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11. Kapitel: Sarah - Teil 2


Für einige Sekunden sahen wir uns einfach nur an, nur das erstaunliche war, dass wir uns nach dieser kurzen Zeit schon stumm verständigen konnten. Es gab keinerlei Gestik oder Mimik, doch irgendwann nach wenigen verstrichenen Augenblicken nickte er und setzte sich in Bewegung, doch der tiefe Blick und diese schon fast intime, unsichtbare Verbindung verflog nicht.

Die ganze Sache mit der Frau, die wir durch einen riesigen, fast schon utopischen Zufall getroffen hatten, hatte diese geistige Verwirrung wegen Kaden zwar stark abgeschwächt, aber eine Sache stand fest: Ich musste mir dringend darüber klar werden, was genau das zwischen uns eigentlich war.

Ich musste so oder so verdammt aufpassen, dass Nate nichts mitbekam. Kaden wäre dann mit Sicherheit tot. Ja, das war auch noch so ein Thema, was ich unbedingt noch mit dem Hawaiianer besprechen wollte, doch bisher hatte sich das irgendwie noch nie ergeben – und um ehrlich zu sein hatte ich bisher auch noch nicht den Mut dazu gefunden, trotz reichlich passenden Situationen. Es war nur ganz oberflächlich gewesen, doch ich hatte gemerkt, dass er immer noch besorgt war wegen der Sache mit Nate am Strand. Er schien wohl zu glauben, dass ich ihm nicht alles gesagt hatte bisher.

„Interessant... Also kommt er mit nehme ich an?", holte Samantha mich aus meinem Kopf raus und als ich das nächste Mal blinzelte, war Kaden bereits unmittelbar neben mir.

„Ja, richtig. Hallo, ich bin Kaden", bestätigte er und hielt Samantha dann freundlich seine Hand entgegen, die sich auch sofort ergriff.

„Das habe ich schon gehört. Es freut mich sehr dich kennenzulernen, Kaden", antwortete Samantha und meinte es wirklich aufrichtig.

Der Gesichtsausdruck mit welchem sie mich kurz darauf ansah, ließ so einige Deutungen zu, aber zusammenfassend sollte die Aussage wohl sein: Schau zu, dass du dir diesen Typen angelst!

Auch Kaden blickte mich jetzt an. So als ob er mir sagen wollte: Und jetzt? Kannst du mir mal sagen, wer diese Person eigentlich ist?

Anscheinend redeten plötzlich alle nur noch über Zeichensprache mit mir ...

„Na dann, lasst uns gehen. Am besten dort drüben rein, den Laden kenne ich. Die haben auch eine riesige und klasse Auswahl an Torten. Ich empfehle ganz klar die Macadamiatorte – die beste auf der gesamten Insel", legte Samantha mehr oder weniger fest und tat nun auf einmal wieder so, als ob alles ganz normal wäre und wir uns schon ewig kannten.

Keine fünf Minuten später saßen wir an einem der Tische, die sich auf dem Dach des Hauses befanden. Es war nicht sonderlich groß, aber der Blick über die Promenade und den Hafen war großartig.

„Dann drei Mal die Macadamiatorte und drei Kaffee bitte", bestellte Samantha gerade, kurz nachdem sie uns freundlicherweise eingeladen hatte, da fielen Kaden und ich ihr sofort ins Wort – und zwar gleichzeitig.

„Für mich keinen Kaffee, danke."

Irritiert sah Samantha uns an.

„Ach, ihr mögt gar keinen Kaffee? Ah, klar! Ihr seid ja auch noch recht jung. Sorry!", meinte sie beiläufig und überschwänglich. „Wollt ihr stattdessen vielleicht etwas anderes?"

Kaden sah mich kurz an, dann wendete er sich wieder an die Kellnerin.

„Zwei Cola bitte."

Die Kellnerin nickte und war dann auch sofort wieder verschwunden, um das Bestellte so schnell wie möglich beizuschaffen.

Glücklicherweise war mittlerweile einiges los hier in diesem Teil von Kona und die Stille die momentan zwischen uns dreien herrschte, wurde dadurch nicht ganz so unangenehm. Es dauerte aber nicht lange, bis Samantha sich etwas nervös räusperte und Kaden dann kurz darauf den ersten Schritt wagte.

„Also, was genau ist jetzt eigentlich hier los?"

Samantha sah auf und zunächst zu Kaden, wendete sich dann aber ab, um mich anzusehen und mich etwas halbherzig anzulächeln.

„Samantha kennt meinen Onkel", sagte ich schlussendlich, als ich merkte, dass es ihr wohl nicht über die Lippen kommen wollte. Was war wohl zwischen ihnen vorgefallen?

„Okay, und Sie sind eine... Nachfahrin von der Frau auf diesem Bild oder wie soll ich das verstehen? Ich habe Sarah zunächst nicht geglaubt, aber Sie sehen tatsächlich exakt genauso aus. Wie kann das sein?", fragte Kaden nachdenklich und sah Samantha auffordern an.

Du, Kaden. So alt bin ich noch nicht, dass du mich siezen musst", stellte Samantha zunächst klar. Das stimmte, sie war vermutlich genauso alt wie damals ihre Vorfahrin auf dem Foto.

"In Ordnung, Samantha, danke. Können wir aber trotzdem dann mal aufs Thema kommen bitte?", meinte Kaden ungeduldig.

"Also schön... Das auf dem alten Foto... das ist eine Vorfahrin von mir. Meine Ururgroßmutter", sagte Samantha ruhig und senkte ihren Blick. "Und zu deiner Frage, Sarah: Ich war mal mit deinem Onkel zusammen. Das ist nun auch schon wieder eine ganze Weile her. Gott, wie schnell die Zeit vergeht...", fügte sie leise und niedergeschlagen hinzu.

Es traf mich wie ein Schlag. Gut, dass Samantha, also die Samantha hier vor mir eine Nachfahrin war, war fast schon offensichtlich gewesen, aber dass sie tatsächlich mal mit Nathan zusammen gewesen war... Also praktisch genau die gleiche Konstellation wie damals vor vielen Jahren. Das war ja abartig! Wie konnten die beiden sich überhaupt gefunden haben? Schließlich waren beide ganz woanders als die ursprüngliche Samantha und der ursprüngliche Nate. Und trotzdem waren sie jetzt beide wieder auf ein- und derselben Insel. Allein die Tatsache, dass sie sich dann wieder gefunden hatten war unglaublich unreal, aber doch war es passiert.
Wieso hatte Nate mir nie von ihr erzählt? So wie sie das sagte klang es schwer danach, dass das etwas Ernstes zwischen den zweien gewesen war. Ich musste unbedingt mehr erfahren.
"Wirklich? Wie ist das möglich? Wieso seid ihr kein Paar mehr? Wieso hat Nate mir nie davon erzählt?", sprudelte es geradezu aus mir heraus.

"Nicht so viele Fragen auf einmal, Sarah", meinte sie und lächelte schwach. Schlagartig sah sie einige Jahre älter aus. "Ich weiß nicht, ob du alles über deinen Onkel weißt, aber es gibt eine Seite an ihm, die... dich sehr verstören könnte. Ich muss aber so weit hinten anfangen, damit du verstehst", erläutert sie zögernd und sah mich fragend an.

Sie konnte damit nur auf die ganzen Mytholgiegeschichten anspielen, von denen Kaden mich auch die ganze Zeit überzeugen wollte. Wie konnte es sein, dass sie ebenfalls davon wusste? Als ich nickte und damit bestätigte, dass ich bereits im Bilde darüber war wovon sie redete, fiel ihr unschwer erkennbar ein Stein vom Herzen.

"Dann weißt du ja, was hier alles so abläuft auf diesen Inseln."

"Ja, wobei ich nicht behaupten kann, dass ich das wirklich glaube", entgegnete ich gelassen, lehnte mich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Das kann ich verstehen. Ich habe damals genauso reagiert wie du. Es klingt ziemlich verrückt oder? Naja, das dachte ich auch, als ich irgendwann die Wahrheit über Nate herausfand und er mir alles beichtete. Allerdings dauerte es nicht lange bis mir klar wurde, wie weit sich das alles zog. Dieses ganze verworrene Netz aus Lügen und Geheimnissen. Ich war schockiert über das, was Nathan angeblich war. Ein eiskalter Mörder ohne Skrupel und ohne Reue. Ich konnte ihm einfach nicht glauben, bis ich es mit eigenen Augen sah. Doch selbst dann konnte ich es nicht einfach akzeptieren. Ich gab mein Bestes um ihm zu helfen, ihn da rauszuholen aus dieser auch für ihn irgendwann verhängnisvollen Spirale, doch er ließ mich nicht. Er stieß mich kurz darauf von sich. Nate trennte sich von mir, nachdem er mir mehr als unfreundlich klargemacht hatte, dass ich nur eine Belastung für ihn sei und ihn vom richtigen Pfad abbrachte. Er ließ mich einfach gnadenlos fallen, ohne mit der Wimper zu zucken. Eine Eigenschaft von ihm, die ich lange nicht gekannt hatte und von der ich niemals gedacht hätte, dass diese an diesem Mann überhaupt existierte. Er gab mir keine Gelegenheit mehr an ihn heranzukommen und doch bin ich noch hier...", schloss sie und wischte sich rasch mit dem Handrücken über das linke Auge. Sie wollte nicht all ihre Emotionen vor uns offenbaren, was ich irgendwie auch nachvollziehen konnte.

"Ich weiß nicht recht, was ich dazu sagen soll", murmelte ich nun ebenfalls niedergeschlagen, wendete meinen Blick aber nicht von ihr ab. "Was weißt du denn über die Bilder? Weißt du etwas über die Geschichte dahinter? Kennst du die Briefe?", lenkte ich wieder auf meine Fragen ein.

"Briefe? Welche Briefe?", fragte sie verdattert, ohne auf meine vorangegangene Frage einzugehen, doch dann merkte sie es schnell. "Ja, ich kenne die Geschichte hinter dem Bild, auch wenn sie mindestens genauso unglaubwürdig ist, wie die allgemeine Geschichte um deinen Onkel."

"Ich will sie trotzdem hören", sagte ich tonlos und zuckte nur mit den Schultern. "Ich kann sie dir zeigen, wenn du möchtest. Kannst du mir aber erst einmal etwas über das Foto erzählen?"

„Naja, da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen... Zumindest nicht, wenn man nicht an solche Märchen glaubt. Angeblich sind meine Familie und die von deinem Onkel schon seit vielen Jahrzehnten miteinander verbunden. Sie sind sozusagen ihre gegenseitigen Beschützer. Es ist ihr Schicksal, immer wieder den anderen zu suchen und diese Spirale immer und immer wieder zu wiederholen und obwohl die Geschichte immer eine andere ist, ist das Ende doch immer ähnlich", berichtete Samantha und schaut ungeduldig oder aber auch nervös über die Schulter, um zu sehen, wo bloß die Kellnerin blieb.

„Erm... Wie genau meinst du das?", fragte ich, denn so ganz begriff ich noch nicht, worauf sie überhaupt damit hinauswollte.

„Dein Onkel... ist älter als du denkst", erläuterte Samantha scheinbar ganz sachlich, spielte dabei aber hibbelig an ihren Fingernägeln herum. „Das sagt zumindest die Geschichte."

„Moment mal... Soll das etwas heißen, dass Sarahs Onkel immer noch der gleiche Nate ist wie damals? Der gleiche Nate, der auch die Briefe geschrieben hat und mit all den Samanthas zusammen war?", kam es nun von Kaden, der mir zuvor kam.

Samantha sah auf und erst zu Kaden, dann zu mir. Dann nickte sie. Kaum merklich, aber doch bestätigend.

„Das würde deiner Aussage zufolge aber auch bedeuten, dass du die gleiche Frau bist, wie die auf dem Bild?", fragte Kaden weiter und wieder nickte Samantha, wenn auch zurückhaltend.

Jetzt begriff ich so langsam. Sie schien also zu glauben, dass mein Onkel Nathan ein eiskalter Mörder war und Leute umbrachte, wenn er sich aus dem Staub machte, aber an die Sache mit den Keepern schien sie ebenfalls zu zweifeln. Ein schneller Seitenblick zu Kaden zeigte mir, dass er von Samanthas Aussage ebenfalls noch nichts zu wissen schien und das obwohl er ziemlich bewandert mit der hawaiianischen Mythologie zu sein schien.

„Wieso denkst du, dass ich dir das mit Nathan und dem Töten glaub, wenn du offensichtlich selbst nicht ganz von den Geschichten um ihn überzeugt bist? Du scheinst die Mythen ja zu kennen", wollte ich kritisch von ihr wissen und musterte sie aufmerksam.

„Ich tue mir auch sehr schwer damit daran zu glauben, auch wenn es durchaus Sinn macht. In all der Zeit konnte ich mir selbst noch keine richtige Meinung dazu bilden, aber das was Nathan tut ist leider wirklich wahr. Der einzige Weg das zu glauben wird wohl sein es mit eigenen Augen zu sehen. So wie ich es damals mitansehen musste."

„Ich weiß nicht, ob...", funkte Kaden wieder dazwischen, was Samantha aber gar nicht gefiel.

„Kaden, so sympathisch ich dich auch finde, du musst sie diese Entscheidung alleine treffen lassen. Sie hat das Recht zu erfahren, was wirklich alles so passiert. Ich rechne es dir hoch an, dass du versuchst sie zu beschützen, doch in diesem Fall kannst du das leider nicht. Sie muss es erfahren", unterbrach sie ihn fast sofort.

Kaden öffnete den Mund um zu protestieren, machte ihn dann aber kurz darauf wieder zu und nickte schlussendlich, wenn auch widerwillig.

Irritiert und verunsichert starrte ich zunächst Kaden, dann Samantha an. Kaden mied meinen Blick, was er sonst nie tat, was mir sofort klar machte, dass ich von ihm diesbezüglich nichts mehr hören würde. Irgendwie hätte ich mir doch mehr Unterstützung erhofft, doch Samantha schien ihn ziemlich überzeugt zu haben.

„Kaden?", fragte ich schließlich etwas verunsichert, als mir der Blick von Samantha einfach zu stechend wurde. Er seufzte, sah aber nicht auf.

„Sie hat recht, Sarah. Du solltest es sehen. Danach wirst du es glauben", meinte er mich und nickte mir gleichzeitig ermutigend zu – jedoch ohne jeglichen Augenkontakt.

„Also schön, ich gebe dieser Geschichte eine Chance. Wie genau soll das nun aber ablaufen?", erwiderte ich und klammerte mich immer noch geistig immer noch daran fest, dass bei diesem Unterfangen sowieso nichts verwerfliches herauskommen würde.

„In Ordnung ihr zwei, dann Folgendes: Wir treffen uns heute Nacht um ein Uhr an der alten Lagerhalle. Kaden, du kennst diesen Ort ja vermutlich, oder?", erklärte Samantha und sah uns immer noch vielsagend an.

„Ja, das weiß ich. Ich hole Sarah ab", bestätigte Kaden, was mich wieder mich selbst fragen ließ, wieso Kaden und Samantha so viel davon zu wissen schienen, obwohl sie sich nicht kannten.
Bevor ich länger darüber nachdenken konnte, kam nach einer gefühlten Ewigkeit schließlich die Kellnerin mit unseren Tortenstücken und den Getränken. Irgendwie war mir der Geschmack darauf zwar jetzt echt vergangen, auch wenn ich Macadamianüsse in jeglicher Form liebte, aber als ich begann mir den ersten kleinen Bissen hineinzuquälen, ging es dann schon wieder um einiges besser.

Während des Essens redeten wir kaum etwas miteinander und wenn, dann hatte es nichts mit dem verhängnisvollen Thema zu tun. Ich wagte es nicht von meinem Kuchenteller aufzusehen, selbst dann nicht, als ich immer wieder Kadens seitlich zugeworfenen Blick schon fast stechend auf mir spürte.

Diese bedrückte Stimmung bestand auch noch auf dem Nachhauseweg und ich konnte mich nicht einmal daran erinnern, wie ich mich von Samantha verabschiedet und wieder zu Kaden aufs Motorrad gesetzt hatte. Das, weswegen wir eigentlich in die Stadt gekommen waren war längst vergessen, aber vermutlich hätte uns das auch lange nicht so viel gebracht wie das Treffen mit Samantha.

In der Straße in der das protzige Haus von meinem Onkel stand, war weitläufig bloß Natur vorherrschend. Trotzdem bat ich Kaden am Anfang der Straße anzuhalten, damit ich den Rest der Strecke zu Fuß laufen konnte, falls Nate doch schon wieder zu Hause war, auch wenn ich das als ziemlich unwahrscheinlich erachtete.

Ich zog gerade meinen Helm ab und ließ mich vom Motorrad gleiten, als ich merkte wie die Wärme, welche von Kadens Körper selbst durch die Kleidung hindurch ausging, schlagartig verschwunden war. Trotz der Hitze fröstelte ich jetzt komischerweise leicht. Vermutlich wegen dem verloren gegangen Gefühl der Sicherheit, aber ich ließ mir davon nichts anmerken.

„Sarah, können wir noch kurz reden, bitte? Ich..."

„Denkst du, dass das der richtige Zeitpunkt dafür ist?", unterbrach ich ihn zögerlich, denn ich konnte mir denken, worauf er hinauswollte.

„Lass mich dein wunderschönes Gesicht sehen", flüsterte Kaden liebevoll, ging näher auf mich zu und legte mir seine starken Hände auf meine Schultern. Automatisch sah ich zu ihm auf. Er lächelte verschmitzt. „Ich will dich nicht drängen, Sarah. Ich will nur dass du weißt, dass du mir wirklich sehr viel bedeutest und dass du immer auf mich zählen kannst." Vorsichtig hob er seine Hand und meine Wangen begannen bereits in Vorahnung zu kribbeln, doch dann strich er mir nur erneut eine Strähne hinters Ohr.

„Ich habe gerade so viel, worüber ich nachdenken muss, Kaden. Ich weiß nicht ob das gerade der richtige Zeitpunkt dafür ist", hörte ich mich da selbst sagen, bevor ich nochmal richtig darüber nachdenken konnte. „Ich habe dich auch sehr gerne, Kaden."

„Ich weiß, ich verstehe das", sagte und legte mir stattdessen schließlich doch seine rechte Hand auf meine Wange.

Behutsam fuhr Kaden mir mit dem Daumen über meine Haut. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir das nicht von Kopf bis Fuß einen wohligen Schauer durch den Körper jagte. Er senkte seinen Kopf etwas, damit er mir tief in die Augen sehen konnte. Noch tiefer als zuvor. Für einen Jungen in diesem Alter war er schon verdammt groß.
Wieso machte er das? Wieso verhielt er sich so mir gegenüber? Was sah er bloß in mir? Schließlich war er eigentlich älter und mit seinem Charakter und seiner Optik, könnte er doch jede haben. Oh verdammt, was war denn bloß wieder los mit mir?

„Ich wollte nur, dass du das weißt", fügte er weiter an. So schnell wie seine Nähe da gewesen war, war sie auch wieder verschwunden. Er löste seine Hand wieder von mir und trat einen Schritt zurück, gab mir Freiraum. "Ich hole dich rechtzeitig ab. Es ist ein etwas weiterer Weg", sagte er, nachdem er sich kurz geräuspert hatte und lächelte.

"In Ordnung, ich werde hier wieder warten", bestätigte ich nickend, erwiderte sein warmes Lächeln und als ich ihn so ansah, machte mein Herz einen heftigen Satz.

Ich ging näher zu ihm, so nah, wie er vorhin an mir gestanden war und zog ihn kurzerhand für einen Moment an mich, ehe ich mich wieder löste und auf den Weg zu Nathans Apartment machte. Als ich mich nochmals umdrehte, winkte er mir zum Abschied, ehe er sich den Helm wieder aufsetzte und davonfuhr. Er entfernte sich immer weiter und weiter von mir und seine Silhouette wurde immer kleiner und kleiner. Wie gelähmt stand ich da und starrte selbst dann noch auf die wenig befahrene Straße, als Kaden schon lange vollständig verschwunden war.

Als ich die Tür aufschloss und vorsichtig eintrat, war ich noch erleichterter als sonst, dass Nathan nicht da war. Ohne großartig nach links oder rechts zu schauen, ging ich weiter in das Apartment hinein.

Mit letzter Kraft schleppte ich mich in mein Zimmer, knallte die Tür zu und nachdem ich hastig meine Flip-Flops ausgezogen hatte, ließ ich mich bäuchlings in mein Bett fallen. Die Decke zog ich mir weit bis über den Kopf. So, als ob ich immer noch in Deutschland wäre und mich vor lauter Kälte in meinem eigenen heimischen Bett einpacken müsste. Totaler Wahnsinn so etwas mitten auf Hawaii zu machen. Und dann auch noch um diese Uhrzeit. Eigentlich wäre jetzt die perfekte Zeit, um an den Strand zu gehen, doch mir stand danach definitiv nicht der Sinn, obwohl das sonst eine meiner Lieblingsbeschäftigungen hier war.

In diesem Augenblick wollte ich einfach nur noch alles vergessen und mir einreden, dass das alles nicht gerade passierte. Das mit Nate, Samantha... Der einzige Lichtblick war Kaden, der mir nach dieser kurzen Zeit doch schon ziemlich ans Herz gewachsen war.

Zunächst presste ich meine Augen mit Gewalt zu, doch schnell begannen sich diese doch zu entspannen. Ich hatte bereits letzte Nacht nicht gut geschlafen, also dauerte es trotz meines beschleunigten Herzschlages und meiner inneren Unruhe nicht sonderlich lange. Gerade kämpfte ich noch damit diese elendigen wirren Gedanken in meinem Kopf weiter nach hinten zu drängen, da wurden meine Lider immer schwerer. Ich merkte noch wie ich immer mehr wegdämmerte, bis mich schließlich meine in letzter Zeit sehr düstere Traumwelt einholte.

Ein plötzlich auftretendes lautes Geräusch riss mich unsanft aus dem Schlaf. Zunächst ignorierte ich es einfach, da ich es nur mehr oder weniger unterbewusst wahrgenommen hatte und drehte mich murmelnd wieder auf die Seite. Gerade war ich wieder am Wegdämmern, als ich es erneut vernahm, diesmal allerdings um einiges Lauter. Es kam mir fast so vor, als hätte mein Bett für einen kurzen Moment doch tatsächlich vibriert, was natürlich völlig ausgeschlossen war, aber trotzdem...

Halb schlafend, halb wach setzte ich mich auf und rieb mir immer noch müde die Augen, obwohl ich ziemlich lange geschlafen haben musste. Um mich herum war es stockdunkel. Kurz panisch sah ich auf mein Handy, was immer noch in meiner Hosentasche gesteckt hatte, schließlich hatte ich mich einfach so ins Bett gehauen. Erleichtert atmete ich aus, als mir das Display sagte, dass es erst kurz nach zehn war. Gut, ich hatte nicht verschlafen, doch dafür hatte ich die Hälfte des Tages verpennt. Kein Wunder begann mein Magen bei Gedanken zu knurren.

Langsam setzte ich mich noch etwas weiter auf und tastete vorsichtig im Dunkeln nach dem Lichtschalter meiner Nachttischlampe. Im ersten Augenblick musste ich zunächst meine Augen zusammenkneifen, doch glücklicherweise legte sich das schnell wieder.

Dann war es wieder da. Dieses Geräusch. Was zur Hölle trieb Nate denn jetzt schon wieder? War er auf die glorreiche Idee gekommen um diese Uhrzeit noch eine spontane Renovierung zu starten oder was? Vielleicht sollte ich doch schleunigst mal nachsehen gehen. Schon allein aus reiner Neugier.

Langsam fuhr ich mir mit beiden Händen durchs Haar, um es nicht ganz so wüst aussehen zu lassen nach meinem etwas ausgedehnterem Mittagsschlaf. Leise stand ich auf, öffnete meine Zimmertür und ging zur Treppe, damit ich zunächst wieder behutsam von dort aus nach unten linsen konnte.

Nate drehte mir den Rücken zu, während er wieder mitten im Wohnzimmer stand. Selbst von hier aus sah ich, wie er bebte. Das Komische war, abgesehen von der Tatsache, dass sein Oberkörper und seine Füße nackt waren, dass das Wohnzimmer irgendwie anders aussah als noch vor wenigen Stunden. Zudem war die große Terrassenschiebetür offen. Es war so windig, dass die langen weißen Vorhänge vom starken Wind wild herumflatterten und nach innen gezogen wurden wie durch einen starken Sog.

Über irgendetwas stand er gebeugt, doch ich konnte es nicht genau sehen, da das Licht in dem unter mit liegenden Raum relativ gedimmt war. Alles wirkte sehr seltsam. So, als ob er sich über irgendetwas aufgeregt und erst einmal alles umgebaut hatte. Vielleicht auch Spuren eines Kampfes?

„Nate?", fragte ich verwundert, doch er reagierte nicht. 

Was war denn bloß wieder los mit ihm? Ich seufzte und schleppte mich immer noch etwas im Halbschlaf die Treppe runter. Vielleicht konnte er auch einfach nicht schlafen und brauchte Beschäftigung. Konnte er das aber dann nicht wenigstens so machen, dass er mich dabei nicht auch noch aufweckte?

„Was treibst du denn hier um diese Uhrzeit?", murmelte ich, als ich unten angekommen war, er aber immer noch wie angewurzelt vor seinem Sofa stand.

„Nate?"

Keine Reaktion.

Langsam wurde es leicht gruselig, dass er mich so gar nicht zu bemerken schien. Hatte er mich tatsächlich immer noch nicht gehört? Vorsichtig und mich gegen meinen inneren Impuls wehrend, ging ich ein kleines Stück weiter vor und war nun keinen Schritt mehr von ihm entfernt. Sanft legte ich ihm eine Hand auf die Schulter. Seine Haut schien zu brennen. Hastig zog ich die Hand wieder zurück. Das musste sehr hohes Fieber sein. Im gleichen Moment drehte Nate sich ruckartig zu mir um. Erst fiel mein Blick auf seine vernarbte Haut, doch dann sah ich auf und in sein Gesicht. Erschrocken wich ich intuitiv wieder weit vor meinem Onkel zurück. Er hatte wieder diesen irren Blick drauf, den er auch am Strand schon gehabt hatte.
Jetzt schien es plötzlich wieder etwas heller im Raum geworden zu sein, wie auch immer das möglich war. Ich spürte den Wind, der meine Haare selbst hier noch etwas zerzauste und mir scheinbar beruhigend über die Haut strich.

Nate schien mich nicht weiter zu beachten, als wenn er mich überhaupt nicht richtig wahrgenommen hätte und drehte sich wieder um. Er ging in die Hocke, hantierte etwas vor sich und warf sich dann einen Sack oder was auch immer das war betont lässig über die Schulter.
Als er sich wieder mir zuwendete, erkannte ich auch was das tatsächlich war. Mir stockte der Atem, mein Herz begann unkontrollierbar zu rasen. Das über seiner Schulter war kein Sack... Es war ein Mensch! Der Mann sah gänzlich entstellt aus und sein Blut verteilte sich in diesem Moment quer über Nates Körper, doch der merkte anscheinend nicht einmal etwas davon.
„Was... tust du denn da?", keuchte ich entsetzt, auch wenn das Ausmaß dieses Bildes vor mir noch immer nicht so richtig an mein Gehirn vordringen wollte. Wie so oft in der letzten Zeit. Nate blinzelte plötzlich und schien im ersten Augenblick verwirrt zu sein.

„Sarah, wieso bist du hier? Lauf!", hielt er nun panisch an mich, nachdem er augenscheinlich aus irgendeiner Art Starre erwacht war, doch dann war dieser kurzlebige Moment auch schon wieder Geschichte. Der kranke Ausdruck kehrte in seine Augen zurück. Das was sich hier abspielte, erinnerte mich irgendwie stark an Leute mit Schizophrenie als Krankheit. Was lief hier gerade für ein Film?

„Du schon wieder! Du und dein elendes Getue! Alles war wunderbar, bevor du Göre aufgetaucht bist!", schrie Nate keine fünf Sekunden später, doch abgesehen von den seltsamen Anschuldigungen, war nun auch seine Stimme so blechern und tief, dass es mir eiskalt den Rücken herablief.

Er hörte sich nicht einmal mehr wie ein Mensch an. Das hier vor mir war definitiv nicht Nate. Also er war es schon, aber irgendwie so... anders.

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