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12. Kapitel: Sarah & Nathan - Teil 2


Jetzt drehte die Gestalt mir unbeabsichtigt ihr Gesicht zu, während sie sich wie wild unter dem Schuh meines Onkels wandte. Es war eine Frau. Sie war wunderschön, zumindest aufgrund dessen, was ich so kurz von ihr hatte erhaschen können. Ihr langes, dunkles Haar wirkte auf mich wie die wilde Mähne einer taffen Kriegerin, die nicht so leicht aufgeben würde.

Erst jetzt merkte ich, dass ich mich um einiges nach vorne gebeugt hatte und beinahe so weit aus dem Schatten hervorgestochen hätte, dass er mich mit großer Wahrscheinlichkeit ohne jegliche Anstrengung sofort entdeckt hätte.

„Sarah, pass auf", flüsterte Kaden allgegenwärtig und hielt mich reflexartig fest am Arm zurück, was mich sofort innehalten ließ.

Ich nickte und rückte leise ein gutes Stück wieder näher an ihn und somit zurück in die schützende Dunkelheit. Ein rascher Blick auf Samantha verriet mir, dass auch sie wie gebannt von den Ereignissen vor uns war, aber ihre Reaktion darauf war eine gänzlich andere. Obwohl sie ihre Hände in ihren Hosentaschen vergraben hatte entging mir nicht, wie sie diese zu Fäusten ballte. Ihre Miene war wie in Stein gemeißelt und sie schien uns um sie herum gar nicht mehr richtig wahrzunehmen.

Das aufgebrachte Schreien der Frau lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf den Rasen hinter dem Haus. Es klang allerdings zu meiner großen Überraschung weder ängstlich, noch panisch. Das was aus ihrer Stimme an mein Ohr herandrang, wirkte auf mich eher kämpferisch und wütend. Obwohl ich es aus dieser Entfernung nur sehr schwer sagen konnte, hätte ich schwören können, dass auch in ihren Augen etwas ganz anderes lag. Soweit ich es deuten konnte, wirkte es eher wie Verachtung und Mitleid für meinen Onkel. Solch ein Verhalten verdiente definitiv Anerkennung.

Eine weitere Bewegung fiel mir ins Auge. Nate griff scheinbar in eine Innentasche seiner Jacke. Meine Augen weiteten sich vor Schrecken und erst jetzt schoss mir die Info so wirklich in den Kopf: Es ging los und ich hatte keine Wahl, als mir das Kommende anzusehen. Das was geschehen würde, war unausweichlich.

So, als ob es das Normalste auf der Welt war, kramte ich meine Pistole und den zugehörigen Schalldämpfer hervor. Mir entging nicht die Haltung und das Mitleid, welches mir aus ihrer Mimik entgegenschien. Mittlerweile hatte sie sogar aufgehört sich tatkräftig zu wehren. Anscheinend hatte sie ihr Schicksal mittlerweile akzeptiert und es hingenommen. Komischerweise war sie überhaupt nicht wie all die anderen, die ich in den letzten Jahren bereits zuhauf umgebracht hatte. Im Gegensatz zu all den Kerlen, die bereits in Nauks Namen hatten dran glauben müssen, war dieses Opfer gänzlich anders. Tapfer, stellte keine dämlichen Fragen über ihr Schicksal, auf die sie sowieso nie eine Antwort erhalten würde, mutig. Fast hätte ich gesagt, dass es Verschwendung wäre, solch eine Frau zu opfern, aber auch nur fast. Die Art wie sie mich aktuell durchbohrte, belehrte mich eines Besseren. Ich wollte sie nicht an mich heranlassen, ich ignorierte sie so gut ich es eben konnte.

„Na du hast es ja drauf! Machst du das immer so, als ob es etwas bedeuten würde, was du tust?", kam es keuchend von unten, woraufhin mein Blick kurz wieder zu ihr wanderte, doch ich reagierte nicht weiter.

Kurze Zeit herrschte absolute Stille, doch anscheinend war sie jetzt plötzlich nicht mehr bereit einfach auf ihr Ende zu warten. Sie wollte mich nerven. Die typische Trotzphase, die ab und an auch mal Einzug hielt, schien zu beginnen.

„Willst du mich jetzt mit deinem Schweigen bestrafen?", fuhr sie unbehelligt fort und dieser gehässige, mit Absicht provozierende Tonfall gefiel mir ganz und gar nicht.

„Du hast keine Ahnung, wovon du eigentlich redest, geschweige denn, worum es hierbei eigentlich geht. Du kannst sogar froh sein, dass du es nicht tust, also halte jetzt einfach die Klappe, wärst du so gut?", gab ich entnervt zurück, entsicherte meine Waffe und lud sie.

„Weißt du, du tust mir wirklich leid. Ich hoffe für dich, dass du irgendwann deinen Frieden finden, deine Sünden reuen und danach vergessen kannst. Ich vergebe dir", erklärte sie mit einer mitleidigen Stimme und sah mir direkt und unmittelbar in die Augen.

„Danke für deine Worte, aber für mich gibt es keine Erlösung, wenn du das damit meinst. Leb wohl", murmelte ich, hob in einer Bewegung meine Waffe, zielte in die Mitte ihrer Stirn und drückte schlussendlich ab.

Ihr Kopf sank in einer raschen Bewegung nach hinten, ihre Arme neben ihrem Körper erschlafften und ich spürte, wie der Widerstand unter meinem Schuh, der immer noch auf ihrem Torso ruhte, von jetzt auf gleich kaum noch vorhanden war. Es war vorbei, sie war tot. Mein Job war getan.

Auf einmal drang ein erstickter Schrei an mein Ohr. Er war gedämpft durch irgendetwas, aber dennoch gut für mich hörbar und er kam direkt aus meinem Rücken. Ich zuckte intuitiv zusammen und drehte mich rasch um. Da sah ich sie.

Dieser Schrei... diese Stimme konnte nur einer Person gehören und diese Erkenntnis erschlug mich so sehr, dass ich vergaß zu atmen. Wie kam sie bloß hierher? Hatte sie etwa alles gesehen? Was zur Hölle ging hier gerade vor sich?

Und als ob das nicht schon genug war... Sah ich auch plötzlich sie. Spielten mir meine Augen gerade nur einen Streich oder passierte all das gerade tatsächlich? Wurde ich langsam nach all den Jahren des Mordens doch noch verrückt?

Es waren auch nicht nur sie und Sarah. Da war auch noch der hawaiianische Junge. Wie hieß er doch gleich? Kaden... Was hatte ausgerechnet er denn zwischen ihnen zu suchen? Was passierte hier?

Mir begann der Kopf zu schwirren, mir wurde von einer Sekunde auf die nächste wahnsinnig schwindlig und beinahe schon schlecht. Ich hatte deutlich Probleme mich gerade und ohne zu schwanken auf den Beinen zu halten. Dummerweise gab es hier gerade auch nichts, woran ich mich hätte festhalten können. Mich jetzt von der Stelle zu rühren war definitiv keine gute Idee.

Also rührte ich mich vorerst nicht vom Fleck, schloss für einen kurzen Augenblick die Augen, sammelte mich und holte tief Luft. Ich konnte sie einfach gerade nicht ansehen, das rief gerade so viele unerwünschte Gefühle wieder in mir hoch.

Sie waren da. Sie waren alle da. Sarah, Kaden und meine geliebte Samantha.

Ich wollte es einfach nicht wahrhaben was vor meinen Augen gerade passiert war. Er hatte sie wirklich umgebracht, getötet! Ihr lebloser Körper war vor wenigen Sekunden zusammengesackt und alles Leben war von ihr gewichen. Ihr Gesicht war nun unmittelbar für mich erkennbar. Sie sah so friedlich und erleichtert aus und beinahe hätte man meinen können, dass sie gerade nur ein kurzes entspanntes Nickerchen abhielt, doch selbstverständlich war dem nicht so.

Wie wild preschte ich nach vorne auf die Rasenfläche. Ich war es leid, mich wie ein ängstliches Tier im Schatten zu verstecken.

Jetzt verstand ich es. Ich begriff es. Ich realisierte, wer oder was mein Onkel war! Dieses Monster! Onkel konnte ich ihn nicht mehr nennen, das war vorbei. Sie hatten alle recht gehabt. Himmel, sie hatten alle recht gehabt, ich war so dumm, so gutgläubig gewesen. Er war ein eiskalter und skrupelloser Killer!

Ich schrie. Ich schrie mir einfach die Seele aus dem Leib, auch wenn ich nicht genau wusste wieso. Aus Erkenntnis? Angst? Missbilligung? Hass? Verzweiflung? Verunsicherung?

Es schien nicht mehr enden zu wollen, doch dann legte sich erst ein starker Arm um meine Hüfte und dann eine große Hand auf meinen Mund, doch es war bereits zu spät. Dieser Irre drehte sich um und starrte mich direkt an. Seine Augen fanden meine. Er schien überrascht, verstört, aus dem Gleichgewicht gebracht, doch das kümmerte mich nicht. Ich merkte selbst, wie mir der pure Hass aus den Augen troff, doch jetzt war es vorbei. Ich kannte die Wahrheit. Es war wahr und alles was damit verbunden war mit Sicherheit auch.

„Sarah, zurück! Bitte!", flehte Kaden mich beinahe an und ich hörte das Brechen in seiner Stimme, was mir unweigerlich verdeutlichte, dass auch ihn das mehr mitnahm, als er nach außen hin zeigen wollte.

Ich versuchte Kaden abzuschütteln, doch das war alles andere als einfach. Mir war nicht ganz klar, woher er die ganze Kraft plötzlich nahm, mit der er sich beinahe gegen mich stemmte, um mich von meinem Onkel zurückzuhalten, zu dem mich meine rastlosen Beine immer weiter drängten ohne dass ich etwas hätte dagegen tun können. Vielleicht war es einfach all die Energie, die sich anhand des Schocks in ihm angestaut hatte. Er musste ihr ein Ventil verschaffen und mit der Art und Weise, mit der er mich zurückhalten musste, war es möglicherweise genau das, was er aktuell brauchte.

„Lass mich los, verflucht! Lass mich zu diesem Arschloch darüber gehen und ihm eine scheuern!", brüllte ich so laut und wütend, dass mir die Stimmbänder bereits bei dem letzten Wort, das meinen Mund verließ, schmerzten.

„Nein, Sarah! Zu deinem eigenen Wohl besser nicht!", brüllte Kaden dagegen.

Ich hatte ihn noch nie so laut gehört und es ließ mich für einen kurzen Moment innehalten. Das hatte mich doch etwas aus dem Konzept und wieder etwas mehr zurück auf den Boden gebracht. Jetzt brach es unvorbereitet aus mir heraus. Ich spürte, wie mein ganzer Körper etwas zusammensackte und mir heiße Tränen in Strömen über die Wangen liefen.

„Ich habe es einfach nicht wahrhaben wollen, Kaden, aber jetzt habe ich es gesehen. Ich hätte nie gedacht, dass... Wenn ich gewusst hätte...", stieß ich zwischen meinen Tränen hervor, woraufhin Kaden mich noch mehr an sich drückte und seinen Kopf beruhigend an meinen schmiegte.

„Ich weiß, Sarah. Glaub mir, ich habe sowas in meinem ganzen Leben auch noch nie gesehen und bin froh, wenn ich so etwas... Grausames nie mehr mitansehen muss. Die Geschichten rund um diese... Monster sind mir zwar um einiges geläufiger als dir, aber dennoch...", hörte ich ihn sagen und mir wurde bewusst, dass ihn das wohl beinahe so hart traf wie mich nur dass ich noch den Schock zu verdauen hatte, dass dieser Mann da vor uns, der einfach nur dastand und schwieg und sich keinen Millimeter bewegte, einmal mein Onkel gewesen war.

Der kalte Killer vor mir schien wie in einer Art Trance und wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich gesagt, dass er gerade begann etwas zu wanken. Was ging wohl bei diesem Mörder im Kopf vor? Verstand er, was er da gerade getan hatte überhaupt? War er psychisch noch ganz auf der Höhe? Begriff er, dass wir es alle gesehen hatten? Dass wir Zeugen gewesen waren? Würde er uns etwa etwas antun, um uns alle zum Schweigen zu bringen?

„Wir müssen weg von hier. Es ist zu gefährlich. Er könnte jeden Moment seine Fassung verlieren", meinte Samantha nun unmittelbar neben uns und ließ somit meinen Kopf herumfahren.

Sie schien sich aus ihrer eigenen Starre so gut es eben ging gelöst zu haben, doch selbst als ich sie genau ansah und studierte, wurde mir auch bei ihr gerade überhaupt nicht ersichtlich, was eigentlich in ihrem Kopf vor sich ging. Wie konnte sie nur so hart und kühl bleiben bei dem, was gerade vor unser aller Augen passiert war? Bei dem was der Mann, den sie offenkundig immer noch liebte, getan hatte? Ich hätte meine Hand ohne zu zögern dafür ins Feuer gelegt, dass sie noch an ihm interessiert war. Auch wenn sie versuchte, es so gut es eben ging zu verbergen und ihre Gefühle für dieses Monster gegen die einzutauschen, die eher in Richtung Verachtung und Hass gingen.

„Was passiert mit ihm?", fragte Kaden nun frei heraus. Offenkundig war ihm dieser seltsame Zustand in dem er sich befand ebenfalls nicht entgangen.

„Ich weiß es nicht, aber es sieht überhaupt nicht gut aus", kam es nachdenklich von ihr und so bewegten wir uns doch alle kein bisschen von dieser Stelle weg, da wir alle zu grübeln begannen, was hier gerade weiterhin passierte.

Alle wie gelähmt von dem Geschehenen und doch so erpicht darauf, es so gut es ging auszublenden und abzuwarten, was die nächsten Augenblicke noch bringen würden.

Die tote Frau zu meinen Füßen war wie weggewischt aus meinen Gedanken. Alles um mich herum schien plötzlich ohne jegliche Bedeutung. Es gab nur noch mich und die drei Menschen vor mir. Jeder auf die eine oder andere Art mit einer Bedeutung für mich.

Alles begann sich immer mehr und mehr zu drehen und diese immer mehr verschiedenen und immer noch lauter werdenden Stimmen in meinem Kopf wollten einfach nicht verebben. Im Gegenteil. Ich konnte nicht genau verstehen was sie sagten, bis auf die von ihr. Sie stach so klar und deutlich aus der Masse hervor, dass es mir fast die Tränen in die Augen trieb. Nicht der Gefühle wegen die wieder aufkeimten, sondern viel mehr der Last wegen, die ohne Vorwarnung auf mich niederprasselte. Ich wusste nicht genau wie ich es richtig hätte beschreiben können, aber es war einfach unglaublich. Es rauschten Erinnerungen an eine alte Zeit an mir vorbei in Kombination mit ihrer Stimme, ihrem Lachen, den schönen Momenten, die wir einst geteilt hatten.

Was war das nur, was mich plötzlich so aus dem Konzept warf und meinen ganzen Körper wanken und erzittern ließ? Jetzt sah ich auch Sarah. Meine süße Nichte Sarah, die ich so sehr enttäuscht und vor den Kopf gestoßen hatte. Vermutlich existierte ich für sie gar nicht mehr.

Auch von ihr zogen diverse Erinnerungen an meinem inneren Auge vorbei. Wie viel wir gelacht und was wir all die Jahre über unternommen hatten. Wie viel Spaß wir gehabt hatten, auch als meine Schwester mit dabei gewesen war. Wie gut wir uns verstanden hatten und die Tatsache, dass ich immer wie eine Art Vater für sie gewesen war. Wie federleicht und sorglos ich mich bei ihr immer gefühlt und wie mein altes, normales Leben einmal gewesen war.

Ich hatte ganz vergessen, dass ich immer noch die Waffe in der Hand gehalten hatte, als sie mir plötzlich einfach aus der Hand glitt. Meinen Griff um das todbringende Werkzeug hatte ich unterbewusst stark gelockert. Es fiel in das Gras und wirbelte so einige Blutstropfen auf, die sich bereits dort von der toten Frau verteilt hatten. Etwas davon spritze mir ins Gesicht und verschleierte meine Sicht.

Irritiert hob ich meine Hände und starrte sie einfach nur an. Ich konnte sie kaum noch kontrollieren. Ich zitterte am gesamten Körper wie Espenlaub. Was riefen diese Stimmen, Bilder und Erinnerungen nur in mir hervor? Woher kam das und besser gesagt wie kam das? Was sollte es mir sagen, dass ausgerechnet Sarah und Samantha sich ein Rennen in meinem Kopf lieferten?

Es ging einfach nicht länger. Auch meine Beine fühlten sich jetzt an wie Gummi. Ohne dass ich es noch hätte verhindern können, sank ich runter auf die Knie. Ich war längst nicht mehr stabil genug um stehen zu können und diese Stimmen brachten mich langsam um. Verzweifelt presste ich mir die Hände so fest ich nur konnte an die Schläfen, doch natürlich half es alles nichts. Es wollte einfach nicht aufhören. Ich versuchte so gut ich es noch vermochte dagegen anzukämpfen, aber es schien völlig zwecklos zu sein.

„Sieht das nur für mich so aus oder bricht der Kerl gerade zusammen?", murmelte Kaden düster und sprach damit mehr oder weniger das aus, was wir uns alle schon dachten.

„Es scheint so, aber das kann eigentlich nicht sein. Sowas passiert eigentlich... nicht", presste sie verunsichert und jetzt auch offensichtlich irritiert hervor.

„Er hat die Waffe fallen gelassen! Wieso starrt er denn jetzt seine Hände so komisch an? Seht ihr wie die zittern?", rief ich fast schon hysterisch, als sich endlich mal etwas vor unseren Augen änderte.

„Erleidet er etwa so eine Art Schock?", warf Kaden nachdenklich und sachlich ein. Mittlerweile kannte ich ihn aber gut genug um sagen zu können, dass er nur versuchte seine eigene Verunsicherung damit zu verbergen.

„Wenn ich es nicht besser wissen würde, würde ich fast sagen ja", entgegnete Samantha und die Sorgenfalten auf ihrer Stirn, woher auch immer diese kamen, wurden immer tiefer.

Da passierte es. In einer raschen Bewegung brach er zusammen und fiel ungebremst mit dem Gesicht voran in das hohe Gras. Ich wartete noch darauf, dass er sich rührte. Sich wieder aufsetzte, aufstand, zu uns kam und extrem wütend wurde, doch nichts von alle dem passierte wirklich. Er blieb einfach nur dort liegen. Leblos. Ich war mir nicht einmal mehr sicher, ob er gerade überhaupt noch atmete.

Es war wirklich schwer zu sagen, ob mich das überhaupt noch berührte. Ich wusste nicht mehr, was ich für ihn empfinden sollte. Innerlich war ich hin- und hergerissen. Dieser Mann hatte nichts mehr mit dem Mann gemeinsam, den ich einmal gekannt hatte, aber trotzdem... Irgendwo war es immer noch Nate. Es war so verflucht verwirrend.

In der Ferne erscholl eine Sirene. Sie war noch ziemlich weit weg, aber dennoch näherte sie sich wohl rasch, denn das Signal wurde immer lauter und lauter.

„Wir sollten wohl besser schleunigst abhauen", meinte Kaden sofort und sah hinüber zu Samantha, doch diese zögerte. „Was ist?"

„Geht ihr ruhig vor, ich hole Nate", sagte sie leise und ich dachte zunächst mich verhört zu haben, doch dem war nicht so. Ich war so durcheinander, dass ich überhaupt nicht mehr wusste, was wir nun am besten tun sollten. Denken war einfach unmöglich.

„Wie bitte? Bist du jetzt völlig verrückt geworden? Der Typ bleibt schön hier! Die Polizei ist schon auf dem Weg hierher!", versuchte Kaden sie von ihrem Vorhaben abzubringen, doch sie hatte mehr Ähnlichkeit mit mir, als ich zunächst angenommen hatte. Genau der gleiche Dickkopf.

„Ja, deswegen sollten wir uns ja auch beeilen. Ein weiteres Mal müsst ihr mir euer Vertrauen schenken", beharrte Samantha und die Art wie sie und Kaden sich niederstarrten machte klar, dass keiner von beiden siegen würde, doch gab Kaden schlussendlich wieder nach. Wenigstens war er nicht dumm.

„Und was machen wir mit... der toten Frau?", warf ich zögerlich ein, um zum einen das Thema hastig zu wechseln und zum anderen, um auch auf dieses arme Opfer einzugehen. Sie tat mir wirklich wahnsinnig leid. Sie war so tapfer gewesen. Sie hatte das definitiv nicht verdient. Niemand hatte das.

„So leid es mir auch tut und so grausam es im ersten Moment auch klingen mag: Wir müssen sie leider zurücklassen. Die Polizei wird jeden Moment hier sein und es ist einfach zu gefährlich. Wir müssen dringend verschwinden", erklärte Samantha ganz konzentriert. So, als ob es das Normalste auf der Welt wäre eine Leiche einfach so verunstaltet auf dem dreckigen und feuchten Boden hinter einem Wohngebiet liegen zu lassen.

Schockiert starrte ich sie an. Ja, sie hatte recht, auch ich hörte bereits die klare Ankündigung der Polizei. Vielleicht hatte ein Nachbar doch etwas mitbekommen und das obwohl es so eine kleine Nachbarschaft hier gab in diesem kleinen Ort. Hier auf Hawaii war es aber generell so, dass man sehr aufeinander Acht gab, egal ob man sich nun gut kannte oder nicht. Trotzdem konnte ich es einfach nicht fassen, dass sie das wirklich ernst meinte. Wir konnten sie doch nicht einfach hier liegen lassen!

Studierend musterte ich sie, bis ich begriff. Sie wollte sich in keinster Weise daran beteiligen. Samantha wollte nicht einmal die geringste Tat vollbringen, die sie in Verbindung mit Nathan brachte, wie klein sie auch war. Die Polizei schien dabei auch keine ganz so kleine Rolle zu spielen, auch wenn diese vermutlich nicht die geringste Ahnung davon hatte, in was sie da geraten war. Die Frau zu vergraben bedeutete für sie wohl gleichermaßen, dass sie sich an diesen dunklen Machenschaften von Nathan beteiligen würde – zumindest indirekt. Okay, ich verstand ihren Standpunkt, aber davon einmal abgesehen wäre so oder so keine Zeit mehr gewesen.

„Jetzt geht schon! Ich schaffe ihn schon alleine", wies sie uns nun energisch an und machte eine knappe Kopfbewegung in die Richtung, in welcher ihr Auto parkte.

Kaden schüttelte deutlich missbilligend den Kopf, hielt aber die Klappe. Ich war mir überhaupt nicht mehr sicher, was ich eigentlich noch denken sollte, aber im Moment war sowieso nicht der richtige Zeitpunkt und zunächst war aktives und schnelles Handeln gefragt.

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Kaden mir seine Hand auffordernd hinhielt. Erst zögerte ich, doch dann ergriff ich sie und er setzte sich sofort in Bewegung. Obwohl er ein gutes Tempo vorlegte und ich wirklich schauen musste, dass ich nicht zu Boden stürzte, da Kaden mich mehr hinter sich herzog, als dass ich ihm wirklich aktiv folgte, konnte ich mir einen Blick über die Schulter nicht verkneifen. Mein Blick fiel auf die tote Frau, ich zwang mich aber dazu, nicht länger auf die toten, starren Augen zu achten, dessen Lider nach wie vor nicht geschlossen waren. Mein Blick wechselte rasch zu Samantha, die bereits bei Nate angekommen war. Keine Ahnung wie sie das anstellte, schließlich war Nathan sicherlich kein Leichtgewicht, aber blitzschnell hatte sie sich einen Arm um die Schulter gelegt und stützte so geschickt sein Gewicht auf ihre Schultern. Mehr oder weniger trug und schleppte sie sich so also vorwärts. Nate war immer noch besinnungslos. An diesem Zustand in dem er sich befand schien sich vorerst nichts zu ändern. Es interessierte mich einfach nicht mehr. Sorgen plagten mich, aber da war auch diese allgegenwärtige Erkenntnis die mir sagte, dass ich nicht mehr so für diesen Mann empfinden sollte oder durfte.

„Komm schon, Sarah! Wir müssen uns echt beeilen!"

Kaden riss an meinem Handgelenk, was automatisch einen Schmerz durch meinen Arm schießen ließ.

Natürlich war mir klar, dass er das nicht mit Absicht getan hatte, aber natürlich merkte er, dass ich immer noch gegen ihn arbeitete und mit den Augen nicht auf dem Weg der nach vorne führte war, sondern immer noch auf dem hinter uns liegenden.

Eilig stolperte ich ihm nach, sah aber ein letztes Mal zurück. Samantha tat sich doch etwas schwerer als angenommen zusammen mit Nate einigermaßen schnell vorwärts zu kommen. Er fiel ihr beinahe runter, also blieb sie kurzerhand kurz stehen und schulterte ihn sich erneut etwas besser. Als sie meinem Blick begegnete und merkte, dass ich mich selbst und Kaden aufhielt und uns das alle kostbare Zeit kostete, deutete sie mir mit einer wilden Armbewegung an, dass ich mich endlich beeilen sollte. Ihr Mund formte irgendwelche Anweisungen, aber ihre Stimme drang nicht bis zu mir durch. Ich musste allerdings keine Lippenleserin sein, um verstehen zu können, was sie mir mitteilen wollte: Lauf endlich, dummes Mädchen, sonst sind wir alle dran!

Samantha war langsam, sehr langsam, aber sie gab ihr Bestes. Sie war nicht so weit hinter uns, aber dennoch würde sie um einiges länger brauchen und ihr Tempo nahm immer mehr ab, obwohl sie sich sichtlich Mühe gab.

So schwer es mir auch fiel, ich löste meinen Blick und versuchte so schnell ich es eben konnte, meine Schritte denen von Kaden anzupassen. Er merkte wohl, dass ich endlich bereit war zu kooperieren und legte daher noch einmal einen Zahn zu. Irgendwie setzten meine Füße immer einen weiteren Schritt vorwärts. Immer weiter und weiter, doch ich wusste nicht wie. Ich spürte sie überhaupt nicht mehr, kontrollierte sie nicht. Meine Sicht war verschwommen und mein Kopf schwirrte. So ganz begriff ich all das immer noch nicht.

Plötzlich waren wir am Auto von Samantha. Kaden rief nervös irgendetwas und dann kam Samantha aus dem Waldstück hervor. Es schien mir wie nur wenige Sekunden die verstrichen waren, aber ich konnte es definitiv nicht genau sagen, wie viel Zeit tatsächlich vergangen war.

Um mich herum herrschte absolute Hektik, doch irgendwie prallte alles einfach an mir ab. Wenn irgendjemand mich nicht einfach am Oberarm gepackt und schlussendlich auf den Rücksitz von Samanthas Wagen verfrachtet hätte, stünde ich mit großer Wahrscheinlichkeit immer noch draußen und hätte weiter ins Leere gestarrt.

Samantha gab ordentlich Gas und ich wurde in das Polster des Sitzes gedrückt. Kaden saß vorne neben Samantha. Sie schienen wild zu diskutieren, doch ich verstand nicht, um was es gerade ging und es interessierte mich auch nicht. Ich starrte einfach nur den immer noch bewusstlosen Nathan an, der neben mir an der anderen Fensterseite mehr oder weniger saß und festgegurtet war. Sein ganzer Oberkörper kippte immer etwas nach vorne oder hinten, je nachdem wie Samantha gerade fuhr oder welchen holprigen Straßenabschnitt sie passierte. An einer Stelle kam er gefährlich nahe in meine Richtung. Ich wusste, dass er mich nie erreichen oder gar berühren konnte, selbst wenn er noch in seinem besinnungslosen Zustand komplett zu mir herüber gekippt wäre, aber dennoch drückte ich mich panisch soweit ich nur konnte gegen meine Seite der Autotür. Ich konnte meinen Blick einfach nicht abwenden. In diesem Zustand sah er beinahe friedlich, ja sogar harmlos aus, doch ich wusste es besser. Er war ein eiskalter, brutaler und skrupelloser Mörder.

Das Schnippen von Kadens Fingern, die er so nahe er nur konnte vor mein Gesicht hielt, ließen mich zusammenfahren.

„Wir fahren zu Samanthas Haus weiter im Süden. Wir können nirgends anderes hin. Es wäre zu gefährlich zurück in Nathans Anwesen zu gehen. Die Polizei wird dort zuerst suchen. Keine Ahnung wie er das bisher geschafft hat sich die Bullen vom Hals zu halten", erklärte mir Kaden scheinbar ganz sachlich, aber ich sah und hörte ihm deutlich an, dass ihm irgendetwas daran überhaupt gar nicht passte. Vermutlich ging es immer noch um den Umstand, dass Nathan hier bei uns im Auto war. Ich konnte ihn dabei mehr als nachempfinden. Dieses mehr als unwohle Gefühl, welches sich gerade rasend schnell in meiner Magengrube verbreitete, machte mir zusätzlich noch mehr als deutlich, dass ich eigentlich auf gar keinen Fall in Nathans Nähe sein wollte oder konnte. Er war so ziemlich der letzte... Mensch... auf diesem Planeten, dem ich gerade so nahe sein wollte.

Schlussendlich überwand ich meine innere Abneigung, schluckte kurz und riss mich zusammen. Ich nickte Kaden zu und löste so schwerfällig meinen Blick von meinem Onkel, was überhaupt nicht einfach war. Das war es vermutlich gewesen, worüber sie anfangs noch einigermaßen normal gesprochen hatten. Das wobei es dann wohl eskaliert war, war Nates Anwesenheit zuzuschreiben.

Dann also zu Samantha nach Hause. Ein komisches Gefühl zu einer fast noch völlig Fremden nach Hause zu gehen, aber es war wohl die klügste Entscheidung. Ich zwang mich dazu nach draußen zu sehen und alles was um mich herum passierte oder wer um mich herum war auszublenden. Es würde eine Weile dauern und ich musste versuchen zumindest die Fahrt über aus diesem angespannten Zustand zu entkommen. Zumindest für einen ruhigen Augenblick.

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