mich ein. Wie hypnotisiert streckte ich meine Hand aus, um sein Gesicht zu berühren, weil ich mich versichern wollte, dass es kein Traum war.
Doch bevor ich mich dem hingeben konnte, wurden wir gerammt.
Ich flog mehrere Meter weit, bevor ich unsanft auf dem Boden ankam. Aber der Schock war nicht stark genug, sodass ich instinktiv nach meinem Bogen griff und aufsprang. Ashers Blick traf den meinen, aber als er sah, dass es mir gut ging, griff er den ersten Vampir an.
Ein anderer Sprang in meine Richtung und holte fauchend aus, aber mein Pfeil war schneller.
Weitere Vampire kamen hinzu, die sich mehr auf Asher konzentrierten, weil sie nicht daran dachten, dass auch ich eine Bedrohung für sie darstellte.
Dieser Fehler fiel ihnen auf, als mein Pfeil an ihnen vorbei zischte und einen Vampir traf, der sich von hinten an Asher schlich. Ich bewegte mich schnell, ließ mich nicht aus der Ruhe bringen und tötete noch einen weiteren von ihnen. Asher sah mich voller stolz an, grinste über beide Ohren. Ein Fehler von uns beiden.
Wir rechneten nicht mit einem weiteren und doch sprang ein weiterer Vampir aus den Büschen und rammte Asher einen Pfeil in sein Herz.
>>ASHER!<< hörte ich meine eigene Stimme in meinen Ohren, bevor mein Pfeil durch die Luft zischte und diesen elenden Vampir traf. Mein Herz fühlte sich an, als würde es zerbersten. Meine Lunge fühlte sich an, als würde sie mir den Sauerstoff verwehren, während meine Augen brannten, als hätte man ein glühendes Eisen hineingerammt. Ich rannte auf Ahser zu, doch es fühlte sich an wie eine Ewigkeit bevor ich endlich vor ihm auf die Knie fiel. >>Nein. Nein. Nein.<< schluchzte ich, und tastete nach ihm. Alles rationale Denken war wie weggefegt. Die Angst, dass noch einer von ihnen im Wald lauerte war irrelevant. Nur dieses Gefühl als würde alles in sich zusammenbrechen, nahm mich ein.
>>Aelia.<< hörte ich diese vertraute Stimme und sah ungläubig zu Asher, der sich den Pfahl aus seiner Brust zog und mich mit großen Augen ansah. >>Du hast meinen Namen gesagt.<< kam es ungläubig aus seinem Mund.
>>Du elender Idiot.<< fluchte ich stattdessen und warf mich an seinen Körper. Schlang meine Arme um seinen Hals und zog ihn fest an mich. >>Ich dachte du wärst tot.<< wisperte ich an seinem Hals und verstand selber nicht, warum es sich so anfühlte. Verstand nicht, warum es mich so unglaublich mit nahm.
>>Du weinst um mich?<<
Wütend riss ich mich von ihm los und boxte ihm gegen seinen Arm. >>Ja du idiotischer Vampir.<< fluchte ich, bevor ich an mein Herz griff. >>Ja.<< flüsterte ich abermals und sah auf den Boden.
Doch Asher umschloss meine Wangen mit seinen Händen und zwang mich ihn anzusehen. >>Du hast meinen Namen gesagt.<< wiederholte er. >>Warum ist das so wichtig.<< stieß ich genervt aus, woraufhin er über beide Ohren grinste. >>Tut mir Leid.<< entschuldigte er sich stattdessen.
>>Ich hätte dir vorher vielleicht sagen sollen, dass ich nicht einfach sterben kann.<<
Ich runzelte die Stirn und sah ihm verwirrt dabei zu, wie er seine Jacke öffnete und seinen Pullover hochzog. Bis die Erkenntnis mir endlich Erleichterung schenkte.
Kühles Metall bedeckte die Stelle, wo sein Herz war und schlängelte sich sanft wie Adern entlang seiner Brust. Es sah wunderschön aus und erklärte warum der Pfahl sein Herz verfehlt hatte.
>>Wie<< flüsterte ich ungläubig, bevor ich meine Hand ausstreckte und entlang seiner Haut fuhr, die fest verschmolzen war mit dem puren Silber. >>Das erzähle ich dir, wenn wir in Sicherheit sind.<<
Mit diesen Worten bedeckte er seine Brust wieder und erhob sich gemeinsam mit mir vom Boden. Er hob mich wieder auf seine Arme, bevor wir gemeinsam auf die toten Vampire sahen.
>>Sag es noch einmal.<< bat er. >>Bitte.<<
Grinsend lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter.
>>Lass uns von hier verschwinden.<< setzte ich an. Frustriert stöhnte er auf.
>>Aelia.<<
Grinsend sah ich zu ihm auf.
Seine Mundwinkel hoben sich an, bevor er grinsend nach vorne sah.
Bevor der Wind abermals gegen uns Schlug und wir die Hölle endlich hinter uns ließen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro