
Kapitel 11
Er schob mich durch mehrere Gänge, sodass ich irgendwann die Orientierung verlor. Zumindest hatte er recht behalten und sein Blut hatte mich geheilt, aber jetzt plagte mich die ganze Zeit eine Frage.
Auch dann noch, als er die Tür öffnete, vor der wir stehen geblieben waren und mich in eine riesige Wohnung schob. Die Möbel waren in einem dunklen Holz gehalten, sowie der riesige Boden. Hier in diesem Raum war nur eine schwarze edle Couch und Regale um Regale. Er schob mich an meinem Rücken weiter hinein und zeigte auf eine Tür zu seiner Linken. >>Da ist das Schlafzimmer und gleich darauf das Bad.<<
Verwirrt runzelte ich die Stirn und sah zu ihm auf, um kurz darauf vor ihm auszuweichen. >>Und was genau mache ich hier? Was für ein krankes Spiel ist das?<< warf ich ihm vor. Er strich sich durch die Haare und setzte sich auf die Couch, mit seinen Händen am Hinterkopf verschränkt. >>Wonach sieht es wohl aus kleiner Mensch? Ich zeige dir nur dein vorübergehendes Heim. Immerhin hätte ich dich auch in dem Zellenblock einquartieren können, aber stattdessen bin ich sehr großzügig und nehme dich mit in mein Apartment.<< Großzügig? Das nannte er großzügig?
>>Und warum genau bin ich nicht tot? Wenn du glaubst du kannst mich hier festhalten und ich spiele die brave Sklavin, dann hast du dich getäuscht du Dreckskerl.<<
Frustriert presste ich meine Handballen gegen meine Stirn, als diese zu Pochen begann. >>Du wirst noch früh genug merken, dass das hier ein Segen ist.<< kommentierte er meinen Ausbruch und zerstörte somit die letzte Selbstbeherrschung, die ich hatte.
>>Ein Segen? Genauso wie es ein Segen war durch diesen Wald gejagt zu werden wie Vieh?<< Wütend ging ich auf die Couch zu und ignorierte die warnende Stimme in mir, dass dieser Kerl ein Vampir war. >>Genauso wie es ein Segen war einem Menschen beim Tod zuzusehen, mit dem man aufgewachsen ist?<< Er schwieg und zeigte keinerlei Regung, sodass ich es nun war, die sich bedrohlich über ihn beugte. >>Der einzige Segen war, einem von euch einen Pfahl durchs Herz zu rammen. Also erzähl mir nichts von dieser lächerlichen Großzügigkeit, wenn wir beide genau wissen, warum ich hier bin.<<
Er schluckte schwer und musterte mich, bevor er sich erhob und mir den Rücken zuwandte. >>Geh dich waschen.<< verlangte er nur, bevor er durch die Tür verschwand und diese hinter sich abschloss. Erst jetzt schien etwas in mir zu reißen, sodass ich mich neben der Couch auf den Boden setzte und zu schluchzen begann. Die Strapazen der letzten Stunden und der Verlust von Esther drückten mich so weit nieder, dass ich mich irgendwann auf den Boden legte und seine Anweisung ignorierte. Es war nicht so, dass ich ihm absichtlich trotzen wollte, sondern in erster Linie die Tatsache, dass ich emotional am Ende war. So kauerte ich mich auf den Boden und weinte all den Schmerz raus, bis meine Augen brannten und ich irgendwann einschlief.
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Mein Mund war trocken, als ich meine Augen aufschlug und mich vom Boden abstützte. Es dauerte einen Moment bis ich realisierte, dass ich noch immer alleine war und so rappelte ich mich schließlich auf und suchte die gesamte Wohnung nach irgendwas nützlichem ab. Doch egal wieviele Schubladen ich öffnete und in jede Ecke der Zimmer sah. Da war nichts, was ich hätte als Waffe benutzen können und um ehrlich zu sein hätte es nichts gebracht. Dieser Ort schien jetzt schon wie eine Festung und bei einer Sache hatte dieser Typ tatsächlich recht. Auch ich hatte das Gefühl, dass er das kleinere Übel für mich war. Wie es aussah, war ihm mein körperliches Wohlergehen wichtig und auch die Tatsache, dass ich einen Vampir getötet habe, schien ihn nicht zu stören. Vielleicht wurde er unvorsichtig mit mir. Vielleicht konnte ich es schaffen hier zu fliehen, sobald ich erfuhr wo ich war und wie meine Chancen standen.
Mit diesem Gedanken gab ich meine Suche auf und ging in das Schlafzimmer, mit dem riesigen Himmelbett und der dunklen, grünen Bettwäsche. Mich juckte es in den Fingern über den weichen Stoff zu fahren, aber ich wandte mich stattdessen ab und ging an eines der Schränke. Dort schnappte ich mir ein schwarzes Hemd und eine viel zu große Jogginghose, bevor ich mich zum Bad wandte. Es war mir zuwider zu Duschen und so zu tun als wäre alles in Ordnung. Aber ich war nicht dämlich zu vergessen, was das letzte mal passiert ist, als ich nicht schnell genug in diese Dusche gestiegen bin. Und wenn ich ehrlich war, wollte ich diesen ganzen Dreck ebenso loswerden und meine kalten Glieder durchs warme Wasser aufwärmen.
Ich war dankbar, dass noch immer niemand da war, als ich frisch angezogen in dem Zimmer umherging und extrem enttäuscht, dass hier kein einziges Fenster war. Vielleicht bedeutete das aber auch, dass wir im Untergrund waren.
Es verging eine geraume Zeit in der ich vor mich hin grübelte, bevor die Tür aufgestoßen wurde und ich mich automatisch anspannte.
Seine roten Augen musterten mich von oben bis unten. >>Ich hätte gedacht, dass ich dich in die Wanne zerren muss.<<
Ich schwieg, sah ihm dabei zu, wie er in das Zimmer trat und vor dem Tisch stehen blieb. >>Wie ist dein Name?<< fragte er mich nun neugierig und für einen Moment überlegte ich wirklich ihm diesen nicht zu nennen. Doch wofür? Vielleicht war es besser, wenn er mehr von mir wusste. Bekanntlich war es schwieriger jemanden umzubringen, wenn man ihn kannte und verinnerlichte, dass es sich dabei um ein lebendes Wesen handelte.
>>Aelia.<< Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. >>Und wie soll ich dich nennen? Dreckskerl? Vampir? Mo..<< wollte ich weiter aufzählen, doch er unterbrach mich, bevor ich ihn noch weiter beleidigen konnte. >>Nenn mich Asher.<<
>>Ich würde ja sagen, dass es mich freut.<< gab ich verachtend von mir. >>Aber die Wahrheit ist, dass du aufpassen solltest, wenn du schläfst.<< Er lachte auf, bevor er die Couch mit einem Ruck aufklappte und ich vornüber auf den Boden fiel. >>Liebes.<< hörte ich seine raue Stimme, bevor er Decke und Kissen auf mich warf. >>Ich möchte dich ungerne erinnern, aber du stehst in der Nahrungskette unter mir. Also jetzt halt deinen Mund und leg dich schlafen.<< Meine Hände zu Fäusten ballend, griff ich nach der Decke und sah ihm dabei zu, wie er in dem Schlafzimmer verschwand und die Tür hinter sich schloss. >>Dreckskerl<< fluchte ich und wusste ganz genau, dass er es gehört hatte.
Wütend und unsicher, packte ich das Kissen auf die Couch und schlang die Decke um meinen Körper. Ich wusste nicht, ob ich jetzt schlafen konnte. Vor allem nicht dann, wenn er nebenan war. Aber ich wünschte ich hätte es gekonnt, denn dann wären mir all die Gedanken vielleicht erspart geblieben. Immer wieder dachte ich an mein altes Heim und daran, dass ich nicht einmal meinen Vater beerdigen konnte. Und da war noch immer diese Frage, die auf mir lastete und mich unaufhörlich quälte. Konnte das Blut eines Vampirs alles heilen? Gab es die ganze Zeit schon eine Lösung, um meinen Vater zu retten? Ich wollte diese Frage so gerne an Asher stellen, aber mein Stolz und meine Wut waren zu groß. Also schob ich all die Fragen in den hintersten Winkel meines Kopfes und legte mich frustriert hin.
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