Nine ~ Ash
Also...
Ash's neue Jacke war verdammt Scheiße. Das wollte ich einfach mal gesagt haben. Ich war so mit dem Dieb beschäftigt, dass ich vergessen hatte meinem Lockenkopf zu antworten, also entschied er sich für eine schöne, aber dennoch schreckliche Jacke. Vom Optischen her sah sie wirklich gut aus, aber tragen konnte ich sie niemals und das störte mich am meisten.
Dies teilte ich ihm auch mit und er meinte bloß, dass ich mir halt jemand anders suchen musste, der mir eine Jacke geben würde.
Meine Mom ging übrigens an die Decke, als ich eine Stunde später durch die Haustür trat und meine Kopfhörer aus steckte. Ich wurde direkt ins Zimmer geschickt und war dazu gezwungen irgendwelche schulischen Aufgaben zu erledigen, da sie nicht wollte, dass ich aufgrund meiner Suspension dumm werden würde.
Das verstand ich aber gar nicht. Schulische Intelligenz konnte man nicht mit der wirklichen Intelligenz vergleichen. Ich kenne Leute, die schulisch die fucking Royals waren und aber im echten Leben nichts verstanden. Für mich galt man als Intelligent, wenn man sich durch das Leben zu kämpfen wusste und sich über Wasser halten konnte. In der realen Welt interessierte es kein Schwein, ob man Pi auswendig konnte oder nicht.
Die Spitze meines Bleistifts brach ab und ich suchte genervt nach meinem Spitzer. Es klopfte an meiner Zimmertür, jedoch bat ich die Person nicht herein, da ich wusste, dass sie sowieso auch ohne Erlaubnis eintreten würde.
Die Tür ging auf und meine Mutter kam prüfend hereingestapft, um sicherzugehen, dass ich auch wirklich an meinem Schreibtisch saß und die behinderten Potenzen vertiefte. "Wir sind übrigens im Gespräch mit der Schule. Wenn du Glück hast, kannst du bald wieder in den richtigen Unterricht."
"Hoffentlich habe ich Pech...", murmelte ich und meine Mom kam an meine Seite und stupste mich grob an. "Was hast du gesagt?" Ich sah von meinem Block auf und sah in dieselben blauen Augen, die ich hatte. "Nichts..."
"Das will ich auch hoffen."
Ich bemerkte, wie meine Mutter hinter mir begann meine Kleidung vom Boden aufzuheben und konnte sie sogar schimpfen hören. Warum tat sie es denn, wenn sie es leidig war? Mütter konnte man einfach nicht verstehen.
"Denkst du, du kannst den Musikraum jeden Tag, außer Freitag und Dienstag reservieren? Ich will selbst noch ein wenig üben."
Mom hielt inne und sah mich mit großen Augen an. Sie schien sich aber wieder zu fangen. "Ich kann mal schauen. Hast du eine bestimmte Zeit im Kopf?"
Ich tat so, als würde ich eine Weile darüber nachdenken, sonst würde sie denken, dass ich dort andere Dinge vorhatte. "19Uhr?"
"Ich schaue mal, was ich arrangieren kann." Hätte ich sie darum gebeten, mir den Volleyball Kurs oder die Tanzgruppe zu finanzieren, hätte sie sicher nein gesagt, aber ihr war die Aufführung an der Eröffnung wirklich wichtig und darum hatte sie wahrscheinlich nichts dagegen mir den Musikraum zu reservieren, denn dies würde ihrem Ruf ja nur beitragen.
Als meine Zimmertür zufiel und meine Mom weg war, ließ ich meinen Bleistift fallen und griff nach meinem Handy. Ashton hatte mir tatsächlich geschrieben und die Tatsache, dass es sich um etwas anderes, als seine Kleidung oder sein Aussehen hielt, erfreute mich ungemein. Versteht mich nicht falsch. Ich liebte es mit ihm über seine Grübchen oder meine Sommersprossen zu meckern, aber manchmal passte es einfach nicht zu meiner Laune. Jetzt war ich eher genervt und wenn wir dann noch über seine Kleidung sprechen würden, würde mich das von der Klippe schubsen.
Kann ich rüberkommen?
Etwas stimmte nicht. An was ich das erkannte?
Erstens hat er ein Fragezeichen benutzt und zweitens war kein Katzen-Emoji dabei. Ich bejahte seine Frage also sofort und begann meine Bücher zuzuklappen.
~
Er sah gar nicht gut aus. Sein Haar stand in alle Richtungen ab und dazu sah er allgemein ziemlich geschwächt aus. "Mein Vater ist rückfällig geworden..."
Zuerst verstand ich nicht, von was er sprach, aber schnell machte es Klick. Sein Dad hatte vor Jahren ein ziemlich starkes Alkoholproblem. Die Trennung muss es ihm wohl ziemlich schwer gemacht haben clean zu bleiben. "Was ist passiert?"
"Er kam heute zum Haus, um seine Sachen zu holen. Außer, dass er voll beschwipst war und fast auf Mom losgegangen ist."
Ash ließ seine neue Jacke auf meinem Schreibtisch liegen und setzte sich zu mir auf mein kleines Sofa. "Ich musste dazwischen..."
"Ich hatte keine Schwierigkeiten damit, nur will ich einfach nicht, dass ihn der Alkohol noch umbringt." "Wart mal ab. Vielleicht legt sich das wieder. Wahrscheinlich war es nur einmalig."
Ash's braune Augen sahen mich zögerlich an. Ich konnte ihm hier nicht wirklich helfen. Das einzige, was ich tun konnte, war im Mut und Hoffnung aufzuquatschen. Mehr konnte ich nicht bewirken. "Ilaria! Das mit dem Musikraum hab ich geklärt!", hörte ich von unten und der Lockenkopf sah mich verwirrt an. "Sie hat mir den Musikraum für jeden Tag reserviert."
"Und warum willst du freiwillig spielen?" Ich suchte meine Kuschelsocken und zog sie mir über. "Hab mir... Privatunterricht arrangiert..." Ich klang eher unsicher. Ich wusste nicht, ob ich Ash von dem Dieb erzählen sollte. Er wusste ja, dass ich ihn in der Schule gesehen hatte, aber ich hatte ihm nicht erzählt, dass ich ihn wieder getroffen hatte.
Der Typ mit den Welpenaugen fragte aber nicht weiter nach und breitete sich komplett auf dem Sofa aus. Ich war dazu gezwungen aufzustehen und mit den Armen verschränkt, sah ich ihn tadelnd an. "Ich kann aufs Bett, dann kannst du auf dem Krüppelsofa liegen."
Er traf einen Punkt und ich schlenderte auf mein Bett, das eiskalt war. Ich schlüpfte also unter meine Decke und sah zu Ash, der sich mit beiden Händen über das Gesicht fuhr. Es musste ihn wohl ziemlich beschäftigen, dass sein Vater vielleicht all seinen Erfolg, was den Entzug anging, wieder fallenlassen würde. Ich griff also nach meinem Kissen und warf es ihm zu. Naja... Zuwerfen war jetzt ein bisschen weither geholt. Ich knallte es ihm an den Kopf und er zuckte vor Schreck zusammen. Ein Kichern entkam meiner Kehle, als er mich mit zusammengekniffenen Augen ansah und sich langsam zum Kissen streckte.
Ich hatte ihm das Kissen vielleicht ein bisschen fester zugeworfen, aber ich war nicht dazu fähig, dieses, mit Federn gefüllte Ding, in einen Speer zu verwandeln. Nicht so wie Ash.
Viele Leute vergessen manchmal, dass Jungs, trotz deren Homosexualität, stark und männlich sind, was meiner Meinung nach aufhören sollte, denn deine Sexualität sagt nichts über dein Verhalten oder deine Stärke aus.
Ich sprang also von Ecke zu Ecke, als er mich immer wieder anvisierte. Würde er mich treffen, würde es mich bis nach China katapultieren.
Und ja...
Ich übertrieb.
Ich langte nach dem zweiten Kissen und nutzte es als Schild. Somit konnte ich den Kanonenschuss von Ash ein wenig ab dämpfen und war dazu fähig ihn wieder zu attackieren. Die Schlacht wurde aber unterbrochen, als meine Zimmertür aufgerissen wurde und Mom mit wütendem Blick uns zu Tode starrte. "Geht's ruhiger?! Ich habe wichtige Telefonate! Und um Gotteswillen! Ihr seid keine zwölf mehr!"
Die Tür ging wieder zu und Ash und ich wagten es zum ersten Mal wieder, uns zu bewegen. Ich drehte meinen Kopf zum Lockenkopf und er blickte mir, mit dem Mund zu einem O geformt, entgegen. Meine Lippen verzogen sich automatisch zu einem Lachen und es ging nicht lange, da brachen wir beide in einen riesen Lachflash aus. Meine Mutter war eine ziemlich dramatische Person. Ihre Handgesten waren etwas vom Besten, was man je sehen konnte, uns dazu war die Tatsache, dass sie das alles ernst meinte, noch viel lustiger.
"Ilaria! Ashton! Ich meine es ernst! Ruhe!" Ihre Stimme hallte durch das Haus und wir beide verstummten wieder.
Nicht, dass sie uns noch mit dem Besen hinterherrennen würde.
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