Kapitel 17 - Lina
- Freitag -
Eine Hand fuhr über meine Haare und ich öffnete langsam meine Augen. "Guten Morgen Lina." Flüsterte Milan mit sanftem Blick. Ich zog mich an seinen Schultern hoch und er beugte seinen Kopf zu mir, sodass wir uns küssen konnten. "Danke." Murmelte ich in sein T-Shirt als ich ihn umarmte.
"Ohne dich wäre es gestern anders ausgegangen... I-ich hätte es mir nie verziehen, wenn Olivia..." Beruhigend zog er mich näher an sich heran. "Deshalb bin ich doch da. Ich bin da um bei dir zu sein, dir zu helfen und etwas beizubringen." Wir lösten uns, er nahm meine Hand und führte mich durch den Wald. "Heute werde ich dir zeigen wie du dich verteidigen und angreifen kannst. So etwas wie gestern wird dir nie wieder passieren, ich verspreche es dir." Murmelte er nachdenklich bis wir bei einer kleinen Lichtung anhielten. Als er meinen Magen knurren hörte grinste er hämisch.
"Ich weiß schon die perfekte Übung. Um sich gut verteidigen zu können musst du fit bleiben. Wie wäre es wenn du zur Aufwärmung einen Apfel holst?" So deutete er auf einen hohen Baum. "Und um das ganze zu beschleunigen machen wir ein kleines Wettrennen daraus. Auf die Plätze, fertig... Los!" Rief er und ich kletterte an den Ästen hoch, sodass ich mir vorkam wie ein Affe. Als ich etwas über mir Milan sah legte ich etwas zu und erreichte erschöpft die Spitze des Baumes.
Lächelnd gab er mir einen saftigen Apfel. "Hier, deine Belohnung." Meinte er. "Hättest du mir den nicht schon vorher geben können?" Fragte ich und boxte ihn leicht gegen den Oberarm. Langsam machten wir uns dann wieder nach unten und Milan gab mir Anweisungen. "Okay, stell dich ganz locker hin und heb deine Arme vor den Kopf, um ihn zu schützen. Ich werde dich jetzt leicht angreifen und du musst versuchen auszuweichen. Schaffst du es nicht, gibt es einen kleinen Schlag auf den Hinterkopf." Schmunzelte er und begann.
Anfangs war es leicht, doch nach den ersten Minuten wurde er immer schneller, die Angriffe härter und das ausweichen unmöglich. Als er sah, dass ich nicht mehr konnte hörte er auf und stützte sich auf seinen Oberschenkeln ab. "Du hast ganz gut durchgehalten!" Lobte er mich und nahm einen kleinen Stock in die Hand.
"Versuche so gut und oft du kannst ihn mir aus der Hand zu treten." Befahl er. "Treten?" Fragte ich verwirrt und bekam ein Nicken als Antwort.
Zuerst ging es, da ich niedrig treten musste. Währenddessen erinnerte er mich immer die Arme oben zu halten um den Kopf zu schützen. Als der Ast bei seiner Schulterhöhe ankam traf ich ihn gerade so und beim zweiten Mal schaffte ich es sogar ihn aus seiner Hand zu treten. Nach dieser Übung entspannten wir uns etwas. Nachdenklich lehnte ich mich an ihn.
"Als wir von den Männern im Wald mitgenommen wurden hat sich Olivia gewehrt und kurz mit ihnen gesprochen..." Ich machte eine Pause und dachte kurz zurück. "Sie fragte ob meine Eltern sie auf uns angesetzt hätten, weißt du was das bedeutet?"
Mit Falten auf der Stirn sah er zu Boden. Als ob er überlegen würde was er mir gleich erzählt. "Sag mir die Wahrheit." Flüsterte ich leise und bekam meine Antwort. "Es ist schwer zu erklären. Deine Eltern sind... Wie kann man es nur sagen? Sie haben sich gegen die Hüter und gegen ihre Gabe entschieden. Sie halten nichts von uns und wollten auch nicht, dass du jemals etwas von uns erfährst."
Milan streichte leicht durch mein Haar und sah auf mich hinab. "Sie haben mir, Myror und Olivia das Leben schwer gemacht, uns bedroht dir nur nichts zu erzählen und wie du siehst sogar die Polizei oder eher gesagt fremde Männer organisiert."
Eine kleine Träne floss aus meinen Augen und ein fast stummes "Warum?" kam aus mir heraus. "Sie wollten doch nur beschützen. Weil du besonders bist." An diesem Moment richtete ich mich auf und lief gezielt in eine Richtung. Man konnte hören wie Milan durch die Blätter zu mir sprang. "Ich muss mit ihnen reden." Erklärte ich Ernst und mein Gesichtsausdruck versteifte sich. "Pass bitte auf Lina! Wenn du wütend wirst können sie sich nicht wehren, sie haben es nie gelernt!" Schulterzuckend sah ich kurz zu ihm. "Deshalb bist du doch da." Milan schüttelte nur den Kopf und folgte mir.
An der Haustür angekommen kramte ich einen Schlüssel heraus und schloss leise auf. Sie waren höchstwahrscheinlich in der oberen Etage und ich gab ihm ein Zeichen unten zu warten. Langsam ging ich die Treppe hinauf, in das Wohnzimmer und sah sie an ihren Arbeitstischen sehen. "Wie immer. Ihr müsst sogar zu hause arbeiten. Reicht es nicht, dass ihr schon immer ewig auf Geschäftsreise seid?!" Fragte ich und sah wie sich die beiden ruckartig zu mir drehten.
"Lina! Wo warst du nur?" Fragte Mum, doch ich ignorierte sie. "Ich hätte gerne eine Antwort." Raunte ich. Mein Dad sah mich nur fassungslos an. "Was ist?! Hat es euch die Sprache verschlagen, dass mich eure Männer, die ihr engagiert habt nicht wieder mit gebracht haben?" Beide schauten stumm zu Boden und sie verschrenkte ihre Arme vor der Brust. "Wir wollten dich nur beschützen!" Brüllte mein Dad plötzlich halblaut, sodass ich kurz zusammen zuckte und ein paar Schritte nach hinten machte.
"Wovor denn? Davor Spaß zu haben, meine Kräfte zu entdecken und Meinesgleichen zu finden?! Ohne euch hätte ich viel früher helfen können und ohne euch wäre Lucifer gar nicht erst soweit gekommen!" Wütend ballte ich eine Faust und sah wie mein Vater auf mich zu kam. Mum sah ihn nur erschrocken an, ohne Anstalten zu machen etwas zu unternehmen.
Kurz bevor seine Hand mein Gesicht treffen konnte spürte ich einen warmen Körper vor mir. Milan hielt seine Hand fest und deren beiden Blicke trafen sich wie Blitze. Konzentriert atmete ich tief ein und trat meinen Vater gegen das Schienbein, wodurch er nach hinten stolperte und Gleichgewichts Probleme bekam. Er war eben nicht mehr der jüngste.
"Lasst uns demnächst in Ruhe, okay?! Ich habe anderes von euch erwartet. Dass ihr mich versteht, mir helft diesen weg zu gehen, aber stattdessen steht ihr uns nur im Weg!" Traurig an Milan gelehnt liefen wir aus dem Haus. Mum rief nochmal meinen Namen, doch ich reagierte nicht.
Außer Haus und und im Wald durchbrach Milan die Stille. "Du hast dir richtige Entscheidung getroffen. Eltern sollten hinter dir stehen und dich nicht von dem was du bist fernhalten." Nach einer kurzen Denkpause fuhr er fort. "Wir sind jetzt deine Familie, und glaub mir du wirst noch viele unserer Art kennenlernen die du sofort ins Herz schließen wirst." Ermutigte er mich.
Lächelnd sah ich zu ihm hoch. "Wenn alle so sind wie ihr, dann habe ich bald eine größere Familie als erwartet!"
"Oh glaub mir, das wird eine verrückte Familie." Kam es schnurrend und wir beide mussten so sehr lachen, dass mir am Ende des Tages der Bauch weh tat.
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